Ein lokaler Zeitungsbericht zum Urteil:
Freispruch im Lolita-Prozeß (Trierer Volksfreund vom 11. Juni 2012)Das geht, möchte ich wetten, sicher in die zweite Instanz - aber auch dort wird das Grundproblem des Falls wohl ungelöst bleiben: Aufgrund der Spurenlage nach 30 Jahren ist ein Mord (im juristischen Sinne) wohl kaum mehr zweifelsfrei nachzuweisen.
Man wird diese bittere Pille schlucken müssen - ein Argument gegen die rechtsstaatliche Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist sie jedenfalls nicht. (Ein "Gegenmittel" wäre allenfalls für künftige Fälle, die Verjährung für *jede* Art von Tötungsdelikten, also auch für Totschlag, aufzuheben - aber auch das geht natürlich nicht rückwirkend).
Daß ein solches Urteil wie der Freispruch im Fall Brieger außerhalb juristisch gebildeter Kreise kaum auf Verständnis stößt, ist logisch - aber sowas muß der Rechtsstaat aushalten können (und kann er auch aushalten).
Mir kommen Ede Zimmermanns Bemerkungen (in der 1997er XY-Jubiläums-Spezialsendung vom 18.10.1997) zum legendären "Frankreichurlaub-DKW"-Fall (15.12.1972 FF1, Kapo Zürich) und dessen urteilsmäßig unbefriedigender Aufklärung ins Gedächtnis:
Der nach einer langen, in der Jubiläums-Spezialsendung 1997 rekonstruierten Fahndung schließlich gefaßte, nach menschlichem Ermessen sicher für den (nichtjuristisch aufgefaßt) Mord an dem Zürcher Studenten verantwortliche Mann wurde nach dem Prinzip "in dubio pro reo" (Ede weist ausdrücklich auf diesen Grundsatz in) "nur" wegen fahrlässiger Tötung zu drei Jahren Haft verurteilt, obwohl erhebliche Zweifel an der Darstellung des Angeklagten bestanden.
Ede dazu:
"Wir leben in einem Rechtsstaat - das hat sehr viele Vorteile, und es hat, wenn man so will, in Anführungszeichen gesetzt auch mal den 'Nachteil', daß solch ein Urteil dabei herauskommt, daß einen persönlich nicht befriedigen mag, aber ich kann da durchaus mit leben."
Und im Prinzip ist es ja hier genauso: Der "Freispruch" ist ja nur ein Freispruch vom Mordvorwurf - die Urteilsbegründung läßt kaum einen Zweifel daran, daß das Gericht der Überzeugung war, daß der Angeklagte im Fall Brieger den Tod der Frau verschuldet hat. Aber das Gericht ist natürlich an die gesetzlichen Verjährungsfristen gebunden.
Dazu schrieb LD-X 733 oben so passend:
LD-X 733>Immerhin war das Gericht überzeugt, dass der Angeklagte Lolita getötet hat. Das bedeutet für ihn wohl den "sozialen Tod" in seiner Heimatregion. So isses. Bedenken wir dazu Edes Einschätzung.
Bernhard.