#1

Re[2]: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 23.08.2012 22:02
von Aufnahmestudio Wien • 11 Beiträge
Tor>2.) Warum und wie kam der Täter nach Kalenborn? Nicht nur Bonn ist ganz in der Nähe, sondern auch Rheinbach... (13 km). Bingo! JVA! (Ich sage nur Lecki). Könnte es nicht ein frisch entlassener Knacki gewesen sein, der sich daran erinnert hat, dass es dort in den Wochenendhäuschen was zu mausen gibt?

Dagegen spräche, dass er beim zweiten Überfall den Revolver vom ersten Einbruch dabei hatte.
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#2

Re[3]: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 24.08.2012 06:04
von Tor • 15 Beiträge
Tor>>
AW>Dagegen spräche, dass er beim zweiten Überfall den Revolver vom ersten Einbruch dabei hatte.

Stimmt... Unterm Kopfkissen im Knast wird er die Knarre nicht aufbewahrt haben. Vergraben im Wald? Unwahrscheinlich. Uebergeben von Helfer? (Lecki hatte ja auch welche unter den Seelsorgern in Rheinbach).
Fest steht fuer mich, dass die beiden Einbrueche sicher nicht die einzigen Taten von diesem Typen waren. Vermutlich BVer.... Es waere einen Versuch Wert gewesen, sich in den Knaesten umzuhoeren.
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#3

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 24.08.2012 07:36
von Aufnahmestudio Wien • 11 Beiträge
Im XY-Filmfall heißt es, ein Nachbar hätte Jochen Kunze zum Arzt gefahren.

Wäre es denkbar, das jener Nachbar der "Komplize" des Betruges ist? Denn wo finde ich auf die Schnelle in einem Gebiet mit Wochenendhäusern an einem MONTAG ABEND einen Nachbarn? Zugegeben ich kenne die Örtlichkeit nicht, aber wäre das nicht möglich?
Wenn man bedenkt wie stark eine solche Wunde blutet und sich Jochen Kunze erst noch aus dem Schuppen befreien musste, dann bleibt nicht mehr viel Zeit um einen Helfer zu finden...
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#4

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 24.08.2012 08:16
von Tor • 15 Beiträge
Neben den Wochenendhaeusern gibt es einen Bauernhof, der ganzjaehrig bewohnt wird. Ohne jetzt wild spekulieren zu wollen, finde ich auch den Bruder leicht suspekt. warum wird im Filmfall dargestellt, dass er sich Bargeld aus der Kasse genommen dafuer eine Scheck reingelegt hat? Das wird spaeter nicht aufgegriffen. Haette der Taeter versuchen koennen, den Scheck einzuloesen? Suspekt finde ich es, weil es darauf hindeutet, dass der Bruder klamm war. Ich kannte mal einen, der diese Methode der Bargeldbeschaffung regelmaessig im Geschaeft seines Arbeitgebers genutzt hat... Bis die Schecks irgendwann alle geplatzt sind...
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#5

Re[2]: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 27.08.2012 20:17
von Aufnahmestudio Wien • 11 Beiträge
Tor>Neben den Wochenendhaeusern gibt es einen Bauernhof, der ganzjaehrig bewohnt wird. Ohne jetzt wild spekulieren zu wollen, finde ich auch den Bruder leicht suspekt. warum wird im Filmfall dargestellt, dass er sich Bargeld aus der Kasse genommen dafuer eine Scheck reingelegt hat? Das wird spaeter nicht aufgegriffen. Haette der Taeter versuchen koennen, den Scheck einzuloesen? Suspekt finde ich es, weil es darauf hindeutet, dass der Bruder klamm war. Ich kannte mal einen, der diese Methode der Bargeldbeschaffung regelmaessig im Geschaeft seines Arbeitgebers genutzt hat... Bis die Schecks irgendwann alle geplatzt sind...

Alles klar! Das mit dem Bruder ist in der Tat "verdächtig". Vielleicht hat dieser ja Jochen K. den Finger abgeschnitten, selber wird er es wohl nicht getan haben. Mit welcher Versicherungssumme konnte man denn etwa rechnen im Jahr 1989?
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#6

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 27.08.2012 21:33
von Ludwig • 595 Beiträge
Hallo zusammen !

Nachdem zu diesem mysteriösen Fall eine rege Diskussion entstanden ist, will ich auch meinerseits mit ein paar Anmerkungen beitragen:
Bereits bei der Erstausstrahlung beschlich mich ein merkwürdiges Gefühl, und ich möchte dies nach erneutem Ansehen an folgenden Ungereimtheiten festmachen:
1. Der erste Einbruch: In welchem Zusammenhang steht er überhaupt zur Tat? Könnte es nicht auch so sein, dass zwar der Cassettenrecorder und die Kleinbildkamera gestohlen wurden, nicht aber der Revolver? Die Schüsse daraus und die herausgefeilte Kennzeichnung könnten auch ein Ablenkungsmanöver sein....
2. Die Tageseinnahmen in Höhe von 10.000DM an einem gewöhnlichen Montagmorgen in einer kleinen Zoohandlung mit drei Angestellten??? Als Handelsexperte halte ich das für ausgeschlossen, eher klingt die Summe für mich nach Komplizenhonorar....
3. Die weggeworfene Pistole sollte gefunden werden, die Rosenschere aber nicht.
4. Ebenso durfte der abgeschnittene Daumen nicht gefunden werden, es hätte ja sonst die "Gefahr" des erfolgreichen Wiederannähens bestanden....
5. Warum überhaupt überfällt der Täter das Opfer und wartet nicht dessen bevorstehende Heimfahrt ab, zumal er als "normaler" Einbrecher von der mitgeführten Geldsumme ja nichts wissen konnte?

Natürlich kann das alles Zufall sein. aber für meinen Geschmack sind das schon etwas zu viele...

Viele Grüße
Ludwig
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#7

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 15.11.2012 03:20
von jupiterjones • 3 Beiträge
Die Frage ist doch, wer war(en) der/die Komplizen von dem Zoohändler ?
Der Nachbar der schnell parat steht und den Zoohändler ins Krankenhaus bringt könnte einer sein.Er hätte dann auch eingegriffen falls Kunze nicht zur vereinbarten Zeit aufgetaucht wäre (Absicherung). Ein anderer hat dann den Wagen weggefahren und gewisse Dinge beseitigt und andere Dinge wie den Revolver als Spur ausgelegt, um einen Zusammenhang zu dem Einbruch Jahre vorher herzustellen. Der Einbruch zuvor war vielleicht auch vorgetäuscht, zumindest wurde damals aber nicht der Revolver gestohlen der auftauchen sollte.
Die Blutspuren vor der Schuppentür könnten daher rühren, dass der Schuppen erst von Kunze verschlossen wurden. Unwahrscheinlich dass sie vom Tatwerkzeug abgetropft sind. In diesem Fall hätte der Täter mit einer Hand abgeschlossen, in der anderen das Tatwerkzeug gehabt, und die Pistole weggesteckt . Wieso sollte er aber das Tatwerkzeug erneut hervorholen, er hat es ja vorher schon wegstecken oder legen müssen, um dem Opfer den Finger zuzustecken und den Ring abzuziehen. Passt also gar nicht.
Unter dem Strich gibt es auch nichts, weswegen der Täter einen Überfall geplant haben könnte (es gab ja kein Gold oder keinen Tresor und von den 10000 konnte er auch nichts wissen ausser er hätte einen Komplizen im Zoogeschäft wie z.B. den Bruder des Opfers). Andererseits ging der Täter im Schuppen sehr zielgerichtet vor (Fesseln) was eher für eine geplante Aktion sprechen würde. Das passt so nicht wirklich zusammen finde ich.
Dann stellt sich auch die Frage, weshalb der Täter mit der Schusswaffe nicht in das Haus eindringt, sondern wartet bis Kunze im Schuppen ist.
Wenn er nicht von den Malerarbeiten wusste (was andernfalls wiederum für einen Komplizen des Täters spräche wie den Bruder des Opfers) hätte es auch sein können das Kunze direkt zum Auto gegangen wäre und dann zumindest schwerer zu überwältigen wäre.

Mich stört hier dass das Umfeld zuwenig aufs Korn genommen wurde bzw. man darüber zuwenig erfährt. Ob Überfall oder Versicherungsbetrug, es muss Komplizen gegeben haben sonst passt vieles einfach nicht logisch zusammen.

Aufgrund der zahlreichen auch hier genannten Unstimmigkeiten gehe ich zu 99,9% von einem Versicherungsbetrug aus mittlerweile. Die Räuberpistole scheint überhaupt nicht zu passen. Niemand lauert spätabends unter der Woche an einem schrebergartenähnlichen Wochenendhaus auf um einen Zoohändler bei Malerarbeiten zu überfallen und dann Gold zu fordern, um dann zufällig kein Gold aber dafür 10000 DM vorzufinden die jender Zoohändler als Tageseinnahmen (hüstel hüstel) zufällig dabeihat während er anstreicht. Wer glaubt denn sowas ?
Ich denke dass viele Menschen von den Berichten so schockiert waren, dass der klare Blick auf die Fakten verlorenging, auch wohl bei der Polizei. Sonst hätte man damals das Umfeld des Zoohändlers auf den Kopf gestellt und wäre sicher weitergekommen in dem Fall.

Hier sprach jemand von Zeitungsartikeln von damals. Vielleicht könnte man da recherchieren (Zeitungsarchiv) und weitere Informationen hier reinstellen.

Was war eigentlich mit Spuren im Wagen ?
Und mit den Alibis von den ganzen Angehörigen von Kunze ?

Naja, um die Zuschauer nicht weiter zu schockieren und stattdessen Fakten zu verschweigen war ein klares Eigentor von XY in diesem Fall. Bei der Aufklärung von Kriminalfällen geht es nunmal um Details.

Finde da haben Polizei und XY Stümperarbeit geleistet in diesem Fall sonst wäre das sicher aufgeklärt.

Gab ja auch einen Fall kürzlich mit einem Zahnarzt der sich den Finger abgeschnitten hat um die Versicherung zu betrügen, und eine ähnliche Räuberpistole erfand. Das ist aufgeklärt und der Betrug entlavt. Sicher gab es auch damals im Wagen DNA-Spuren etc.

Also ich glaube kein Wort mehr von diesem Überfall damals, das stinkt doch bis zum Himmel alles.

@Aufnahmestudio Wien:
Die Versicherungssumme belief sich auf 5 Millionen DM !!! Also eine horrende Summe damals und ein glasklares Motiv für den Versicherungsbetrug. Zudem soll das "Opfer" verschuldet gewesen sein. Steht alles in der Dissertation wo der Fall behandelt wird.

Das Wichtigste habe ich ja ganz vergessen. Die verschwundene Gartenschere. Natürlich musste die verschwinden, damit man nicht nachvollziehen kann dass sie nicht das wahre Tatwerkzeug ist. Wahrscheinlich wurde das anders bewerkstelligt, und das wahre Tatwerkzeug aber auch die Rosenschere verschwinden gelassen. Genauso wie der Daumen. Damit man nichts rekonstruieren kann bzw. gar den Daumen wieder annähen.
Die Pistole musste aber auftauchen, um einen Zusammenhang zum vorherigen Einbruch zu konstruieren.
So sieht das nämlich aus in diesem Fall. Ist schon eigenartig welche Dinge auf abenteuerlichste Weise verschwinden und welchen Dingen sich der angebliche Verbrecher entledigt hat. Schlichtweg unglaubwürdig wirkt das, aber im Lichte eines Versicherungsbetrugs macht genau diese Kontellation Sinn:
Revolver - taucht auf, um einen Zusammenhang zum Einbruch damals zu konstruieren
Daumen - verschwunden (auf abenteuerliche Weise), darf nicht angenäht werden und auch die Version Gartenschere soll nicht entlarvt werden
Gartenschere - verschwunden, weil sie nicht das Werkzeug war mit der der Daumen abgeschnitten wurde, man soll dies nicht nachweisen können
wahres Tatwerkzeug - verschwunden
So sieht das nämlich aus.
Wieso sollte der Verbrecher den Revolver nahe des Tatorts wegwerfen (um noch selber eine Spur zum damaligen Einbruch zu legen) und warum sollte er die Rosenschere mitnehmen und diese dann nicht zumindest auch gleich mit der Pistole wegwerfen ?
Die Version Raubüberfall scheint im Lichte der verschwundenen und aufgetauchten Dinge absurd und der Versicherungsbetrug logisch.
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#8

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 16.11.2012 19:29
von Eckes981 • 54 Beiträge
@jupiterjones:
Deiner Analyse des Falls kann ich zustimmen.
Bei Berücksichtigung aller Tatumstände komme ich zum gleichen Ergebnis.
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#9

07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 11.05.2010 21:45
von freitag2015 • 23 Beiträge
Hallo,
herzlichen Glückwunsch zu diesem Forum, die sachichen Diskussionen sind sehr angenehm.

Ich möchte mit meinem ersten Beitrag "Hallo" sagen und ihn einem Fall widmen, der mich schon damals beschäftigt hat. Zusammengefasst wird nach einem Einbruch in ein Wochenendhaus dem Besitzer ein Daumen abgeschniten, um an einen Ring zu gelangen (Sendung vom 07.04.1989).

Genau dieser Fall wird mit interessanten Hintergrundinformationen (z.B. sehr hohe Versicherungssumme) in einer rechtsmedizinischen Dissertation ("Verstümmelnde Hand- und Fingerverletzungen im Zusammenhang mit privaten Unfallversicherungen") der Universität Hamburg diskutiert.

Der Link zur Dissertation: Bitte in Google "Verstümmelnde Hand- und Fingerverletzungen im Zusammenhang mit privaten Unfallversicherungen" eingeben, der Autor ist Dirk Harms.


Auf der HTML-Seite dann den Suchbegriff "Gartenschere" eingeben.

Mich würde Eure Meinung über die aus meiner Sicht interessanten Hintergründe des Falls interessieren.

Herzliche Grüße

M.
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#10

Re: Filmfall "Daumenring" vom 07.04.1989

in Filmfälle 11.05.2010 22:01
von xyzuschauerseit72 • 1.079 Beiträge
Hallo zurück!

Spontan kam mir grad bei Deinen Zeilen der Gedanke: evtl. Verdacht auf Selbstverstümmelung / Vortäuschung einer Straftat / Versicherungsbetrug.

Das mit der Diss hört sich auf jeden Fall interessant an, Du wirst mit Sicherheit hier weitere Reaktionen auf Dein Posting erhalten.
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#11

Re: Filmfall "Daumenring" vom 07.04.1989

in Filmfälle 11.05.2010 22:28
von freitag2015 • 23 Beiträge
Ich habe aus Gründen der einfacheren Handhabung die betreffende Textpassage aus der Dissertation kopiert:

Ein 54 Jahre alter Versicherungsnehmer [=VN] (Rechtshänder), Geschäftsführer eines kleinen Familienunternehmens, war über die eigene Firma mit einer sehr hohen Versicherungssumme (4,5 Mio. DM) gegen Invalidität versichert. Finanzielle Engpässe waren beim VN bekannt, als sich folgendes ereignet haben sollte:

Der VN habe sich an einem Montagabend Ende September gegen 20.30 Uhr gerade im Gartenschuppen seines Wochenendgrundstücks aufgehalten, als ein Mann mit vorgehaltenem Revolver in den Schuppen eingedrungen sei. Dieser habe den VN dann mit einem im Schuppen hängenden Spanndraht-Stück die Arme nach hinten gefesselt. Der Täter habe nun nachdrücklich Geld gefordert und den VN im Schuppen eingeschlossen, um den vom VN im Wochenendhaus vorhanden genannten Geldbetrag (etwa 10.000 DM Geschäftseinnahmen) an sich zu nehmen und das Wochenendhaus nach weiterer Beute zu durchsuchen.
Der Täter sei danach in den Schuppen zurückgekehrt und verlangte nun auch Gold. Er habe dem VN dessen goldene Armbanduhr - unter Zerreißen oder Zerschneiden des Metallarmbandes - abgenommen und drei Ringe vom Ring- bzw. Zeigefinger abgezogen. Da es dem Täter nicht gelungen sei, den Goldring vom linken Daumen abzustreifen, habe der VN darauf hingewiesen, er könne den Ring abziehen, wenn die Fessel abgenommen werde, was der Täter jedoch mit der Bemerkung, er habe einen „Abzieh”, abgelehnt habe. Kurz darauf habe der VN einen stichartigen Schmerz in der linken Hand verspürt und dann sehen können, daß der linke Daumen abgeschnitten gewesen sei und die Wunde heftig blutete. Dann habe der Täter ihm den abgeschnittenen Daumen - ohne den Ring, mit der Bemerkung: „Den kannst Du Dir wieder anpappen lassen”, in die linke Brusttasche seines Parka gesteckt. Schließlich habe der Täter den VN wieder im Schuppen eingeschlossen und sei einige Minuten später mit dem PKW des VN losgefahren (das Fahrzeug wurde ca. 8 Stunden später - etwa 20 km entfernt - auf einem Wiesengelände einer größeren Stadt aufgefunden).
Nach erfolglosen Versuchen, die Tür des Schuppens gewaltsam mit einem Vorschlaghammer zu öffnen, sei es dem VN gelungen, den Schuppen durch das Fenster zu verlassen.

In der naheliegenden Chirurgischen Universitätsklinik wurde eine quere, im Weichteil- und Knochenbereich glatte Amputation des linken Daumens, ca. 1 cm distal des Daumengrundgelenkes, festgestellt. Die Wunde wurde ohne den Versuch einer Replantation versorgt, nachdem das Amputat weder bei dem VN in der Brusttasche noch in dem PKW des Nachbarn, der ihn in die Klinik gefahren hatte, gefunden wurde.

Bei der ersten polizeilichen Untersuchung des angegebenen Tatorts wurde die Tür des Schuppens verschlossen (mit außen steckendem Schlüssel) und das Fenster des Schuppens geöffnet vorgefunden. Neben Blutspuren, die auf ein Verlassen des Schuppens durch das Fenster hinwiesen, weiteren Blutspuren im Inneren des Schuppens, insbesondere zahlreichen facettenförmigen Blutspuren in der Nähe der Tür, wurden Blutspuren auf der außen vor der Türschwelle verlegten Betonsteinplatte sowie direkt auf der Türschwelle festgestellt.
Das Amputat wurde, trotz intensivster Suche, niemals aufgefunden - der VN vermutete, daß er es unbemerkt durch das schon löcherige Futter der linken Brusttasche des Parka verloren habe. Für das Abtrennen des linken Daumens habe der Täter eine, von ihm dann mitgenommene, Rosenschere benutzt; der VN habe jedenfalls später eine derartige, früher in dem Schuppen vorhanden gewesene Schere vermißt.

Eine Fahndung nach dem Täter blieb erfolglos; der Fall wurde letztendlich sogar in der Fernsehsendung
„Aktenzeichen XY...ungelöst” vorgestellt. Ein Rechtsmediziner sah durch Zufall diese Sendung und informierte die Kriminalpolizei über ihm aufgefallene Ungereimtheiten und den Verdacht einer Selbstverstümmelung.

Der Unfallversicherer betraute diesen dann mit der Erstellung eines Gutachtens zu den folgenden Fragen:
War es aus rechtsmedizinischer Sicht zu bestätigen, daß das Fesselwerkzeug dem VN vom Täter angelegt wurde? War es möglich, mit einer Amboß-Gartenschere eine derartige Amputationsverletzung des linken Daumens zu verursachen? War das Blutspurenmuster am Tatort mit den Angaben des VN zum Tatablauf zu vereinbaren?

Der Gutachter kam nach experimentellen Untersuchungen zu den folgenden Ergebnissen: Eine Selbstfesselung war prinzipiell möglich, sogar sehr leicht zu bewerkstelligen. Die Amputationsverletzung des linken Daumens mittels einer Amboß-Gartenschere war mit dem ärztlicherseits festgestellten Verletzungsbefund nicht zu vereinbaren. Das Blutspurenmuster am Tatort, speziell auf der Türschwelle und außerhalb davor war mit den Angaben des VN zum Tatablauf ebenfalls nicht zu erklären, wenn der VN bei vom Täter verschlossener Tür im Schuppen eingesperrt geblieben und nur durch das Fenster ins Freie gelangt sei, ohne sich an den Türbereich von außen zu begeben. Der Unfallversicherer lehnte daraufhin eine Schadensregulierung ab.

Der VN klagte vor dem Landgericht, welches sich den Ausführungen des o.a. Sachverständigen anschloß und die Klage zurückwies. Zu diesem Zeitpunkt waren schon über 4 Jahre seit dem Vorfall vergangen.

Der VN legte Berufung ein und beauftragte seinerseits einen pathologischen Gutachter zu der Frage, ob mittels einer einhändig zu bedienenden Gartenschere ein Daumen horizontal und glatt amputiert werden könne. Umfangreiche Experimente (die Untersuchungen wurden an entsprechend dicken Zehen amputierter Beine vorgenommen) führten hier zu dem Ergebnis, daß in allen Fällen eine glatte Amputation möglich war, es war sogar in keinem Fall eine maximale Kraftanstrengung dafür notwendig.

Das für die Berufung zuständige OLG berief einen weiteren Rechtsmediziner als gerichtlichen Sachverständigen, der ebenfalls nach einer Vielzahl von experimentellen Untersuchungen (an Leichenhänden sowie Schweineschwänzen durchgeführt) mittels unterschiedlicher Amboß-Gartenscheren zu der Einsicht kam, daß glatte Amputationen durchaus mit dem angegebenen Werkzeug möglich seien. Der gerichtliche Gutachter führte außerdem an, daß die konkret durchgeführte Fesselung ohne Zweifel vom Versicherten hätte stammen können, jedoch konnten sich keine durchgreifenden Argumente gegen die Schilderung des VN in bezug auf den Zustand des Fesselungsdrahtes herleiten. Es wurden mehr oder weniger wahrscheinliche Erklärungsmöglichkeiten für die Blutspuren außen und auf der Schwelle im Rahmen der Schilderung des VN aufgezeigt, so z. B. die Möglichkeit, daß das Blut vom Tatwerkzeug des Täters abgetropft sein könnte oder durch ein ruckartiges schnelles Öffnen der Tür von außen, durch die Polizeibeamten, ein Abspritzen von der Türunterseite erfolgt ist. Der gerichtliche Sachverständige führte aber an, daß die entwickelten Ablaufmodelle, die zur konkreten Blutspur geführt haben könnten, eher „gekünstelt”, also sehr unwahrscheinlich aber doch nicht vollkommen auszuschließen seien.

Das OLG änderte das Urteil des Landgerichts insofern, als der Unfallversicherer jetzt zur Zahlung von 900.000,-- DM an den VN verurteilt wurde. Die Versicherungsgesellschaft beantragte Revision vor dem Bundesgerichtshof, der die Revision allerdings ablehnte, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufwies und im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg hätte.


Wörtliches Zitat (Satz & Hervorhebungen zu Forumszwecken modifiziert, BV.) aus:

Dirk HARMS: Verstümmelnde Hand- und Fingerverletzungen im Zusammenhang mit privaten Unfallversicherungen. Eine Analyse unter forensisch-medizinischen, phänomenologischen und versicherungsmedizinischen Aspekten. Med. Diss. Hamburg 2001. (hier S. 73 ff., Kapitel 8.1. "Weitere Fallschilderungen")

Der Volltext der Dissertation ist hier nachzulesen
(Offizielle Webpublikation der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg)
.
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#12

Re: Filmfall "Daumenring" vom 07.04.1989

in Filmfälle 11.05.2010 23:01
von xyzuschauerseit72 • 1.079 Beiträge
Danke für die Textkopie, ich hätte es mir sonst morgen mal per Google angesehen.

Auch wenn der VN letztlich mit seiner Tatversion durchkam und es in seiner Kasse klingelte: Ein hochinteressanter Aspekt, den Du hier zu diesem Fall eingebracht hast.
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#13

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 12.05.2010 03:41
von bd-vogel • 570 Beiträge
Erstmal Hallo freitag2015 und Willkommen bei uns im XY-Forum!

Für Deinen Einstieg hast Du Dir ja gleich einen der legendärsten XY-Fälle ausgesucht - denn der "Daumen ab!"-Fall steht sicher bei den meisten von uns seit jeher ganz oben in der "Hitliste" gruseliger XY-Filmfälle.

Daß dieser Fall sozusagen ein "versicherungsrechtliches" Nachspiel hatte, ist soweit ich sehe eine komplett neue Information, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, daß das schonmal irgendwo in unseren Forendiskussionen (hier oder in unseren älteren "XY-Vorgängerforen" der letzten Jahre) erwähnt worden ist. Und bei XY selbst wurde es auch nicht thematisiert.

Vielen Dank dafür, das ist in der Tat hochinteressant!

Aus "kriminalistischer" Sicht (jedenfalls soweit die Fakten des Falles in XY behandelt worden sind) spricht allerdings m.E. doch noch einiges gegen eine vorgetäuschte Straftat, wie sie im Versicherungsprozeß offenbar (laut der obigen Abschnitte aus der Diss von Harms) erwogen worden ist - ganz unabhängig von der makabren (und für ein tatsächliches Opfer sicher schwer erträglichen) Frage, ob die Daumenamputation "selbstgemacht" sein könnte:

Erstens: Der mysteriöse Revolver

Im XY-FF (ausgestrahlt am 7.4.1989) wird detailliert geschildert, wie im Juli 1985 - drei Jahre vor der "Daumen-Tat" - bei einem Einbruch in das Wochenendhaus des späteren "Daumen-Opfers" ein Revolver gestohlen wird, der dann zunächst drei Jahre verschwunden bleibt. (Michael-Text: "In dieser Zeit wird mehrfach mit ihm geschosssen ... und irgendwann auch die Markenbezeichnung 'Hege-Uberti K03" aus der Waffe herausgeschliffen.") Diesen Einbruch hat das Opfer damals angezeigt (auch die Bonner Presse berichtete darüber), und dementsprechend wurden die Einbruchsspuren auch polizeilich dokumentiert.
Bei der "Daumen"-Tat im September 1988 wurde diese Waffe dann vom Täter wieder verwendet und zurückgelassen, wie im Film dargestellt. (Die Waffe wird auch im Studiofahndungsgespräch nach dem FF gezeigt.)
Hätte der Mann den Daumen-Fall also 'erfunden', müßte das dann auch schon für den Einbruch 1985 gelten? Und er müßte auch die Veränderungen an der Waffe selbst vorgenommen haben? Wurde das thematisiert bzw. entkräftet?

Zweitens: Die Waldzeugen

Ein halbes Jahr nach Ausstrahlung des Falls, in der XY-Sendung vom 1.12.1989, vermeldete (eine stark erkältete) Sabine Zimmermann ein recht interessantes Update in den Ermittlungen.
Demnach habe sich nach Ausstrahlung des FF ein junges Paar bei der Polizei gemeldet, das zur fraglichen Zeit in Nähe des Tatorts Pilzesuchen war. Im Wald habe das Paar einen Mann getroffen, der - so Sabine - "nach Lage der Dinge der Täter sein könnte".
Der Mann sprach demnach zunächst in (vorgetäuschtem?) niederländischen Akzent, verfiel dann aber im Laufe des Gesprächs in Rheinische Mundart. Er erzählte dem Paar, daß er mit einer Holländerin verheiratet sei, aber in Scheidung lebe.
Nach dem Mann wird dann mithilfe eines recht detaillierten Phantombildes gefahndet. Als besonderes Merkmal fiel dem Paar ein "chronisches Hüsteln" des Mannes auf - genau das hatte schon das Daumen-Opfer über den Täter zu Protokoll gegeben! (Wurde auch im Studiofahndungsgespräch nach der FF-Ausstrahlung in der Sendung vom 7.4.1989 erwähnt).
Wären das dann "Trittbrettfahrer" gewesen? Oder gar "bestellte Zeugen"? Wurde das thematisiert/geklärt?

Drittens:
Eine private Information (aber aus zuverlässiger Quelle, gestützt durch einen Pressebericht von 2004) besagt, daß der Fall bis zum Schluß als "unerledigt" gekennzeichnet gewesen ist. Hätten die im Versicherungsprozeß zur Sprache gebrachten Ungereimtheiten dann nicht auch die Staatsanwaltschaft im "Kriminalfall" erneut aktiv werden lassen müssen? Wie schaut das strafrechtlich aus? Bastian weiß hier sicher Rat.

Aber andererseits (und das ist eine zentrale Info aus Harms):
"Das Amputat konnte trotz intensiver Suche niemals aufgefunden werden."
..!!!

Das stimmt in der Tat nachdenklich. In der XY-Sendung bemerkt Eduard Zimmermann direkt nach Ende des Films, der Daumen habe im Krankenhaus nicht wieder angenäht werden können (und nach der gruseligen "kannste-Dir-ja-wieder-anpappen-lassen"-Szene des FF versteht man das natürlich so, daß der Daumenrest zwar da war, es aber medizinisch nicht mehr machbar war, ihn anzunähen). Daß der abgeschnittene Daumen gar nicht aufgefunden werden konnte, wird nicht erwähnt.
Aber die Polizeikräfte werden sicher am Tatort wirklich alles zweimal umgedreht haben, um das Teil zu finden... (oder nicht? Wär ja auch denkbar).

So oder so: Faszinierend an Harms' Darstellung ist die analytische Auslegung der Tatortspuren durch die Gerichtsmedizin bzw. die Tatortsicherung - die dadurch aufgeworfenen Fragen waren aber sicher der Kripo auch bekannt? Wurde deren Einschätzung in den Versicherungsprozessen auch gehört? So, wie die (medizinische, nicht juristische) Dissertation den "Versicherungsfall" schildert, klingt das, als ob die 'kriminalistische' Seite in dem Prozeß gar keine Rolle gespielt hätte? Kann ich mir (als Laie in solchen Dingen) schwer vorstellen - aber vielleicht weiß Bastian hier Rat, ob das so sein kann, bzw. ob solche Fälle dann unabhängig von Zivilgerichtsentscheiden noch weiter verfolgt werden, oder ob mit dem OLG-Urteil pro "Versicherungsnehmer" auch die staatsanwaltliche Ermittlung endet? (Eigentlich eher nicht, oder?)

Oh, spannende Fragen zu diesem Fall!

Jedenfalls nochmal vielen Dank an freitag2015 für diesen ganz enorm spannenden Beitrag, und weiterhin viel Spaß in unserem XY-Forum!

Bernhard.

PS:
Anmerkung am Rande: Dein zitierendes Posting habe ich im Format/Layout etwas verändert und auch den genauen Weblink sowie die exakte bibliographische Angabe zu der Dissertation von Harms ergänzt - da müssen und wollen wir genau sein, schon wegen des langen Zitats. Gruß B.
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#14

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 12.05.2010 03:48
von bd-vogel • 570 Beiträge
Kleine Ergänzung - ich erinnere, daß vor ein paar Jahren mal diverse TV-Magazine über das generelle Phänomen, das Harms in seiner Diss untersucht (nämlich das durchaus häufige Vorkommen von Selbstverstümmelungen zwecks Versicherungsbetrug), einige Beiträge gebracht haben (vielleicht war die Diss von Harms dazu sogar der Auslöser?).

Daran erinnere ich mich, weil es mich so überraschte/auch schockierte, wie häufig sowas tatsächlich vorkommt (die TV-Beiträge behandelten natürlich nur einwandfrei nachgewiesene Fälle dieser Art, aber brachten auch Statistiken dazu - irre, wie bekloppt können Menschen nur sein?).

Bernhard.
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#15

Re: 07.04.1989 FF3 (Kripo Altenahr) Daumenring

in Filmfälle 12.05.2010 08:45
von freitag2015 • 23 Beiträge
Hallo Bernhard,

ganz herzlichen Dank für die redaktionelle Überarbeitung des Beitrags und für Deine Gedanken zum möglichen Geschehensablauf.

Die Ungereimtheiten mit den übrigen Umständen des vermeintlichen Tatablaufs sehe ich auch so wie Du sie schilderst.

Die immens hohe Versicherungssumme stimmt aber schon sehr nachdenklich. Eine Erklärung wäre ja vielleicht, dass der Überfall tatsächlich stattgefunden hat, die Verletzung dann aber "ergänzt" wurde? Ich will ich aber aus den bekannten Gründen jetzt nicht in Mutmaßungen stürzen.

Grund für das Posting war auch, dass sicher viele Filmfälle Hintergründe/Nachspiele haben, die dem XY-Zuschauer, vielleicht auch den ermittelnden Kriminalbeamten, verborgen bleiben. Mich hat der Filmfall seit der Erstausstrahlung auch nicht mehr losgelassen und immer gegruselt ... umso überraschter war ich, als ich diese Dissertation las und ihn darin wiederfand.

Nochmals herzlichen dank für Deine ausführliche Analyse

M.
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