Dieser mittlerweile viereinhalb Jahre alte Fall hat mich aufgrund der räumlichen Nähe zu mir einerseits, aber erst recht wegen der Umstände und Tragik immer bewegt.
Im Frühsommer 2010 verschwindet die ehemalige Polizistin und Mutter von vier Kindern von jetzt auf gleich aus dem Haus, in dem sie mit den Kindern und ihrem Ehegatten lebt. Nach einer Woche meldet der Ehemann Dirk L., der als Polizist in Gelsenkirchen tätig ist, seine Frau als vermißt. Hierbei kamen die Kollegen schnell einem Geflecht aus furchtbaren Lügen auf die Spur. Der Fall wurde schließlich an die Essener Mordkommission abgegeben, um sich nicht dem Verdacht der Kumpanei auszusetzen.
Dirk L. lebte zwar über seine Verhältnisse, aber noch lange nicht standesgemäß: 180 qm in einer fortgeschritten gehobenen Wohngegend, dazu ein angemietetes Appartment und drei weitere Frauen als Gespielinnen, wobei eine ca. zehn Jahre jüngere Kollegin von ihm schwanger war. Diese Kollegin drang auf eine Aussprache mit seiner Frau. Die Ermittler sind sicher, daß Dirk L. diese Katastrophe fürchtete, denn die Scheidung hätte ihm finanziell das Genick gebrochen. Diesen Aussprachen ist Dirk L. immer mit plötzlichen Schicksalsschlägen ausgewichen und ließ imaginär die Verwandschaft sterben: Mal der Tod seines Vaters, mal der seiner Schwester oder seines Schwagers, bzw. Brustkrebs der Ehefrau. Alles erlogen.
Die Ermittler stellten fest, daß Anfang Juni die Matratzen aus dem gemeinsamen Ehebett auf einer Halde in Gelsenkirchen-Scholven verbrannt wurden, währen Dirk L. ein Matratzenkauf in einem dänischen Bettenlager zugeordnet werden konnte. Ende Juni entdeckten Spaziergänger im Waldgebiet "Die Haard" zwischen Haltern am See und Marl an der L551 den ausgebrannten Mercedes Viano der Vermissten. Die Spurenlage an dem Fahrzeug scheint dürftig. Allerdings sind Spürhunde, denen eine Geruchsprobe von Dirk L. vorgehalten wurde, schnurstracks vom Autowrack im Wald zum acht Kilometer entfernten Haus seines Vaters in Marl gelaufen, in dem Dirk L. sich oft aufhielt. Der Verdacht: Mit dem Fahrrad radelte er vom Brandort zum Haus des Vaters, wo er seinen eigenen Pkw abgestellt hatte.
Die Anklage, die gegen Dirk L. 2011 erhoben wurde lautete aber auf Brandstiftung und Besitz von Kinderpornografie. Entsprechendes Material wurde bei ihm während der Mordermittlungen sichergestellt. Nach einem Berufungsverfahren am Essener Landgericht wird L. "lediglich" wegen Brandstiftung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, was aber nach meinem Kenntnisstand für die Entfernung aus dem Dienst ausgereicht hat.
Seit dem herrschte eine bedrückende Ruhe zu dem Fall.
Und nun ist es soweit: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Dirk L. eingestellt. Eine Anklage wegen Mordes wird es ohne Leiche nicht geben.
Ein Artikel hierzu, in dem auch auf vorangegangene Berichte verlinkt wird, ist in der Onlineausgabe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung erschienen:
derwesten.de vom 27.11.2014: Mord ohne Leiche - Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt
Ein nunmehr etwas rudimentärer Artikel aus dem Jahre 2010 eines Polizeireporters fasst es gut zusammen:
wieboldtv.de: Polizeizeugenaufruf
Den Kindern und weitern Verwandten ist es zu wünschen, daß doch nocheinmal Klarheit in diesen Fall kommt.