in Studiofälle
04.06.2013 01:32
von
Oma Thürmann
• 766 Beiträge
Erster Verhandlungstag: Der Angeklagte hat seine bisherige Version des Geschehens (wieder einmal) modifiziert: Heidrun W.s eifersüchtiger Ehemann, der dem (platonischen) Paar heimlich gefolgt sei, habe die Frau unabsichtlich eine Böschung hinuntergestoßen.
Auch die neuen Blumen wird Heidi B. mit sich herumtragen, bis sie verwelkt sind. Sie besitzt keine Vase und auch keinen Platz, wohin sie die Blumen stellen könnte. (19.06.1970, FF 2)
in Studiofälle
30.06.2013 02:49
von
bastian2410
• 1.678 Beiträge
Hä? Wir sind die denn auf so ein Urteil gekommen? Eine- für mich- sehr überraschende juristische Interpretation des Falles. Hätte mit einem anderen Urteil gerechnet, gerade weil der Angeklagte mehrere Versionen zum Tatablauf gemacht hatte und so ich Zweifel an der Glaubwürdigkeit hatte.
In diesem Fall spiegeln sich die Tücken eines Tötungsdelikt ohne Leiche und die Besonderheiten eines Geschworenengerichtes wider.
Zwei Fälle, die wieder einmal nachdenklich machen, gerade im Hinblick auf das Anhalterunwesen." (Zitat Zimmermann FF 3 17.01.1986)
in Studiofälle
30.06.2013 03:28
von
bastian2410
• 1.678 Beiträge
die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Revision im Fall Wastl. Das Urteil des Geschworenengerichts am Landgericht Wiener Neustadt ist somit rechtskräftig.
Zuständig im Falle einer Berufung wäre das Oberlandgericht gewesen, im Fall einer Nichtigkeitsbeschwerde der Oberster Gerichtshof in Wien. Da Rechtsmittel in Österreich binnen drei (Werk-) Tage nach Verkündung des Urteiles anzumelden sind, kann theoretisch der Angeklagte bis Montag eins der beiden Gerichte anrufen.
Artikel Kurier vom 28.6.2013
Fall Wastl: Urteil der Geschworenen ist rechtskräftig Staatsanwaltschaft legt keinen Einspruch ein. "Cold Case"-Fall wird aber nicht geschlossen.
Nach dem Gerichtsurteil im Fall um das Verschwinden der 37-jährigen Heidrun Wastl im Jahr 2001 verzichtet die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt auf eine Berufung. Erich W. (42) wurde am Mittwoch am Landesgericht Wiener Neustadt des Mordes freigesprochen und für Im-Stich-Lassen einer verletzten Person zu einem Jahr Haft verurteilt. Die Strafe hat er bereits in Untersuchungshaft abgesessen. Er verließ das Gericht nach der Verhandlung als freier Mann.
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt legt keinen Einspruch gegen das Urteil ein. „Das Urteil der Geschworenen ist nicht mit Aussicht auf Erfolg zu bekämpfen“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Erich Habitzl, am Freitag dem KURIER. Der Anwalt des Beschuldigten Ernst Schillhammer hat bis Montag Zeit eine Erklärung abzugeben.
Der „Cold Case“-Fall wird vom Bundeskriminalamt (BK) nicht geschlossen. Immer noch sucht das BK nach der Leiche von Heidi Wastl. Nach Angaben des Beschuldigten ist Heidi Wastl bei einem Unfall in einem Waldstück bei Ofenbach (Bez. Wr. Neustadt) schwer gestürzt. Die Sterbende wurde alleine im Wald zurückgelassen.
in Studiofälle
30.06.2013 19:43
von
TheWhite1961
• 1.160 Beiträge
Hallo Bastian,
meine Reaktion als ich das Urteil erfahren habe war die gleiche wie deine. Ich war ziemlich verwundert. Merkwürdig ist das Urteil vor allem vor dem Hintergrund, daß die Leiche ja nicht gefunden wurde. Hätte man Heidrun Wastl hilflos und sterbend im Wald zurückgelassen bzw. "im Stich gelassen" wäre ihre Leiche dort ja gefunden worden. Sehr merkwürdig das Ganze.
in Studiofälle
01.07.2013 05:21
von
bastian2410
• 1.678 Beiträge
da ist das Problem mit den Geschworenengerichten. Da gibt es nur ein "Schuldig" oder "Nicht schuldig"- ohne große Erklärung. Wir wissen noch nicht, welche Version die Geschworenen geglaubt haben. Dies ist auch entscheidend, ob evt. gegen den Ehemann ermittelt wird- schließlich sagte der Angeklagte auch aus, der Ehemann hätte Wastl aus Eifersucht die Böschung herunter gestoßen.
Anders als in der Schweiz- aber genauso wie in den USA- entscheiden die Geschworenen alleine über den Schuldspruch, nur das Strafmaß wird zusammen mit den Richtern entschieden. Aber anders als in den USA, wo bei einem Schuldspruch alle Geschworenen einig sein müssen, reicht in Österreich bei 8 Geschworenen eine einfache Mehrheit aus (5-3, bei 4-4 Freispruch).
In Deutschland hätte es entweder einen Freispruch gegeben oder ein Schuldspruch wegen Totschlag oder Mord- in Österreich ist die Gesetzeslage halt anders. Die Entscheidung zeigt aber, dass ich froh bin, dass wir in Deutschland schon in 20ern die Geschworenengerichte abgeschafft haben.
Zwei Fälle, die wieder einmal nachdenklich machen, gerade im Hinblick auf das Anhalterunwesen." (Zitat Zimmermann FF 3 17.01.1986)
Auch die neuen Blumen wird Heidi B. mit sich herumtragen, bis sie verwelkt sind. Sie besitzt keine Vase und auch keinen Platz, wohin sie die Blumen stellen könnte. (19.06.1970, FF 2)
also da brat mir einer doch n Storch. Aber selbstverständlich gilt auch in Österreich das Verschlechterungsverbot, dh da nur die Verteidigung Rechtsmittel eingelegt hat, darf der Angeklagte in einem neuen Prozeß nicht härter bestraft werden als in der Vorinstanz.
Theoretisch hat die Staatsanwaltschaft - falls die Staatsanwaltschaft noch nicht Rechtsmittelverzicht vor dem Landgericht zur Protokoll gegeben hat (vor einer Zeitung genügt nicht)- noch bis heute 23.59 Uhr Zeit, ebenfalls Rechtsmittel einzulegen- dann zählt das Verschlechterungsverbot nicht.
Ich hätte das Urteil mit Handkuss angenommen, ehrlich gesagt.
EDIT: ich habe Blödsinn geschrieben. Die Drei- Tage- Frist ist bereits Montag abgelaufen. Habe mich in den Tagen geirrt. Sorry!
Zwei Fälle, die wieder einmal nachdenklich machen, gerade im Hinblick auf das Anhalterunwesen." (Zitat Zimmermann FF 3 17.01.1986)
zuletzt bearbeitet 03.07.2013 03:33 |
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Auch die neuen Blumen wird Heidi B. mit sich herumtragen, bis sie verwelkt sind. Sie besitzt keine Vase und auch keinen Platz, wohin sie die Blumen stellen könnte. (19.06.1970, FF 2)
in Studiofälle
04.04.2014 02:30
von
Oma Thürmann
• 766 Beiträge
OGH-Entscheidung: Das Im-Stich-Lassen einer Verletzten ist verjährt, damit Freispruch. Immer wieder aufs Neue verstörend, wie dünn die Linie zwischen lebenslang und Null ist.
Auch die neuen Blumen wird Heidi B. mit sich herumtragen, bis sie verwelkt sind. Sie besitzt keine Vase und auch keinen Platz, wohin sie die Blumen stellen könnte. (19.06.1970, FF 2)
in Studiofälle
08.04.2014 03:52
von
bastian2410
• 1.678 Beiträge
Zitat von Oma Thürmann im Beitrag #25OGH-Entscheidung: Das Im-Stich-Lassen einer Verletzten ist verjährt, damit Freispruch. Immer wieder aufs Neue verstörend, wie dünn die Linie zwischen lebenslang und Null ist.
es gibt wirklich Urteile, die auch ich nicht verstehe... Ich frage mich, mit was für "Juristen" das Gericht in der ersten Instanz besetzt war. In der Tat verjährt das Im- Stich- Lassen nach dem Gesetz unserer Nachbarn nach 5 Jahren. Der Angeklagte hätte also 2013- 12 (!!!) Jahre nach der Tat- nie verurteilt werden dürfen bei diesem Urteilstenor- ich fasse es nicht...
Zudem vertrete ich auch eine andere juristische Interpretation des Falles
Zwei Fälle, die wieder einmal nachdenklich machen, gerade im Hinblick auf das Anhalterunwesen." (Zitat Zimmermann FF 3 17.01.1986)
zuletzt bearbeitet 08.04.2014 03:55 |
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