Mein Versuch, etwas zum Anlaß zu schreiben...
„Gut’n Abnnd, meine Damn und Herrn!“...
Eigentlich war es schon diese immergleiche Begrüßung von Eduard Zimmermann zu Sendungsbeginn, die „Aktenzeichen XY... ungelöst“ zum Markenzeichen werden ließ. Im Oktober 1967 hatte Zimmermann die Sendung gestartet, um „den Bildschirm zur Verbrechensbekämpfung“ einzusetzen... und das Team, das er dafür um sich versammelte, bewies echte „staying power“. Scheinbar mühelos glitt das Konzept hinweg über die teils politisch motivierten Anwürfe der Frühzeit, den Wechsel zum Farbfernsehen, und die Wandlungen der Kommunikationsmittel, vom Telefon bis zur Standleitung. Und scheinbar mühelos gelang eine Kontinuität, die in der deutschen Fernsehlandschaft wohl so einzigartig war wie die „Tagesschau“... nicht zuletzt, weil Zimmermann sich für die Filmfälle auf Kurt Grimm (1931-2004) stützen konnte, den Bundesfilmpreisträger, der über 300 Ausstrahlungen vom Regiestuhl aus überwachte und an die 900 Fallrekonstruktionen inszenierte.
Dreißig Jahre lang, bis 1997, führte Zimmermann durch seine Sendung, und dreißig Jahre lang war er das, was man im heutigen Aalglattfernsehen so oft vermißt – eine „Sendepersönlichkeit“, deren Seriösität sich vielleicht gerade darin zeigte, daß er nicht sonderlich „telegen“ war. Manch holprige Moderationen und Versprecher trugen im Gegenteil dazu bei, daß seine Sendung nicht nur einen einmaligen Wiedererkennungseffekt erreichte, sondern streckenweise auch zum Kult geworden ist. Gleich mehrere Generationen von Zuschauern hat er damit erreicht. Und wer konnte sich dem schon entziehen, dem Grusel, der schon begann, wenn Zimmermann freitags um 20.15 Uhr seine Begrüßungsworte sprach?
Die Erfolgsbilanz der Sendung spricht für sich – zu Zimmermanns persönlichem Verdienst gehört aber auch und vor allem, daß er sich nie hat instrumentalisieren lassen. Er bezog in seinen markanten Moderationen mit deutlichen Worten Stellung gegen das Verbrechen und für die Berücksichtigung der Opferschicksale, doch nie geriet er dabei auch nur in die Nähe dumpfer Stammtischparolen, von denen dieses Thema so oft heimgesucht wird. Nie erlag er der Versuchung, mit Verbrechen Politik zu machen – er ließ die nüchternen Tatsachen sprechen, fernab jeder effektheischenden Elemente, wie sie unter seinen Nachfolgern heute leider mitunter begegnen. Nur sehr selten war er emotional – und konnte gerade deswegen so stark die Emotionen der Zuschauer ansprechen.
Akribisch kümmerte er sich um die Details der gezeigten Fälle, wohl wissend, daß nur saubere Arbeit im Kleinen „große Ergebnisse“ zeitigen kann. Neben der polizeilichen Aufklärung der thematisierten Straftaten waren ihm dabei zwei andere Aspekte stets genauso wichtig: Die Schicksale der Verbrechensopfer, und die Vorbeugung. Darin ließ er sich nicht beirren, und darin besteht auch sein Erbe, das ihn beispielsweise im „Weißen Ring“ überdauern wird.
Die neuen Medien, das von ihm so bezeichnete „weltweite Internet“, bringen es erfreulicherweise mit sich, daß man sich von Eduard Zimmermanns Leistungen im wahrsten Sinne des Wortes „ein Bild machen kann“ – der Kontrast zu manch modernem Format könnte nicht größer sein, und gerade deswegen bleiben seine Sendungen Lehrstunden des Fernsehens. Zimmermann war nicht austauschbar, und eigentlich auch nicht zu ersetzen.
Als Zimmermann im Mai 2007 anläßlich des 40jährigen Sendungsjubiläums letztmals vor die Kameras von „Aktenzeichen XY“ trat, konnte man bereits ahnen, daß es nicht zum Besten um ihn stand – in Ehren ergraut, aber auch „alt“ geworden war der Meister, entrückt und fahrig wirkten seine Sätze. Kein schönes Bild. Daß er, wie man bei dieser Gelegenheit besichtigen konnte, liebevoll und behutsam von seiner Tochter Sabine in die Abenddämmerung seines Lebens begleitet wurde, stimmt freilich versöhnlich. Denn so kann man hoffen, daß seine letzten Tage den Umständen entsprechend würdevoll gewesen sind.
Nun also ist er fort, Mr Aktenzeichen, und doch ist er so präsent wie eh und je. Nicht nur hier in unserem Forum, das wir ohne ihn gar nicht hätten. Sondern auch – und das wäre ihm selbst sicher immer am wichtigsten gewesen – in „seiner“ Sendung und seinen Anliegen, denen es an Aktualität nicht mangelt. Und doch wird sie fehlen, seine Stimme, die auch Verpflichtung ist.
So sehr, wie mir (und allen hier) „Aktenzeichen XY“ gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen ist, kann am Ende eines Nachrufs nur ein persönliches Wort stehen: Vielen Dank, Eduard Zimmermann, für Ihre Lebensleistung, und für die Gänsehaut am Freitagabend... kurzum...
Mach’s gut, Ede!
Bernhard.