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29.03.2007 FF1 (Kripo Hagen) Mordfall Wolfgang Schepp

in Filmfälle 03.02.2011 21:36
von xyzuschauerseit72 • 1.079 Beiträge
Zu diesem ungeklärten Fall erschien heute ein Pressebericht zu Einzelheiten und zum aktuellen Stand:

Kriminalfall: Brutale Raubmörder packen Beute in Hermès-Handtasche

Hagen, 03.02.2011, Martin Weiske

Emst. Der Martinszug ist gerade erst durch die Straße gezogen. Im Dickicht einer Villa an der Bergruthe kauern zwei Gestalten mit schwarzen, wolligen Sturmhauben über dem Kopf. In der ungemütlich, feuchten Kühle des November-Abends harren die Mörder aus, um ihr Opfer durch die gestickten Augenausschnitte auszuspionieren. Plötzlich biegt ein Mercedes-Sportwagen auf das abgeschottete Areal am Emster Wäldchen ein. Die Lebensgefährtin von Wolfgang Schepp kehrt von einer Geschäftsreise aus Frankfurt zurück. Für die beiden Maskierten im Garten des Hauses die plötzlich auftauchende Chance, an der Alarmanlage vorbei in die Edel-Immobilie einzudringen und fette Beute zu machen. Ein brutaler Raub, der zu einem blutigen Mord eskaliert.

Es ist 19.05 Uhr, als die beiden etwa 30- bis 40-jährigen Gestalten aus der Dunkelheit hervorspringen. Kaum hat die damals 52-Jährige ihre Taschen aus dem Mercedes-Sportcoupé gehoben und die Haustür aufgeschlossen, stürzen die beiden etwa 1,70 bis 1,82 Meter großen Männer aus dem Gebüsch und traktieren die Frau „mit brachialer Gewalt“, wie es der ermittelnde Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer am Morgen nach der Tat formuliert. Ein Arzt diagnostiziert später neben Hämatomen und blutenden Gesichtsverletzungen sogar Rippenbrüche. Anhand einiger im Befehlston formulierter Wortfetzen, die im Rahmen der späteren Ermittlungen durch Dolmetscher simuliert wurden, geht die Kripo davon aus, dass die Täter vom Balkan stammen – vielleicht aus Rumänien.
Opfer setzte sich zur Wehr

Im Haus treffen die Eindringlinge auf den unbekleideten Wolfgang Schepp, der gerade aus der Sauna im Untergeschoss kommt. Als der 56-Jährige sich vehement zur Wehr setzt, fallen zwei Schüsse aus einem Revolver. Ein Projektil durchschlägt eine Scheibe und verschwindet auf ewig in der Emster Nacht. Der zweite Schuss durchdringt die Lunge des Hageners, der stark blutend zusammensinkt. Anhand des deformierten Projektils, das noch als Querschläger durch die Villa zischt, gehen die Fahnder davon aus, dass es sich bei der Waffe und einen Revolver Kaliber 38 Spezial oder 357 Magnum handelt.

An dem Sterbenden vorbei wird die durch die Brutalität der Mörder völlig eingeschüchterte Lebensgefährtin zum Tresor im Schlafzimmer des Obergeschosses gezwungen. Mit zitternden Händen gelingt es der völlig verängstigten 52-Jährigen kaum, den Zahlencode in das goldfarbene Safeschloss einzutippen. Doch dann springt die Tür auf. Die Täter greifen eilig die Beute aus dem Stahlschrank und verstauen zahlreiche wertvolle Markenuhren und Schmuckstücke in einer am Tatort vorgefundenen, knatschbunten Badetasche sowie in einer Hermès-Damen-Handtasche im Wert von 5000 Euro. Bei ihrer hektischen Flucht übersehen die Gangster sogar noch gerollte Geldschein-Bündel auf dem Nachttisch – insgesamt mehr als 1000 Euro Bares. Die Kunstschätze an den Wänden oder auch ein weiterer, mit reichlich Bargeld gefüllter Geldschrank werden von den Tätern ebenfalls ignoriert. In der November-Dunkelheit verliert sich die Spur des brutalen Duos.
Worum ging es den Raubmördern?

Aber worum ging es den Raubmördern? Wollten Sie in einer offensichtlichen Nobel-Villa tatsächlich fette Beute machen oder war dies bloß die Tarnung für einen gezielten Mordauftrag? Eine These, die der Leiter der Mordkommission, Ralf Neumann, ausschließen möchte: „Die Männer konnten bei ihrer Flucht nicht sicher sein, dass ihr Opfer bereits tot war – ein professioneller Auftragsmörder hätte in einer solchen Situation noch einen Schuss nachgesetzt.“ Außerdem sei es für einen Killer weitaus einfacher gewesen, Schepp bei seinen regelmäßigen Spaziergängen im Emster Wald aufzulauern.

Ebenso hält der Chefermittler Gerüchte, dass es sich um eine Bestrafungsaktion gehandelt habe, für „nicht wahrscheinlich“. Fast ein halbes Jahr war die Mordkommission im Ruhrgebiet unterwegs und hat dort die Rotlichtszene aufgemischt. Immerhin lieferte Schepp mit so manchem Geschäft auch ins Milieu herein Gründe genug, mal eine Abreibung verpasst zu bekommen. 13 Tatverdächtige wurden dabei dingfest gemacht – alle mussten die Beamten am Ende wieder laufen lassen. Die Spuren passten einfach nicht. „Wir haben es mit Leuten zu tun gehabt, die so gefährlich sind, dass ich nur froh bin, dass die nicht in Hagen wohnen: hoch intelligent, gewaltbereit, voll im Geschäft.“ Viele Legenden wurden gesponnen, keine entpuppte sich als Wahrheit. Ähnliches gilt für die TV-Fahndung bei „Aktenzeichen XY“ – viele Tipps, nichts Konkretes. „Seien Sie sicher, wir haben das gesamte Spektrum der Strafprozessordnung ausgereizt“, will der Kriminalhauptkommissar sich nicht detailliert zur Ermittlungstaktik äußern.

Dennoch werden die Spekulationen nie verstummen, die sich aus der schillernden Vergangenheit und dem ungewöhnlichen beruflichen Werdegang von Wolfgang Schepp ableiten. Der Sohn eines Teppichlegers, der weite Teile seiner Jugend bei der Großmutter verbrachte, startete als Kfz-Elektriker eine Ausbildung bei Barlmeyer am Märkischen Ring. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die parallel eine Ausbildung zur Bürokauffrau startete. Wenig später bewies Schepp überdurchschnittliches Autoverkäufer-Talent bei Ford und machte sich bald mit der Firma City-Car an der Eckeseyer Straße selbstständig. Gehobene Limousinen – gerne auch für Halbwelt-Größen - bildeten den Mittelpunkt seines Sortiments.
Millionen mit Firmenverkauf erwirtschaftet

Den Schritt ins ganz große Business wagte Schepp gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Dieter Curland, mit dem er ein zahntechnisches Labor in Meinerzhagen erwarb. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich der nach Breckerfeld verlagerte Kleinbetrieb zu einem Weltunternehmen für patentierte Dentalhalte- und Implantat-Elemente. Als Leiter von Vertrieb und Verkauf ließ Schepp das Unternehmen rasant auf den internationalen Märkten wachsen. „Wenn man verkaufen kann, spielt die Ware keine Rolle“, beschrieb seine Tochter, die ungenannt bleiben möchte, ihren Vater als Zahlen-Jongleur mit bombastischem Ehrgeiz und hohem mathematischen Verständnis. „Er konnte Zins und Zinseszins schneller im Kopf berechnen als andere auf dem Taschenrechner.“ Mitte der 90er Jahre verkaufte Schepp seine Anteile an die Hanauer Heraeus Holding. Ein Deal, der ihn über Nacht zum Multimillionär machte. Kapital, das er kontinuierlich und clever auf dem Immobilienmarkt vermehrte.

Die Poco- und Ratio-Ansiedlung unweit des Vorhaller Kreisels, mit denen Schepp zuletzt in seiner Heimatstadt sichtbare Spuren hinterließ, gehören eher zu den kleineren Erfolgsgeschichten der „WS Beratungs- und Handels GmbH“. Spektakulärer und auch architektonisch bemerkenswerter stellen sich hingegen Einzelhandelsinvestitionen und Projektentwicklungen mit attraktiven Gewinnmargen in zentralen 1a-Lagen in Chemnitz, Lübeck, Erfurt oder Wiesbaden dar. „Er war in Verhandlungen nicht nett, wenig kalkulierbar, kein Diplomat“, erinnerte sich seine Tochter an einen unnachgiebigen, knallharten Verhandler, dessen Wutausbrüche legendär und zugleich gefürchtet waren.

Umso erstaunlicher, dass Schepp auch als Kunstsammler genial aus dem Bauch heraus agierte. Schnell hatte der Unternehmer begriffen, dass Bilder auch eine lukrative Investition in die Zukunft darstellen. Zunächst investierte er scheinbar wahllos in Werke von Monet und Manet oder zählte sogar einen van Gogh zu seinem Privatbesitz. Später konzentrierte sich Schepp mit seiner Sammlung auf die Hagener Größen Emil Schumacher und Christian Rohlfs. Manches wertvolle Stück lagerte dabei nicht nur im Safe einer Düsseldorfer Galerie, sondern prangte auch an den Wänden seiner Emster Villa. Kunstschätze, von deren Wert nur engste Bekannte etwas ahnten. Weitaus extrovertierter ging der Hagener Kaufmann mit seinem Wagenpark um. Hier liebte er den großen Auftritt. So manch ein Besucher seines Privathauses an der Bergruthe musste zunächst die Luxuskarossen-Sammlung – vorzugsweise Ferraris - in seinen Garagen bewundern, bevor er ins Wohnhaus eingelassen wurde.

Die Mörder vom 9. November 2006 interessierten sich für die Sportwagen offenbar nur wenig. Ob sie nach dem völlig aus dem Ruder gelaufenen Raubmord tatsächlich mit einem dunklen Lieferwagen geflüchtet sind, erscheint bis heute völlig offen. Denn bis auf Schepps Lebensgefährtin kann sich niemand aus der Nachbarschaft oder auch von den Laternenzug-Teilnehmern an ein solches Gefährt erinnern.

Wenige Minuten später stand an gleicher Stelle der Notarztwagen.

Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/hagen/Brutale-Raubmoerder-packen-Beute-in-Herm-s-Handtasche-id4241686.html
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#2

Re: 29.03.2007 FF1 (Kripo Hagen) Mordfall Wolfgang Schepp

in Filmfälle 04.02.2011 21:36
von bd-vogel • 570 Beiträge
Danke für das detailreiche Update!

Bernhard.
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#3

Re: 29.03.2007 FF1 (Kripo Hagen) Mordfall Wolfgang Schepp

in Filmfälle 04.02.2011 23:13
von xyzuschauerseit72 • 1.079 Beiträge
Ich hatte mich gestern gewundert, wieso man diesen Pressebericht ohne ersichtlichen Anlaß veröffentlicht hat. Mittlerweile wurde der Bericht überarbeitet. Man hat eine erste Spur: eine der Uhren aus der Diebesbeute ist im europäischen Ausland aufgetaucht.

Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/hagen/Erste-Spur-im-Hagener-Raubmord-id4241686.html
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#4

Re: 29.03.2007 FF1 (Kripo Hagen) Mordfall Wolfgang Schepp

in Filmfälle 05.02.2011 02:18
von bd-vogel • 570 Beiträge
Was die Sache sicher nach wie vor auch "anheizt": In diesem Fall wurden damals (laut XY-Sendung) 150.000 (!) Euro Belohnung ausgesetzt, eine der höchsten jemals bei XY ausgelobten Belohnungen.

Bernhard.
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#5

RE: Re: 29.03.2007 FF1 (Kripo Hagen) Mordfall Wolfgang Schepp

in Filmfälle 08.08.2017 16:18
von Oma Thürmann • 766 Beiträge

Die Tat steht vor der Aufklärung: Die Kripo Hagen hatte für heute zu einer Pressekonferenz gebeten. Ein 45-Jähriger wurde in Dortmund bei der Einreise aus Bosnien-Herzegowina festgenommen, ein 50-Jähriger ist wegen anderer Delikte bereits in Werl inhaftiert.

http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/30835/3703656


Auch die neuen Blumen wird Heidi B. mit sich herumtragen, bis sie verwelkt sind.
Sie besitzt keine Vase und auch keinen Platz, wohin sie die Blumen stellen könnte. (19.06.1970, FF 2)

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