Moin,
wenn hier schon rübergerettet wird, dann richtig. Hier mein alter Schrott aus dem Ur-Forum. Es beginnt mit dem Zinkwannenmord, in dem ein eiskaltes Händchen, ein älteres Paar mit dem Gespür für die Probleme der Zeit und ein wirrer Slasher mit ( vermutlich ) Leichenteilen im Koffer die Hauptrollen spielen :
XY-Sendung 047 v. 16.06.1972 – FF3 – „Zinkwanne“
Niederreifenberg, ein kleines Taunusstädtchen im Jahre 1971. Das an diesem Ort die Uhren im Vor-Olympiajahr noch anders gehen, zeigt schon allein die Einblendung des rustikalen Ortsschildes. Keine Farbe, kein Trubel, keine Hippies. Spazierengehen ist daher eines der Sonntagshighlights, dem sich auch Hans und Emmi S. hingeben. So altmodisch, wie die Beiden aussehen, sind sie jedoch nach Aussage Wolfgangs nicht, denn „sie haben ein Gespür für die Probleme der Zeit“.
Würden wir uns hier im Jahr 2005 befinden, hätten sich Emmi und Hans eher über die obskure Vorgehensweise bei der Fussball-WM-Ticketvergabe oder die Betacam bei XY-Filmfällen aufgeregt. So ist aber eine im Wald entmüllte Zinkwanne Objekt ihrer „Ich-reg-mich-über-jeden-Scheiß-auf“ – Begierde. Mit folgendem, direkt von Ralf aus dem Filmfall entnommenen Dialog zwischen Unser Hansi und Unser Emmi ( wie man im Ruhrgebiet so schön sagt ) wird diese Szene endgenial eingeleitet und begleitet :
EMMY: „Also Hans, jetzt guck dir des doch a mal an. Kaum ist der neue Parkplatz da obbe fertisch und schon werfe die Leute ihre alte Grembel da hin. Was isn des? Alt Zinkwann.“
HANS: „Ä Schande is das, dä schöne Wald so zu verhunze, bestraft gehöre die!“
EMMY: „Du gucka mal. Siehste denn das da ned?“
HANS: „Was? Was seh ich?“
EMMY: „Ai, da under der Wann! Des is doch ä Hand!“ (Radrütteln setzt sein)
HANS: (geht näher ran) „Ja wirklich! Des is ä Hand! Emmy, des, des is ja, des muss ja en Mensch sein!“
EMMY: „Des, des is ja entsetzlisch. Was mache mirn da?“
HANS: „Komm schnell, da müsse ma zur Polizei!“
Tja, müsse ma wohl... Auch wenn diese Szenerie die Grundstimmung eines Sketches aus „Zum blauen Bock“ hat, ist die Entdeckung der Wannenleiche doch eine der gruseligsten Szenen der XY-Historie. Die aus der umgestülpten Zinkwanne hervorlugende Hand sieht ( schwarz-weiß sei Dank ) ziemlich echt aus und der weiterspekulierende Zuseher kann sich an den 5 Fingern des Wannenhändchens ausmalen, dass der Körper eines Menschen nicht unbedingt komplett unter einer Zinkwanne dieser Größe passen kann.
Was Wolfgang Grönebaum auch prompt bestätigt, denn Emmi und Hans machen eine „furchtbare Entdeckung“. Unter der Zinkwanne liegt „die unbekleidete und zerstückelte Leiche eines jungen Mannes, bei der der Kopf fehlt.“ Nach einem unauffälligen „Kamera hängt in den Baumwipfeln“ – Schnitt, der in den schwarzweißen XY-Tagen quasi kameratechnisches Kabinettstückchen par excellence war, ist auch schon die Polizei am Tatort und spekuliert darüber, wo denn wohl das fehlende Körperteil sein könnte : „Irschendwo muss dä Kopf doch sei ?“ – „Das kann scho sei, wir werde ja sehe“.
Ziemlich schnell wird der Kopf dann auch 40m vom Wannenort entfernt gefunden.
Lange Zeit nach diesem schrecklichen Fund bleibt das Opfer unbekannt. Bis sich ein Zeuge bei der Kripo in Hofheim meldet und den Beamten eine schier unglaubliche Geschichte von seinem Bekannten mit Namen Stengelhofen erzählt. Dieser hat eines Abends ein mysteriöses Anliegen. Er benötigt einen Chauffeur, der ihn und seine merkbar schweren Koffer nach Niederreifenberg bringt.
Niederreifenberg ?? Da war doch was ? Genau, denn er hinterläßt just an dem Parkplatz, an dem auch Hans und Emmi ihren Sonntagsspaziergang mit Gespür für die Probleme der Zeit begonnen haben, den Stengelhofener mit seinen 2 dubiosen Koffern. In einer ¾ Stunde soll er ihn dort wieder abholen. Da unser Zeuge im Gegensatz zu Hans und Emmi scheinbar eher gespürlos und sein Aha-Effekt-Level auf dem Stand von Cheech und Chong nach dem Durchziehen einer dicken Tüte ist, macht er sich nicht großartig Gedanken darum, warum jemand mitten in der Nacht den Inhalt von 2 Koffern in einem Waldgelände entsorgen will. Er lässt also Koffer Koffer sein und vergnügt sich in dieser ¾ Stunde bei einem Pilsken inner Kneipe.
Lustig angeheitert holt er dann seinen Bekannten wieder ab, der ihn jedoch mit einer zu ihm völlig gegensätzlichen Stimmungslage und mit 2 leeren Koffern empfängt. Stengelhofeners Aussagen lassen den Zuschauer vermuten, dass eher er ein paar Pilsken zuviel hatte. Das „kuriose Zeug“ das er vor sich hinfaselt, hat eher was von Alkoholismus denn von Realität. Mehrfach fährt er seinen „Chauffeur“ an, er solle gefälligst über die soeben geschehenen Geschehnisse „die Schnauze halten“, denn er sei „reingelegt worden“, da ihm jemand ein paar Leichenteile untergejubelt hat.
Jau, guter Scherz... Der Zuschauer weiß natürlich, dass im Koffer appe Körperteile gelegen haben und der wirre Herr Stengelhofen davon gewusst haben muss und verweist die Unterjubelgeschichte dementsprechend ins Reich der Fabeln.
Seine Koffer schmeißt er dann zwecks Beweismittelentsorgung in den Müll. Einer der Koffer gehörte jedoch unserem tumben Chauffeur, der, als er aus seiner Lethargie erwacht ist, dort ( im Koffer, nicht in der Lethargie ) braune Flecken entdeckt hat und dies dann auch den Polizisten mitteilt.
Die braunen Flecken erweisen sich dann als Menschenblut der Gruppe A2 negativ. Aufgrunddessen hat die Polizei natürlich Beweismaterial genug, um Stengelhofen einzubuchten. Als er in der Sache verhört wird, macht er natürlich lückenhafte Aussagen, die in etwa so wirr sind wie sein Aussehen.
Daher kann das Opfer auch erst ca. 6 Wochen später durch die Aussagen eines Krankenhauspatienten identifiziert werden. Der lag zusammen mit dem Opfer namens Alexander O. im Krankenhaus und hat sich dort mit ihm angefreundet. Zuletzt gesehen hat er ihn bei einem gemeinsamen Besuch des Fussballspiels Frankfurt – Hertha BSC Berlin, als sie beide auf der Stehterrasse ( !!! ) zusammen das Fussballspiel verfolgten. In der Halbzeitpause kam Alexander dann nicht mehr vom pinkeln zurück... Mit den Aussagen des Zeugen und der damit verbundenen Identifikation des Opfers konfrontiert gibt Stengelhofen zu, das Opfer gekannt zu haben.
Mehr aber auch nicht. Wer´s glaubt, wird selig.
Der Zinkwannenfall ist definitiv mein schon fast traumatisches Einstiegserlebnis in Sachen XY. Im zarten Alter von 7 Jahren ist eine unter einer Zinkwanne hervorlugende Hand eines geköpften Opfers sowie ein unheimlich im Scheinwerferlicht stehender, quasi verrückter Verdächtiger harter Tobak. Als Belohnung durfte ich damals einige schlaflose Nächte verleben und habe mich selbst erst wieder in den späten 70ern intensiv an Aktenzeichen XY herangetraut. Man kann über einen gelungenen Filmfall eigentlich nichts Besseres sagen, als das man ihn, aus welchem Grund auch immer, nie mehr wieder vergisst.