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Fall 41 Galapagos
Tatzeit: Nachmittag des 22. Februar 1993
Tatort: Autohaus in Berlin-Kreuzberg
Zuständig: Kripo Berlin
XY-Ausstrahlung: 05. November 1993
Der Fall
Im gutbürgerlichen Berlin-Wilmersdorf lebt Ria T. (54) in einer großen Mietwohnung (180 qm), die ausgesprochen günstig ist. Da macht es ihr nichts aus, von dort jeden Morgen zur Arbeit nach Kreuzberg zu fahren. Sie ist seit 25 Jahren in einem Autohaus am Tempelhofer Ufer tätig und dort seit einigen Jahren Leiterin der Personalabteilung.
Ria und ihr Lebensgefährte sind sehr reisefreudig. Dieses Hobby hat sich ihr Arbeitgeber zum Anlass genommen, ihr zum Dienstjubiläum eine Reise zu den Galapagos-Inseln für zwei Personen zu schenken. Dieses Präsent darf man als Hinweis für ihre Beliebtheit im Unternehmen werten. Sie gilt im Betrieb als loyal. Ihr Kontakt zu den Kollegen beschränkt sich auf die berufliche Zusammenarbeit. So erfahren diese nur wenig über das Privatleben von Ria.
Am 22. Februar sitzt sie erstmalig nach dem Urlaub wieder in ihrem Büro, das sie mit einer Kollegin teilt. Mit dieser unterhält sie sich zeitweise über die Reise. Hauptsächlich jedoch widmet sie sich ihrer Arbeit, die sich in den vergangenen Tagen auf ihrem Schreibtisch angesammelt hat.
An diesem Morgen fallen dem Betriebspersonal zwei Männer auf, die sich für die Vorgänge im Autohaus zu interessieren scheinen. Einer der beiden, ein südländisch wirkender Typ mit Oberlippenbart, sieht sich gegen 9.30 Uhr in einer Werkstatt des Unternehmens um. Als er bemerkt, dass er beobachtet wird, verlässt er diese umgehend.
Etwa zwei Stunden später betritt er erneut das Haus. Dieses Mal wird er im Bereich der Büroräume gesehen. Im Zimmer von Ria macht man ihn drauf aufmerksam, dass er sich wohl im Gebäude verlaufen habe. Da sich häufiger Kunden in dem Autohaus in den Bürotakt verirren, schenkt man diesem Vorfall keinerlei Bedeutung. Vermutlich bleibt der Mann in der Nähe des Gebäudes, da er um 12.30 Uhr wieder auf dem Parkplatz des Betriebs gesehen wird.
Um 15.40 Uhr unterhalten sich die beiden fremden Männer in der Nähe des Betriebsgelände. Danach betritt einer von ihnen wieder das Autohaus. Zielstrebig geht er in das Büro von Ria. Wortlos zieht er unter seiner Jacke eine abgesägte Schrotflinte hervor und feuert einen Schuss auf Ria ab. Sie bricht tödlich getroffen an ihrem Platz zusammen. Die anwesende Kollegin - immerhin eine Augenzeugin - bleibt hingegen unbehelligt. Am Tatort lässt der Mann die Waffe zurück und ergreift die Flucht.
Die Polizei gerät bei der Suche nach einem Motiv schnell in Sackgassen. Die Ermittlungen im Umfeld des Opfers ergeben keine konkreten Ansätze für die Tat. Der Grund für ihre Ermordung scheint nicht im beruflichen Bereich seine Ursache zu haben. Zwischenzeitlich glaubt die Polizei, dass Ria Opfer einer Verwechslung wurde, wogegen aber die dem Anschein nach gezielte Recherche der Verbrecher am Arbeitsplatz spricht. Es ist nicht bekannt, ob sich vielleicht während der Urlaubsreise eine Begebenheit zugetragen hat, die mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehen könnte.
Anhand des Tatablaufs muss davon ausgegangen werden, dass die Frau Opfer eines Auftragsmordes wurde. Demnach wurde ihr Aufenthaltsort offensichtlich ganz gezielt ausgekundschaftet, um sie danach - einer Hinrichtung gleich kommend – zu erschießen. Bei der Erkundung der Örtlichkeiten haben der Täter und sein Komplize in Kauf genommen, von mehreren Personen gesehen zu werden. Vielleicht fürchten sie nicht, zu einem späteren Zeitpunkt erkannt zu werden.
Die Sendung
Gleich zu Beginn der filmischen Rekonstruktion lernt der Zuschauer Ria kennen, als sie für 25 Jahre Treue vom Arbeitgeber den Reisegutschein erhält. Dabei erscheint sie als herzlicher und lebhafter Mensch, der sich ausgelassen über das Geschenk freut. Diese Szene widerspricht der Beschreibung ihrer Persönlichkeit, da sie eher als verschlossen gilt. Über ihr Privatleben erfährt der Zuschauer wenig. Dass es einen Freund gibt, wird am Rande erwähnt, in der Verfilmung ist er nicht zu sehen.
Es folgen im Film mehrere Sequenzen über die Fauna der Galapagos-Inseln. Ria wird in dieser traumhaften Umgebung jedoch nicht gezeigt. Diese Szenen, die aus dem Material des ZDF stammen dürften, erscheinen daher etwas fehl am Platz. Nach diesem Intermezzo sieht man Ria am ersten Arbeitstag im Autohaus wieder.
Der Ablauf des Mordtages wird strukturiert und chronologisch dargestellt. Ihr Mörder und sein Helfer werden mehrfach unter Einblendung der Uhrzeit bei den Tatvorbereitungen gezeigt. Dadurch hat der Zuschauer die Gelegenheit, sich die wesentlichen Konturen des Mörders einzuprägen – Oberlippenbart und kurze dunkle Haare. Unheimlich wirkt die Szene, als der Täter die Tür zum Büro des Opfers öffnet und hineinsieht.
Den Höhepunkt hat der Film, als der Mann schließlich ein zweites Mal das Büro betritt und Ria erschießt. Ungewollt brisant bleibt die Szenerie, als der Mörder nach der Tat den Raum verlässt und im nächsten Augenblick ein männlicher Kollege das Büro betritt, der auf den ersten Blick dem Mörder in Größe und Aussehen ähnelt.
Die Schwerpunktlegung auf die berufliche Tätigkeit ist nicht unbedingt nachvollziehbar. Nach Lage der Dinge muss man von einer Bezugstat ausgehen. Offensichtlich wurde Ria bewusst umgebracht. Ihr Arbeitsplatz wurde möglicherweise lediglich als Tatort ausgesucht, um vom eigentlichen Beweggrund des Verbrechens abzulenken. Demnach könnten Täter bzw. Auftraggeber und Opfer sich privat gekannt haben. So gesehen kann die fehlende Visualisierung des Privatlebens als Metapher für die Ratlosigkeit der Polizei angesehen werden, denn diese tappt bei der Suche nach einem Motiv weiterhin im Dunkeln.
Dem Zuschauer wird anschließend im Studio die Phantomzeichnung des Täters vorgeführt. Zudem fragt die Polizei nach der Herkunft der markanten Waffe, einer abgesägten Schrotflinte, die der Täter im Büro der Ermordeten zurückgelassen hat. Natürlich wird auch nach Zeugen gesucht, die etwas über mögliche Hintergründe sagen können.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung des Falls bringt keine Wende. Es scheint so, dass trotz mehrer Zeugen, die den Täter gesehen haben, und trotz der fundierten Annahme einer Bezugstat, keine Aufklärung des Falls möglich ist.
Erst 1997 kommt Bewegung in die Angelegenheit. Ein Insasse eines Bayreuther Gefängnisses gibt Auskunft über die Umstände des Verbrechens. Er sei zusammen mit zwei anderen Männern von einem Immobilienmakler beauftragt worden, Ria zu beobachten. Der Makler wollte ihre Wohnung im Auftrag des bisherigen Eigentümers verkaufen. Die Vermittlung eines leer stehenden Objekts erschien ihm einfacher und finanziell einträglicher. Er konsultierte einmalig Ria, die sich jedoch nicht zum Auszug überreden ließ. Selbst das Angebot einer Zahlung in Höhe von 50.000,00 DM seitens des Wohnungseigentümers schlug sie aus.
Daraufhin habe der Makler die Liquidierung der Frau ins Auge gefasst. Der Zeuge habe deshalb Ria zu Hause beobachtet. Zwei weitere Männer seien ebenso mit der Observation betraut gewesen. Der Makler habe dann die Schrotflinte besorgt und die zwei anderen Männer mit der Ermordung der Frau am Arbeitsplatz beauftragt. Der Makler und einer der beiden Verdächtigen können infolge der Zeugenaussage festgenommen werden, während die andere Person flüchtig bleibt.
Im Gerichtsprozess ergeben sich diverse Probleme. So machen die Zeugen unterschiedliche Angaben zum Aussehen des Mörders zur Tatzeit. Einige Polizeibeamte, die mit der Spurensicherung am Tatort beschäftigt waren, können sich an wichtige Details nicht mehr erinnern. Zudem gibt es erhebliche Zweifel an der Integrität des Hauptbelastungszeugen, bei dem vermutet wird, dass er mit seiner Aussage eigene Ziele (z.B. Hafterleichterung) verfolgt. Da die beiden Angeklagten schweigen, gestaltet sich die Prozessführung als schwierig. Dennoch kommt das Schwurgericht überein, die Angeklagten anhand der Indizien für schuldig zu befinden. Beide werden zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt.
Tatzeit: Nachmittag des 22. Februar 1993
Tatort: Autohaus in Berlin-Kreuzberg
Zuständig: Kripo Berlin
XY-Ausstrahlung: 05. November 1993
Der Fall
Im gutbürgerlichen Berlin-Wilmersdorf lebt Ria T. (54) in einer großen Mietwohnung (180 qm), die ausgesprochen günstig ist. Da macht es ihr nichts aus, von dort jeden Morgen zur Arbeit nach Kreuzberg zu fahren. Sie ist seit 25 Jahren in einem Autohaus am Tempelhofer Ufer tätig und dort seit einigen Jahren Leiterin der Personalabteilung.
Ria und ihr Lebensgefährte sind sehr reisefreudig. Dieses Hobby hat sich ihr Arbeitgeber zum Anlass genommen, ihr zum Dienstjubiläum eine Reise zu den Galapagos-Inseln für zwei Personen zu schenken. Dieses Präsent darf man als Hinweis für ihre Beliebtheit im Unternehmen werten. Sie gilt im Betrieb als loyal. Ihr Kontakt zu den Kollegen beschränkt sich auf die berufliche Zusammenarbeit. So erfahren diese nur wenig über das Privatleben von Ria.
Am 22. Februar sitzt sie erstmalig nach dem Urlaub wieder in ihrem Büro, das sie mit einer Kollegin teilt. Mit dieser unterhält sie sich zeitweise über die Reise. Hauptsächlich jedoch widmet sie sich ihrer Arbeit, die sich in den vergangenen Tagen auf ihrem Schreibtisch angesammelt hat.
An diesem Morgen fallen dem Betriebspersonal zwei Männer auf, die sich für die Vorgänge im Autohaus zu interessieren scheinen. Einer der beiden, ein südländisch wirkender Typ mit Oberlippenbart, sieht sich gegen 9.30 Uhr in einer Werkstatt des Unternehmens um. Als er bemerkt, dass er beobachtet wird, verlässt er diese umgehend.
Etwa zwei Stunden später betritt er erneut das Haus. Dieses Mal wird er im Bereich der Büroräume gesehen. Im Zimmer von Ria macht man ihn drauf aufmerksam, dass er sich wohl im Gebäude verlaufen habe. Da sich häufiger Kunden in dem Autohaus in den Bürotakt verirren, schenkt man diesem Vorfall keinerlei Bedeutung. Vermutlich bleibt der Mann in der Nähe des Gebäudes, da er um 12.30 Uhr wieder auf dem Parkplatz des Betriebs gesehen wird.
Um 15.40 Uhr unterhalten sich die beiden fremden Männer in der Nähe des Betriebsgelände. Danach betritt einer von ihnen wieder das Autohaus. Zielstrebig geht er in das Büro von Ria. Wortlos zieht er unter seiner Jacke eine abgesägte Schrotflinte hervor und feuert einen Schuss auf Ria ab. Sie bricht tödlich getroffen an ihrem Platz zusammen. Die anwesende Kollegin - immerhin eine Augenzeugin - bleibt hingegen unbehelligt. Am Tatort lässt der Mann die Waffe zurück und ergreift die Flucht.
Die Polizei gerät bei der Suche nach einem Motiv schnell in Sackgassen. Die Ermittlungen im Umfeld des Opfers ergeben keine konkreten Ansätze für die Tat. Der Grund für ihre Ermordung scheint nicht im beruflichen Bereich seine Ursache zu haben. Zwischenzeitlich glaubt die Polizei, dass Ria Opfer einer Verwechslung wurde, wogegen aber die dem Anschein nach gezielte Recherche der Verbrecher am Arbeitsplatz spricht. Es ist nicht bekannt, ob sich vielleicht während der Urlaubsreise eine Begebenheit zugetragen hat, die mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehen könnte.
Anhand des Tatablaufs muss davon ausgegangen werden, dass die Frau Opfer eines Auftragsmordes wurde. Demnach wurde ihr Aufenthaltsort offensichtlich ganz gezielt ausgekundschaftet, um sie danach - einer Hinrichtung gleich kommend – zu erschießen. Bei der Erkundung der Örtlichkeiten haben der Täter und sein Komplize in Kauf genommen, von mehreren Personen gesehen zu werden. Vielleicht fürchten sie nicht, zu einem späteren Zeitpunkt erkannt zu werden.
Die Sendung
Gleich zu Beginn der filmischen Rekonstruktion lernt der Zuschauer Ria kennen, als sie für 25 Jahre Treue vom Arbeitgeber den Reisegutschein erhält. Dabei erscheint sie als herzlicher und lebhafter Mensch, der sich ausgelassen über das Geschenk freut. Diese Szene widerspricht der Beschreibung ihrer Persönlichkeit, da sie eher als verschlossen gilt. Über ihr Privatleben erfährt der Zuschauer wenig. Dass es einen Freund gibt, wird am Rande erwähnt, in der Verfilmung ist er nicht zu sehen.
Es folgen im Film mehrere Sequenzen über die Fauna der Galapagos-Inseln. Ria wird in dieser traumhaften Umgebung jedoch nicht gezeigt. Diese Szenen, die aus dem Material des ZDF stammen dürften, erscheinen daher etwas fehl am Platz. Nach diesem Intermezzo sieht man Ria am ersten Arbeitstag im Autohaus wieder.
Der Ablauf des Mordtages wird strukturiert und chronologisch dargestellt. Ihr Mörder und sein Helfer werden mehrfach unter Einblendung der Uhrzeit bei den Tatvorbereitungen gezeigt. Dadurch hat der Zuschauer die Gelegenheit, sich die wesentlichen Konturen des Mörders einzuprägen – Oberlippenbart und kurze dunkle Haare. Unheimlich wirkt die Szene, als der Täter die Tür zum Büro des Opfers öffnet und hineinsieht.
Den Höhepunkt hat der Film, als der Mann schließlich ein zweites Mal das Büro betritt und Ria erschießt. Ungewollt brisant bleibt die Szenerie, als der Mörder nach der Tat den Raum verlässt und im nächsten Augenblick ein männlicher Kollege das Büro betritt, der auf den ersten Blick dem Mörder in Größe und Aussehen ähnelt.
Die Schwerpunktlegung auf die berufliche Tätigkeit ist nicht unbedingt nachvollziehbar. Nach Lage der Dinge muss man von einer Bezugstat ausgehen. Offensichtlich wurde Ria bewusst umgebracht. Ihr Arbeitsplatz wurde möglicherweise lediglich als Tatort ausgesucht, um vom eigentlichen Beweggrund des Verbrechens abzulenken. Demnach könnten Täter bzw. Auftraggeber und Opfer sich privat gekannt haben. So gesehen kann die fehlende Visualisierung des Privatlebens als Metapher für die Ratlosigkeit der Polizei angesehen werden, denn diese tappt bei der Suche nach einem Motiv weiterhin im Dunkeln.
Dem Zuschauer wird anschließend im Studio die Phantomzeichnung des Täters vorgeführt. Zudem fragt die Polizei nach der Herkunft der markanten Waffe, einer abgesägten Schrotflinte, die der Täter im Büro der Ermordeten zurückgelassen hat. Natürlich wird auch nach Zeugen gesucht, die etwas über mögliche Hintergründe sagen können.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung des Falls bringt keine Wende. Es scheint so, dass trotz mehrer Zeugen, die den Täter gesehen haben, und trotz der fundierten Annahme einer Bezugstat, keine Aufklärung des Falls möglich ist.
Erst 1997 kommt Bewegung in die Angelegenheit. Ein Insasse eines Bayreuther Gefängnisses gibt Auskunft über die Umstände des Verbrechens. Er sei zusammen mit zwei anderen Männern von einem Immobilienmakler beauftragt worden, Ria zu beobachten. Der Makler wollte ihre Wohnung im Auftrag des bisherigen Eigentümers verkaufen. Die Vermittlung eines leer stehenden Objekts erschien ihm einfacher und finanziell einträglicher. Er konsultierte einmalig Ria, die sich jedoch nicht zum Auszug überreden ließ. Selbst das Angebot einer Zahlung in Höhe von 50.000,00 DM seitens des Wohnungseigentümers schlug sie aus.
Daraufhin habe der Makler die Liquidierung der Frau ins Auge gefasst. Der Zeuge habe deshalb Ria zu Hause beobachtet. Zwei weitere Männer seien ebenso mit der Observation betraut gewesen. Der Makler habe dann die Schrotflinte besorgt und die zwei anderen Männer mit der Ermordung der Frau am Arbeitsplatz beauftragt. Der Makler und einer der beiden Verdächtigen können infolge der Zeugenaussage festgenommen werden, während die andere Person flüchtig bleibt.
Im Gerichtsprozess ergeben sich diverse Probleme. So machen die Zeugen unterschiedliche Angaben zum Aussehen des Mörders zur Tatzeit. Einige Polizeibeamte, die mit der Spurensicherung am Tatort beschäftigt waren, können sich an wichtige Details nicht mehr erinnern. Zudem gibt es erhebliche Zweifel an der Integrität des Hauptbelastungszeugen, bei dem vermutet wird, dass er mit seiner Aussage eigene Ziele (z.B. Hafterleichterung) verfolgt. Da die beiden Angeklagten schweigen, gestaltet sich die Prozessführung als schwierig. Dennoch kommt das Schwurgericht überein, die Angeklagten anhand der Indizien für schuldig zu befinden. Beide werden zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt.
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Fall 42 Callgirls/Dirnen-Morde
Tatzeit: 22. und 24. August 1975, 28. April 1976
Tatort: diverse Wohnungen in der Winzererstraße, in der Arcisstraße und in der Volkartstraße in München
Zuständig: Kripo München
XY-Ausstrahlung: 10. September 1976
Der Fall
Allgemein rufen Morde im Prostituiertenmilieu deutlich weniger Resonanz in der Bevölkerung hervor als andere Formen von Kapitalverbrechen. Diese Erkenntnis ist der Polizei nicht neu, wenn sie sich mit der Aufklärung derartiger Delikte befassen muss. Die geringere Anteilnahme der Öffentlichkeit hat sicherlich mehrere Gründe. Der wichtigste dürfte sein, dass das Gewerbe nur eine begrenzte Akzeptanz genießt.
Es ist aber nicht nur die Aussicht auf eine erschwerte Verbrechensaufklärung, die dem potentiellen Täter zu Gute kommt, sondern auch die Anbahnung eines Verbrechens wird ihm erleichtert. Schon aufgrund ihrer Tätigkeit sind viele Prostituierte zu einer unkritischeren Kontaktaufnahme gegenüber Kunden angehalten. So werden z.B. Triebtäter angelockt, da sie einfacher mit Opfern in Berührung kommen können. In der Folge können sie dann recht ungestört und unbemerkt mit den Damen verfahren, die ihnen nicht selten schutzlos ausgeliefert sind. Nach einem Mord wird die Aufklärung meist noch dadurch erschwert, dass zwischen Täter und Opfer keine direkten Beziehungen bestehen bzw. diese Bezüge nicht bekannt sind.
Und noch eine weitere Tatsache wirkt sich erschwerend auf die Situation aus. Prostituierte und deren Zuhälter zählen in der Regel nicht zu den Personen, die gerne mit der Polizei zusammenarbeiten. So scheint es nicht ganz falsch zu sein, von einer Parallelwelt zu sprechen, in der es zudem auch noch gesellschaftliche und soziale Abstufungen gibt. Der Kontrast zum so genannten Callgirl, das scheinbar in angeseheneren Kreisen verkehrt, stellt in dem Sinne das Strichmädchen dar, das seine Dienste auf der Straße anbieten muss.
Dem Milieu der sozial besser gestellten käuflichen Damen sind die drei Callgirls Tatjana A. (24), die aus Marokko stammende Azra E. (23) und Dodo J. (26) zuzurechnen. Alle drei praktizieren in München und empfangen ihre Kundschaft in eigenen Appartements. Tatjana (Winzererstraße) und Azra (Arcisstraße) residieren im noblen Schwabing, Dodo (Volkartstraße) in Neuhausen. Für ihre Dienste werben sie u.a. in Tageszeitungen mittels Inserat.
Am Donnerstag, den 21. August 1975, empfängt Tatjana einen Kunden, der vorgibt aus Mainz zu kommen. Beide verabreden sich nach dem Besuch für den Folgetag. Am Freitag gegen 18.00 Uhr lässt sie wahrscheinlich jenen Kunden in die Wohnung. Der Beginn des Treffens verläuft dem Anschein nach harmonisch, denn beide nehmen einen Drink zu sich. Dabei hinterlässt der Gast Fingerabdrücke auf einem Whisky-Glas. Im Anschluss kommt es zum Geschlechtsverkehr. Danach allerdings nimmt der weitere Abend einen ungeplanten Verlauf. Nach kurzem heftigen Kampf erwürgt der Gast Tatjana und bindet anschließend ein Kleidungsstück um ihren Hals. Dann deckt er die Leiche mit einem Handtuch ab, findet in der Wohnung noch Geld und verschwindet. Ihr Freund entdeckt sie gegen Mitternacht.
Schon am 24. August ist der Täter erneut unterwegs. Dieses Mal sucht er Azra auf. Das Callgirl ist mit einem Musikmanager verheiratet, der zudem ihr Zuhälter ist. Schon kurz nach dem Eintreffen des Gastes kommt es zur Auseinandersetzung. Auch dieses Mal bezahlt die Prostituierte die Begegnung mit dem Leben. Der Täter erwürgt und erdrosselt Azra mit ihrer Bluse. Anschließend stiehlt er dem Opfer Geld. Entdeckt wird das Verbrechen am nächsten Tag von ihrem Ehemann.
An beiden Leichen lassen sich neben anderen Kampfspuren auch Hämatome am Schienbein oberhalb des Knöchels feststellen, die von gezielten Tritten her rühren müssen. Von daher wird spekuliert, dass beide Morde von einem und demselben Täter begangen worden sind. Dennoch geraten zunächst die jeweiligen Partner der beiden Callgirls unter Mordverdacht. Während der Freund von Tatjana ein Alibi nachweisen kann, kommt der Gatte von Azra in Untersuchungshaft. Er wird jedoch aus Mangel an Beweisen vom Gericht ein Jahr später freigesprochen.
Die Münchener Prostituiertenszene reagiert verängstigt auf die Morde. Einige käuflichen Damen geben ihre Tätigkeit auf und verlassen die bayerische Landeshauptstadt. Zu diesen Frauen zählt auch Dodo, die jedoch bald – nachdem sich die Lage scheinbar beruhigt hat – in ihr Appartement zurückkehrt. Unbeirrt nimmt sie ihre Tätigkeit wieder auf.
In ihrem Bekanntenkreis erzählt sie von einem neuen merkwürdigen Kunden, der um die 50 Jahre alt sein dürfte. Dieser habe u.a. die Angewohnheit, Steine, die auf dem Weg liegen, aufzuheben und wegzuwerfen, damit niemand darüber fällt. Angeblich arbeitet er bei Siemens und kommt aus Stuttgart, Nürnberg oder Augsburg. Sie verrät, dass er am 28. April 1976 wieder zu ihr kommen will.
Tatsächlich erscheint an dem besagten Termin gegen 15.00 Uhr ein Kunde. Ob diese Person mit dem Mann aus ihrer Beschreibung identisch ist, bleibt unklar. Wie bei den Morden an Tatjana und Azra eskaliert die Situation. Dodo wird letztlich mit einer Strumpfhose erdrosselt, ihr werden darüber hinaus auch einige Messerstiche zugefügt. Anschließend verschwindet der Täter mit dem Notizbuch und einem Schlüsseletui aus dem Besitz des Callgirls.
Die Sendung
Der Regisseur Kurt Grimm muss die Aufgabe bewältigen, die drei Verbrechen, die einen relativ identischen Verlauf während der Tat genommen haben, in einem Film darzustellen. Er wählt in allen Fällen jeweils einen anderen Ansatz, so dass sich die einzelnen Verbrechen in der Erinnerung der Zuschauer voneinander abgrenzen lassen.
Der Film beginnt mit der Auffindung des ersten Opfers, in dem der Freund von Tatjana die Wohnung betritt und das Verbrechen entdeckt. Die aufgerissenen Augen der ermordeten Frau bleiben vielen Zusehern lange in Erinnerung. Bei dieser Szene überrascht die entblößte Darstellung der Toten. Für 1976 ist diese Freizügigkeit für eine XY-Sendung als ungewöhnlich zu bezeichnen. Der Fingerabdruck auf dem Glas wird aber im Film ebenso wenig erwähnt wie die Tatsache, dass die Polizei den Freund, der im Übrigen 40 Jahre älter als Tatjana ist, zunächst für den Täter hielt. Auch vom „Mainzer“ wird im Film nicht gesprochen.
Das Callgirl Azra ist weder als Leiche noch als lebende Person im Beitrag zu sehen. Lediglich ein Bild von ihr wird durch das Abfilmen eines Zeitungsartikels gezeigt. Grimm hat ihren Ehemann in den Mittelpunkt der Story gestellt. Dieser ist als Manager einer Musikgruppe in Liechtenstein unterwegs und erfährt von dem Mord an Tatjana aus der Zeitung. Durch das Verbrechen in Unruhe versetzt, will er mit seiner Frau telefonieren. Da diese aber nicht erreichbar ist, beschleicht ihn ein ungutes Gefüh,l und er fährt deshalb nach München. Im Film ist zu sehen, dass er alleine die Wohnung betritt, schon kurz danach wieder herauskommt und einem Freund, der ihn begleitet hat, mitteilt, dass Azra tot im Schlafzimmer liegt.
Im Bezug auf die Tatumstände bei Azra bleibt der Film sehr unverbindlich. Über die Tatbegehung wird sich im Film ebenso ausgeschwiegen wie über den Diebstahl. Dass das Callgirl in der Münchener Szene wohl so etwas wie ein Star war, bleibt unerwähnt. Auch von den Verdachtsmomenten gegen ihren Ehemann erfährt der Zuseher nichts. Diese Vorgehensweise dürfte in der Absicht begründet liegen, den Zuschauer bei der Hinweisgebung nicht zu beeinflussen.
Das Schicksal des dritten Opfers wird anschließend behandelt. Da bekannt ist, dass sich zwischen ihr und dem verdächtigen Kunden eine bizarre Beziehung entwickelte, wird den Geschehnissen um Dodo ein deutlich größerer Raum in der filmischen Umsetzung gewidmet. Das Callgirl wird zunächst mit einem Bekannten gezeigt, mit dem sie sich u.a. über den fremden Gast unterhält. Im Kreis ihrer Freunde erzählt sie später einige Einzelheiten über die sonderbaren Macken des seltsamen Kunden. Sie will sogar mitteilen, woher ihr Kunde kommt und zückt das Notizbuch, aber die Freunde winken ab, somit bleibt eine wichtige Information der Polizei vorenthalten. Die verhängnisvolle letzte Begegnung mit ihrem Mörder endet mit der Szene, als sie im Todeskampf ihrem Peiniger erliegt. Dabei verwundert abermals die enthüllte Darstellung des Opfers.
Im Studio macht Zimmermann deutlich, dass nicht alle Fälle von einem Täter begangen worden sein müssen. Man geht aber aufgrund der Parallelen davon aus (gleiche Stadt, gleicher Opfertyp, ähnliche Tatbegehung), dass diese Verbrechen einer Person zuzurechnen sind. Es wird ebenso erwähnt, dass eventuell noch ein weiterer Mordfall zur Serie addiert werden muss.
Nach der Sendung
Die Geduld der Ermittlungsbehörden wird auf eine harte Probe gestellt. Es gelingt nicht, den merkwürdigen Gast von Dodo J. ausfindig zu machen und auch in den anderen Fällen kommt die Polizei lange Zeit nicht voran.
Allerdings hören die Morde an Prostituierten in München nicht auf. Insgesamt neun Frauen des leichten Gewerbes werden umgebracht. Die Polizei vermutet, dass ein unerbittlicher Zuhälterkrieg im Gange ist. Aufklären kann sie bis 1994 keines der Verbrechen.
Die Inbetriebnahme eines Computerprogramms, das so genanntes automatische Fingerabdruck-Identifizierungs-System (AFIS), bringt die Wende. 19 Jahre nach dem Mord an Tatjana gelingt es, den besagten Abdruck auf dem Whiskyglas einem Mann aus Regensburg zuzuordnen.
Der Verdächtige gesteht in den Vernehmungen den Mord an Tatjana. Laut seinen Ausführungen sei es in der Wohnung des Opfers zum Streit über die Bezahlung gekommen. Nach einem kurzen Kampf erwürgte er sie. Ebenso gibt er zu, Azra wegen einer Auseinandersetzung über die Bezahlung getötet zu haben. Es stellt sich übrigens heraus, dass der Mörder aktiver Fußballspieler war und gezielt den Frauen ans Schienbein getreten hat.
Aus freien Stücken erzählt er den Ermittlern dann noch, fünf weitere Morde an älteren Frauen im Raum Regensburg begangen zu haben. Drei dieser Verbrechen wurden gar nicht als Tötungsdelikte erkannt, so dass die Polizei von diesen Geständnissen überrascht wird. Als Motiv gibt er in fast allen Fällen an, von den Frauen gedemütigt worden zu sein. Der Staatsanwalt, die Polizei und Psychologen glauben hingegen, dass er aus Habgier gehandelt haben könnte, da er meist auch Geld oder andere Wertgegenstände der Opfer mitgenommen hat.
Letztlich wird der Mörder vom Landgericht München zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellt die besondere Schwere der Tat fest, so dass der Täter vermutlich bis an sein Lebensende im Gefängnis bleiben wird. Auf die Möglichkeit der Revision hat er verzichtet.
Ob er wirklich nur die Morde begangen hat, die er auch gestanden hat, ist bis heute nicht geklärt. So hegt ein bekannter Polizeipsychologe Zweifel, dass der Täter seine Mordserie mit den Tötungen der beiden Prostituierten begonnen haben will. Üblicherweise werden die Intervalle zwischen den Morden bei Serientätern erst mit zunehmender Dauer kürzer.
Bislang haben sich allerdings keine Hinweise oder Spuren ergeben, die ihn des Mordes an Dodo überführen würden. Die restlichen sechs Morde an Prostituierten in München kann man ihm ebenso wenig nachweisen. In einem Fall scheidet er als Täter aufgrund gefundener Blutspuren wohl aus.
In mehreren Büchern und Zeitungsartikeln ist das Leben dieses Serienmörders behandelt worden. Mit Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen von Angehörigen des Täters und der Opfer wird darauf verzichtet, diese Quellen explizit zu erwähnen.
Tatzeit: 22. und 24. August 1975, 28. April 1976
Tatort: diverse Wohnungen in der Winzererstraße, in der Arcisstraße und in der Volkartstraße in München
Zuständig: Kripo München
XY-Ausstrahlung: 10. September 1976
Der Fall
Allgemein rufen Morde im Prostituiertenmilieu deutlich weniger Resonanz in der Bevölkerung hervor als andere Formen von Kapitalverbrechen. Diese Erkenntnis ist der Polizei nicht neu, wenn sie sich mit der Aufklärung derartiger Delikte befassen muss. Die geringere Anteilnahme der Öffentlichkeit hat sicherlich mehrere Gründe. Der wichtigste dürfte sein, dass das Gewerbe nur eine begrenzte Akzeptanz genießt.
Es ist aber nicht nur die Aussicht auf eine erschwerte Verbrechensaufklärung, die dem potentiellen Täter zu Gute kommt, sondern auch die Anbahnung eines Verbrechens wird ihm erleichtert. Schon aufgrund ihrer Tätigkeit sind viele Prostituierte zu einer unkritischeren Kontaktaufnahme gegenüber Kunden angehalten. So werden z.B. Triebtäter angelockt, da sie einfacher mit Opfern in Berührung kommen können. In der Folge können sie dann recht ungestört und unbemerkt mit den Damen verfahren, die ihnen nicht selten schutzlos ausgeliefert sind. Nach einem Mord wird die Aufklärung meist noch dadurch erschwert, dass zwischen Täter und Opfer keine direkten Beziehungen bestehen bzw. diese Bezüge nicht bekannt sind.
Und noch eine weitere Tatsache wirkt sich erschwerend auf die Situation aus. Prostituierte und deren Zuhälter zählen in der Regel nicht zu den Personen, die gerne mit der Polizei zusammenarbeiten. So scheint es nicht ganz falsch zu sein, von einer Parallelwelt zu sprechen, in der es zudem auch noch gesellschaftliche und soziale Abstufungen gibt. Der Kontrast zum so genannten Callgirl, das scheinbar in angeseheneren Kreisen verkehrt, stellt in dem Sinne das Strichmädchen dar, das seine Dienste auf der Straße anbieten muss.
Dem Milieu der sozial besser gestellten käuflichen Damen sind die drei Callgirls Tatjana A. (24), die aus Marokko stammende Azra E. (23) und Dodo J. (26) zuzurechnen. Alle drei praktizieren in München und empfangen ihre Kundschaft in eigenen Appartements. Tatjana (Winzererstraße) und Azra (Arcisstraße) residieren im noblen Schwabing, Dodo (Volkartstraße) in Neuhausen. Für ihre Dienste werben sie u.a. in Tageszeitungen mittels Inserat.
Am Donnerstag, den 21. August 1975, empfängt Tatjana einen Kunden, der vorgibt aus Mainz zu kommen. Beide verabreden sich nach dem Besuch für den Folgetag. Am Freitag gegen 18.00 Uhr lässt sie wahrscheinlich jenen Kunden in die Wohnung. Der Beginn des Treffens verläuft dem Anschein nach harmonisch, denn beide nehmen einen Drink zu sich. Dabei hinterlässt der Gast Fingerabdrücke auf einem Whisky-Glas. Im Anschluss kommt es zum Geschlechtsverkehr. Danach allerdings nimmt der weitere Abend einen ungeplanten Verlauf. Nach kurzem heftigen Kampf erwürgt der Gast Tatjana und bindet anschließend ein Kleidungsstück um ihren Hals. Dann deckt er die Leiche mit einem Handtuch ab, findet in der Wohnung noch Geld und verschwindet. Ihr Freund entdeckt sie gegen Mitternacht.
Schon am 24. August ist der Täter erneut unterwegs. Dieses Mal sucht er Azra auf. Das Callgirl ist mit einem Musikmanager verheiratet, der zudem ihr Zuhälter ist. Schon kurz nach dem Eintreffen des Gastes kommt es zur Auseinandersetzung. Auch dieses Mal bezahlt die Prostituierte die Begegnung mit dem Leben. Der Täter erwürgt und erdrosselt Azra mit ihrer Bluse. Anschließend stiehlt er dem Opfer Geld. Entdeckt wird das Verbrechen am nächsten Tag von ihrem Ehemann.
An beiden Leichen lassen sich neben anderen Kampfspuren auch Hämatome am Schienbein oberhalb des Knöchels feststellen, die von gezielten Tritten her rühren müssen. Von daher wird spekuliert, dass beide Morde von einem und demselben Täter begangen worden sind. Dennoch geraten zunächst die jeweiligen Partner der beiden Callgirls unter Mordverdacht. Während der Freund von Tatjana ein Alibi nachweisen kann, kommt der Gatte von Azra in Untersuchungshaft. Er wird jedoch aus Mangel an Beweisen vom Gericht ein Jahr später freigesprochen.
Die Münchener Prostituiertenszene reagiert verängstigt auf die Morde. Einige käuflichen Damen geben ihre Tätigkeit auf und verlassen die bayerische Landeshauptstadt. Zu diesen Frauen zählt auch Dodo, die jedoch bald – nachdem sich die Lage scheinbar beruhigt hat – in ihr Appartement zurückkehrt. Unbeirrt nimmt sie ihre Tätigkeit wieder auf.
In ihrem Bekanntenkreis erzählt sie von einem neuen merkwürdigen Kunden, der um die 50 Jahre alt sein dürfte. Dieser habe u.a. die Angewohnheit, Steine, die auf dem Weg liegen, aufzuheben und wegzuwerfen, damit niemand darüber fällt. Angeblich arbeitet er bei Siemens und kommt aus Stuttgart, Nürnberg oder Augsburg. Sie verrät, dass er am 28. April 1976 wieder zu ihr kommen will.
Tatsächlich erscheint an dem besagten Termin gegen 15.00 Uhr ein Kunde. Ob diese Person mit dem Mann aus ihrer Beschreibung identisch ist, bleibt unklar. Wie bei den Morden an Tatjana und Azra eskaliert die Situation. Dodo wird letztlich mit einer Strumpfhose erdrosselt, ihr werden darüber hinaus auch einige Messerstiche zugefügt. Anschließend verschwindet der Täter mit dem Notizbuch und einem Schlüsseletui aus dem Besitz des Callgirls.
Die Sendung
Der Regisseur Kurt Grimm muss die Aufgabe bewältigen, die drei Verbrechen, die einen relativ identischen Verlauf während der Tat genommen haben, in einem Film darzustellen. Er wählt in allen Fällen jeweils einen anderen Ansatz, so dass sich die einzelnen Verbrechen in der Erinnerung der Zuschauer voneinander abgrenzen lassen.
Der Film beginnt mit der Auffindung des ersten Opfers, in dem der Freund von Tatjana die Wohnung betritt und das Verbrechen entdeckt. Die aufgerissenen Augen der ermordeten Frau bleiben vielen Zusehern lange in Erinnerung. Bei dieser Szene überrascht die entblößte Darstellung der Toten. Für 1976 ist diese Freizügigkeit für eine XY-Sendung als ungewöhnlich zu bezeichnen. Der Fingerabdruck auf dem Glas wird aber im Film ebenso wenig erwähnt wie die Tatsache, dass die Polizei den Freund, der im Übrigen 40 Jahre älter als Tatjana ist, zunächst für den Täter hielt. Auch vom „Mainzer“ wird im Film nicht gesprochen.
Das Callgirl Azra ist weder als Leiche noch als lebende Person im Beitrag zu sehen. Lediglich ein Bild von ihr wird durch das Abfilmen eines Zeitungsartikels gezeigt. Grimm hat ihren Ehemann in den Mittelpunkt der Story gestellt. Dieser ist als Manager einer Musikgruppe in Liechtenstein unterwegs und erfährt von dem Mord an Tatjana aus der Zeitung. Durch das Verbrechen in Unruhe versetzt, will er mit seiner Frau telefonieren. Da diese aber nicht erreichbar ist, beschleicht ihn ein ungutes Gefüh,l und er fährt deshalb nach München. Im Film ist zu sehen, dass er alleine die Wohnung betritt, schon kurz danach wieder herauskommt und einem Freund, der ihn begleitet hat, mitteilt, dass Azra tot im Schlafzimmer liegt.
Im Bezug auf die Tatumstände bei Azra bleibt der Film sehr unverbindlich. Über die Tatbegehung wird sich im Film ebenso ausgeschwiegen wie über den Diebstahl. Dass das Callgirl in der Münchener Szene wohl so etwas wie ein Star war, bleibt unerwähnt. Auch von den Verdachtsmomenten gegen ihren Ehemann erfährt der Zuseher nichts. Diese Vorgehensweise dürfte in der Absicht begründet liegen, den Zuschauer bei der Hinweisgebung nicht zu beeinflussen.
Das Schicksal des dritten Opfers wird anschließend behandelt. Da bekannt ist, dass sich zwischen ihr und dem verdächtigen Kunden eine bizarre Beziehung entwickelte, wird den Geschehnissen um Dodo ein deutlich größerer Raum in der filmischen Umsetzung gewidmet. Das Callgirl wird zunächst mit einem Bekannten gezeigt, mit dem sie sich u.a. über den fremden Gast unterhält. Im Kreis ihrer Freunde erzählt sie später einige Einzelheiten über die sonderbaren Macken des seltsamen Kunden. Sie will sogar mitteilen, woher ihr Kunde kommt und zückt das Notizbuch, aber die Freunde winken ab, somit bleibt eine wichtige Information der Polizei vorenthalten. Die verhängnisvolle letzte Begegnung mit ihrem Mörder endet mit der Szene, als sie im Todeskampf ihrem Peiniger erliegt. Dabei verwundert abermals die enthüllte Darstellung des Opfers.
Im Studio macht Zimmermann deutlich, dass nicht alle Fälle von einem Täter begangen worden sein müssen. Man geht aber aufgrund der Parallelen davon aus (gleiche Stadt, gleicher Opfertyp, ähnliche Tatbegehung), dass diese Verbrechen einer Person zuzurechnen sind. Es wird ebenso erwähnt, dass eventuell noch ein weiterer Mordfall zur Serie addiert werden muss.
Nach der Sendung
Die Geduld der Ermittlungsbehörden wird auf eine harte Probe gestellt. Es gelingt nicht, den merkwürdigen Gast von Dodo J. ausfindig zu machen und auch in den anderen Fällen kommt die Polizei lange Zeit nicht voran.
Allerdings hören die Morde an Prostituierten in München nicht auf. Insgesamt neun Frauen des leichten Gewerbes werden umgebracht. Die Polizei vermutet, dass ein unerbittlicher Zuhälterkrieg im Gange ist. Aufklären kann sie bis 1994 keines der Verbrechen.
Die Inbetriebnahme eines Computerprogramms, das so genanntes automatische Fingerabdruck-Identifizierungs-System (AFIS), bringt die Wende. 19 Jahre nach dem Mord an Tatjana gelingt es, den besagten Abdruck auf dem Whiskyglas einem Mann aus Regensburg zuzuordnen.
Der Verdächtige gesteht in den Vernehmungen den Mord an Tatjana. Laut seinen Ausführungen sei es in der Wohnung des Opfers zum Streit über die Bezahlung gekommen. Nach einem kurzen Kampf erwürgte er sie. Ebenso gibt er zu, Azra wegen einer Auseinandersetzung über die Bezahlung getötet zu haben. Es stellt sich übrigens heraus, dass der Mörder aktiver Fußballspieler war und gezielt den Frauen ans Schienbein getreten hat.
Aus freien Stücken erzählt er den Ermittlern dann noch, fünf weitere Morde an älteren Frauen im Raum Regensburg begangen zu haben. Drei dieser Verbrechen wurden gar nicht als Tötungsdelikte erkannt, so dass die Polizei von diesen Geständnissen überrascht wird. Als Motiv gibt er in fast allen Fällen an, von den Frauen gedemütigt worden zu sein. Der Staatsanwalt, die Polizei und Psychologen glauben hingegen, dass er aus Habgier gehandelt haben könnte, da er meist auch Geld oder andere Wertgegenstände der Opfer mitgenommen hat.
Letztlich wird der Mörder vom Landgericht München zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellt die besondere Schwere der Tat fest, so dass der Täter vermutlich bis an sein Lebensende im Gefängnis bleiben wird. Auf die Möglichkeit der Revision hat er verzichtet.
Ob er wirklich nur die Morde begangen hat, die er auch gestanden hat, ist bis heute nicht geklärt. So hegt ein bekannter Polizeipsychologe Zweifel, dass der Täter seine Mordserie mit den Tötungen der beiden Prostituierten begonnen haben will. Üblicherweise werden die Intervalle zwischen den Morden bei Serientätern erst mit zunehmender Dauer kürzer.
Bislang haben sich allerdings keine Hinweise oder Spuren ergeben, die ihn des Mordes an Dodo überführen würden. Die restlichen sechs Morde an Prostituierten in München kann man ihm ebenso wenig nachweisen. In einem Fall scheidet er als Täter aufgrund gefundener Blutspuren wohl aus.
In mehreren Büchern und Zeitungsartikeln ist das Leben dieses Serienmörders behandelt worden. Mit Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen von Angehörigen des Täters und der Opfer wird darauf verzichtet, diese Quellen explizit zu erwähnen.
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Fall 43 Auf dem Volksfest
Tatzeit: 8./9. August 1997
Tatort: Schloss Deehrn bei Diez
Zuständig: Kripo Limburg
XY-Ausstrahlung: 17. Juli 1998
Der Fall
Polizist will Thilo G. (20) aus Runkel-Steeden (Kreis Limburg) werden. Deshalb lässt er sich unter der Woche an der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz entsprechend ausbilden. Am Wochenende hält sich der junge Mann meist bei seinen Eltern in der Heimat auf.
Thilo gilt als recht beliebt. Seine Freizeit ist daher zu Hause meist ausgefüllt. Neben gemeinsamen Unternehmungen mit seiner Freundin trifft er gerne Bekannte, mit denen er regelmäßig in den Diskotheken und auf Dorffesten rund um Limburg feiert.
Am Freitag, dem 08. August 1997, ist er mit einigen Freunden in einer Gaststätte verabredet. Dort verfolgen sie die Live-Übertragung eines Spiels der Fußball-Bundesliga. Gegen 23.00 Uhr verlässt die Runde das Lokal, um die „Kirmesburschendisco“ im nahe gelegenen Eschhofen zu besuchen. An dem Abend findet auf dem angrenzenden Festplatz eine Kirmes statt. Thilo trifft seine Freundin in dem Lokal ebenfalls an. Die beiden verbringen allerdings nicht die gesamte Zeit miteinander; denn sie verlässt das Fest gegen 1.00 Uhr.
Während des Abends findet auf dem Festplatz eine Prügelei statt, in die einige türkische und deutsche Männer involviert sind. Thilo nimmt daran nur als passiver Zuschauer teil. Wenig später scheint sich die Aufregung gelegt zu haben. Der angehende Ordnungshüter hält sich überwiegend in den Räumlichkeiten des Tanzlokals auf. Allmählich überkommt ihn aufgrund des hohen Alkoholgenusses die Müdigkeit. Gegen 2.00 Uhr unterhält er sich in der Disko mit einem Freund, der ihn kurz alleine lässt. Als der Bekannte zurückkehrt, hat Thilo das Lokal bereits verlassen, um sich zu Fuß auf den Heimweg zu machen.
Er wird dabei noch einmal gegen 2.15 Uhr von einem angetrunkenen Bekannten gesehen. Dieser beobachtet zudem, wie vor einem Bahnübergang auf der Landstraße, Richtung Dehrn, ein VW Golf II (Farbe: schwarz-metallic) anhält. Zwei dunkelhaarige Insassen springen heraus und zerren Thilo in den PKW. Die beiden Männer sprechen offensichtlich deutsch mit ausländischem Akzent. Der Zeuge weiß nicht recht, was er von dieser Beobachtung halten soll. In diesem Augenblick vermutet er, dass Thilo von den Männern nach Hause gebracht werden soll.
Mit dieser Einschätzung liegt er aber falsch, denn Thilo wird auf der Kreisstraße vor dem Dehrner Schloss gegen 2.50 Uhr bewusstlos aufgefunden. Offenbar ist er zuvor geschlagen worden. Sofortige Reanimierungsversuche schlagen fehl. Der Arzt stellt gegen 3.30 Uhr nur noch seinen Tod fest.
Das gerichtsmedizinische Institut der Universität Gießen sieht sich jedoch trotz umfangreicher Untersuchungen außerstande, die genaue Todesursache festzustellen. Zwar finden sich einige frische blaue Flecken und Schrammen, diese aber haben genauso wenig zum Tod geführt wie die Menge an Alkohol (ca. zwei Promille) im Blut des Polizeischülers.
Aus dem Besitz von Thilo fehlen ein auffälliges, pistolenartiges Feuerzeug, ein Schlüsselanhänger in der Form einer Polizeikelle mit einigen Schlüsseln und eine an einer Kette befestigte Geldbörse. In dieser befanden sich u.a. sein Dienstausweis sowie sein Personalausweis. Letzterer findet sich nach wenigen Tagen in der Ortschaft Offheim wieder an. Er ist dort hinter ein Hinweisschild geklemmt worden.
Der Augenzeuge auf der Landstraße hat sich einige Einzelheiten zu dem Wagen gemerkt. Der Golf hatte ein Limburger Kennzeichen und war in einigen Merkmalen gegenüber der ursprünglichen Ausstattung deutlich verändert worden. Ein Doppelauspuff wurde offensichtlich nachträglich installiert, anstelle der Nebelschweinwerfer waren rote Strahler angebracht worden. Außerdem dürfte der Kühlergrill von einem VW Jetta entnommen worden sein. Die Heckscheibe war durch eine Folie abgedunkelt worden.
Die Sendung
Peters spricht in der Einleitung zum Film an, dass die Polizei praktisch in eigener Sache ermittelt. Umgehend kommt er auf die mysteriösen Todesumstände von Thilo zu sprechen, mit dem der Film auch beginnt. Der Mediziner in der Aufbahrungshalle der Gerichtsmedizin beschreibt ausführlich, dass die Todesursache bis dato nicht geklärt werden konnte. Durch dessen Erläuterungen veranlasst, begibt sich der Zuseher praktisch auf die Suche nach einer möglichen Erklärung für den Tod des Polizeianwärters. Man kann zwar vermuten, dass das Schicksal des Opfers durch die verhängnisvolle Fahrt in dem PKW besiegelt wurde, die Frage nach der Ursache des Ablebens kann aber auch der Film nicht schlüssig beantworten.
Dass Thilo an diesem Abend im Umgang mit Alkohol unvorsichtig war, wird bildlich festgehalten. Allerdings bleibt die moralische Instanz diskret im Hintergrund, obwohl der Verlust einer gewissen Selbstbeherrschung angedeutet wird. Bei sorgsamerer Verfahrensweise hätte er sich gemeinsam mit anderen Personen auf den Heimweg begeben können – oder ein Taxi rufen können.
Die verschwundenen Gegenstände werden geschickt in die Handlung des Films eingearbeitet. So ist zu sehen, dass Thilo während eines Flirts zwei jungen Frauen den besonderen Schlüsselanhänger zeigt. Außerdem wird auch das auffällige Feuerzeug entsprechend in die Verfilmung einbezogen, obgleich der Polizeischüler durch diese Art der Darstellung vorlaut und aufdringlich wirkt. Der geübte Zuschauer weiß bereits bei der Einspielung, dass diese Objekte verschwunden sein werden und dass nach ihnen gesucht wird.
Die Prügelei während der Kirmes wird nicht erwähnt. Zwar existieren Kenntnisse hierüber in der Form, dass südländisch wirkende Männer Thilo in den Wagen luden, aber ein Zusammenhang mit der Auseinandersetzung auf der Kirmes wird im Film nicht hergestellt. Vielleicht wollte man die Zuschauer in Bezug auf die Hinweisgabe nicht in diese Richtung beeinflussen. Unerwähnt bleibt auch, dass Thilo zum Zeitpunkt der Tat eine Freundin hatte, die ebenfalls beim Fest anwesend war.
Nach der Sendung
Rund 100 Hinweise gehen nach der Sendung ein. Viele Spuren konzentrieren sich auf den umgestylten Wagen. Einer der Hinweise kommt von einer Person, die die Vorgänge im Golf selbst miterlebt hat. Sie kann Angaben sowohl zum Tathergang als auch zu den Tätern machen.
Man kann demnach von folgendem Verlauf ausgehen. Der Hinweisgeber hatte mit vier Freunden an jener Schlägerei bei der Kirmesburschendisco teilgenommen. Später verließen sie die Kirmes mit dem Gold. Unterwegs luden sie Thilo in den Wagen ein. Dann wechselte man offensichtlich noch das Gefährt. In dem Wagen wurden später auch Faserspuren von der Bekleidung Thilos gefunden. Danach sei man zum Dehrner Schloss gefahren. Aus Frust und vermuteter Freude an der Gewalt haben zwei der Männer den angehenden Polizisten verprügelt. Ihm sollte eine Lektion verpasst werden, weil er im Wagen angeblich nervte. Bei der Prügelei sind ihnen Geldbörse, Feuerzeug und Schlüsselanhänger des Opfers in die Hände gefallen. Nachdem man anhand des Dienstausweises erkannte, wen man dort verprügelt hatte, verließ man den Tatort. Thilo ist offensichtlich am Erbrochenen in Folge der Schläge und eines Schädeltraumas erstickt, wie ein Gutachter feststellte.
Bei den zwei Haupttätern ist eine Festnahme nicht notwendig, denn sie sitzen bereits wegen anderer Delikte im Gefängnis. Beide sind mehrfach durch ihre Gewaltbereitschaft bereits auffällig geworden. Einer der beiden gesteht seine Beteiligung, obgleich er mehrere Tatversionen nennt. Der andere bestreitet sie kategorisch. Beide werden schließlich der fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Die Limburger Jugendstrafkammer vom 29. September 1999 befindet sie für schuldig und verurteilt einen der Täter zu neun Jahren und den anderen zu sieben Jahren Gefängnis. Die drei weiteren Begleiter müssen sich wegen unterlassener Hilfeleistung in einer separaten Verhandlung vor Gericht verantworten, dieses Verfahren wird jedoch eingestellt.
In der Hauptgerichtsverhandlung meldet sich der Vater des Opfers zu Wort. Er verweist darauf, dass dieses Verbrechen erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Familienangehörigen von Thilo hat. So kann der beispielsweise seinen Beruf nicht mehr ausüben. Resümierend muss festgehalten werden, dass in der Nacht zum 9. August 1997 ein unschuldiger Mensch sein Leben verloren hat, weil andere Personen seinen Tod billigend in Kauf genommen haben.
Tatzeit: 8./9. August 1997
Tatort: Schloss Deehrn bei Diez
Zuständig: Kripo Limburg
XY-Ausstrahlung: 17. Juli 1998
Der Fall
Polizist will Thilo G. (20) aus Runkel-Steeden (Kreis Limburg) werden. Deshalb lässt er sich unter der Woche an der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz entsprechend ausbilden. Am Wochenende hält sich der junge Mann meist bei seinen Eltern in der Heimat auf.
Thilo gilt als recht beliebt. Seine Freizeit ist daher zu Hause meist ausgefüllt. Neben gemeinsamen Unternehmungen mit seiner Freundin trifft er gerne Bekannte, mit denen er regelmäßig in den Diskotheken und auf Dorffesten rund um Limburg feiert.
Am Freitag, dem 08. August 1997, ist er mit einigen Freunden in einer Gaststätte verabredet. Dort verfolgen sie die Live-Übertragung eines Spiels der Fußball-Bundesliga. Gegen 23.00 Uhr verlässt die Runde das Lokal, um die „Kirmesburschendisco“ im nahe gelegenen Eschhofen zu besuchen. An dem Abend findet auf dem angrenzenden Festplatz eine Kirmes statt. Thilo trifft seine Freundin in dem Lokal ebenfalls an. Die beiden verbringen allerdings nicht die gesamte Zeit miteinander; denn sie verlässt das Fest gegen 1.00 Uhr.
Während des Abends findet auf dem Festplatz eine Prügelei statt, in die einige türkische und deutsche Männer involviert sind. Thilo nimmt daran nur als passiver Zuschauer teil. Wenig später scheint sich die Aufregung gelegt zu haben. Der angehende Ordnungshüter hält sich überwiegend in den Räumlichkeiten des Tanzlokals auf. Allmählich überkommt ihn aufgrund des hohen Alkoholgenusses die Müdigkeit. Gegen 2.00 Uhr unterhält er sich in der Disko mit einem Freund, der ihn kurz alleine lässt. Als der Bekannte zurückkehrt, hat Thilo das Lokal bereits verlassen, um sich zu Fuß auf den Heimweg zu machen.
Er wird dabei noch einmal gegen 2.15 Uhr von einem angetrunkenen Bekannten gesehen. Dieser beobachtet zudem, wie vor einem Bahnübergang auf der Landstraße, Richtung Dehrn, ein VW Golf II (Farbe: schwarz-metallic) anhält. Zwei dunkelhaarige Insassen springen heraus und zerren Thilo in den PKW. Die beiden Männer sprechen offensichtlich deutsch mit ausländischem Akzent. Der Zeuge weiß nicht recht, was er von dieser Beobachtung halten soll. In diesem Augenblick vermutet er, dass Thilo von den Männern nach Hause gebracht werden soll.
Mit dieser Einschätzung liegt er aber falsch, denn Thilo wird auf der Kreisstraße vor dem Dehrner Schloss gegen 2.50 Uhr bewusstlos aufgefunden. Offenbar ist er zuvor geschlagen worden. Sofortige Reanimierungsversuche schlagen fehl. Der Arzt stellt gegen 3.30 Uhr nur noch seinen Tod fest.
Das gerichtsmedizinische Institut der Universität Gießen sieht sich jedoch trotz umfangreicher Untersuchungen außerstande, die genaue Todesursache festzustellen. Zwar finden sich einige frische blaue Flecken und Schrammen, diese aber haben genauso wenig zum Tod geführt wie die Menge an Alkohol (ca. zwei Promille) im Blut des Polizeischülers.
Aus dem Besitz von Thilo fehlen ein auffälliges, pistolenartiges Feuerzeug, ein Schlüsselanhänger in der Form einer Polizeikelle mit einigen Schlüsseln und eine an einer Kette befestigte Geldbörse. In dieser befanden sich u.a. sein Dienstausweis sowie sein Personalausweis. Letzterer findet sich nach wenigen Tagen in der Ortschaft Offheim wieder an. Er ist dort hinter ein Hinweisschild geklemmt worden.
Der Augenzeuge auf der Landstraße hat sich einige Einzelheiten zu dem Wagen gemerkt. Der Golf hatte ein Limburger Kennzeichen und war in einigen Merkmalen gegenüber der ursprünglichen Ausstattung deutlich verändert worden. Ein Doppelauspuff wurde offensichtlich nachträglich installiert, anstelle der Nebelschweinwerfer waren rote Strahler angebracht worden. Außerdem dürfte der Kühlergrill von einem VW Jetta entnommen worden sein. Die Heckscheibe war durch eine Folie abgedunkelt worden.
Die Sendung
Peters spricht in der Einleitung zum Film an, dass die Polizei praktisch in eigener Sache ermittelt. Umgehend kommt er auf die mysteriösen Todesumstände von Thilo zu sprechen, mit dem der Film auch beginnt. Der Mediziner in der Aufbahrungshalle der Gerichtsmedizin beschreibt ausführlich, dass die Todesursache bis dato nicht geklärt werden konnte. Durch dessen Erläuterungen veranlasst, begibt sich der Zuseher praktisch auf die Suche nach einer möglichen Erklärung für den Tod des Polizeianwärters. Man kann zwar vermuten, dass das Schicksal des Opfers durch die verhängnisvolle Fahrt in dem PKW besiegelt wurde, die Frage nach der Ursache des Ablebens kann aber auch der Film nicht schlüssig beantworten.
Dass Thilo an diesem Abend im Umgang mit Alkohol unvorsichtig war, wird bildlich festgehalten. Allerdings bleibt die moralische Instanz diskret im Hintergrund, obwohl der Verlust einer gewissen Selbstbeherrschung angedeutet wird. Bei sorgsamerer Verfahrensweise hätte er sich gemeinsam mit anderen Personen auf den Heimweg begeben können – oder ein Taxi rufen können.
Die verschwundenen Gegenstände werden geschickt in die Handlung des Films eingearbeitet. So ist zu sehen, dass Thilo während eines Flirts zwei jungen Frauen den besonderen Schlüsselanhänger zeigt. Außerdem wird auch das auffällige Feuerzeug entsprechend in die Verfilmung einbezogen, obgleich der Polizeischüler durch diese Art der Darstellung vorlaut und aufdringlich wirkt. Der geübte Zuschauer weiß bereits bei der Einspielung, dass diese Objekte verschwunden sein werden und dass nach ihnen gesucht wird.
Die Prügelei während der Kirmes wird nicht erwähnt. Zwar existieren Kenntnisse hierüber in der Form, dass südländisch wirkende Männer Thilo in den Wagen luden, aber ein Zusammenhang mit der Auseinandersetzung auf der Kirmes wird im Film nicht hergestellt. Vielleicht wollte man die Zuschauer in Bezug auf die Hinweisgabe nicht in diese Richtung beeinflussen. Unerwähnt bleibt auch, dass Thilo zum Zeitpunkt der Tat eine Freundin hatte, die ebenfalls beim Fest anwesend war.
Nach der Sendung
Rund 100 Hinweise gehen nach der Sendung ein. Viele Spuren konzentrieren sich auf den umgestylten Wagen. Einer der Hinweise kommt von einer Person, die die Vorgänge im Golf selbst miterlebt hat. Sie kann Angaben sowohl zum Tathergang als auch zu den Tätern machen.
Man kann demnach von folgendem Verlauf ausgehen. Der Hinweisgeber hatte mit vier Freunden an jener Schlägerei bei der Kirmesburschendisco teilgenommen. Später verließen sie die Kirmes mit dem Gold. Unterwegs luden sie Thilo in den Wagen ein. Dann wechselte man offensichtlich noch das Gefährt. In dem Wagen wurden später auch Faserspuren von der Bekleidung Thilos gefunden. Danach sei man zum Dehrner Schloss gefahren. Aus Frust und vermuteter Freude an der Gewalt haben zwei der Männer den angehenden Polizisten verprügelt. Ihm sollte eine Lektion verpasst werden, weil er im Wagen angeblich nervte. Bei der Prügelei sind ihnen Geldbörse, Feuerzeug und Schlüsselanhänger des Opfers in die Hände gefallen. Nachdem man anhand des Dienstausweises erkannte, wen man dort verprügelt hatte, verließ man den Tatort. Thilo ist offensichtlich am Erbrochenen in Folge der Schläge und eines Schädeltraumas erstickt, wie ein Gutachter feststellte.
Bei den zwei Haupttätern ist eine Festnahme nicht notwendig, denn sie sitzen bereits wegen anderer Delikte im Gefängnis. Beide sind mehrfach durch ihre Gewaltbereitschaft bereits auffällig geworden. Einer der beiden gesteht seine Beteiligung, obgleich er mehrere Tatversionen nennt. Der andere bestreitet sie kategorisch. Beide werden schließlich der fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Die Limburger Jugendstrafkammer vom 29. September 1999 befindet sie für schuldig und verurteilt einen der Täter zu neun Jahren und den anderen zu sieben Jahren Gefängnis. Die drei weiteren Begleiter müssen sich wegen unterlassener Hilfeleistung in einer separaten Verhandlung vor Gericht verantworten, dieses Verfahren wird jedoch eingestellt.
In der Hauptgerichtsverhandlung meldet sich der Vater des Opfers zu Wort. Er verweist darauf, dass dieses Verbrechen erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Familienangehörigen von Thilo hat. So kann der beispielsweise seinen Beruf nicht mehr ausüben. Resümierend muss festgehalten werden, dass in der Nacht zum 9. August 1997 ein unschuldiger Mensch sein Leben verloren hat, weil andere Personen seinen Tod billigend in Kauf genommen haben.
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Wie stets, danke für die weiteren neuen Falldarstellungen im Stil des XY-Buchs - schon "abgeheftet"!
Ein kleiner Punkt:
***In mehreren Büchern und Zeitungsartikeln ist das Leben dieses Serienmörders behandelt worden. Mit Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen von Angehörigen des Täters und der Opfer wird darauf verzichtet, diese Quellen explizit zu erwähnen. ****
Letzteres müssen die Printmedien entscheiden - zumindest auf gedrucktes Quellenmaterial zu verweisen, so es solches gibt, ist denke ich nicht nur unproblematisch, sondern würde die Darlegungen noch weiter abrunden: Zum einen als Nachweis dafür, daß das einschlägige Quellenmaterial auch herangezogen worden ist, und zum anderen als Hinweis für Interessierte, die sich darüber hinaus noch näher mit dem jeweiligen Fall beschäftigen möchten und sich dann nicht Recherchearbeit machen müssen, die Du Dir schon gemacht hast. My two cents.
Bernhard.
Ein kleiner Punkt:
***In mehreren Büchern und Zeitungsartikeln ist das Leben dieses Serienmörders behandelt worden. Mit Rücksichtnahme auf schutzwürdige Interessen von Angehörigen des Täters und der Opfer wird darauf verzichtet, diese Quellen explizit zu erwähnen. ****
Letzteres müssen die Printmedien entscheiden - zumindest auf gedrucktes Quellenmaterial zu verweisen, so es solches gibt, ist denke ich nicht nur unproblematisch, sondern würde die Darlegungen noch weiter abrunden: Zum einen als Nachweis dafür, daß das einschlägige Quellenmaterial auch herangezogen worden ist, und zum anderen als Hinweis für Interessierte, die sich darüber hinaus noch näher mit dem jeweiligen Fall beschäftigen möchten und sich dann nicht Recherchearbeit machen müssen, die Du Dir schon gemacht hast. My two cents.
Bernhard.
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Hallo Ihr zwei und Danke für das Lob. Demnächst - wenn die Netakte auf einem akzeptablen Stand ist - gibt es auch wieder weitere Fälle, die nachbetrachtet werden.
Im Callgirl-Fall war das Buch "Der Biedermann" (Schröck)eine meiner Hauptquellen. Mittlerweile dürften hier au f dem Board ja viele up to date sein, was den Fall betrifft.
Im Callgirl-Fall war das Buch "Der Biedermann" (Schröck)eine meiner Hauptquellen. Mittlerweile dürften hier au f dem Board ja viele up to date sein, was den Fall betrifft.
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Dielaschten>Hallo Heimo!
Dielaschten>Ich freue mich auch schon auf Deine neuen Fälle.
Dielaschten>Aber sag mal, wo sind denn die alten geblieben.
Dielaschten>Es fängt ja hier glaube ich, bei um die 30 irgendwo an.
Die ersten 30 habe ich nicht geschrieben. Sie stehen alle in dem XY-Buch. Da ich fand, dass einige Fälle in dem Buch fehlen, habe ich selber recherchiert. Daraus ist mittlerweile ein Hobby geworden, das vielleicht doch recht "unique" ist.
Dielaschten>Ich freue mich auch schon auf Deine neuen Fälle.
Dielaschten>Aber sag mal, wo sind denn die alten geblieben.
Dielaschten>Es fängt ja hier glaube ich, bei um die 30 irgendwo an.
Die ersten 30 habe ich nicht geschrieben. Sie stehen alle in dem XY-Buch. Da ich fand, dass einige Fälle in dem Buch fehlen, habe ich selber recherchiert. Daraus ist mittlerweile ein Hobby geworden, das vielleicht doch recht "unique" ist.
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Fall 44 Regenjackenkind
Tatzeit: 09. September 1980
Tatort: In der Gegend von Lübeck
Zuständig: Kripo Lübeck
XY-Ausstrahlung: 16. Oktober 1981
Der Fall
Die siebenköpfige Familie F. hat vor kurzem ein Haus in der Mittelstraße im Lübecker Stadtteil St. Lorenz bezogen. Der Umzug wurde fast unumgänglich, weil bei Frau F. die Geburt von Zwillingen bevorsteht.
Wie ihre Geschwister freut sich die kleine Franziska (7) auf den Familienzuwachs. Das Mädchen besucht die zweite Klasse der Bugenhagen-Grundschule. Sie geht gerne zur Schule, auch wenn sie sich sonst lieber in der elterlichen Geborgenheit zu Hause aufhält. Ihre schulischen Leistungen werden als durchschnittlich beschrieben, was daran liegen kann, dass sie recht schüchtern ist.
Am 9. September beginnt ihr Unterricht um 8.30 Uhr. Draußen ist es stürmisch und regnerisch. Deswegen zieht sich Franziska neben einer braunen Cordhose ihre auffällige gelbe Regenjacke sowie ihre gelben Gummistiefel an. Als sie sich kurz nach 8.00 Uhr von ihrer Mutter verabschiedet, muss sie sich alleine auf den Weg zur in der Moislinger Allee gelegenen Schule machen. Ihre Geschwister haben das Haus bereits verlassen.
Unterwegs wird sie von einer Klassenkameradin beobachtet, als sie gegen 8.15 Uhr eine Kreuzung in der Moislinger Allee überquert und sich somit bereits in unmittelbarer Nähe zur Schule befindet. Danach ereignen sich zwei Vorfälle am Gelände der Bugenhagen-Grundschule mit einem Mädchen in auffälliger gelber Regenbekleidung, bei dem es sich um Franziska handeln könnte.
Demnach wird ein weinendes Mädchen um 8.30 Uhr von einer Mutter, die ihr Kind zur Schule bringt, vor dem Schulgelände angesprochen. Die Frau versucht vergeblich, das ihr fremde Mädchen zu trösten. Auch gelingt es ihr nicht, das Kind zum Betreten der Schule zu überreden.
Die zweite Begebenheit findet um 8.35 Uhr statt. Zwei Jungen blockieren aus Spaß die Eingangspforte, als ein Mädchen den Schulhof betreten will. Da die beiden älter sind, sieht das Mädchen keine Chance, sich alleine Zutritt zu verschaffen. Es bekommt allerdings Verstärkung in Form eines männlichen Passanten. Er ermahnt die Jungs, woraufhin die beiden den Weg freigeben. Sie entfernen sich dann umgehend von dem Schauplatz und schenken dem Fortgang der Ereignisse keine Beachtung. So wissen sie nicht, ob das Mädchen anschließend das Schulgebäude betritt. Jedoch steht fest, dass Franziska an diesem Tag nicht am Unterricht teilgenommen hat.
Als sie nach dem regulären Unterrichtsende nicht nach Hause kommt, melden sich die Eltern beim Schulsekretariat und erstatten noch am selben Tag eine Vermisstenanzeige bei der Polizei.
In der Folgezeit organisiert Franziskas Vater eine aufwändige Plakataktion. Ein ortsansässiges Verlagshaus stellt eine lebensgroße Puppe ins Schaufenster, die die gleiche Kleidung trägt wie Franziska am Tag ihres Verschwindens. Aber weder diese Maßnahme noch diverse polizeiliche und elterliche Suchaktionen im Umkreis von Lübeck ändern etwas an der Situation. Franziska bleibt für Monate unauffindbar. Polizei und Eltern rechnen damit, dass das Kind einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen auf dem Weg zwischen der Kreuzung Moislinger Allee und der Bugenhagen-Grundschule – womöglich sogar auf dem Schulgelände – entführt und dann umgebracht wurde.
Die Befürchtung soll am 11. April des folgenden Jahres zur Gewissheit werden:
Bei der Aktion „Saubere Landschaft“ beteiligt sich eine Schülergruppe aus Süsel. Sie möchte in der Gegend um den Gömnitzer Berg, der ca. 30 km von Lübeck entfernt ist, Müll aufsammeln. Während ihrer Arbeiten entdecken einige Schüler einen Pappkarton mit diversen Textilien (eine grüne Damenweste, ein beiges Polohemd, verschiedenfarbige Gardinenstoffe mit Blumenmuster und die Bezüge von Autositzen). In der Nähe liegen Ranzen und Gummistiefel sowie mehrere Elektrokabel, ein Bügel und ein verkokeltes Telefon. Diese Gegenstände werden als „Unrat“ eingestuft. Somit landen sie neben anderem Müll auf einem Anhänger. An einer anderen Stelle fällt ein großer blauer Plastiksack auf, der aber sehr stinkt, weshalb man ihn liegen lässt.
Als der Anhänger auf einer Müllhalde entladen wird, bemerkt der Ortsvorsteher von Gömnitz den Ranzen. Ihm leuchtet nicht ein, weshalb ein solcher im Wald entsorgt wird. Er kann sich jedoch erst am Abend entschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Zusammen mit dem Bürgermeister von Süsel und der Polizei wird der Ranzen inspiziert. Er enthält Schulhefte von Franziska.
Die Polizei beginnt sofort nach dieser Entdeckung mit den Ermittlungen am Gömnitzer Berg. Dabei wird auch jene blaue Tüte überprüft. Ihr Inhalt: Der entkleidete Leichnam von Franziska. Nach der Untersuchung der sterblichen Überreste ist davon auszugehen, dass sie noch am Tag ihres Verschwindens umgebracht wurde. Bei der Obduktion kann die Todesart jedoch nicht eindeutig festgestellt werden. Man geht davon aus, dass sie mit einem dünnen Draht erdrosselt wurde. Ihre Kleidung bleibt hingegen verschwunden.
Die Sendung
Durch die filmische Schilderung des Tagesablaufs bringt der Regisseur dem Zuschauer das Schicksal des Mädchens nahe. Es wird angedeutet, dass es in behüteten Verhältnissen aufgewachsen ist. Die Verfilmung ist recht typisch für die 80er Jahre. Sprechertext und Kamera werden effektiv eingesetzt, um den Fall nach den bisher bekannten Fakten chronologisch zu rekonstruieren.
Nachdrücklich ist jene Begebenheit im Bild festgehalten, in der vermeintlich Franziska den Fremden anspricht, der sie an die Hand nimmt, um zu den Jungs zurückzukehren. Dieser Augenblick, in dem das Mädchen ob der Stresssituation womöglich überfordert ist, kann mitentscheidend für das weitere Schicksal des Kindes sein. Dem Zuschauer drängt sich angesichts der Umstände der Verdacht auf, dass Franziska gerade ihrem Mörder begegnet ist.
Der zweite Teil der Verfilmung, welche zweckmäßig aber nicht realitätsgetreu dargestellt wurde, befasst sich mit der Entdeckung des Schulranzens. Anschließend wird ein Gespräch zwischen den Ermittlern gezeigt, dass in der Nähe des Fundorts statt findet. Hierbei wird über die Todesursache des Mädchens gerätselt. Mittels dieser Sequenz werden dem Zuseher einzelne Fundstücke ins Bewusstsein gerückt, anhand derer man sich eine Aufklärung erhofft.
Die Fahndung konzentriert sich auf die Ermittlung des Eigentümers des verbrannten Telefons sowie der anderen Utensilien, die im Wald beim Gömnitzer Berg gefunden worden sind. Natürlich werden auch Zeugen aufgefordert, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, die von den Geschehnissen am Morgen des 9. Septembers etwas mitbekommen haben,
Wer der verdächtige Mann an der Pforte der Bugenhagen-Grundschule war, kann bis zur Ausstrahlung der Sendung nicht geklärt werden. Die beiden Schüler beschreiben ihn wie folgt: ca. 45 Jahre, zwischen 1,70 m und 1,80 m groß, dunkle Haare und von kräftiger Gestalt. Er trug einen grauen Anzug und war auffallend unrasiert.
Nach der Sendung
Die Zuseher zeigen ein hohes Interesse an dem Schicksal von Franziska und wollen helfen, den tragischen Fall aufzuklären, wie die vielen Anrufe in Folge des Films belegen. Die meisten Hinweise beziehen sich auf die gefundenen Gegenstände. Es meldet sich u.a. eine Frau aus Lübeck, die konkrete Angaben sowohl zu den Fundstücken als auch zu einem möglichen Verdächtigen machen kann.
Die Zeugin führt aus, dass sie mal eine Wohnung in einem Haus besaß, dessen rückwärtiger Kellerausgang in die Mittelstraße führt. Als sie auszog, überließ sie die im Beitrag gezeigte Gardine und das Telefon ihrem Nachmieter. Sie weiß zudem noch zu berichten, dass es nach ihrem Auszug in dem Haus gebrannt habe. Dabei wurde das Telefon vermutlich entsprechend deformiert. Sie teilt mit, dass ihr Nachmieter ein Seemann sei und nennt seinen Namen.
Dass dieser Tipp vielversprechend ist, stellt die Polizei bei der Überprüfung fest. Sie findet heraus, dass der Mann zum Zeitpunkt des Verschwindens von Franziska dort noch wohnte. Jedoch ist er mittlerweile unbekannt verzogen. Bei weiteren Ermittlungen kommt heraus, dass er gesehen wurde, wie er einmal mit einer blutverschmierten Jacke nach Hause kam. Man nahm aber an, dass er sich geprügelt hatte, was wohl nicht selten vorgekommen ist.
Der Verdächtige wird bereits mit einem Haftbefehl wegen Gelddiebstahls, der am 14. April 1981 in Lübeck, also drei Tage nach dem Leichenfund, begangen wurde, gesucht. In der Sendung vom 26. Februar 1982 wird nach ihm als dringend Tatverdächtigen im Mordfall an Franziska F. gefahndet. Einen Monat später wird er in Le Havre/Frankreich auf einem Frachtschiff festgenommen, auf dem er als Koch tätig war.
In Lübeck wird er wegen Totschlags an Franziska angeklagt. Für Mord reichen die Anhaltspunkte nicht, da es keine Zeugen gibt, die Angaben über die Tötung machen können. Zudem konnte die Todesursache immer noch nicht geklärt werden. Der zuständige Gerichtsmediziner ist nicht in der Lage, Spuren der Gewaltanwendung an der Leiche festzustellen. Es ist lediglich eine Vermutung, dass das Mädchen mit einem Metalldraht erdrosselt wurde.
Der Beschuldigte bestreitet, die Tat begangen zu haben. Sein Alibi steht jedoch auf tönernen Füßen. Er selbst will in der fraglichen Zeit des Verschwindens von Franziska nach Bonn gefahren sein, ist aber nicht in der Lage zu sagen, um welche Uhrzeit er die Fahrt angetreten habe und auch nicht, ob er unterwegs umgestiegen sei. Diese Indizien mögen zwar seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen, zu einer Überführung reichen sie aber nicht aus.
Außerdem soll er sich in der Vergangenheit Kindern unsittlich genähert haben. So habe er auch einen Vergewaltigungsversuch im Jahr 1974 an einem 12jährigen Kind zu verantworten. Weiterhin belastet ihn das Auffinden einer Milchtüte am Fundort, die zuvor bei seiner Schwester im Auto gelegen haben soll.
Zu seiner Entlastung muss angeführt werden, dass mehrere Personen im September 1980 zu seiner Wohnung Zugang hatten. Es ist denkbar, dass eine von ihnen die Tat begangen hat und dann Gegenstände aus dem Besitz des Angeklagten wie das Telefon bei der Leiche versteckt hat, um den Verdacht auf den Seemann zu lenken. Es erscheint durchaus zweifelhaft, dass er einerseits die Tat vertuschen will, in dem er Franziska in einiger Entfernung zu seinem Wohnort versteckt, andererseits dann aber Gegenstände aus seinem Eigentum bei ihrer Leiche so platziert, dass er damit rechnen muss, praktisch zwangsläufig als Täter entlarvt zu werden.
Am 20. Mai 1983 endet der Prozess mit einem Freispruch für den Angeklagten. Das Schwurgericht hat erhebliche Zweifel an seiner Schuld. Zwar geht es davon aus, dass er sich am Tage der Tötung von Franziska in Lübeck aufgehalten habe, was bedeutet, dass er entgegen eigener Behauptungen und entgegen von Zeugenaussagen kein Alibi habe. Insgesamt aber reichen die Indizien nicht aus, um ihm die Tötung einwandfrei nachzuweisen. Das sah selbst die Staatsanwaltschaft ein, die einen Freispruch forderte.
Bis heute ist der Mord ungesühnt, wie eine Recherche bei den örtlichen Medien ergab.
Tatzeit: 09. September 1980
Tatort: In der Gegend von Lübeck
Zuständig: Kripo Lübeck
XY-Ausstrahlung: 16. Oktober 1981
Der Fall
Die siebenköpfige Familie F. hat vor kurzem ein Haus in der Mittelstraße im Lübecker Stadtteil St. Lorenz bezogen. Der Umzug wurde fast unumgänglich, weil bei Frau F. die Geburt von Zwillingen bevorsteht.
Wie ihre Geschwister freut sich die kleine Franziska (7) auf den Familienzuwachs. Das Mädchen besucht die zweite Klasse der Bugenhagen-Grundschule. Sie geht gerne zur Schule, auch wenn sie sich sonst lieber in der elterlichen Geborgenheit zu Hause aufhält. Ihre schulischen Leistungen werden als durchschnittlich beschrieben, was daran liegen kann, dass sie recht schüchtern ist.
Am 9. September beginnt ihr Unterricht um 8.30 Uhr. Draußen ist es stürmisch und regnerisch. Deswegen zieht sich Franziska neben einer braunen Cordhose ihre auffällige gelbe Regenjacke sowie ihre gelben Gummistiefel an. Als sie sich kurz nach 8.00 Uhr von ihrer Mutter verabschiedet, muss sie sich alleine auf den Weg zur in der Moislinger Allee gelegenen Schule machen. Ihre Geschwister haben das Haus bereits verlassen.
Unterwegs wird sie von einer Klassenkameradin beobachtet, als sie gegen 8.15 Uhr eine Kreuzung in der Moislinger Allee überquert und sich somit bereits in unmittelbarer Nähe zur Schule befindet. Danach ereignen sich zwei Vorfälle am Gelände der Bugenhagen-Grundschule mit einem Mädchen in auffälliger gelber Regenbekleidung, bei dem es sich um Franziska handeln könnte.
Demnach wird ein weinendes Mädchen um 8.30 Uhr von einer Mutter, die ihr Kind zur Schule bringt, vor dem Schulgelände angesprochen. Die Frau versucht vergeblich, das ihr fremde Mädchen zu trösten. Auch gelingt es ihr nicht, das Kind zum Betreten der Schule zu überreden.
Die zweite Begebenheit findet um 8.35 Uhr statt. Zwei Jungen blockieren aus Spaß die Eingangspforte, als ein Mädchen den Schulhof betreten will. Da die beiden älter sind, sieht das Mädchen keine Chance, sich alleine Zutritt zu verschaffen. Es bekommt allerdings Verstärkung in Form eines männlichen Passanten. Er ermahnt die Jungs, woraufhin die beiden den Weg freigeben. Sie entfernen sich dann umgehend von dem Schauplatz und schenken dem Fortgang der Ereignisse keine Beachtung. So wissen sie nicht, ob das Mädchen anschließend das Schulgebäude betritt. Jedoch steht fest, dass Franziska an diesem Tag nicht am Unterricht teilgenommen hat.
Als sie nach dem regulären Unterrichtsende nicht nach Hause kommt, melden sich die Eltern beim Schulsekretariat und erstatten noch am selben Tag eine Vermisstenanzeige bei der Polizei.
In der Folgezeit organisiert Franziskas Vater eine aufwändige Plakataktion. Ein ortsansässiges Verlagshaus stellt eine lebensgroße Puppe ins Schaufenster, die die gleiche Kleidung trägt wie Franziska am Tag ihres Verschwindens. Aber weder diese Maßnahme noch diverse polizeiliche und elterliche Suchaktionen im Umkreis von Lübeck ändern etwas an der Situation. Franziska bleibt für Monate unauffindbar. Polizei und Eltern rechnen damit, dass das Kind einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen auf dem Weg zwischen der Kreuzung Moislinger Allee und der Bugenhagen-Grundschule – womöglich sogar auf dem Schulgelände – entführt und dann umgebracht wurde.
Die Befürchtung soll am 11. April des folgenden Jahres zur Gewissheit werden:
Bei der Aktion „Saubere Landschaft“ beteiligt sich eine Schülergruppe aus Süsel. Sie möchte in der Gegend um den Gömnitzer Berg, der ca. 30 km von Lübeck entfernt ist, Müll aufsammeln. Während ihrer Arbeiten entdecken einige Schüler einen Pappkarton mit diversen Textilien (eine grüne Damenweste, ein beiges Polohemd, verschiedenfarbige Gardinenstoffe mit Blumenmuster und die Bezüge von Autositzen). In der Nähe liegen Ranzen und Gummistiefel sowie mehrere Elektrokabel, ein Bügel und ein verkokeltes Telefon. Diese Gegenstände werden als „Unrat“ eingestuft. Somit landen sie neben anderem Müll auf einem Anhänger. An einer anderen Stelle fällt ein großer blauer Plastiksack auf, der aber sehr stinkt, weshalb man ihn liegen lässt.
Als der Anhänger auf einer Müllhalde entladen wird, bemerkt der Ortsvorsteher von Gömnitz den Ranzen. Ihm leuchtet nicht ein, weshalb ein solcher im Wald entsorgt wird. Er kann sich jedoch erst am Abend entschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Zusammen mit dem Bürgermeister von Süsel und der Polizei wird der Ranzen inspiziert. Er enthält Schulhefte von Franziska.
Die Polizei beginnt sofort nach dieser Entdeckung mit den Ermittlungen am Gömnitzer Berg. Dabei wird auch jene blaue Tüte überprüft. Ihr Inhalt: Der entkleidete Leichnam von Franziska. Nach der Untersuchung der sterblichen Überreste ist davon auszugehen, dass sie noch am Tag ihres Verschwindens umgebracht wurde. Bei der Obduktion kann die Todesart jedoch nicht eindeutig festgestellt werden. Man geht davon aus, dass sie mit einem dünnen Draht erdrosselt wurde. Ihre Kleidung bleibt hingegen verschwunden.
Die Sendung
Durch die filmische Schilderung des Tagesablaufs bringt der Regisseur dem Zuschauer das Schicksal des Mädchens nahe. Es wird angedeutet, dass es in behüteten Verhältnissen aufgewachsen ist. Die Verfilmung ist recht typisch für die 80er Jahre. Sprechertext und Kamera werden effektiv eingesetzt, um den Fall nach den bisher bekannten Fakten chronologisch zu rekonstruieren.
Nachdrücklich ist jene Begebenheit im Bild festgehalten, in der vermeintlich Franziska den Fremden anspricht, der sie an die Hand nimmt, um zu den Jungs zurückzukehren. Dieser Augenblick, in dem das Mädchen ob der Stresssituation womöglich überfordert ist, kann mitentscheidend für das weitere Schicksal des Kindes sein. Dem Zuschauer drängt sich angesichts der Umstände der Verdacht auf, dass Franziska gerade ihrem Mörder begegnet ist.
Der zweite Teil der Verfilmung, welche zweckmäßig aber nicht realitätsgetreu dargestellt wurde, befasst sich mit der Entdeckung des Schulranzens. Anschließend wird ein Gespräch zwischen den Ermittlern gezeigt, dass in der Nähe des Fundorts statt findet. Hierbei wird über die Todesursache des Mädchens gerätselt. Mittels dieser Sequenz werden dem Zuseher einzelne Fundstücke ins Bewusstsein gerückt, anhand derer man sich eine Aufklärung erhofft.
Die Fahndung konzentriert sich auf die Ermittlung des Eigentümers des verbrannten Telefons sowie der anderen Utensilien, die im Wald beim Gömnitzer Berg gefunden worden sind. Natürlich werden auch Zeugen aufgefordert, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, die von den Geschehnissen am Morgen des 9. Septembers etwas mitbekommen haben,
Wer der verdächtige Mann an der Pforte der Bugenhagen-Grundschule war, kann bis zur Ausstrahlung der Sendung nicht geklärt werden. Die beiden Schüler beschreiben ihn wie folgt: ca. 45 Jahre, zwischen 1,70 m und 1,80 m groß, dunkle Haare und von kräftiger Gestalt. Er trug einen grauen Anzug und war auffallend unrasiert.
Nach der Sendung
Die Zuseher zeigen ein hohes Interesse an dem Schicksal von Franziska und wollen helfen, den tragischen Fall aufzuklären, wie die vielen Anrufe in Folge des Films belegen. Die meisten Hinweise beziehen sich auf die gefundenen Gegenstände. Es meldet sich u.a. eine Frau aus Lübeck, die konkrete Angaben sowohl zu den Fundstücken als auch zu einem möglichen Verdächtigen machen kann.
Die Zeugin führt aus, dass sie mal eine Wohnung in einem Haus besaß, dessen rückwärtiger Kellerausgang in die Mittelstraße führt. Als sie auszog, überließ sie die im Beitrag gezeigte Gardine und das Telefon ihrem Nachmieter. Sie weiß zudem noch zu berichten, dass es nach ihrem Auszug in dem Haus gebrannt habe. Dabei wurde das Telefon vermutlich entsprechend deformiert. Sie teilt mit, dass ihr Nachmieter ein Seemann sei und nennt seinen Namen.
Dass dieser Tipp vielversprechend ist, stellt die Polizei bei der Überprüfung fest. Sie findet heraus, dass der Mann zum Zeitpunkt des Verschwindens von Franziska dort noch wohnte. Jedoch ist er mittlerweile unbekannt verzogen. Bei weiteren Ermittlungen kommt heraus, dass er gesehen wurde, wie er einmal mit einer blutverschmierten Jacke nach Hause kam. Man nahm aber an, dass er sich geprügelt hatte, was wohl nicht selten vorgekommen ist.
Der Verdächtige wird bereits mit einem Haftbefehl wegen Gelddiebstahls, der am 14. April 1981 in Lübeck, also drei Tage nach dem Leichenfund, begangen wurde, gesucht. In der Sendung vom 26. Februar 1982 wird nach ihm als dringend Tatverdächtigen im Mordfall an Franziska F. gefahndet. Einen Monat später wird er in Le Havre/Frankreich auf einem Frachtschiff festgenommen, auf dem er als Koch tätig war.
In Lübeck wird er wegen Totschlags an Franziska angeklagt. Für Mord reichen die Anhaltspunkte nicht, da es keine Zeugen gibt, die Angaben über die Tötung machen können. Zudem konnte die Todesursache immer noch nicht geklärt werden. Der zuständige Gerichtsmediziner ist nicht in der Lage, Spuren der Gewaltanwendung an der Leiche festzustellen. Es ist lediglich eine Vermutung, dass das Mädchen mit einem Metalldraht erdrosselt wurde.
Der Beschuldigte bestreitet, die Tat begangen zu haben. Sein Alibi steht jedoch auf tönernen Füßen. Er selbst will in der fraglichen Zeit des Verschwindens von Franziska nach Bonn gefahren sein, ist aber nicht in der Lage zu sagen, um welche Uhrzeit er die Fahrt angetreten habe und auch nicht, ob er unterwegs umgestiegen sei. Diese Indizien mögen zwar seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen, zu einer Überführung reichen sie aber nicht aus.
Außerdem soll er sich in der Vergangenheit Kindern unsittlich genähert haben. So habe er auch einen Vergewaltigungsversuch im Jahr 1974 an einem 12jährigen Kind zu verantworten. Weiterhin belastet ihn das Auffinden einer Milchtüte am Fundort, die zuvor bei seiner Schwester im Auto gelegen haben soll.
Zu seiner Entlastung muss angeführt werden, dass mehrere Personen im September 1980 zu seiner Wohnung Zugang hatten. Es ist denkbar, dass eine von ihnen die Tat begangen hat und dann Gegenstände aus dem Besitz des Angeklagten wie das Telefon bei der Leiche versteckt hat, um den Verdacht auf den Seemann zu lenken. Es erscheint durchaus zweifelhaft, dass er einerseits die Tat vertuschen will, in dem er Franziska in einiger Entfernung zu seinem Wohnort versteckt, andererseits dann aber Gegenstände aus seinem Eigentum bei ihrer Leiche so platziert, dass er damit rechnen muss, praktisch zwangsläufig als Täter entlarvt zu werden.
Am 20. Mai 1983 endet der Prozess mit einem Freispruch für den Angeklagten. Das Schwurgericht hat erhebliche Zweifel an seiner Schuld. Zwar geht es davon aus, dass er sich am Tage der Tötung von Franziska in Lübeck aufgehalten habe, was bedeutet, dass er entgegen eigener Behauptungen und entgegen von Zeugenaussagen kein Alibi habe. Insgesamt aber reichen die Indizien nicht aus, um ihm die Tötung einwandfrei nachzuweisen. Das sah selbst die Staatsanwaltschaft ein, die einen Freispruch forderte.
Bis heute ist der Mord ungesühnt, wie eine Recherche bei den örtlichen Medien ergab.
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Spannende Sache - danke, Heimo, für den tollen Review! (Der zugleich dann auch ein wichtiges Update zum HÖRZU-Bericht darstellt, der mit der Festnahme des Tatverdächtigen 1982 endet).
Die FF-Threadliste hab ich gleich entsprechend aktualisiert.
Bernhard.
Die FF-Threadliste hab ich gleich entsprechend aktualisiert.
Bernhard.
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Fall 45 Rendezvous am Bärensee
Tatzeit: 17. November 1970
Tatort: Parkplatz am Bärensee
Zuständig: Kripo Stuttgart
XY-Ausstrahlung: 22. Januar 1971
Der Fall
Die Beziehung zwischen Wilfried B. (23) und Annegret S. (1 ist im November 1970 noch jung. Der aus Nürtingen stammende Zeitsoldat und die Stuttgarterin kennen sich erst seit ein paar Monaten. Von daher haben die Beiden noch keine gemeinsame Bleibe und müssen sich immer erst verabreden, wenn sie sich sehen wollen. Meistens wird als Treffpunkt die Wohnung der Großmutter von Annegret in Stuttgart-Ost (Gablenberg) gewählt, denn dort hat das Mädchen ein Zimmer.
Wilfried ist in der Wildermuth-Kaserne in Böblingen stationiert. Dort arbeitet er als Obergefreiter in der Schreibstube, wo er u.a. mit dem Erstellen von Dienstplänen und Personalstatistiken beschäftigt ist. Seine Freundin ist im Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart als Schwesternschülerin tätig.
Am 17. November hat sich das Paar um 18.00 Uhr bei Annegret verabredet. Deswegen beenden bei-de ihre Dienste jeweils gegen 17.00 Uhr. Da die Großmutter am frühen Abend selbst einen auswärti-gen Termin wahrnimmt, wartet sie die Ankunft von Wilfried nicht ab. Er dürfte jedoch vermutlich kurz nach ihrem Gehen – wahrscheinlich alleine - bei Annegret eingetroffen sein.
Im Laufe des Abends verlassen die beiden die Wohnung und fahren mit dem mittelblauen VW Käfer von Wilfried zum Rotwildpark. Gegen Mitternacht wird das Auto an dem Waldparkplatz „Schattengrund“ in der Gegend des Bärensees an der Magstadter Straße gesehen. Dieser Ort liegt in der Nähe der Solitude Rennstrecke und ist ca. 10 km vom Treffpunkt in Gablenburg entfernt.
Irgendwann in dieser Nacht dürften die beiden ungewollt Gesellschaft bekommen haben. Der genaue Ablauf dieser Begegnung lässt sich später nur bruchstückhaft rekonstruieren. Irgendwann in dieser Nacht werden sie an einer Stelle in dem Wald, die ungefähr 100 m vom Parkplatz entfernt liegt, mit einem Draht aneinander gebunden. Anschließend werden sie mit 10 Schüssen aus zwei Pistolen umgebracht. Der oder die Täter erleichtern Wilfried um dessen Portemonnaie (mit Truppenausweis und Führerschein der Bundeswehr) sowie Annegret um eine Hängetasche aus Wildleder, in der sich ihre Geldbörse, ein Schlüsselbund und der Personalausweis der Toten befinden.
Das Verbrechen bleibt zunächst unbemerkt. Am jeweiligen Arbeitsplatz werden beide am nächsten Tag (Buß- und Bettag) nicht vermisst, weil sie frei genommen haben. Die Großmutter sorgt sich zwar, dass ihre Enkelin in der Nacht nicht nach Hause gekommen ist; sie unternimmt aber nichts.
Gegen Abend informieren Insassen eines PKW die Polizei über ein Auto, das auf einem Parkplatz in der Magstadter Straße steht. Vom Eigentümer des unverschlossenen Wagens mit aufgeklappter Motorhaube wäre nichts zu sehen. Aufgrund eines Missverständnisses steuern fälschlicherweise zwei Polizeiwagen den Parkplatz „Schattengrund“ an. Vergeblich suchen die Polizisten das beschriebene Auto. Ihnen fällt jedoch ein mittelblauer VW-Käfer auf, der zudem unverschlossen ist. Auf dessen Rückbank entdecken die Polizisten Teile einer Bundeswehruniform. Danach kann auch der Fahrzeughalter festgestellt werden – Wilfried B.
Zunächst nehmen die Polizisten an, dass der VW gestohlen sei. In der Absicht, dem rechtmäßigen Eigentümer den Aufenthaltsort des Wagens mitzuteilen, rufen sie in der Kaserne an. Dort erhalten sie die Auskunft, dass Wilfried nicht da sei. Da der Soldat im Kreise seiner Kameraden als Einzelgänger gilt, keimt die Befürchtung auf, dass er sich etwas angetan haben könnte. Noch am Abend beginnt im Wald eine Suchaktion, bei der schließlich die Leichen unter dem Laub im Wald entdeckt werden.
Da es so gut wie keine Anhaltspunkte für die Motivation des Verbrechens gibt, muss die Polizei in viele Richtungen ermitteln. Sie favorisiert die Version, dass Opfer und Täter sich zufällig begegnet sind. Jedoch wird auch das persönliche Umfeld des Pärchens durchleuchtet. Einen Raubmord hält man trotz eines entwendeten Geldbetrages in geringer Höhe für unwahrscheinlich. Mit der Hoffnung, weitere Zeugen zu finden, die in der Mordnacht verdächtige Beobachtungen in der Gegend um den Bärensee gemacht haben, wendet man sich an die Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.
Die Sendung
Die bisher bekannten Fakten werden filmisch aufbereitet. Im Mittelpunkt der Verfilmung werden in sehr nüchterner Form Wilfried und Annegret gestellt. Dass beide ein Liebespaar waren, wird nicht gesagt. Anhand der Bemerkung „er verbringt seine Freizeit mit einem Mädchen“ kann der Zuschauer dann aber auf eine Beziehung der beiden schließen. Interaktionen der Opfer werden nur spärlich angedeutet. In keiner Szene wird z.B. ein Dialog des Pärchens gezeigt.
Beide werden kurz separat voneinander am Arbeitsplatz vorgestellt. Die Beschreibung der Persönlichkeit von Wilfried weicht deutlich von den üblichen Charakterisierungen von Opfern in XY-Verfilmungen ab. Meist werden Opfer mit positiv formulierten Eigenschaften versehen. Er hingegen lt durch Worte wie „kontaktarm“ recht negativ beschrieben. In den Reihen der Bundeswehrsoldaten habe er „keine Feinde aber auch keine Freunde“. Man sagt ihm nach, dass er gutmütig und leicht zu beeinflussen wäre. Dieser ungewöhnliche Ansatz erscheint jedoch insofern plausibel, weil die Polizei nicht ausschließen kann, dass die Verbrecher aus seinem Bekanntenkreis stammten. Möglicherweise deutet diese Charakterisierung auf die Annahme hin, dass Wilfried an falsche – und gegenwärtig noch für die Polizei unbekannte - Freunde geraten sein könnte. Explizit wird darauf nicht hingewiesen. Eine ähnlich kritische Beschreibung der Persönlichkeit von Annegret hingegen unterbleibt.
Unfreiwillig komisch wirkt die Szene, als die Großmutter entdeckt, dass das Mädchen des Nachts nicht zu Hause war. Der Sprecher des Films sagt diesbezüglich, dass sie ein ungutes Gefühl habe. Sie unternimmt aber nichts, obwohl dieses Verhalten nicht zu ihrer Enkelin trotz freien Tages passe. Zur damaligen Zeit wäre die Äußerung der Vermutung, dass die junge Frau eventuell die Nacht gemeinsam mit ihrem Freund verbracht habe, in der Öffentlichkeit nicht statthaft gewesen.
In der Nachbetrachtung des Films gehen der Kommissar und Zimmermann näher auf die Tatwerkzeuge ein. Anhand der Munition lässt sich eingrenzen, welche Pistolen bei dem Verbrechen benutzt wurden. Danach werden einige Modelle visuell vorgestellt. Zudem werden Zuschauer gebeten, sich zu melden, falls ihnen jemand bekannt sei, der eine den Modellen entsprechende Pistole besitzt.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung des Filmfalls führt nicht zur Klärung des Doppelmordes, obwohl 150 Hinweise eingehen. Dennoch gelingt es schnell, die Mörder festzunehmen. Denn sie fallen schon kurz nach der Tat mit einem anders gelagerten Verbrechen auf.
Am 2. Dezember 1970 wird in Stuttgart der VW-Bus einer Bäckerei gestohlen. Zwei Tage später taucht das Gefährt in Reutlingen wieder auf. Dort dient es als Fluchtfahrzeug für zwei Männer, die auf offener Straße einen Geldboten überfallen. Nach dem Raub kann ein Zeuge die Verfolgung des Wagens aufnehmen. Die Täter schütteln ihn ab, machen aber auf der Flucht von der Schusswaffe Gebrauch, ohne dabei jemanden zu verletzen.
In der Sendung vom 30. April 1971 ist die filmische Rekonstruktion des Überfalls zu sehen. Es wird nach Zeugen gesucht, die etwas über die verlorenen Gegenstände aus dem Besitz der Verbrecher sagen können. Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung wird wohl noch nicht bekannt gewesen sein, dass beim Überfall und beim Doppelmord die selbe Pistole zum Einsatz kam.
Nach dieser Sendung gehen Hinweise auf zwei Männer ein, die den Raub in Reutlingen begangen haben sollen. Es gelingt, die beiden verdächtigen Personen festzunehmen. In der XY-Sendung vom 20. Juli 1971 berichtet Zimmermann von der Festnahme und von neuesten Erkenntnissen. Es gilt als bewiesen, dass einer der beiden Verdächtigen eine Pistole besessen hat, mit der am 17./18. November 1970 auf Wilfried und Annegret geschossen wurde. Man sucht in der Sendung nach Zeugen, die etwas über die Aufenthaltsorte der zwei Täter in jener Nacht sagen können. Schon in der nächsten Sendung am 20. August 1971 teilt Zimmermann knapp mit, dass die beiden Männer mittlerweile ein Geständnis abgelegt haben und somit der Doppelmord aufgeklärt ist.
Nach den Äußerungen der Täter muss man von folgendem Tathergang ausgehen. Das Gangsterduo überfiel das Pärchen am Parkplatz „Schattengrund“. Die Opfer wurden anschließend in die Wohnung von einem der Täter gebracht. Dort vergewaltigte dieser Annegret, während der Komplize auf Wilfried, der in einem anderen Zimmer an ein Bett gebunden wurde, aufpasste. Danach kehrten alle an den Parkplatz zurück und gingen in den Wald, wo die Opfer an einen Baum gebunden wurden. Anschließend wurden sie erschossen. Über den exakten Ablauf der Hinrichtung machen die Täter unterschiedliche Angaben. Beide sagen aus, dass Annegret kurz vor der Tötung geäußert habe: „Gott vergebe Euch“.
Die Täter müssen sich neben den zwei bei „Aktenzeichen XY“ gezeigten Straftaten für weitere Verbrechen verantworten. So wurde u.a. am 19. Februar 1971 von ihnen eine Tankstelle in Stuttgart-Kaltental überfallen. Dabei haben sie den Schwiegervater des Tankstellenbesitzers erschossen.
Das Stuttgarter Schwurgericht verurteilt die Täter am 08. März 1972 wegen dreier gemeinschaftlicher Morde zu dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe. Darüber hinaus erhalten beide noch mehrjährige Freiheitsstrafen aufgrund anderer schwerer Straftaten.
Drei Jahre nach der Tat verstirbt der Vater von Annegret infolge eines dritten Herzinfarktes. Über den Verlust seiner einzigen Tochter ist er nie hinweggekommen.
Tatzeit: 17. November 1970
Tatort: Parkplatz am Bärensee
Zuständig: Kripo Stuttgart
XY-Ausstrahlung: 22. Januar 1971
Der Fall
Die Beziehung zwischen Wilfried B. (23) und Annegret S. (1 ist im November 1970 noch jung. Der aus Nürtingen stammende Zeitsoldat und die Stuttgarterin kennen sich erst seit ein paar Monaten. Von daher haben die Beiden noch keine gemeinsame Bleibe und müssen sich immer erst verabreden, wenn sie sich sehen wollen. Meistens wird als Treffpunkt die Wohnung der Großmutter von Annegret in Stuttgart-Ost (Gablenberg) gewählt, denn dort hat das Mädchen ein Zimmer.
Wilfried ist in der Wildermuth-Kaserne in Böblingen stationiert. Dort arbeitet er als Obergefreiter in der Schreibstube, wo er u.a. mit dem Erstellen von Dienstplänen und Personalstatistiken beschäftigt ist. Seine Freundin ist im Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart als Schwesternschülerin tätig.
Am 17. November hat sich das Paar um 18.00 Uhr bei Annegret verabredet. Deswegen beenden bei-de ihre Dienste jeweils gegen 17.00 Uhr. Da die Großmutter am frühen Abend selbst einen auswärti-gen Termin wahrnimmt, wartet sie die Ankunft von Wilfried nicht ab. Er dürfte jedoch vermutlich kurz nach ihrem Gehen – wahrscheinlich alleine - bei Annegret eingetroffen sein.
Im Laufe des Abends verlassen die beiden die Wohnung und fahren mit dem mittelblauen VW Käfer von Wilfried zum Rotwildpark. Gegen Mitternacht wird das Auto an dem Waldparkplatz „Schattengrund“ in der Gegend des Bärensees an der Magstadter Straße gesehen. Dieser Ort liegt in der Nähe der Solitude Rennstrecke und ist ca. 10 km vom Treffpunkt in Gablenburg entfernt.
Irgendwann in dieser Nacht dürften die beiden ungewollt Gesellschaft bekommen haben. Der genaue Ablauf dieser Begegnung lässt sich später nur bruchstückhaft rekonstruieren. Irgendwann in dieser Nacht werden sie an einer Stelle in dem Wald, die ungefähr 100 m vom Parkplatz entfernt liegt, mit einem Draht aneinander gebunden. Anschließend werden sie mit 10 Schüssen aus zwei Pistolen umgebracht. Der oder die Täter erleichtern Wilfried um dessen Portemonnaie (mit Truppenausweis und Führerschein der Bundeswehr) sowie Annegret um eine Hängetasche aus Wildleder, in der sich ihre Geldbörse, ein Schlüsselbund und der Personalausweis der Toten befinden.
Das Verbrechen bleibt zunächst unbemerkt. Am jeweiligen Arbeitsplatz werden beide am nächsten Tag (Buß- und Bettag) nicht vermisst, weil sie frei genommen haben. Die Großmutter sorgt sich zwar, dass ihre Enkelin in der Nacht nicht nach Hause gekommen ist; sie unternimmt aber nichts.
Gegen Abend informieren Insassen eines PKW die Polizei über ein Auto, das auf einem Parkplatz in der Magstadter Straße steht. Vom Eigentümer des unverschlossenen Wagens mit aufgeklappter Motorhaube wäre nichts zu sehen. Aufgrund eines Missverständnisses steuern fälschlicherweise zwei Polizeiwagen den Parkplatz „Schattengrund“ an. Vergeblich suchen die Polizisten das beschriebene Auto. Ihnen fällt jedoch ein mittelblauer VW-Käfer auf, der zudem unverschlossen ist. Auf dessen Rückbank entdecken die Polizisten Teile einer Bundeswehruniform. Danach kann auch der Fahrzeughalter festgestellt werden – Wilfried B.
Zunächst nehmen die Polizisten an, dass der VW gestohlen sei. In der Absicht, dem rechtmäßigen Eigentümer den Aufenthaltsort des Wagens mitzuteilen, rufen sie in der Kaserne an. Dort erhalten sie die Auskunft, dass Wilfried nicht da sei. Da der Soldat im Kreise seiner Kameraden als Einzelgänger gilt, keimt die Befürchtung auf, dass er sich etwas angetan haben könnte. Noch am Abend beginnt im Wald eine Suchaktion, bei der schließlich die Leichen unter dem Laub im Wald entdeckt werden.
Da es so gut wie keine Anhaltspunkte für die Motivation des Verbrechens gibt, muss die Polizei in viele Richtungen ermitteln. Sie favorisiert die Version, dass Opfer und Täter sich zufällig begegnet sind. Jedoch wird auch das persönliche Umfeld des Pärchens durchleuchtet. Einen Raubmord hält man trotz eines entwendeten Geldbetrages in geringer Höhe für unwahrscheinlich. Mit der Hoffnung, weitere Zeugen zu finden, die in der Mordnacht verdächtige Beobachtungen in der Gegend um den Bärensee gemacht haben, wendet man sich an die Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.
Die Sendung
Die bisher bekannten Fakten werden filmisch aufbereitet. Im Mittelpunkt der Verfilmung werden in sehr nüchterner Form Wilfried und Annegret gestellt. Dass beide ein Liebespaar waren, wird nicht gesagt. Anhand der Bemerkung „er verbringt seine Freizeit mit einem Mädchen“ kann der Zuschauer dann aber auf eine Beziehung der beiden schließen. Interaktionen der Opfer werden nur spärlich angedeutet. In keiner Szene wird z.B. ein Dialog des Pärchens gezeigt.
Beide werden kurz separat voneinander am Arbeitsplatz vorgestellt. Die Beschreibung der Persönlichkeit von Wilfried weicht deutlich von den üblichen Charakterisierungen von Opfern in XY-Verfilmungen ab. Meist werden Opfer mit positiv formulierten Eigenschaften versehen. Er hingegen lt durch Worte wie „kontaktarm“ recht negativ beschrieben. In den Reihen der Bundeswehrsoldaten habe er „keine Feinde aber auch keine Freunde“. Man sagt ihm nach, dass er gutmütig und leicht zu beeinflussen wäre. Dieser ungewöhnliche Ansatz erscheint jedoch insofern plausibel, weil die Polizei nicht ausschließen kann, dass die Verbrecher aus seinem Bekanntenkreis stammten. Möglicherweise deutet diese Charakterisierung auf die Annahme hin, dass Wilfried an falsche – und gegenwärtig noch für die Polizei unbekannte - Freunde geraten sein könnte. Explizit wird darauf nicht hingewiesen. Eine ähnlich kritische Beschreibung der Persönlichkeit von Annegret hingegen unterbleibt.
Unfreiwillig komisch wirkt die Szene, als die Großmutter entdeckt, dass das Mädchen des Nachts nicht zu Hause war. Der Sprecher des Films sagt diesbezüglich, dass sie ein ungutes Gefühl habe. Sie unternimmt aber nichts, obwohl dieses Verhalten nicht zu ihrer Enkelin trotz freien Tages passe. Zur damaligen Zeit wäre die Äußerung der Vermutung, dass die junge Frau eventuell die Nacht gemeinsam mit ihrem Freund verbracht habe, in der Öffentlichkeit nicht statthaft gewesen.
In der Nachbetrachtung des Films gehen der Kommissar und Zimmermann näher auf die Tatwerkzeuge ein. Anhand der Munition lässt sich eingrenzen, welche Pistolen bei dem Verbrechen benutzt wurden. Danach werden einige Modelle visuell vorgestellt. Zudem werden Zuschauer gebeten, sich zu melden, falls ihnen jemand bekannt sei, der eine den Modellen entsprechende Pistole besitzt.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung des Filmfalls führt nicht zur Klärung des Doppelmordes, obwohl 150 Hinweise eingehen. Dennoch gelingt es schnell, die Mörder festzunehmen. Denn sie fallen schon kurz nach der Tat mit einem anders gelagerten Verbrechen auf.
Am 2. Dezember 1970 wird in Stuttgart der VW-Bus einer Bäckerei gestohlen. Zwei Tage später taucht das Gefährt in Reutlingen wieder auf. Dort dient es als Fluchtfahrzeug für zwei Männer, die auf offener Straße einen Geldboten überfallen. Nach dem Raub kann ein Zeuge die Verfolgung des Wagens aufnehmen. Die Täter schütteln ihn ab, machen aber auf der Flucht von der Schusswaffe Gebrauch, ohne dabei jemanden zu verletzen.
In der Sendung vom 30. April 1971 ist die filmische Rekonstruktion des Überfalls zu sehen. Es wird nach Zeugen gesucht, die etwas über die verlorenen Gegenstände aus dem Besitz der Verbrecher sagen können. Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung wird wohl noch nicht bekannt gewesen sein, dass beim Überfall und beim Doppelmord die selbe Pistole zum Einsatz kam.
Nach dieser Sendung gehen Hinweise auf zwei Männer ein, die den Raub in Reutlingen begangen haben sollen. Es gelingt, die beiden verdächtigen Personen festzunehmen. In der XY-Sendung vom 20. Juli 1971 berichtet Zimmermann von der Festnahme und von neuesten Erkenntnissen. Es gilt als bewiesen, dass einer der beiden Verdächtigen eine Pistole besessen hat, mit der am 17./18. November 1970 auf Wilfried und Annegret geschossen wurde. Man sucht in der Sendung nach Zeugen, die etwas über die Aufenthaltsorte der zwei Täter in jener Nacht sagen können. Schon in der nächsten Sendung am 20. August 1971 teilt Zimmermann knapp mit, dass die beiden Männer mittlerweile ein Geständnis abgelegt haben und somit der Doppelmord aufgeklärt ist.
Nach den Äußerungen der Täter muss man von folgendem Tathergang ausgehen. Das Gangsterduo überfiel das Pärchen am Parkplatz „Schattengrund“. Die Opfer wurden anschließend in die Wohnung von einem der Täter gebracht. Dort vergewaltigte dieser Annegret, während der Komplize auf Wilfried, der in einem anderen Zimmer an ein Bett gebunden wurde, aufpasste. Danach kehrten alle an den Parkplatz zurück und gingen in den Wald, wo die Opfer an einen Baum gebunden wurden. Anschließend wurden sie erschossen. Über den exakten Ablauf der Hinrichtung machen die Täter unterschiedliche Angaben. Beide sagen aus, dass Annegret kurz vor der Tötung geäußert habe: „Gott vergebe Euch“.
Die Täter müssen sich neben den zwei bei „Aktenzeichen XY“ gezeigten Straftaten für weitere Verbrechen verantworten. So wurde u.a. am 19. Februar 1971 von ihnen eine Tankstelle in Stuttgart-Kaltental überfallen. Dabei haben sie den Schwiegervater des Tankstellenbesitzers erschossen.
Das Stuttgarter Schwurgericht verurteilt die Täter am 08. März 1972 wegen dreier gemeinschaftlicher Morde zu dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe. Darüber hinaus erhalten beide noch mehrjährige Freiheitsstrafen aufgrund anderer schwerer Straftaten.
Drei Jahre nach der Tat verstirbt der Vater von Annegret infolge eines dritten Herzinfarktes. Über den Verlust seiner einzigen Tochter ist er nie hinweggekommen.
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Fall 46 Es geschah auf dem Heimweg
Tatzeit: 19. Juni 2003 nach 2.00 Uhr
Tatort: Harrlachweg in Mannheim
Zuständig: Kripo Mannheim
XY-Ausstrahlung: 04. März 2004
Der Fall
Das Leben heranwachsender Menschen kann einigen Risiken ausgesetzt sein. In besonderem Maße hat diese Erkenntnis für junge Frauen Gültigkeit, die sich nachts alleine in nicht oder nur dünn besiedelten Gebieten bewegen und darauf vertrauen, dass ihnen nichts passiert, obwohl es sicherer wäre, ein Taxi zu rufen, um unversehrt einen Ortswechsel vorzunehmen.
Ein Beispiel dieser Personengruppe stellt Deborah B. (16) aus Mannheim dar. Die junge Frau lebt bei ihrer Mutter im etwas außerhalb gelegenen Stadtteil Neuhermsheim. Deborah gilt im Bekanntenkreis als beliebt. Sie hat allerdings auch schon Schattenseiten des Lebens kennen gelernt, als sie im Jahr 2000 in Drogenkreise geraten war, aus denen sie sich jedoch mit der Unterstützung ihrer Mutter befreien konnte. In diesem Zusammenhang wurden einige Dealer auf das Betreiben von Deborah und ihrer Mutter angezeigt.
Die seinerzeit entstandene Aufregung hat sich 2003 gelegt. Deborah weicht nach Möglichkeit Personen aus diesem Kreis aus und unterhält Kontakte zu anderen Jugendlichen. Am 18. Juni, dem Tag vor Fronleichnam, ist sie zu Gast bei ihrer Freundin Olivia in Mannheim-Neckarstadt, bei der sie auch übernachten will. Am Abend wollen sie sich Videos ansehen.
Der Freund von Olivia jedoch gesellt sich mit einem weiteren Bekannten spontan zu dem Treffen dazu. Dadurch ändert sich der Ablauf des Abends. Als sich die Runde nach Mitternacht auflöst, entschließt sich Deborah entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, doch zu Hause zu übernachten. Sie will der Zweisamkeit von Olivia und deren Freund nicht im Wege stehen. Zusammen mit dem anderen Jungen begibt sie sich zunächst auf den Weg Richtung Mannheimer Innenstadt. Von dort aus bringt sie ein Nachtbus der Linie 6 bis zur Haltestelle „Harrlach“ in Neuostheim, wo sie gegen 2.10 Uhr ankommt.
Sie entschließt sich, den Rest des Heimwegs zu Fuß in Angriff zu nehmen. Für den Weg, der an einem Brachgelände des Flughafens vorbeiführt, benötigt sie normalerweise eine halbe Stunde. Zwar hat sie mit ihrer Mutter die Absprache getroffen, in Situationen wie dieser zu Hause anzurufen, um sich abholen zu lassen. Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit sieht sie aber offensichtlich – und das nicht zum ersten Mal - von dieser Option ab.
Das Mädchen geht ohne Begleitung Richtung Neuhermsheim, wie die Aufzeichnung einer Überwachungskamera am Parkplatz des Mannheimer Flughafengeländes später belegt. Um diese Zeit sind in der unbewohnten Gegend nur wenige Personen unterwegs, wie der Film zeigt. Dort ist allerdings ein Mann zu sehen, der sich ca. vier Minuten, bevor Deborah diese Stelle passiert, auf dem Parkplatz aufhält.
Kurz danach muss Deborah einer Person - außerhalb des Blickfeldes der Kamera – begegnet sein. Die Polizei schließt nach Lage der Dinge nicht aus, dass der im Film zu sehende Mann dem Mädchen gegenüber tritt. Der weitere Verlauf dieser Begegnung lässt sich wie folgt rekonstruieren: Jemand schlägt Deborah mit dem Haltegriff einer Schreckschusspistole auf den Kopf, entkleidet und vergewaltigt sie. Schließlich erschlägt er sie mit einem Stein. Danach versteckt der Täter die Leiche im Gebüsch und verschwindet. Um 3.00 Uhr kommt ein Wachmann an dieser Stelle vorbei. Er bemerkt die Tote nicht und kann auch sonst nichts Besonderes feststellen.
Am nächsten Tag finden spielende Kinder die Schreckschusspistole, Modell „Böhm“, in der Nähe des Brachgeländes. Deborah entdecken sie im wenige Meter entfernten Gebüsch jedoch nicht. Erst am 20. Juni wird das Mädchen von einem LKW-Fahrer gefunden. Daneben liegt ihr Rucksack. In unmittelbarer Nähe zum Tatort wird eine blau-weiß verwaschene Unterhose aus dem Besitz des Täters sicher gestellt. An dem Kleidungsstück befindet sich DNA-fähiges Material. Bei der Obduktion wird festgestellt, dass Deborah den Folgen eines Schädelbruchs erlegen ist.
Nachdem der Ablauf des Abends rekonstruiert wird, gehen die Ermittler davon aus, dass das Mädchen zufällig ihrem Mörder begegnet ist. Deswegen konzentriert sich die Fahndungsarbeit auf die verdächtige Person auf dem Parkplatz, die auf dem Film der Überwachungskamera zu sehen ist. Da man den genetischen Fingerabdruck des Mörders kennt, verspricht man sich bei der Überprüfung einer verdächtigen Person hierüber den Nachweis seiner Täterschaft erbringen zu können.
Die Mutter des Opfers hingegen schließt die Möglichkeit nicht aus, dass der Mörder ihre Tochter gekannt hat. Weil der Täter von Deborahs Gepflogenheit gewusst haben könnte, dass sie nachts alleine durch dieses Gebiet gehen würde, habe er ihr an dieser Stelle aufgelauert. Als Motiv für das Verbrechen vermutet sie Rachegelüste aus den Drogenkreisen, da es von dort durchaus Äußerungen gab, die in der Weise interpretiert werden können.
So wunderte sich die Mutter von Deborah darüber, dass am Vormittag des 19. Juni ein libanesischer Bekannter das Mädchen zu Hause aufsuchen will – zu einem Zeitpunkt, als vom Verbrechen noch nichts bekannt ist. Sie gibt dem Besucher, den sie Jahre zuvor aufgrund dessen Betätigung als Drogendealer angezeigt hatte, zur Auskunft, ihre Tochter sei nicht da. Jedoch teilt sie ihm bewusst eine falsche Handynummer von Deborah mit.
Die Sendung
Rudi Cerne leitet knapp zu dem Filmfall über. In kurzer Form schildert er das Verbrechen, ohne es in eine Analyse der Umstände einzubetten. Seine Beschreibung zur Persönlichkeit des Opfers bleibt spärlich. Auch im Film sind die Angaben zum Opfer knapp gehalten. Wo das Mädchen zur Schule geht, wird beispielsweise unerwähnt. Eine Charakterisierung von Deborah unterbleibt nahezu völlig, von ihrem Vorleben und den daraus entstandenen Konflikten und Problemen erfahren die Zuschauer nichts. Dadurch wird der Eindruck verstärkt, dass die Polizei eine Zufallsbegegnung zwischen Täter und Opfer vermutet. Diesem Ansatz folgend bleibt der seltsame Besuch des Bekannten bei Deborahs Mutter unerwähnt.
In der ersten Hälfte der Verfilmung werden die Vorgänge der Tatnacht in den Mittelpunkt gerückt. Der Fokus richtet sich auf die Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs der geplanten Heimkehr. Im Fillm heißt es, die Schülerin habe, nachdem sie Schülerin am „Harrlachweg“ aus dem Bus ausgestiegen ist, aus Rücksichtnahme den Entschluss gefasst, zu Fuß nach Hause zu gehen anstatt ihre Mutter anzurufen, wie sie es sonst üblicherweise getan hätte. Dies Bemerkung entspricht jedoch nicht der Realität.
Das Verbrechen selbst wird nicht szenisch umgesetzt. Nachdem Deborah in der Dunkelheit alleine das Tor passiert, wird die Kameraeinstellung unscharf. Dem Zuseher wird klar, dass nun etwas Schlimmes geschieht.
In der nachfolgenden Sequenz sind spielende Kinder zu sehen, die im Schnee eine Pistole finden. Diese Begebenheit entspricht jedoch nicht der Wirklichkeit - im Juni 2003 lag definitiv kein Schnee. Zwar erklärt Cerne am Ende der Sendung, dass sich das Filmteam an die Witterung anpassen musste, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen herrschten. Dennoch ist die Kritik berechtigt, dass die gezeigte Inszenierung falsche Tatsachen vorgaukelt.
Weite Teile der Verfilmung beschäftigen sich mit den realen Aufnahmen aus der Kamera vom Flugplatz. Dem Zuschauer werden diese Szenen zweimal vorgeführt. Zunächst ist kaum etwas zu erkennen, da die Aufzeichnung recht dunkel ist. Erst die Nachbelichtung ermöglicht einen Einblick. Die wichtigen Sequenzen wirken unheimlich, da zu sehen ist, wie das Mädchen die Stelle passiert. Kurz zuvor war möglicherweise ihr Mörder zu erkennen, der am Parkplatz in die PKWs schaute. Die Sprecherin jedoch unterlässt eine entsprechende Andeutung, sondern erwähnt, dass die Polizei alle zu sehenden Personen des Films identifizieren konnte – bis auf einen (eben den Mann auf dem Parkplatz). Im Studio wird anschließend allerdings auch der Fahrer eines PKWs gesucht, der ebenfalls nicht bekannt ist.
Die ausführliche Erörterung der Nachbarbeitung der Filmbänder erscheint nur bedingt zweckmäßig. Ein Zeigen der Aufnahmen im aufbereiteten Zustand sowie eine kurze Erläuterung wären völlig ausreichend gewesen. Der Zuschauer kann sich sicherlich vorstellen, dass dank neuester Technik nachträglich Filmaufnahmen belichtet werden können. Anders sah es z.B. 1970 bei der Rekonstruktion eines menschlichen Kopfes aus. Damals verfolgten die Macher die Absicht, den Zuschauer über die seinerzeit noch unbekannte Methode zu informieren.
Nach der Sendung
Die Sendung hilft bei der Aufklärung der Tat nicht weiter. Zwar erhält die Polizei Hinweise, jedoch erbringen diese nicht den Durchbruch in dem Mordfall.
Die Polizei hofft, mit einer anderen Methode zum Erfolg zu kommen. So wird eine DNA-Reihenuntersuchung in der Umgebung des Wohnorts der Schülerin angeordnet. Die Männer werden aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben. Wären diese Erhebungen ohne Ergebnis geblieben, wären die Bewohner anderer Stadtteile ebenfalls zur Probe gebeten worden.
Soweit kommt es aber nicht, obwohl die erste Untersuchung nicht den erwünschten Erfolg erbringt. Parallel zu den Bemühungen der Polizei engagiert sich auch die Mutter von Deborah bei den Ermittlungstätigkeiten. Dank ihres hartnäckigen Einsatzes – z.T. unter Zurhilfenahme von Hellsehern - gelingt es, einen Mann ausfindig zu machen, der mehr über die Hintergründe der Tat wissen könnte. Dieser teilt der Polizei den Namen eines Verdächtigen mit, bei dem daraufhin auch eine Speichelprobe angeordnet wird. Die Überprüfung endet mit dem Resultat, dass er den Mord an Deborah begangen hat.
Da der Mörder in den Kreisen der Drogendealer verkehrte, die Deborah einst anzeigte, liegt der Verdacht nahe, dass doch eine Bezugstat oder gar ein Auftragsmord vorliegt. Nach eigenen Angaben war der Täter am Abend des 18. Juni mit dem libanesischen Dealer, der sich am Folgetag bei der Mutter von Deborah nach dem Aufenthaltsort des Mädchens erkundigte, zusammengetroffen. Dadurch gerät der Libanese in Verdacht, vielleicht an der Tat beteiligt aber zumindest Mitwisser gewesen zu sein. Er will sich aber an Treffen mit dem späteren Mörder nicht erinnern können, gibt aber zu, in der Mordnacht zu einem Freund nach Neuostheim gefahren zu sein. Eine Beteiligung an dem Verbrechen lässt sich jedoch nicht nachweisen.
Zudem verneint der Täter, zur Tötung des Mädchen angestiftet worden zu sein (ob Mörder und Opfer sich zuvor schon mal begegnet sind, kann später nicht zweifelsfrei geklärt werden). In seinem Geständnis erläutert er, nach reichlichem Drogen- und Alkoholkonsum den Entschluss gefasst zu haben, einer weiblichen Person aufzulauern, um sie zu vergewaltigen. Die Ermordung sei hingegen nicht geplant gewesen. Weiterhin sagt er aus, dass er die Tat alleine begangen habe.
Diese Behauptung kann nicht widerlegt werden, wenngleich einige Zweifel an dieser Version bestehen. Dass sich der Täter und der Dealer an diesem Abend begegnet sind, gilt als wahrscheinlich, wenngleich sich der Libanese nicht an das Zusammentreffen erinnern kann. Hingegen gibt dieser zu, in dieser Nacht nach Neuostheim zu einem Freund gefahren zu sein.
Aufgrund des Geständnisses wird der Mörder von Deborah vom Landgericht Mannheim zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Mutter des Opfers hat die Geschehnisse auf einer Internetseite veröffentlicht. Der Homepage lässt sich entnehmen, dass die Polizei bei ihren Ermittlungstätigkeiten nicht immer glücklich agierte. Offensichtlich wurden wichtige Spuren am Tatort übersehen. Auch Hinweisen auf eine Personengruppe, aus der der Täter letztlich stammte, wurde nach Einschätzung der Mutter nicht mit letzter Konsequenz nachgegangen. Allerdings muss man diesbezüglich einwenden, dass die Erläuterungen auf der Seite sehr subjektiv und nicht frei von Unzulänglichkeiten in der Darstellung sind.
Tatzeit: 19. Juni 2003 nach 2.00 Uhr
Tatort: Harrlachweg in Mannheim
Zuständig: Kripo Mannheim
XY-Ausstrahlung: 04. März 2004
Der Fall
Das Leben heranwachsender Menschen kann einigen Risiken ausgesetzt sein. In besonderem Maße hat diese Erkenntnis für junge Frauen Gültigkeit, die sich nachts alleine in nicht oder nur dünn besiedelten Gebieten bewegen und darauf vertrauen, dass ihnen nichts passiert, obwohl es sicherer wäre, ein Taxi zu rufen, um unversehrt einen Ortswechsel vorzunehmen.
Ein Beispiel dieser Personengruppe stellt Deborah B. (16) aus Mannheim dar. Die junge Frau lebt bei ihrer Mutter im etwas außerhalb gelegenen Stadtteil Neuhermsheim. Deborah gilt im Bekanntenkreis als beliebt. Sie hat allerdings auch schon Schattenseiten des Lebens kennen gelernt, als sie im Jahr 2000 in Drogenkreise geraten war, aus denen sie sich jedoch mit der Unterstützung ihrer Mutter befreien konnte. In diesem Zusammenhang wurden einige Dealer auf das Betreiben von Deborah und ihrer Mutter angezeigt.
Die seinerzeit entstandene Aufregung hat sich 2003 gelegt. Deborah weicht nach Möglichkeit Personen aus diesem Kreis aus und unterhält Kontakte zu anderen Jugendlichen. Am 18. Juni, dem Tag vor Fronleichnam, ist sie zu Gast bei ihrer Freundin Olivia in Mannheim-Neckarstadt, bei der sie auch übernachten will. Am Abend wollen sie sich Videos ansehen.
Der Freund von Olivia jedoch gesellt sich mit einem weiteren Bekannten spontan zu dem Treffen dazu. Dadurch ändert sich der Ablauf des Abends. Als sich die Runde nach Mitternacht auflöst, entschließt sich Deborah entgegen ihrer ursprünglichen Absicht, doch zu Hause zu übernachten. Sie will der Zweisamkeit von Olivia und deren Freund nicht im Wege stehen. Zusammen mit dem anderen Jungen begibt sie sich zunächst auf den Weg Richtung Mannheimer Innenstadt. Von dort aus bringt sie ein Nachtbus der Linie 6 bis zur Haltestelle „Harrlach“ in Neuostheim, wo sie gegen 2.10 Uhr ankommt.
Sie entschließt sich, den Rest des Heimwegs zu Fuß in Angriff zu nehmen. Für den Weg, der an einem Brachgelände des Flughafens vorbeiführt, benötigt sie normalerweise eine halbe Stunde. Zwar hat sie mit ihrer Mutter die Absprache getroffen, in Situationen wie dieser zu Hause anzurufen, um sich abholen zu lassen. Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit sieht sie aber offensichtlich – und das nicht zum ersten Mal - von dieser Option ab.
Das Mädchen geht ohne Begleitung Richtung Neuhermsheim, wie die Aufzeichnung einer Überwachungskamera am Parkplatz des Mannheimer Flughafengeländes später belegt. Um diese Zeit sind in der unbewohnten Gegend nur wenige Personen unterwegs, wie der Film zeigt. Dort ist allerdings ein Mann zu sehen, der sich ca. vier Minuten, bevor Deborah diese Stelle passiert, auf dem Parkplatz aufhält.
Kurz danach muss Deborah einer Person - außerhalb des Blickfeldes der Kamera – begegnet sein. Die Polizei schließt nach Lage der Dinge nicht aus, dass der im Film zu sehende Mann dem Mädchen gegenüber tritt. Der weitere Verlauf dieser Begegnung lässt sich wie folgt rekonstruieren: Jemand schlägt Deborah mit dem Haltegriff einer Schreckschusspistole auf den Kopf, entkleidet und vergewaltigt sie. Schließlich erschlägt er sie mit einem Stein. Danach versteckt der Täter die Leiche im Gebüsch und verschwindet. Um 3.00 Uhr kommt ein Wachmann an dieser Stelle vorbei. Er bemerkt die Tote nicht und kann auch sonst nichts Besonderes feststellen.
Am nächsten Tag finden spielende Kinder die Schreckschusspistole, Modell „Böhm“, in der Nähe des Brachgeländes. Deborah entdecken sie im wenige Meter entfernten Gebüsch jedoch nicht. Erst am 20. Juni wird das Mädchen von einem LKW-Fahrer gefunden. Daneben liegt ihr Rucksack. In unmittelbarer Nähe zum Tatort wird eine blau-weiß verwaschene Unterhose aus dem Besitz des Täters sicher gestellt. An dem Kleidungsstück befindet sich DNA-fähiges Material. Bei der Obduktion wird festgestellt, dass Deborah den Folgen eines Schädelbruchs erlegen ist.
Nachdem der Ablauf des Abends rekonstruiert wird, gehen die Ermittler davon aus, dass das Mädchen zufällig ihrem Mörder begegnet ist. Deswegen konzentriert sich die Fahndungsarbeit auf die verdächtige Person auf dem Parkplatz, die auf dem Film der Überwachungskamera zu sehen ist. Da man den genetischen Fingerabdruck des Mörders kennt, verspricht man sich bei der Überprüfung einer verdächtigen Person hierüber den Nachweis seiner Täterschaft erbringen zu können.
Die Mutter des Opfers hingegen schließt die Möglichkeit nicht aus, dass der Mörder ihre Tochter gekannt hat. Weil der Täter von Deborahs Gepflogenheit gewusst haben könnte, dass sie nachts alleine durch dieses Gebiet gehen würde, habe er ihr an dieser Stelle aufgelauert. Als Motiv für das Verbrechen vermutet sie Rachegelüste aus den Drogenkreisen, da es von dort durchaus Äußerungen gab, die in der Weise interpretiert werden können.
So wunderte sich die Mutter von Deborah darüber, dass am Vormittag des 19. Juni ein libanesischer Bekannter das Mädchen zu Hause aufsuchen will – zu einem Zeitpunkt, als vom Verbrechen noch nichts bekannt ist. Sie gibt dem Besucher, den sie Jahre zuvor aufgrund dessen Betätigung als Drogendealer angezeigt hatte, zur Auskunft, ihre Tochter sei nicht da. Jedoch teilt sie ihm bewusst eine falsche Handynummer von Deborah mit.
Die Sendung
Rudi Cerne leitet knapp zu dem Filmfall über. In kurzer Form schildert er das Verbrechen, ohne es in eine Analyse der Umstände einzubetten. Seine Beschreibung zur Persönlichkeit des Opfers bleibt spärlich. Auch im Film sind die Angaben zum Opfer knapp gehalten. Wo das Mädchen zur Schule geht, wird beispielsweise unerwähnt. Eine Charakterisierung von Deborah unterbleibt nahezu völlig, von ihrem Vorleben und den daraus entstandenen Konflikten und Problemen erfahren die Zuschauer nichts. Dadurch wird der Eindruck verstärkt, dass die Polizei eine Zufallsbegegnung zwischen Täter und Opfer vermutet. Diesem Ansatz folgend bleibt der seltsame Besuch des Bekannten bei Deborahs Mutter unerwähnt.
In der ersten Hälfte der Verfilmung werden die Vorgänge der Tatnacht in den Mittelpunkt gerückt. Der Fokus richtet sich auf die Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs der geplanten Heimkehr. Im Fillm heißt es, die Schülerin habe, nachdem sie Schülerin am „Harrlachweg“ aus dem Bus ausgestiegen ist, aus Rücksichtnahme den Entschluss gefasst, zu Fuß nach Hause zu gehen anstatt ihre Mutter anzurufen, wie sie es sonst üblicherweise getan hätte. Dies Bemerkung entspricht jedoch nicht der Realität.
Das Verbrechen selbst wird nicht szenisch umgesetzt. Nachdem Deborah in der Dunkelheit alleine das Tor passiert, wird die Kameraeinstellung unscharf. Dem Zuseher wird klar, dass nun etwas Schlimmes geschieht.
In der nachfolgenden Sequenz sind spielende Kinder zu sehen, die im Schnee eine Pistole finden. Diese Begebenheit entspricht jedoch nicht der Wirklichkeit - im Juni 2003 lag definitiv kein Schnee. Zwar erklärt Cerne am Ende der Sendung, dass sich das Filmteam an die Witterung anpassen musste, die zum Zeitpunkt der Aufnahmen herrschten. Dennoch ist die Kritik berechtigt, dass die gezeigte Inszenierung falsche Tatsachen vorgaukelt.
Weite Teile der Verfilmung beschäftigen sich mit den realen Aufnahmen aus der Kamera vom Flugplatz. Dem Zuschauer werden diese Szenen zweimal vorgeführt. Zunächst ist kaum etwas zu erkennen, da die Aufzeichnung recht dunkel ist. Erst die Nachbelichtung ermöglicht einen Einblick. Die wichtigen Sequenzen wirken unheimlich, da zu sehen ist, wie das Mädchen die Stelle passiert. Kurz zuvor war möglicherweise ihr Mörder zu erkennen, der am Parkplatz in die PKWs schaute. Die Sprecherin jedoch unterlässt eine entsprechende Andeutung, sondern erwähnt, dass die Polizei alle zu sehenden Personen des Films identifizieren konnte – bis auf einen (eben den Mann auf dem Parkplatz). Im Studio wird anschließend allerdings auch der Fahrer eines PKWs gesucht, der ebenfalls nicht bekannt ist.
Die ausführliche Erörterung der Nachbarbeitung der Filmbänder erscheint nur bedingt zweckmäßig. Ein Zeigen der Aufnahmen im aufbereiteten Zustand sowie eine kurze Erläuterung wären völlig ausreichend gewesen. Der Zuschauer kann sich sicherlich vorstellen, dass dank neuester Technik nachträglich Filmaufnahmen belichtet werden können. Anders sah es z.B. 1970 bei der Rekonstruktion eines menschlichen Kopfes aus. Damals verfolgten die Macher die Absicht, den Zuschauer über die seinerzeit noch unbekannte Methode zu informieren.
Nach der Sendung
Die Sendung hilft bei der Aufklärung der Tat nicht weiter. Zwar erhält die Polizei Hinweise, jedoch erbringen diese nicht den Durchbruch in dem Mordfall.
Die Polizei hofft, mit einer anderen Methode zum Erfolg zu kommen. So wird eine DNA-Reihenuntersuchung in der Umgebung des Wohnorts der Schülerin angeordnet. Die Männer werden aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben. Wären diese Erhebungen ohne Ergebnis geblieben, wären die Bewohner anderer Stadtteile ebenfalls zur Probe gebeten worden.
Soweit kommt es aber nicht, obwohl die erste Untersuchung nicht den erwünschten Erfolg erbringt. Parallel zu den Bemühungen der Polizei engagiert sich auch die Mutter von Deborah bei den Ermittlungstätigkeiten. Dank ihres hartnäckigen Einsatzes – z.T. unter Zurhilfenahme von Hellsehern - gelingt es, einen Mann ausfindig zu machen, der mehr über die Hintergründe der Tat wissen könnte. Dieser teilt der Polizei den Namen eines Verdächtigen mit, bei dem daraufhin auch eine Speichelprobe angeordnet wird. Die Überprüfung endet mit dem Resultat, dass er den Mord an Deborah begangen hat.
Da der Mörder in den Kreisen der Drogendealer verkehrte, die Deborah einst anzeigte, liegt der Verdacht nahe, dass doch eine Bezugstat oder gar ein Auftragsmord vorliegt. Nach eigenen Angaben war der Täter am Abend des 18. Juni mit dem libanesischen Dealer, der sich am Folgetag bei der Mutter von Deborah nach dem Aufenthaltsort des Mädchens erkundigte, zusammengetroffen. Dadurch gerät der Libanese in Verdacht, vielleicht an der Tat beteiligt aber zumindest Mitwisser gewesen zu sein. Er will sich aber an Treffen mit dem späteren Mörder nicht erinnern können, gibt aber zu, in der Mordnacht zu einem Freund nach Neuostheim gefahren zu sein. Eine Beteiligung an dem Verbrechen lässt sich jedoch nicht nachweisen.
Zudem verneint der Täter, zur Tötung des Mädchen angestiftet worden zu sein (ob Mörder und Opfer sich zuvor schon mal begegnet sind, kann später nicht zweifelsfrei geklärt werden). In seinem Geständnis erläutert er, nach reichlichem Drogen- und Alkoholkonsum den Entschluss gefasst zu haben, einer weiblichen Person aufzulauern, um sie zu vergewaltigen. Die Ermordung sei hingegen nicht geplant gewesen. Weiterhin sagt er aus, dass er die Tat alleine begangen habe.
Diese Behauptung kann nicht widerlegt werden, wenngleich einige Zweifel an dieser Version bestehen. Dass sich der Täter und der Dealer an diesem Abend begegnet sind, gilt als wahrscheinlich, wenngleich sich der Libanese nicht an das Zusammentreffen erinnern kann. Hingegen gibt dieser zu, in dieser Nacht nach Neuostheim zu einem Freund gefahren zu sein.
Aufgrund des Geständnisses wird der Mörder von Deborah vom Landgericht Mannheim zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Mutter des Opfers hat die Geschehnisse auf einer Internetseite veröffentlicht. Der Homepage lässt sich entnehmen, dass die Polizei bei ihren Ermittlungstätigkeiten nicht immer glücklich agierte. Offensichtlich wurden wichtige Spuren am Tatort übersehen. Auch Hinweisen auf eine Personengruppe, aus der der Täter letztlich stammte, wurde nach Einschätzung der Mutter nicht mit letzter Konsequenz nachgegangen. Allerdings muss man diesbezüglich einwenden, dass die Erläuterungen auf der Seite sehr subjektiv und nicht frei von Unzulänglichkeiten in der Darstellung sind.
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Fall 47 Mordserie bei Nienburg
Tatzeit: 05. Januar 1983/ 21. Januar 1983/29. April 1983
Tatorte: Waldstück im Sonnenborsteler Wald/ Wald bei Celle und Bank in Lindwedel/ Wirtschaftsweg bei Hustedt und Bank in Wechold
Zuständig: Kripo Nienburg/Kripo Celle
XY-Ausstrahlung: 02. September 1983
Der Fall
Nienburg ist eine Kreisstadt nördlich von Hannover. Die Gegend gilt als ruhig und beschaulich – fast als ein wenig verschlafen. Dass sich in diesem Landstrich eine mysteriöse Verbrechensserie abspielen könnte, hält man angesichts der idyllischen Umgebung für unmöglich. Solcher Schein kann jedoch trügen, wie der erfahrene Kriminalist weiß.
Jene Serie nimmt am 05. Januar 1983, einem Mittwoch, ihren Anfang. Das erste Opfer ist der Nienburger Oswald T. (44). Der Hauptfeldwebel quittiert gegen Mittag seinen Dienst in einem Instandsetzungsbatallion in Hildesheim und kommt um 13.30 Uhr nach Hause. Um 14.30 Uhr bricht er mit seiner Familie im PKW in Richtung Innenstadt auf, wo er seine Frau und seine Töchter absetzt. Sein Ziel ist der Sonnenborsteler Wald, wo er sich zu dieser Jahreszeit als Hobbyjäger vorrangig um die Fütterung der Wildtiere kümmert. Er fährt über die B 214 und biegt schließlich in einen Forstweg ein. Dort stellt er den Wagen nach 350 Metern ab.
Anschließend begibt er sich in das Revier, wobei er sein Gewehr, ein Drilling der Marke Sauer und Sohn, sein Fernglas und seinen Rucksack, in dem er u.a. seine Papiere aufbewahrt, mitnimmt. Gegen 16.00 Uhr trifft er auf einen Trupp Soldaten, die aus der Kaserne im nahe gelegenen Barme kommen. Er macht sie darauf aufmerksam, dass sie sich unbefugt auf dem Gelände aufhalten. Nach dem Disput inspiziert er weiter den Forst.
Kurz nach 17.00 Uhr macht ein Autofahrer auf der B 214 an der Einfahrt zu jenem Forstweg eine Beobachtung. Drei Wagen sind so davor abgestellt, dass die Zufahrt in den Wald versperrt ist. Folglich wäre Oswald T., wollte er aufbrechen, nicht in der Lage, den Ort zu verlassen.
Davon ahnt er aber noch nichts, als er etwa zeitgleich zu seinem Wagen zurückkehrt. Ebenso ist ihm wohl verborgen geblieben, dass jemand im Laufe des Nachmittags aus einem Vorderrad seines Autos die Luft herausgelassen hat; denn er fährt einige Meter, bevor er den Schaden bemerkt. Dass er beim fälligen Reifenwechsel beobachtet wird, dürfte dem Hauptfeldwebel ebenfalls entgehen. Erst danach kommt es zu einer Kampfhandlung, bei der Oswald T. mit sieben Schüssen aus einer Pistole niedergestreckt wird. Anschließend bemächtigt sich der Täter des Jagdgewehrs sowie des Fernglases und des Rucksacks.
Die Leiche von Oswald T. wird noch am selben Abend 15 Meter von seinem Wagen entfernt entdeckt. Bei der Spurensuche am Tatort findet die Polizei den Abdruck einer Schuhsohle, der vom Täter stammt. Dieser dürfte zu Sicherheitsschuhen gehören, wie sie im Baugewerbe, in der Metallverarbeitung oder von Waldarbeitern verwendet werden. Die gefundenen Geschosse werden ballistisch untersucht. Es stellt sich heraus, dass sie aus einer registrierten Pistole, Marke MAB, verfeuert worden sind. Diese Waffe ist dem Eigentümer am 10. Dezember 1982 aus dessen PKW in Eystrup gestohlen worden.
Die Polizei hält einen Raubmord für wahrscheinlich, aber eine Bezugstat lässt sich nicht ganz ausschließen. Vielleicht waren sich Täter und Opfer vorab im Wald begegnet und hatten eine Auseinandersetzung.
Zum zweiten Opfer der Serie wird am Freitag, den 21. Januar 1983, Almut P. (22). Die Mutter einer Tochter arbeitet als Taxifahrerin in Celle. Gegen 12.30 Uhr steht sie mit ihrem Volvo am Hauptbahnhof, als ein männlicher Fahrgast zusteigt. Er ist ca. 1,80 m groß, schlank und fällt durch sein zurückgekämmtes dunkles Haar auf. Als Fahrtziel gibt er den Hafen von Bremen an. Almut P. rechnet mit einer höheren Tageseinnahme, weshalb sie die Tour annimmt. Der Gast verhält sich seltsam. Obwohl er bereits der Fahrerin das Ziel nannte, will er nun wissen, ob er auch ein Fahrzeug für diese Tour mieten kann. Deshalb steuert Almut P. in Celle zwei Autovermietungen an, wo sich der Gast über die sofortige Verfügbarkeit von Fahrzeugen erkundigt. Jedoch erhält er nur Absagen.
Zwar bricht Almut P. danach tatsächlich mit ihm Richtung Bremen auf, offenbar will er dort aber wohl gar nicht hin; denn zunächst muss die Fahrerin unterwegs noch einmal halten, um einen weiteren Fahrgast aufzunehmen. Dann fällt einer Zeugin bei der Autobahnauffahrt Schwarmstedt auf, dass ein korpulenter Mann mit Oberlippenbart auf der Rückbank des Taxis sitzt. Almut P. erhält offensichtlich kurz danach die Anweisung, die Autobahn bei der Ausfahrt Walsrode-Süd zu verlassen, um in die entgegengesetzte Richtung auf der Landstraße 190 nach Lindwedel zu fahren. Dass die beiden Fahrgäste nichts Gutes im Schilde führen, dürfte ihr allmählich dämmern; denn sie versucht, den Gegenverkehr auf sich aufmerksam zu machen. Ein entgegen kommender Autofahrer bemerkt zwar, dass sie die Lichthupe betätigt. Jedoch kann er sich das Verhalten nicht erklären und unternimmt nichts.
Die Fahrt endet in einem Waldstück nahe bei Celle. Dort wird Almut P. mit einem orange-roten Kunststoffseil erdrosselt und anschließend im Unterholz verscharrt. Weshalb der Leichnam mit dem Seil an einen Baum gebunden wird, können sich die Ermittler später nicht erklären. Bemerkenswert ist, dass das Seil mit einem speziellen Seemannsknoten, einem sog. Halben Schlag, fixiert wurde. Danach verändern die Täter vor Ort das Aussehen des Fahrzeugs, indem sie das Taxischild und die Türwerbung entfernen. Aus dem Besitz der Toten nehmen sie noch ein Feuerzeug, die Brieftasche inkl. Personalausweis sowie das Portmonee mit.
Das Motiv für den Mord wird nun auch ersichtlich. Das Duo braucht vorübergehend ein Fahrzeug, um damit eine Bank in Lindwedel zu überfallen. Dabei erbeuten die Männer, die sich für den Überfall mit Motorradhauben maskiert haben, 7.230,00 D-Mark. Nach kurzer Flucht lassen die Täter den Wagen in einem kleinen Waldstück bei Lindwedel zurück. Die örtlichen Medien berichten in der Folgezeit von dem Mord. Durch die Gazetten geistern die Beschreibungen der Täter, einer wird als „dünner Großer“ bezeichnet, der andere als „kleiner Dicker“.
Am 29. April treten die selben Männer wieder in Erscheinung. Allerdings trägt der korpulente Täter nun aber keinen Bart mehr. Telefonisch bestellen sie ein Taxi zum Holzmarkt in Verden/Aller. Beide sind mit grünen Parkas bekleidet und haben ein langes schmales Gepäck bei sich, als sie in den Wagen einsteigen. Als Fahrtziel geben sie die Ortschaft Hoya an.
Ihre eigentliche Absicht ist aber eine andere, sie wollen in den Besitz des Wagen für einen weiteren Banküberfall kommen. Zu diesem Zweck wollen sie den Fahrer einschüchtern. Sie provozieren ihn mit der Drohung, nicht zahlen zu wollen. Dieser jedoch reagiert couragiert und bestimmend, weshalb sich die Männer für eine vorzeitige Beendigung der Tour entscheiden. Sie fordern den Fahrer auf, sie an einer Telefonzelle in Oiste abzusetzen. Dort bezahlen sie ordnungsgemäß. Dem Taxifahrer entgeht nicht, dass die beiden für eine Weiterfahrt wohl auch kein Geld mehr zur Verfügung haben. Ferner stellt er fest, dass beide über recht gute Ortskenntnisse in Hoya und Oiste verfügen.
Wahrscheinlich hat seine selbstbewusste Art die Männer davon abgehalten, ihn zu überfallen, um in den Besitz des Wagens zu kommen. Dass sie dabei vor einem Menschenleben nicht halt machen, haben die zwei bereits bewiesen. Doch sie haben ihren Plan noch nicht aufgegeben und halten Ausschau nach einer anderen Gelegenheit.
Das weiß die Lehrerin Viola G. (27) nicht, als sie sich mit ihrem grünen Ford Fiesta auf dem Heimweg von der Berufsschule in Verden-Dauelsen nach Asendorf befindet. Dabei muss sie auch Oiste durchqueren. Aus ungeklärtem Anlass unterbricht sie ihre Fahrt. Eine vorbei kommende Autofahrerin wundert sich, dass der Wagen auf der falschen Straßenseite steht. Sie sieht, dass sich die Fahrerin mit den zwei Männern unterhält. Die beiden steigen anschließend in den PKW ein. Ob die Pädagogin sie freiwillig mitnimmt oder gezwungen wird, ist unklar. Jedenfalls fackeln die beiden nicht lange und dirigieren sie in einen Wirtschaftsweg bei Hustedt. Dort erschießen sie die Frau mit derselben Pistole, mit der auch Oswald T. ermordet wurde. Ihr Leichnam wird einen Tag später in einem Graben entdeckt.
Anschließend fahren die Männer mit dem PKW nach Wechold. Abermals mit Motorradhauben maskiert, überfallen sie dort eine Bank und erbeuten 37.000 D-Mark. Anschließend fahren sie zu einem Entwässerungsgraben bei Hoyerhagen und versenken dort den Wagen. Im Auto lassen die Täter einen auffälligen Kanister zurück, der mit Benzin gefüllt war. Die Ermittlungen ergeben, dass dieser in Österreich gekauft worden war. Auch ein Holzstab mit einem Watteteil bleibt zurück.
Die Polizei hält es offensichtlich für wahrscheinlich, dass die Tötungsdelikte auf das Konto der selben Täter gehen. Dafür sprechen sowohl die örtliche Nähe der Morde an dem Soldaten und der Lehrerin als auch der Einsatz derselben Tatwaffe. Zudem ähneln sich die Täterbeschreibungen bei den Morden an den beiden Frauen frappierend.
Almut und Viola mussten dem Anschein nach sterben, weil somit eine frühzeitige Fahndung nach den Tätern aufgrund des Fahrzeugdiebstahls unterbleiben sollte. Merkwürdig ist im Verhalten beider Täter, dass sie sich nicht daran störten, vor den beiden Verbrechen von mehreren Personen gesehen worden zu sein. In Celle z.B. fiel einer der Täter dem Personal der Autovermietungen auf, die er vom späteren Opfer ansteuern ließ. Dieses Verhalten bleibt angesichts der geplanten Verbrechen rätselhaft. Profitiert hat hiervon die Polizei, da sie dadurch über gute Täterbeschreibungen verfügt und somit mithilfe von Zeichnungen nach den Männern fahnden kann.
In der Sendung
Die Inszenierung dieser Verbrechensserie bleibt alleine wegen ihrer zeitlichen Länge in Erinnerung. Die Redaktion hatte entschieden, anhand von zwei Filmen die Geschehnisse aufzubereiten. Der erste befasst sich kurz mit dem Diebstahl der Pistole und dann hauptsächlich mit dem Schicksal des Soldaten, während der zweite sich mit den Vorgängen vor den Ermordungen der Frauen sowie einem der Banküberfälle beschäftigt. Insgesamt 30 Minuten werden diesem Komplex gewidmet.
Der Zuschauer soll angesichts der vielen verschiedenen Ortsnennungen den Überblick nicht verlieren. Ein Großteil des Fernsehpublikums wird die größeren Städte kennen, während viele kleinere Orte und Dörfer, die für den Fall von Bedeutung sind, außerhalb der Umgebung kaum bekannt sein dürften. Dies birgt die Gefahr der Verwirrung. Deswegen müssen die Angaben sorgfältig vor- und aufbereitet werden. Das mag ein Grund gewesen sein, den Mord an dem Soldaten von den anderen beiden zu separieren.
Auch filmisch wird man der Abgrenzung gerecht. Da es keinen Zeugen gibt, der vor oder nach der Ermordung des Soldaten eine verdächtige Person beobachtet hat, werden im Film auch nur eine Silhouette bzw. die Beine des Täters gezeigt. Gesichtszüge sind hingegen nicht zu erkennen. Diese Darstellungsweise ist vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass man nicht mit letzter Sicherheit weiß, ob die Mörder der beiden Frauen auch den Hobbyjäger umgebracht haben.
Bei den Morden an den beiden Frauen hingegen wurden die beiden Männer mehrfach gesehen. Aus diesem Grund sind wesentliche Merkmale der Täter deutlich herausgestellt worden und die beiden werden dementsprechend häufig in Großaufnahmen gezeigt.
Die Verbrechen werden filmisch in chronologischer Reihenfolge aufbereitet. Lediglich die Inszenierung des zweiten Banküberfalls unterbleibt und wird verbal im Studio erläutert. Auch die Funde der beiden vorübergehend gestohlenen PKW werden nur anhand von Polizeifotos mitgeteilt. Ebenso hat man darauf verzichtet, das jeweilige Auffinden der Leichen zu verfilmen. Vermutlich werden dafür auch zeitliche Gründe eine Rolle gespielt haben.
Das erste Opfer wird im Film recht ausführlich vorgestellt. Der Zuseher wird über die berufliche Tätigkeit sowie die Jagdleidenschaft von Oswald informiert. Die Begegnung im Wald mit den Soldaten bleibt ob der Äußerung „Ich bin von der selben Firma“ in Erinnerung, die er in Folge der Zurechtweisung wegen der unerlaubten Nutzung des Waldweges äußert. Abweichend von den realen Vorgängen erfährt der Zuschauer nicht, dass sich das Opfer gegen den Angreifer zur Wehr setzte.
Ebenso gerät beim Film über die Morde an den beiden Frauen eine signifikante Äußerung des Taxifahrers bei den Zuschauern auch Jahre später nicht in Vergessenheit. Als er auf die Andeutung der Fahrgäste, nicht zahlen zu wollen, recht direkt reagiert: „Dann gibt es ein paar aufs Maul.“ Neben dieser Diktion bleibt ferner der angstvolle Gesichtsausdruck der Taxifahrerin in Erinnerung, als sie in einer Art Verzweiflungsaktion den Gegenverkehr auf sich aufmerksam machen will, der entgegen kommende Fahrer ihren Hilferuf aber nicht erkennt.
Anhand von Straßenkarten werden im Studio die unterschiedlichen Ortschaften, in denen die Täter gesehen wurden oder in denen Verbrechen geschahen, herausgestellt. Dieses wirkt sich besonders positiv bei der Rekonstruktion der Irrfahrt des Taxis aus. Dadurch kann der Zuseher den Schilderungen besser Folge leisten.
Nicht ganz fehlerfrei bleibt jedoch die geografische Aufbereitung der Vorgänge vom 29. April 1983, da fälschlicherweise auf einer übersichtlichen Landkarte der Ort Hodenhagen hervorgehoben wird. Offensichtlich hat man Hodenhagen mit Hoyerhagen verwechselt, wo der Wagen nach dem zweiten Banküberfall im Kanal versenkt wurde.
Nach der Sendung
Zahlreiche Hinweise gehen nach der Sendung ein. Sie bringen die Polizei aber nicht entschieden weiter.
Erst 1985 ergeben sich erste Verdachtsmomente gegen einen der Täter. Dieser, ein Straßenwärter, gerät nach einem Autodiebstahl ins Visier der Polizei. Er ähnelt der Beschreibung eines Täters und wird deswegen genauer überprüft. Die Ermittlungen ergeben, dass er eine Woche vor dem Überfall in Wechold in der Bank einen Scheck einlöste. Auf den Mittäter wird die Polizei im selben Zeitraum in einer anderen Angelegenheit aufmerksam.
Im April 1986 vergewaltigen die beiden Männer eine Prostituierte bei Eystrup und rauben sie aus. Sie erstattet daraufhin bei der Polizei Strafanzeige und beschreibt einen der beiden Täter als groß und dünn, während der andere klein und dick gewesen sei. Dadurch wird einer der beiden vorübergehend festgenommen. Er wird zwar nochmals freigelassen, aber die Polizei ist ihm nun auf den Fersen und erarbeitet eine Indizienkette, die sowohl zu seiner Überführung als auch zur Festnahme seines Komplizen an dessen Arbeitsplatz, einer Baustelle, führen.
Beide Männer legen Geständnisse ab, die sich in manchen Einzelheiten jedoch widersprechen. So wird bekannt, dass der Soldat zum Opfer von einem der Täter wurde. Dieser war an dem Gewehr des Hobbyjägers interessiert. Zwar versuchte er mit dem PKW des Opfers zu flüchten, konnte den Wagen aber nicht starten.
Die Lehrerin wurde zum Anhalten gezwungen, weil die Täter einen PKW quer auf die Fahrbahn gestellt hatten und sie deswegen die Stelle nicht passieren konnte. Danach fuhr man mit ihr zu dem Wirtschaftsweg, wo die junge Frau mit einem Schuss aus der Pistole von hinten getötet wurde. Beide Verbrechen geschahen in der Absicht, eine frühzeitigere Fahndung wegen der Autodiebstähle zu verhindern. Die Tötung der Taxifahrerin lief im Großen und Ganzen so ab, wie sie im Filmbeitrag dargestellt wurde.
Beide Täter wurden im Februar 1988 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Ehefrau des einen Täters wurde wegen Beihilfe zum Banküberfall sowie zum Autostraßenraub zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Die Frau hatte die beiden Männer nach Ansicht des Gerichts unterstützt, da sie wichtige Fahrdienste bei den Verbrechen übernahm. Von den Morden muss sie nicht zwangsläufig gewusst haben. Ihr wurde allerdings nur eine verminderte Zurechnungsfähigkeit assistiert, was sich auf die Dauer der Bemessung ihrer Strafe mildernd auswirkte.
Tatzeit: 05. Januar 1983/ 21. Januar 1983/29. April 1983
Tatorte: Waldstück im Sonnenborsteler Wald/ Wald bei Celle und Bank in Lindwedel/ Wirtschaftsweg bei Hustedt und Bank in Wechold
Zuständig: Kripo Nienburg/Kripo Celle
XY-Ausstrahlung: 02. September 1983
Der Fall
Nienburg ist eine Kreisstadt nördlich von Hannover. Die Gegend gilt als ruhig und beschaulich – fast als ein wenig verschlafen. Dass sich in diesem Landstrich eine mysteriöse Verbrechensserie abspielen könnte, hält man angesichts der idyllischen Umgebung für unmöglich. Solcher Schein kann jedoch trügen, wie der erfahrene Kriminalist weiß.
Jene Serie nimmt am 05. Januar 1983, einem Mittwoch, ihren Anfang. Das erste Opfer ist der Nienburger Oswald T. (44). Der Hauptfeldwebel quittiert gegen Mittag seinen Dienst in einem Instandsetzungsbatallion in Hildesheim und kommt um 13.30 Uhr nach Hause. Um 14.30 Uhr bricht er mit seiner Familie im PKW in Richtung Innenstadt auf, wo er seine Frau und seine Töchter absetzt. Sein Ziel ist der Sonnenborsteler Wald, wo er sich zu dieser Jahreszeit als Hobbyjäger vorrangig um die Fütterung der Wildtiere kümmert. Er fährt über die B 214 und biegt schließlich in einen Forstweg ein. Dort stellt er den Wagen nach 350 Metern ab.
Anschließend begibt er sich in das Revier, wobei er sein Gewehr, ein Drilling der Marke Sauer und Sohn, sein Fernglas und seinen Rucksack, in dem er u.a. seine Papiere aufbewahrt, mitnimmt. Gegen 16.00 Uhr trifft er auf einen Trupp Soldaten, die aus der Kaserne im nahe gelegenen Barme kommen. Er macht sie darauf aufmerksam, dass sie sich unbefugt auf dem Gelände aufhalten. Nach dem Disput inspiziert er weiter den Forst.
Kurz nach 17.00 Uhr macht ein Autofahrer auf der B 214 an der Einfahrt zu jenem Forstweg eine Beobachtung. Drei Wagen sind so davor abgestellt, dass die Zufahrt in den Wald versperrt ist. Folglich wäre Oswald T., wollte er aufbrechen, nicht in der Lage, den Ort zu verlassen.
Davon ahnt er aber noch nichts, als er etwa zeitgleich zu seinem Wagen zurückkehrt. Ebenso ist ihm wohl verborgen geblieben, dass jemand im Laufe des Nachmittags aus einem Vorderrad seines Autos die Luft herausgelassen hat; denn er fährt einige Meter, bevor er den Schaden bemerkt. Dass er beim fälligen Reifenwechsel beobachtet wird, dürfte dem Hauptfeldwebel ebenfalls entgehen. Erst danach kommt es zu einer Kampfhandlung, bei der Oswald T. mit sieben Schüssen aus einer Pistole niedergestreckt wird. Anschließend bemächtigt sich der Täter des Jagdgewehrs sowie des Fernglases und des Rucksacks.
Die Leiche von Oswald T. wird noch am selben Abend 15 Meter von seinem Wagen entfernt entdeckt. Bei der Spurensuche am Tatort findet die Polizei den Abdruck einer Schuhsohle, der vom Täter stammt. Dieser dürfte zu Sicherheitsschuhen gehören, wie sie im Baugewerbe, in der Metallverarbeitung oder von Waldarbeitern verwendet werden. Die gefundenen Geschosse werden ballistisch untersucht. Es stellt sich heraus, dass sie aus einer registrierten Pistole, Marke MAB, verfeuert worden sind. Diese Waffe ist dem Eigentümer am 10. Dezember 1982 aus dessen PKW in Eystrup gestohlen worden.
Die Polizei hält einen Raubmord für wahrscheinlich, aber eine Bezugstat lässt sich nicht ganz ausschließen. Vielleicht waren sich Täter und Opfer vorab im Wald begegnet und hatten eine Auseinandersetzung.
Zum zweiten Opfer der Serie wird am Freitag, den 21. Januar 1983, Almut P. (22). Die Mutter einer Tochter arbeitet als Taxifahrerin in Celle. Gegen 12.30 Uhr steht sie mit ihrem Volvo am Hauptbahnhof, als ein männlicher Fahrgast zusteigt. Er ist ca. 1,80 m groß, schlank und fällt durch sein zurückgekämmtes dunkles Haar auf. Als Fahrtziel gibt er den Hafen von Bremen an. Almut P. rechnet mit einer höheren Tageseinnahme, weshalb sie die Tour annimmt. Der Gast verhält sich seltsam. Obwohl er bereits der Fahrerin das Ziel nannte, will er nun wissen, ob er auch ein Fahrzeug für diese Tour mieten kann. Deshalb steuert Almut P. in Celle zwei Autovermietungen an, wo sich der Gast über die sofortige Verfügbarkeit von Fahrzeugen erkundigt. Jedoch erhält er nur Absagen.
Zwar bricht Almut P. danach tatsächlich mit ihm Richtung Bremen auf, offenbar will er dort aber wohl gar nicht hin; denn zunächst muss die Fahrerin unterwegs noch einmal halten, um einen weiteren Fahrgast aufzunehmen. Dann fällt einer Zeugin bei der Autobahnauffahrt Schwarmstedt auf, dass ein korpulenter Mann mit Oberlippenbart auf der Rückbank des Taxis sitzt. Almut P. erhält offensichtlich kurz danach die Anweisung, die Autobahn bei der Ausfahrt Walsrode-Süd zu verlassen, um in die entgegengesetzte Richtung auf der Landstraße 190 nach Lindwedel zu fahren. Dass die beiden Fahrgäste nichts Gutes im Schilde führen, dürfte ihr allmählich dämmern; denn sie versucht, den Gegenverkehr auf sich aufmerksam zu machen. Ein entgegen kommender Autofahrer bemerkt zwar, dass sie die Lichthupe betätigt. Jedoch kann er sich das Verhalten nicht erklären und unternimmt nichts.
Die Fahrt endet in einem Waldstück nahe bei Celle. Dort wird Almut P. mit einem orange-roten Kunststoffseil erdrosselt und anschließend im Unterholz verscharrt. Weshalb der Leichnam mit dem Seil an einen Baum gebunden wird, können sich die Ermittler später nicht erklären. Bemerkenswert ist, dass das Seil mit einem speziellen Seemannsknoten, einem sog. Halben Schlag, fixiert wurde. Danach verändern die Täter vor Ort das Aussehen des Fahrzeugs, indem sie das Taxischild und die Türwerbung entfernen. Aus dem Besitz der Toten nehmen sie noch ein Feuerzeug, die Brieftasche inkl. Personalausweis sowie das Portmonee mit.
Das Motiv für den Mord wird nun auch ersichtlich. Das Duo braucht vorübergehend ein Fahrzeug, um damit eine Bank in Lindwedel zu überfallen. Dabei erbeuten die Männer, die sich für den Überfall mit Motorradhauben maskiert haben, 7.230,00 D-Mark. Nach kurzer Flucht lassen die Täter den Wagen in einem kleinen Waldstück bei Lindwedel zurück. Die örtlichen Medien berichten in der Folgezeit von dem Mord. Durch die Gazetten geistern die Beschreibungen der Täter, einer wird als „dünner Großer“ bezeichnet, der andere als „kleiner Dicker“.
Am 29. April treten die selben Männer wieder in Erscheinung. Allerdings trägt der korpulente Täter nun aber keinen Bart mehr. Telefonisch bestellen sie ein Taxi zum Holzmarkt in Verden/Aller. Beide sind mit grünen Parkas bekleidet und haben ein langes schmales Gepäck bei sich, als sie in den Wagen einsteigen. Als Fahrtziel geben sie die Ortschaft Hoya an.
Ihre eigentliche Absicht ist aber eine andere, sie wollen in den Besitz des Wagen für einen weiteren Banküberfall kommen. Zu diesem Zweck wollen sie den Fahrer einschüchtern. Sie provozieren ihn mit der Drohung, nicht zahlen zu wollen. Dieser jedoch reagiert couragiert und bestimmend, weshalb sich die Männer für eine vorzeitige Beendigung der Tour entscheiden. Sie fordern den Fahrer auf, sie an einer Telefonzelle in Oiste abzusetzen. Dort bezahlen sie ordnungsgemäß. Dem Taxifahrer entgeht nicht, dass die beiden für eine Weiterfahrt wohl auch kein Geld mehr zur Verfügung haben. Ferner stellt er fest, dass beide über recht gute Ortskenntnisse in Hoya und Oiste verfügen.
Wahrscheinlich hat seine selbstbewusste Art die Männer davon abgehalten, ihn zu überfallen, um in den Besitz des Wagens zu kommen. Dass sie dabei vor einem Menschenleben nicht halt machen, haben die zwei bereits bewiesen. Doch sie haben ihren Plan noch nicht aufgegeben und halten Ausschau nach einer anderen Gelegenheit.
Das weiß die Lehrerin Viola G. (27) nicht, als sie sich mit ihrem grünen Ford Fiesta auf dem Heimweg von der Berufsschule in Verden-Dauelsen nach Asendorf befindet. Dabei muss sie auch Oiste durchqueren. Aus ungeklärtem Anlass unterbricht sie ihre Fahrt. Eine vorbei kommende Autofahrerin wundert sich, dass der Wagen auf der falschen Straßenseite steht. Sie sieht, dass sich die Fahrerin mit den zwei Männern unterhält. Die beiden steigen anschließend in den PKW ein. Ob die Pädagogin sie freiwillig mitnimmt oder gezwungen wird, ist unklar. Jedenfalls fackeln die beiden nicht lange und dirigieren sie in einen Wirtschaftsweg bei Hustedt. Dort erschießen sie die Frau mit derselben Pistole, mit der auch Oswald T. ermordet wurde. Ihr Leichnam wird einen Tag später in einem Graben entdeckt.
Anschließend fahren die Männer mit dem PKW nach Wechold. Abermals mit Motorradhauben maskiert, überfallen sie dort eine Bank und erbeuten 37.000 D-Mark. Anschließend fahren sie zu einem Entwässerungsgraben bei Hoyerhagen und versenken dort den Wagen. Im Auto lassen die Täter einen auffälligen Kanister zurück, der mit Benzin gefüllt war. Die Ermittlungen ergeben, dass dieser in Österreich gekauft worden war. Auch ein Holzstab mit einem Watteteil bleibt zurück.
Die Polizei hält es offensichtlich für wahrscheinlich, dass die Tötungsdelikte auf das Konto der selben Täter gehen. Dafür sprechen sowohl die örtliche Nähe der Morde an dem Soldaten und der Lehrerin als auch der Einsatz derselben Tatwaffe. Zudem ähneln sich die Täterbeschreibungen bei den Morden an den beiden Frauen frappierend.
Almut und Viola mussten dem Anschein nach sterben, weil somit eine frühzeitige Fahndung nach den Tätern aufgrund des Fahrzeugdiebstahls unterbleiben sollte. Merkwürdig ist im Verhalten beider Täter, dass sie sich nicht daran störten, vor den beiden Verbrechen von mehreren Personen gesehen worden zu sein. In Celle z.B. fiel einer der Täter dem Personal der Autovermietungen auf, die er vom späteren Opfer ansteuern ließ. Dieses Verhalten bleibt angesichts der geplanten Verbrechen rätselhaft. Profitiert hat hiervon die Polizei, da sie dadurch über gute Täterbeschreibungen verfügt und somit mithilfe von Zeichnungen nach den Männern fahnden kann.
In der Sendung
Die Inszenierung dieser Verbrechensserie bleibt alleine wegen ihrer zeitlichen Länge in Erinnerung. Die Redaktion hatte entschieden, anhand von zwei Filmen die Geschehnisse aufzubereiten. Der erste befasst sich kurz mit dem Diebstahl der Pistole und dann hauptsächlich mit dem Schicksal des Soldaten, während der zweite sich mit den Vorgängen vor den Ermordungen der Frauen sowie einem der Banküberfälle beschäftigt. Insgesamt 30 Minuten werden diesem Komplex gewidmet.
Der Zuschauer soll angesichts der vielen verschiedenen Ortsnennungen den Überblick nicht verlieren. Ein Großteil des Fernsehpublikums wird die größeren Städte kennen, während viele kleinere Orte und Dörfer, die für den Fall von Bedeutung sind, außerhalb der Umgebung kaum bekannt sein dürften. Dies birgt die Gefahr der Verwirrung. Deswegen müssen die Angaben sorgfältig vor- und aufbereitet werden. Das mag ein Grund gewesen sein, den Mord an dem Soldaten von den anderen beiden zu separieren.
Auch filmisch wird man der Abgrenzung gerecht. Da es keinen Zeugen gibt, der vor oder nach der Ermordung des Soldaten eine verdächtige Person beobachtet hat, werden im Film auch nur eine Silhouette bzw. die Beine des Täters gezeigt. Gesichtszüge sind hingegen nicht zu erkennen. Diese Darstellungsweise ist vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass man nicht mit letzter Sicherheit weiß, ob die Mörder der beiden Frauen auch den Hobbyjäger umgebracht haben.
Bei den Morden an den beiden Frauen hingegen wurden die beiden Männer mehrfach gesehen. Aus diesem Grund sind wesentliche Merkmale der Täter deutlich herausgestellt worden und die beiden werden dementsprechend häufig in Großaufnahmen gezeigt.
Die Verbrechen werden filmisch in chronologischer Reihenfolge aufbereitet. Lediglich die Inszenierung des zweiten Banküberfalls unterbleibt und wird verbal im Studio erläutert. Auch die Funde der beiden vorübergehend gestohlenen PKW werden nur anhand von Polizeifotos mitgeteilt. Ebenso hat man darauf verzichtet, das jeweilige Auffinden der Leichen zu verfilmen. Vermutlich werden dafür auch zeitliche Gründe eine Rolle gespielt haben.
Das erste Opfer wird im Film recht ausführlich vorgestellt. Der Zuseher wird über die berufliche Tätigkeit sowie die Jagdleidenschaft von Oswald informiert. Die Begegnung im Wald mit den Soldaten bleibt ob der Äußerung „Ich bin von der selben Firma“ in Erinnerung, die er in Folge der Zurechtweisung wegen der unerlaubten Nutzung des Waldweges äußert. Abweichend von den realen Vorgängen erfährt der Zuschauer nicht, dass sich das Opfer gegen den Angreifer zur Wehr setzte.
Ebenso gerät beim Film über die Morde an den beiden Frauen eine signifikante Äußerung des Taxifahrers bei den Zuschauern auch Jahre später nicht in Vergessenheit. Als er auf die Andeutung der Fahrgäste, nicht zahlen zu wollen, recht direkt reagiert: „Dann gibt es ein paar aufs Maul.“ Neben dieser Diktion bleibt ferner der angstvolle Gesichtsausdruck der Taxifahrerin in Erinnerung, als sie in einer Art Verzweiflungsaktion den Gegenverkehr auf sich aufmerksam machen will, der entgegen kommende Fahrer ihren Hilferuf aber nicht erkennt.
Anhand von Straßenkarten werden im Studio die unterschiedlichen Ortschaften, in denen die Täter gesehen wurden oder in denen Verbrechen geschahen, herausgestellt. Dieses wirkt sich besonders positiv bei der Rekonstruktion der Irrfahrt des Taxis aus. Dadurch kann der Zuseher den Schilderungen besser Folge leisten.
Nicht ganz fehlerfrei bleibt jedoch die geografische Aufbereitung der Vorgänge vom 29. April 1983, da fälschlicherweise auf einer übersichtlichen Landkarte der Ort Hodenhagen hervorgehoben wird. Offensichtlich hat man Hodenhagen mit Hoyerhagen verwechselt, wo der Wagen nach dem zweiten Banküberfall im Kanal versenkt wurde.
Nach der Sendung
Zahlreiche Hinweise gehen nach der Sendung ein. Sie bringen die Polizei aber nicht entschieden weiter.
Erst 1985 ergeben sich erste Verdachtsmomente gegen einen der Täter. Dieser, ein Straßenwärter, gerät nach einem Autodiebstahl ins Visier der Polizei. Er ähnelt der Beschreibung eines Täters und wird deswegen genauer überprüft. Die Ermittlungen ergeben, dass er eine Woche vor dem Überfall in Wechold in der Bank einen Scheck einlöste. Auf den Mittäter wird die Polizei im selben Zeitraum in einer anderen Angelegenheit aufmerksam.
Im April 1986 vergewaltigen die beiden Männer eine Prostituierte bei Eystrup und rauben sie aus. Sie erstattet daraufhin bei der Polizei Strafanzeige und beschreibt einen der beiden Täter als groß und dünn, während der andere klein und dick gewesen sei. Dadurch wird einer der beiden vorübergehend festgenommen. Er wird zwar nochmals freigelassen, aber die Polizei ist ihm nun auf den Fersen und erarbeitet eine Indizienkette, die sowohl zu seiner Überführung als auch zur Festnahme seines Komplizen an dessen Arbeitsplatz, einer Baustelle, führen.
Beide Männer legen Geständnisse ab, die sich in manchen Einzelheiten jedoch widersprechen. So wird bekannt, dass der Soldat zum Opfer von einem der Täter wurde. Dieser war an dem Gewehr des Hobbyjägers interessiert. Zwar versuchte er mit dem PKW des Opfers zu flüchten, konnte den Wagen aber nicht starten.
Die Lehrerin wurde zum Anhalten gezwungen, weil die Täter einen PKW quer auf die Fahrbahn gestellt hatten und sie deswegen die Stelle nicht passieren konnte. Danach fuhr man mit ihr zu dem Wirtschaftsweg, wo die junge Frau mit einem Schuss aus der Pistole von hinten getötet wurde. Beide Verbrechen geschahen in der Absicht, eine frühzeitigere Fahndung wegen der Autodiebstähle zu verhindern. Die Tötung der Taxifahrerin lief im Großen und Ganzen so ab, wie sie im Filmbeitrag dargestellt wurde.
Beide Täter wurden im Februar 1988 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Ehefrau des einen Täters wurde wegen Beihilfe zum Banküberfall sowie zum Autostraßenraub zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Die Frau hatte die beiden Männer nach Ansicht des Gerichts unterstützt, da sie wichtige Fahrdienste bei den Verbrechen übernahm. Von den Morden muss sie nicht zwangsläufig gewusst haben. Ihr wurde allerdings nur eine verminderte Zurechnungsfähigkeit assistiert, was sich auf die Dauer der Bemessung ihrer Strafe mildernd auswirkte.
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Mehr Details zum Prozess und der Täter im Polizistenmord:
http://www.rmn-rechtsanwaelte.com/Publikation.38.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=39&cHash=e7a6afc0abb05ba0428d73b1cba57182
http://www.rmn-rechtsanwaelte.com/Publikation.38.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=39&cHash=e7a6afc0abb05ba0428d73b1cba57182
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