Übertrag aus dem alten Forum:
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 10:18 von Heimo
32. Wer kennt Wuschels Frauchen?
Tatzeit: 14. Juni 1976
Tatort: Bei Köln
Zuständig: Kripo Koblenz
XY-Ausstrahlung: 5. November 1976
Der Fall:
Der Übergang vom 15. auf den 16. Juni 1976 ist ein für Sportfans bedeutsames Datum. In dieser Nacht findet in den USA einen Boxkampf statt, der live via TV nach Deutschland übertragen wird. In Erinnerung wird dieses Wochenende einigen anderen Zeitgenossen in der Nähe von Koblenz jedoch aufgrund eines Aufsehen erregenden Verbrechens bleiben.
Zunächst vermutet noch niemand in Kehrig (Eifel-Kreis Mayen-Koblenz) einen Mord, als die Feuerwehr in den Morgenstunden des 17. Junis zu einem Waldbrand gerufen wird. Den Männern gelingt es relativ schnell, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Doch noch bevor die Brandbekämpfer über das Zustandekommen der Katastrophe sinnieren können, entdeckt einer von ihnen die grausame Ursache des Infernos. Er findet eine verbrannte Leiche am Waldboden, die an dieser Stelle offensichtlich angezündet wurde.
Die Polizei nimmt umgehend am Fundort die Spurensicherung auf. Die Ermittler stellen fest, dass die getötete Person weiblichen Geschlechts ist und einem Verbrechen zum Opfer fiel. Sie war bereits zwei Tage tot, bevor sie nach Kehrig transportiert wurde. Offenkundig wurde sie in eine Decke verschnürt, dann mit Benzin übergossen und schließlich entzündet. Man geht davon aus, dass die blonde Frau zwischen 20 und 30 Jahren alt war.
Dem Mörder ist es mit dem Verbrennen des Leichnams gelungen, eine Identifikation der Frau fürs Erste zu verhindern, da sie bis zur Unkenntlichkeit verbrannte. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass der Mörder aus dem Umfeld der Toten stammt, es sich also um eine Bezugstat im engeren Sinne handelt. Verwertbare Spuren lassen sich insgesamt nur leidlich ausmachen, weil sie größtenteils vom Feuer vernichtet wurden. Schließlich werden bei der Toten ein Karabinerhaken, Reste eines karierten Rocks und Teile einer Decke gefunden, die entweder aus dem Besitz der Toten oder ihres Mörders stammen dürften.
Die Untersuchung dieser Fundsachen liefert mitunter einige interessante Informationen und Fahndungsansätze. Unter anderem werden auf der Decke Hundehaare gefunden. Die Polizeibeamten vermuten, dass das Opfer oder der Täter womöglich ein entsprechendes Haustier besessen hat, das regelmäßig diese Decke in Gebrauch nahm und/oder eventuell bei der Brandlegung anwesend war. Damit konzentriert sich die Arbeit der Polizei auch auf die Ermittlung eines zu den Haaren gehörenden Hundes.
Die Beamten geben sich mit den bisherigen eher dürftigen Ansatzpunkten nicht zufrieden. Sie suchen nach weiteren Möglichkeiten, Licht ins Dunkel zu bringen. Da Fingerabdrücke nicht mehr entnommen werden können, bleibt den Ermittlern die Alternative, die Tote mittels Gebiss zu identifizieren. Es wird ein Zahnschema erstellt, damit ein behandelnder Dentist in diesem die Tote als Patientin wieder erkennt. Diese Aktion trägt zunächst keine Früchte.
Drei Tage nach dem Waldbrand beobachtet ein Fahrer auf einer Landstraße unweit von Kehrig einen streunenden Vierbeiner. Er lädt das Tier in seinen Wagen ein. Es fällt ihm auf, dass die Terrierdame anscheinend eine geübte Mitfahrerin ist, da sie es sich im PKW umgehend gemütlich macht.
Wiederum einige Tage später wird seine Familie durch einen Zeitungsartikel auf das Verbrechen in dem Waldstück in der Eifel aufmerksam. Seine Frau meldet sich bei der Polizei, als beide einen Zusammenhang zwischen den Tierhaaren und dem Vierbeiner vermuten. Die Hündin ist zwar zwischenzeitlich bei einem Züchter abgegeben worden, befindet sich aber noch in dessen Obhut, so dass ihr Haare zum Vergleich mit den am Fundort entdeckten Spuren entnommen werden können.
Bei einer Untersuchung des Hundefells ergeben sich tatsächlich Übereinstimmungen. Anhand der Umstände halten es die Ermittler für nicht ausgeschlossen, dass der Terrier der unbekannten Toten bzw. deren Mörder gehörte. Ob das Tier ausgesetzt wurde oder unbeabsichtigt ausgerissen ist, kann nicht geklärt werden. Es verwundert aber, dass der Täter, der zuvor darauf bedacht war, keine Spuren zu hinterlassen, ein so relativ eindeutiges Indiz, dass die Identifikation der Frau erheblich erleichtern könnte, offenkundig fahrlässig sich seinem Schicksal überlässt.
Der Fahndungsansatz mit dem Hund und dem Zahnschema der Toten verspricht somit der Polizei gute Chancen auf Klärung des Mordfalls.
Die Sendung:
Der Filmfall beginnt mit dem Ablegen der Leiche im Wald und der darauf folgenden Brandlegung sowie der anschließenden Entdeckung des Feuers. Außerdem wird ein Feuerwehrmann gezeigt, der sich den Boxkampf im Fernsehen anschauen möchte, der fast zeitgleich mit der Auslösung des Alarms beginnt. Ob wirklich ein Feuerwehrmann aus Kehrig die Morgenstunden vor dem TV verbrachte, bleibt für den Fall ohne Bedeutung. In XY-Filmfällen werden entsprechende Ereignisse gerne eingewoben, um die Rückbesinnung der Zuschauer an den relevanten Zeitraum zu erleichtern. Es erscheint einfacher, sich an ein spezielles Ereignis denn an ein bestimmtes Datum zu erinnern.
Da man nur wenig über die Tote weiß und sie zu Lebzeiten nicht kennt, steht das Opfer nicht im Mittelpunkt des filmischen Beitrags. Stattdessen werden die Ermittlungsarbeiten der Polizei in den Fokus gerückt. Der Zuschauer kann folglich den Kenntnisstand der Polizei anschaulich nachvollziehen. Die viel versprechenden Spuren (Zahnschema, Hund) werden ausführlich erörtert.
Die Hündin wird im Film von sich selbst gespielt. Mittlerweile heißt sie „Wuschel“, weil keiner ihren richtigen Namen kennt. Es wird gezeigt, wie ihr Finder sie aufliest. Die Weitergabe an den Züchter wird aber verschwiegen, im Film verbleibt Wuschel beim Finder. Dieses Detail bleibt für die Klärung des Falls ohnehin unbedeutend, somit kann über diesen Fehler hinwegsehen werden. Schließlich endet der Beitrag mit der Feststellung, dass diese Hündin sich zum fraglichen Zeitpunkt der Brandlegung wahrscheinlich am Fundort aufgehalten hat.
Erstmalig und auch zum einzigen Mal in der Geschichte von Aktenzeichen XY befindet sich ein Tier im Studio, um einen größtmöglichen Eindruck zu hinterlassen und eine hohe Anteilnahme an dem Verbrechen zu erzielen. Mit Hilfe der lebensnahen Darstellung sollen potentielle Zeugen ermutigt werden, sich mit Informationen an die Polizei zu wenden. Wuschel nimmt ihren Auftritt übrigens mit erstaunlicher Gelassenheit hin. Die Fragen, die der Polizeibeamte und Zimmermann stellen, beziehen sich besonders auf die Eigentumsverhältnisse des Tieres sowie auf das Zahnschema. Abschließend weist Zimmermann daraufhin, dass der Hund ein neues Zuhause gefunden hat.
Nach der Sendung:
Wie zu erwarten war, fiel der Zuspruch der Zuschauer verhältnismäßig groß aus. Der Hund hatte es vielen angetan. Zur Aufklärung der Tat trug der Terrier jedoch nicht bei - da er weder Opfer noch Täter gehörte. Wie die Hundehaare auf die Decke gelangten, lässt sich hernach nicht feststellen – es war eine Falschspur. Vielleicht hat sich Wuschel zufällig am Brandort bei der Entzündung aufgehalten, ohne dass der Täter es bemerkt hat.
In der Sendung vom 11. März 1977 kann Zimmermann schließlich die Aufklärung des Verbrechens vermelden, Der Polizei ist es - sowie es auch vermutet wurde - mithilfe eines behandelnden Zahnarztes gelungen, die unbekannte Leiche zu identifizieren. Der Dentist liest in einer berufsspezifischen Zeitschrift „Zahnärztliche Mitteilungen“ über den Fall und erkennt eine ehemalige Patientin, die er einige Jahre zuvor behandelt hatte, aufgrund ihres Zahnschemas wieder. Es handelt sich um eine Frau aus der Umgebung von Köln.
Am 16. Juni 1976, also dem Tage des Waldbrandes, gab ihr Ehemann eine Vermisstenmelddung auf. Nach der Identifikation seiner Frau gerät er unter Mordverdacht. In den Vernehmungen gesteht er schließlich das Verbrechen. Infolge eines Ehestreits erwürgte er seine Frau. Schließlich brachte er sie zum Fundort und zündete sie an.