Danke für die Informationen, Bastian! Jetzt leuchtet mir auch ein, warum das Verfahren wahrscheinlich eingestellt wurde, die Regelung mit der Gutachten-Frist war mir unbekannt.
Nebenbei liefert der Fall auch je ein Beispiel für guten und für weniger guten Journalismus. In der
Zeit vom 19.6.1970 wird die Argumentation des Angeklagten, er habe es aufgrund seines attraktiven Äußeren nicht nötig, Sexualstraftaten zu begehen, kritiklos übernommen:
"Der Angeklagte ist ein gutaussehender Mann, ein interessanter Typ, Franzose, fährt große Wagen, hat Geld. [...] Warum also sollte er die Taten begangen haben, die ihm vorgeworfen werden?" Wie sich klein Mäxchen halt so einen Sexualstraftäter vorstellt: arm, hässlich und auf keinen Fall Franzose... Im
Spiegel vom 22.6.1970 denkt die Gerichtsreporter-Legende Gerhard Mauz einen entscheidenden Schritt weiter:
"Doch das Spiel, den anderen zum wehrlosen Objekt zu machen, kann eine Jagd voller Genüsse sein, nach denen es auf den letzten Genuß nicht einmal mehr ankommt." Darüber hinaus ist dem Zeit-Artikel deutlich der Wille anzumerken, Aktenzeichen XY in möglichst schlechtem Licht erscheinen zu lassen, während Mauz auch diesbezüglich differenziert: Die Rolle der Sendung war für den Prozessverlauf offensichtlich nicht hilfreich (Zeugen verwendeten die Filmfall-Darstellung unbewusst als Modell für ihre Aussagen), Mauz thematisiert das, vermeidet aber Pauschalkritik.
Dem Hamburger Abendblatt vom 7.7.1970 (leider kostenpflichtig) ist noch zu entnehmen, dass Eduard Zimmermann per Gerichtsbeschluss zur Herausgabe von Arbeitsunterlagen gezwungen wurde. Teil der Verteidigungs-Strategie war es, zu behaupten, dass Aktenzeichen XY bei schwachen Menschen Angstpsychosen auslösen könne, die zu falschen Beschuldigungen führen. Der gleiche Artikel berichtet von einem Indiz, das Didier T. belastete: Eine der von T. mitgenommenen Frauen hatte die ihr angebotene Kapsel nicht eingenommen, sondern aufgehoben. Eine chemische Analyse ergab, dass es sich um das schwere Schlafmittel Nembutal handelte. Didier T. hatte die Ausgabe der schwächeren Medikamente Migristene und Aspirin zugegeben, die Ausgabe von Nembutal aber bestritten.