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XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 04.02.2008 00:07von XY-Webmaster • 301 Beiträge
31. Tod eines Jungen im Spukhaus
Tatzeit: 26. Oktober 1978
Tatort: Bahnhofsbaracke in Willich
Zuständig: Kripo Mönchengladbach
XY-Ausstrahlung: 01. Juni 1979
Der Fall:
Richard P. (13) ist britischer Staatsbürger und lebt zusammen mit seinen Eltern in Willich. Sein Vater ist Ende der 70er Jahre bei der britischen Rheinarmee stationiert. Die Familie hat sich in einer englischen Wohnsiedlung in dem Ort niedergelassen, unterhält aber auch Kontakte zu deutschen Staatsangehörigen. Der Junge, der über gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, gestaltet seine Freizeit mit britischen und deutschen Kindern. Außerdem fährt er gerne mit seinem Fahrrad oder fällt durch seine Fähigkeiten auf dem Skateboard auf.
Mit seinen Freunden erkundet Richard öfter die Umgebung, wie es in diesem Alter üblich ist. Bei den Kindern zählt ein unbewohntes Haus zu den gerne besuchten Spielplätzen. Das Gebäude gehörte der Deutschen Bundesbahn und wurde in der Vergangenheit von deren Angestellten bewohnt. 1978 jedoch wirkt es sehr herunter gekommen, wohl auch, weil es seit einiger Zeit unbewohnt ist. Es wird gelegentlich von Landstreichern als Nachtquartier zweckentfremdet.
Die Eltern von Richard und dessen Freunde wissen später zu berichten, dass der Schüler eine innerliche Abneigung gegenüber dem Haus verspürte. Es kam ihm unheimlich vor. Möglicherweise hat er bereits zu Lebzeiten eine Vorahnung, dass sich in diesem Haus, das von den Kameraden als Spukhaus bezeichnet wird, sein Schicksal entscheiden wird. Diese Örtlichkeit meidet er jedenfalls, wie die späteren Ermittlungen ergeben.
Am Abend des 26. Oktobers diskutiert der Junge mit seinen Eltern über die Zuteilung des Taschengeldes. Er möchte es einen Tag früher als üblich erhalten, da am selben Abend im Ort der englische Jugendclub neu eröffnet und eingeweiht werden soll, bei dessen Renovierung er mitgeholfen hat. Schließlich geben seine Eltern nach und händigen ihm fünf Mark aus, so dass er beim Verlassen der Wohnung gegen 19 Uhr 7,50 D-Mark bei sich hat. Den direkten Weg zum Klub jedoch wählt er nicht, sondern fährt mit dem Rad in eine andere Richtung, möglicherweise wollte er vorab noch mit jemandem zusammentreffen, bevor er der Feier beiwohnt.
Noch zweimal wird Richard am Abend gesehen. Eine Zeugin beobachtet, wie er sich an einer Straßenecke mit zwei jungen Männern unterhält. Dieser Treffpunkt liegt unweit des Spukhauses. Die Zeugin kann nichts über den Gesprächsinhalt sagen, sie sieht aber, wie er gemeinsam mit den unbekannten Männern in einen angrenzenden Weg verschwindet. Dann verliert sich zunächst seine Spur. Im Jugendklub wartet man vergeblich auf sein Eintreffen.
Gegen 21 Uhr wird der Junge von seinen Eltern zurückerwartet. Entgegen seiner Gewohnheiten erscheint er nicht pünktlich zu Hause. Noch am selben Abend wird die Polizei informiert, als seine Eltern feststellen, dass er im Klub nicht gewesen war. Auch im weiteren Verlauf des Abends bleibt seine Heimkehr aus. Noch in der Nacht startet eine Suchaktion, an der sich britische und deutsche Polizeikräfte beteiligen. Sie bleibt aber zunächst ergebnislos.
Am nächsten Morgen wird sein Fahrrad jedoch vor dem Spukhaus entdeckt. Ein britischer Militärpolizist betrifft daraufhin das Haus. Er findet den Jungen entkleidet in einem der Räume. Richard wurde mit mehreren Messerstichen in den Brustkorb grausam ermordet. Anschließend hat der oder haben die Täter den Jungen mittels eines Messers versucht, den Jungen zu zerstückeln. Die Tatwaffe steckt in der Wand.
Aus dem Besitz des Jungen fehlen das von den Eltern erhaltene Geld, eine Halskette sowie eine recht auffällige Uhr, die in England gekauft wurde. Da man annimmt, dass Richard das Haus alleine nicht betreten hätte, vermuten die Ermittler, dass Richard P. seinen Mörder wohl gekannt haben musste. Von daher konzentriert sich die Suche nach dem Täter auf den Bekanntenkreis des Ermordeten. Daher werden die Ermittlungen in diese Richtung gelenkt. Es wird nach Personen gesucht, die mit Richard verkehrten und der Polizei bisher nicht bekannt sind.
Die Sendung
Noch Jahre später bleibt dem Zuschauer dieser Fall aufgrund mehrerer Umstände in Erinnerung. Zunächst handelt es um ein Verbrechen an einem Jugendlichen, außerdem wird das Mitgefühl aufgrund der Umstände und nicht zuletzt aufgrund des Bezugs des Jungen zum ominösen Tatort verstärkt. Im Mittelpunkt der Verfilmung wird die Person des Opfers gestellt. Dieses war Ende der 70er und Anfang der 80er typisch für XY.
Es wird sich zu Beginn der Verfilmung mit dem Wesen des Jungen befasst. Dabei wird auf seine Interessen und freizeitlichen Betätigungen näher eingegangen. Der Junge wird als aufgeschlossen und neugierig beschrieben. Die Abneigung zum späteren Tat- und Fundort wird im Film erwähnt und exemplarisch dargestellt. Auch wird die Behauptung aufgestellt, dass der Junge mit einem Unbekannten die Ruine niemals betreten würde. Das im Film gezeigte Haus vermittelt dem Betrachter einen heruntergekommenen Eindruck – die reale Behausung hingegen galt durchaus als unheimlich.
Der letzte Abend des Knaben wird dem Kenntnisstand der Ermittler entsprechend wiedergegeben. Besonders verweist der Film darauf, dass Richard nicht den direkten Weg zum Jugendklub nimmt. Besonders in Erinnerung bleiben schließlich die Worte von Sprecher Grönebaum, als die Leiche von Richard gefunden wird: „Der Junge ist in einem Haus gestorben, dass er - noch zumal bei Nacht - wohl freiwillig nie betreten hätte.“
Der Kommissar aus Mönchengladbach verbindet mit der Ausstrahlung die Hoffnung, die beiden Männer zu identifizieren, mit denen sich Richard in der Nähe des Tatorts getroffen hatte. Ferner setzt die Polizei darauf, den Täter mittels der gestohlenen Halskette und der auffälligen Armbanduhr zu überführen. Außerdem möchte man den Eigentümer des Tatmessers ermitteln. Zudem möchte die Polizei weitere Informationen über den Freundes- und Bekanntenkreis des Jungen sammeln, in dem sie den Täter vermutet.
Zur Aufklärung des Falls wird auch der britischen Soldatensender BFBS eingeschaltet. Dadurch sollten britische Zeugen gefunden werden, die der deutschen Sprache nicht mächtig wären, aber dennoch wichtige Angaben zu dem Verbrechen machen könnten.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung dieses Falles kann nicht zur Aufklärung des Verbrechens beitragen. Erst 1984 nimmt die Polizei einen Mann (damals 24) nach Begehung eines anderen Mordes fest. In den Vernehmungen gesteht der Täter aus freien Stücken insgesamt die Begehung von sechs Tötungsdelikten, zu denen auch der Mord an Richard im Spukhaus zählt. Hätte der Mörder diese Tat nicht freiwillig zugegeben, wäre der Mord in Willich vermutlich nie korrekt aufgeklärt worden, da zum Zeitpunkt des Geständnisses bereits ein anderer Mann die Tat gestanden hatte, die er gar nicht begangen hatte. Der richtige Mörder wird später aufgrund seiner scheußlichen Taten später als „Monster vom Niederrhein“ bezeichnet.
Nach den Schilderungen des Tatablaufes musste die Polizei einige ihrer getroffenen Annahmen zum Hergang und zum Täterkreis revidieren. Dazu zählt, dass sich Opfer und Mörder sich unmittelbar vor der Tat offensichtlich erstmals begegneten. Sie trafen sich zufällig an einer Ampel, wo der Täter den Jungen ansprach und unter einem Vorwand überredete, ins Spukhaus mitzukommen. Die Polizei befindet sich während der Fahndung also konsequent auf einer falschen Fährte, da es sich bei dem Verbrechen nicht wie erwartet um eine Beziehungstat handelte. Dieser Umstand erschwerte die Arbeit der Ermittler immens und machte einen Erfolg unmöglich.
Im Nachhinein lässt sich das Bild des integeren Jungen nicht vollständig aufrechterhalten. Er hielt weder den Verlockungen seines Mörders stand noch mied er das Haus, das ihm – wie im Filmfall suggeriert – suspekt erschien. Daraufhin wurde er zur leichten Beute für den Täter, der den begeisterten Skateboardfahrer ohne große Anstrengungen in die Falle lockte. Dort überwältigte er den Jungen und richtete ihn grausam zu. Das Motiv des Verbrechens dürfte in der Befriedigung der abnormen Bedürfnisse des Täters zu suchen sein.
Der Mörder wird von der 1. Jugendstrafkammer – bei der Tatausübung war er 19 Jahre alt – des Landgerichts Mönchengladbach wegen vierfachen Mordes angeklagt. Er wurde zu zehn Jahren Jugendstrafe mit Sicherheitsverwahrung verurteilt. Bei der Begehung des ersten Mordes war der Täter übrigens 14 und konnte für diese Tat nicht verantwortlich gemacht werden. Bei einem weiteren Tötungsdelikt, das er mit einem Komplizen verübte, konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, dass er dem Opfer die entscheidenden tödlichen Verletzungen beibrachte. Aufgrund seiner „seelischen Abartigkeit“ wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 10:18 von Heimo
32. Wer kennt Wuschels Frauchen?
Tatzeit: 14. Juni 1976
Tatort: Bei Köln
Zuständig: Kripo Koblenz
XY-Ausstrahlung: 5. November 1976
Der Fall:
Der Übergang vom 15. auf den 16. Juni 1976 ist ein für Sportfans bedeutsames Datum. In dieser Nacht findet in den USA einen Boxkampf statt, der live via TV nach Deutschland übertragen wird. In Erinnerung wird dieses Wochenende einigen anderen Zeitgenossen in der Nähe von Koblenz jedoch aufgrund eines Aufsehen erregenden Verbrechens bleiben.
Zunächst vermutet noch niemand in Kehrig (Eifel-Kreis Mayen-Koblenz) einen Mord, als die Feuerwehr in den Morgenstunden des 17. Junis zu einem Waldbrand gerufen wird. Den Männern gelingt es relativ schnell, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Doch noch bevor die Brandbekämpfer über das Zustandekommen der Katastrophe sinnieren können, entdeckt einer von ihnen die grausame Ursache des Infernos. Er findet eine verbrannte Leiche am Waldboden, die an dieser Stelle offensichtlich angezündet wurde.
Die Polizei nimmt umgehend am Fundort die Spurensicherung auf. Die Ermittler stellen fest, dass die getötete Person weiblichen Geschlechts ist und einem Verbrechen zum Opfer fiel. Sie war bereits zwei Tage tot, bevor sie nach Kehrig transportiert wurde. Offenkundig wurde sie in eine Decke verschnürt, dann mit Benzin übergossen und schließlich entzündet. Man geht davon aus, dass die blonde Frau zwischen 20 und 30 Jahren alt war.
Dem Mörder ist es mit dem Verbrennen des Leichnams gelungen, eine Identifikation der Frau fürs Erste zu verhindern, da sie bis zur Unkenntlichkeit verbrannte. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass der Mörder aus dem Umfeld der Toten stammt, es sich also um eine Bezugstat im engeren Sinne handelt. Verwertbare Spuren lassen sich insgesamt nur leidlich ausmachen, weil sie größtenteils vom Feuer vernichtet wurden. Schließlich werden bei der Toten ein Karabinerhaken, Reste eines karierten Rocks und Teile einer Decke gefunden, die entweder aus dem Besitz der Toten oder ihres Mörders stammen dürften.
Die Untersuchung dieser Fundsachen liefert mitunter einige interessante Informationen und Fahndungsansätze. Unter anderem werden auf der Decke Hundehaare gefunden. Die Polizeibeamten vermuten, dass das Opfer oder der Täter womöglich ein entsprechendes Haustier besessen hat, das regelmäßig diese Decke in Gebrauch nahm und/oder eventuell bei der Brandlegung anwesend war. Damit konzentriert sich die Arbeit der Polizei auch auf die Ermittlung eines zu den Haaren gehörenden Hundes.
Die Beamten geben sich mit den bisherigen eher dürftigen Ansatzpunkten nicht zufrieden. Sie suchen nach weiteren Möglichkeiten, Licht ins Dunkel zu bringen. Da Fingerabdrücke nicht mehr entnommen werden können, bleibt den Ermittlern die Alternative, die Tote mittels Gebiss zu identifizieren. Es wird ein Zahnschema erstellt, damit ein behandelnder Dentist in diesem die Tote als Patientin wieder erkennt. Diese Aktion trägt zunächst keine Früchte.
Drei Tage nach dem Waldbrand beobachtet ein Fahrer auf einer Landstraße unweit von Kehrig einen streunenden Vierbeiner. Er lädt das Tier in seinen Wagen ein. Es fällt ihm auf, dass die Terrierdame anscheinend eine geübte Mitfahrerin ist, da sie es sich im PKW umgehend gemütlich macht.
Wiederum einige Tage später wird seine Familie durch einen Zeitungsartikel auf das Verbrechen in dem Waldstück in der Eifel aufmerksam. Seine Frau meldet sich bei der Polizei, als beide einen Zusammenhang zwischen den Tierhaaren und dem Vierbeiner vermuten. Die Hündin ist zwar zwischenzeitlich bei einem Züchter abgegeben worden, befindet sich aber noch in dessen Obhut, so dass ihr Haare zum Vergleich mit den am Fundort entdeckten Spuren entnommen werden können.
Bei einer Untersuchung des Hundefells ergeben sich tatsächlich Übereinstimmungen. Anhand der Umstände halten es die Ermittler für nicht ausgeschlossen, dass der Terrier der unbekannten Toten bzw. deren Mörder gehörte. Ob das Tier ausgesetzt wurde oder unbeabsichtigt ausgerissen ist, kann nicht geklärt werden. Es verwundert aber, dass der Täter, der zuvor darauf bedacht war, keine Spuren zu hinterlassen, ein so relativ eindeutiges Indiz, dass die Identifikation der Frau erheblich erleichtern könnte, offenkundig fahrlässig sich seinem Schicksal überlässt.
Der Fahndungsansatz mit dem Hund und dem Zahnschema der Toten verspricht somit der Polizei gute Chancen auf Klärung des Mordfalls.
Die Sendung
Der Filmfall beginnt mit dem Ablegen der Leiche im Wald und der darauf folgenden Brandlegung sowie der anschließenden Entdeckung des Feuers. Außerdem wird ein Feuerwehrmann gezeigt, der sich den Boxkampf im Fernsehen anschauen möchte, der fast zeitgleich mit der Auslösung des Alarms beginnt. Ob wirklich ein Feuerwehrmann aus Kehrig die Morgenstunden vor dem TV verbrachte, bleibt für den Fall ohne Bedeutung. In XY-Filmfällen werden entsprechende Ereignisse gerne eingewoben, um die Rückbesinnung der Zuschauer an den relevanten Zeitraum zu erleichtern. Es erscheint einfacher, sich an ein spezielles Ereignis denn an ein bestimmtes Datum zu erinnern.
Da man nur wenig über die Tote weiß und sie zu Lebzeiten nicht kennt, steht das Opfer nicht im Mittelpunkt des filmischen Beitrags. Stattdessen werden die Ermittlungsarbeiten der Polizei in den Fokus gerückt. Der Zuschauer kann folglich den Kenntnisstand der Polizei anschaulich nachvollziehen. Die viel versprechenden Spuren (Zahnschema, Hund) werden ausführlich erörtert.
Die Hündin wird im Film von sich selbst gespielt. Mittlerweile heißt sie „Wuschel“, weil keiner ihren richtigen Namen kennt. Es wird gezeigt, wie ihr Finder sie aufliest. Die Weitergabe an den Züchter wird aber verschwiegen, im Film verbleibt Wuschel beim Finder. Dieses Detail bleibt für die Klärung des Falls ohnehin unbedeutend, somit kann über diesen Fehler hinwegsehen werden. Schließlich endet der Beitrag mit der Feststellung, dass diese Hündin sich zum fraglichen Zeitpunkt der Brandlegung wahrscheinlich am Fundort aufgehalten hat.
Erstmalig und auch zum einzigen Mal in der Geschichte von Aktenzeichen XY befindet sich ein Tier im Studio, um einen größtmöglichen Eindruck zu hinterlassen und eine hohe Anteilnahme an dem Verbrechen zu erzielen. Mit Hilfe der lebensnahen Darstellung sollen potentielle Zeugen ermutigt werden, sich mit Informationen an die Polizei zu wenden. Wuschel nimmt ihren Auftritt übrigens mit erstaunlicher Gelassenheit hin. Die Fragen, die der Polizeibeamte und Zimmermann stellen, beziehen sich besonders auf die Eigentumsverhältnisse des Tieres sowie auf das Zahnschema. Abschließend weist Zimmermann daraufhin, dass der Hund ein neues Zuhause gefunden hat.
Nach der Sendung
Wie zu erwarten war, fiel der Zuspruch der Zuschauer verhältnismäßig groß aus. Der Hund hatte es vielen angetan. Zur Aufklärung der Tat trug der Terrier jedoch nicht bei - da er weder Opfer noch Täter gehörte. Wie die Hundehaare auf die Decke gelangten, lässt sich hernach nicht feststellen – es war eine Falschspur. Vielleicht hat sich Wuschel zufällig Brandort bei der Entzündung aufgehalten, ohne dass der Täter es bemerkt hat.
In der Sendung vom 11. März 1977 kann Zimmermann schließlich die Aufklärung des Verbrechens vermelden, Der Polizei ist es - sowie es auch vermutet wurde - mithilfe eines behandelnden Zahnarztes gelungen, die unbekannte Leiche zu identifizieren. Der Dentist liest in einer berufsspezifischen Zeitschrift „Zahnärztliche Mitteilungen“ über den Fall und erkennt eine ehemalige Patientin, die er einige Jahre zuvor behandelt hatte, aufgrund ihres Zahnschemas wieder. Es handelt sich um eine Frau aus der Umgebung von Köln.
Am 16. Juni 1976, also dem Tage des Waldbrandes, gab ihr Ehemann eine Vermisstenmelddung auf. Nach der Identifikation seiner Frau gerät er unter Mordverdacht. In den Vernehmungen gesteht er schließlich das Verbrechen. Infolge eines Ehestreits erwürgte er seine Frau. Schließlich brachte er sie zum Fundort und zündete sie an.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 14:33 von Heimo
33. Sachsenzug
Tatzeit: 22. Dezember 1995
Tatort: Regionalexpress/Bahngleise zwischen Chemnitz und Glauchau
Zuständig: Kripo Chemnitz
XY-Ausstrahlung: 16. Januar 1998
Der Fall:
Grit W. (20) arbeitet als Röntgenassistentin in einer Dresdener Rehabilitationsklinik. Weil ihre Arbeitstelle ungefähr 110 Kilometer von ihrem Heimatort Crimmitschau entfernt liegt, bewohnt sie ein Zimmer des Schwesternwohnheims der Klinik. Am Wochenende oder über Feiertage fährt sie gelegentlich nach Hause zu ihren Eltern und zu ihrem Freund, der auch dort lebt. Für den Weg nach Crimmitschau, der quer durch das Bundesland Sachsen führt, nutzt sie in der Regel den Schienenverkehr.
Am 22. Dezember 1995 absolviert sie ihren letzten Arbeitstag vor dem Weihnachtsfest. Danach will sie den Regionalexpress 4412 Dresden – Zwickau nehmen, um nach Hause zu fahren. Genau um 20.36 Uhr, bei planmäßiger Ankunft des Zuges am Bahnhof Glauchau, ist sie mit ihrem Freund verabredet, der sie am Bahnsteig abholen möchte. Vereinbarungsgemäß wird er dort an der Stelle warten, wo der erste Waggon bei der Zugankunft halten wird. Niemand der beiden kann jedoch zum Zeitpunkt der Verabredung ahnen, dass diese Abmachung eine sehr fatale Auswirkung haben wird, die ihr Glück zerstören wird. Folglich findet sich die junge Frau rechtzeitig an der Bahnhofstation Freital-Deuben ein und wartet auf den Zug, der in Dresden um 18.55 Uhr gestartet ist.
In dem ersten Waggon befinden sich seit der Abfahrt aus der sächsischen Landeshauptstadt zwei Personen: Eine Geschäftsfrau sowie ein Mann im Alter von 25 bis 30 Jahren. Zunächst setzt er sich im leeren Waggon so hin, dass er sie ausgiebig beobachten kann. Mehrfach macht er sich danach durch rüpelhafte Verhaltensweisen bemerkbar. Der Mann scheint sich an ihrer Anwesenheit zu erregen und verärgert sie mit obszönen Gesten. Sie fühlt sich in der Gegenwart des Fahrgasts verständlicherweise zunehmend unwohl.
An der Haltestelle Freital-Deuben plant sie, den Platz zu wechseln und ein belebteres Abteil aufzusuchen. Weil aber weitere Personen – darunter auch Grit – um 19.15 Uhr in den Waggon einsteigen, ändert sie ihren Entschluss, um doch auf dem alten Platz zu bleiben. Der Bahnschaffner, der überprüft, ob alle Nutzer des Zuges auch ein Ticket gelöst haben, stellt keine Auffälligkeiten in dem Wagen fest, als er die neuen Fahrgäste kontrolliert. Die Lage scheint sich beruhigt zu haben.
In Chemnitz steigt die Geschäftsfrau schließlich aus und entfernt sich somit aus der ihr unangenehmen Situation. Auch andere Personen müssen den Zug in diesem Ort verlassen, so dass sich Grit nach dem Stopp ab 20.07 Uhr alleine mit dem Fremden im Abteil befindet. Sie ist wahrscheinlich ein wenig eingenickt und wegen der Musik aus ihrem Walkman noch zusätzlich abgelenkt, weshalb ihr die Vorgänge im Waggon verborgen blieben. Auch von dem eigenartigen Betragen des Mannes dürfte sie bislang keine Notiz genommen haben.
Irgendwann in der Zeit bis 20.23 Uhr, das ist der Zeitpunkt, als der Zug die Haltestelle Hohenstein-Ernstthal erreicht, kommt es zum Übergriff des Fremden auf Grit. Er nutzt wahrscheinlich aus, dass sie von der nahenden Bedrohung nichts ahnt. So hat sie keine Chance, um Hilfe zu rufen oder sich zur Wehr zu setzen, als er auf sie zukommt und zunächst brutal niederschlägt. Anschließend knebelt er die junge Frau und fesselt sie mit ihrem Gürtel. Dann vergewaltigt er das wehrlose und vermutlich bewusstlose Opfer.
Der Schaffner bemerkt von dem tödlichen Kampf nichts, da er entgegen seiner Gewohnheiten, nicht in jedem Waggon erneut kontrolliert, ob weitere Personen zugestiegen sind. Dass er dadurch einen Mörder bei seinem brutalen Vorhaben begünstigt, weiß er nicht.
Vor dem Halt in Glauchau geschieht das Unfassbare. Der Mann wirft Grit aus dem Fenster, wo sie später bei einem Bahndamm in Rusdorf tot aufgefunden wird. Ihr Freund wartet somit vergeblich am Bahnhof zum verabredeten Zeitpunkt auf ihre Ankunft.
Später fällt der Mörder am Bahnhof Zwickau Passanten auf. An einem Verkaufsstand wird er nicht umgehend bedient, weshalb er sich lauthals über die „Benachteiligung“ beschwert. Seine Spur verliert sich auf dem Bahnhofsvorplatz, wo er das letzte Mal Zeugen bewusst auffällt.
Da der Täter von mehreren Personen gesehen wurde, verfügt die Polizei über eine der Einschätzung nach gute Personenbeschreibung. Demnach wird er als recht kräftiger Mann mit dunkelblonden Haaren beschrieben und er sei Träger eines Oberlippenbartes. Zudem stamme er wohl aus dem Raum Zwickau, wie sein Dialekt aus den Gesprächen mit der Geschäftsfrau sowie mit anderen Zeugen vermuten lässt.
Es wird keine Phantomzeichnung von ihm angefertigt, sondern ein Polizist wird so gekleidet, dass er dem Mörder in seiner Aufmachung ähneln soll. Aber auch diese ungewöhnliche Maßnahme führt nicht zu dem erhofften Erfolg – der Täter wird nicht identifiziert.
Die Ermittler suchen nach weiteren Zeugen, die möglicherweise am Bahnhof in Hohenstein-Ernstthal auffällige Beobachtungen zu den Geschehnissen in dem besagten Waggon gemacht haben. Damit mögen sich besonders Insassen des Interregio Dresden – Oberstdorf angesprochen fühlen. Dieser Zug stand auf einem Parallelgleis neben dem Regionalexpress 4412, als dieser planmäßig in dem Bahnhof hielt. Zudem hat der Täter den auffälligen Walkman des Opfers entwendet, so dass auch nach dem gegenwärtigen Inhaber gesucht wird.
Die Sendung
Butz Peters leitet den Fall mit der Diktion „eine ganz harte Nuss“ ein. Er verweist auf die bisher vergeblichen Bemühungen der Polizei, des Mörders habhaft zu werden.
Im Film wird die Zugfahrt mit den Entwicklungen chronologisch meisterhaft rekonstruiert. Detailliert werden die Geschehnisse in dem Waggon wiedergegeben, die sich zu der fraglichen Zeit zugetragen haben dürften. Wichtige Uhrzeiten und Ortsnamen werden gezielt eingeblendet. Von der polizeilichen Ermittlungstätigkeit ist im Film hingegen nichts zu sehen.
Die Hauptpersonen in der szenischen Darstellung sind im Zug der Täter und die Geschäftsfrau. Das spätere Opfer gerät am Schauplatz des Verbrechens eher zur Statistin, da sie kaum durch Handlungen im Abteil auffällt. Vor dem Betreten des Zuges wurde sie kurz an ihrem Arbeitsplatz vorgestellt. Eine genauere Vorstellung ihrer Person bedarf es nicht, da sie Zufallsopfer ist. Der Mörder kommt nicht aus ihrem Umfeld; es hätte auch ein anderes Opfer treffen können. Der Täter hingegen bietet so viele Verhaltensauffälligkeiten, so dass er die zentrale Figur im Film wird.
Die Abneigung und die Empörung der Geschäftsfrau wirken im Film ebenso authentisch wie einige Aktionen des fremden Mannes. Die Erregung des Täters erscheint allerdings manchmal übertrieben dargestellt. So entsteht beim Betrachter die Frage, weshalb sich überhaupt jemand länger in seiner Nähe aufhalten mag, wenn er sich doch recht auffällig und obszön gebärdet. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die filmische Umsetzung dem tatsächlichen Verlauf dieser Zugfahrt nahezu entspricht.
Als Mörder und Opfer alleine im Abteil sitzen, erklingt das Schifferklavier. Damit ist klar, dass der negative Höhepunkt des Filmfalls bevorsteht. Der Täter greift die Frau an und die brutalen Handlungen werden angedeutet. Am meisten Ekel erregt sich, als der Mann das Opfer kaltblütig und gleichgültig aus dem Fenster auf die Gleise wirft.
Der Film endet mit dem Bild, dass Grits Freund am Bahnsteig wartet. Der Zuschauer weiß längst, dass seine Vorfreude bald von der Gewissheit, dass seine Freundin nicht mehr lebt, abgelöst wird, ohne dass diese Erkenntnis des jungen Mannes noch im Film gezeigt wird. Der Zuschauer fühlt mit, dass dieses Weihnachtsfest das traurigste für ihn und für einige andere Menschen sein wird.
Im Übrigen wird weder im Film noch im Studio erläutert, welches die exakte Todesursache von Grit ist. Es wäre denkbar, dass sie am Knebel erstickt ist oder erwürgt wurde. Eventuell wurde sie aber auch durch die Schläge schwer verletzt oder sie ist an den Gleisen erfroren. Möglicherweise wird die Ursache aus ermittlungstaktischen Gründen bewusst verheimlicht.
Nach der Sendung
Auch mit der Ausstrahlung des Falls bei Aktenzeichen XY gelingt es nicht, den Täter ausfindig zu machen. Schon zuvor war es der SAT 1 Sendung „Fahndungsakte“, bei dem der Fall filmisch noch brutaler umgesetzt wurde, nicht geglückt, die Tat aufzuklären.
Nach vier Jahren, kurz vor Weihnachten 1999, kann das Verbrechen doch noch geklärt werden. Der Täter verbüßte zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der XY-Sendung bereits eine lebenslange Freiheitsstrafe, die er auf Grund der Ermordung einer Prostituierten im Jahre 1996 antrat. Der DNA-Abgleich brachte die Polizei auf seine Spur im Mordfall Grit W.
Der Täter selber stammte aus Crimmitschau und war als Gleisbaufacharbeiter tätig. Er gestand nach dem Abgleich des genetischen Fingerabdrucks die Tat. Danach wurde den ermittelnden Beamten klar, dass ihre Fragen nach möglichen Augenzeugen aus dem Interregio ins Leere gehen mussten. Der Mörder schilderte, dass er die Frau auf die Toilette zog, als der Zug im Bahnhof von Hohenstein-Ernstthal hielt. Dort will er festgestellt haben, dass die Frau leblos war. Deshalb beförderte er sie aus dem Toilettenfenster und setzte die Fahrt schließlich fort.
Das Gerichtsurteil ist meines Wissens noch nicht rechtskräftig.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 14:49 von Heimo
34. Der Miramichi Fall
Tatzeit: 1. Mai 1971
Tatort: Bahnhofsgelände in Bremen-Oslebshausen
Zuständig: Kripo Bremen
XY-Ausstrahlung: 10. Dezember 1971
Der Fall
Die 17-jährige Veronika B. lebt bei ihren Eltern in Bremen-Vegesack. Während der Woche geht sie der beruflichen Tätigkeit einer Schuhverkäuferin nach. In ihrer knapp bemessenen Freizeit trifft sie sich gelegentlich mit Freunden. Am Wochenende vergnügt sie sich gerne wie viele ihrer Altersgenossen in Diskotheken, dabei sucht sie bevorzugt das „Miramichi“ in Bremen-Oslebshausen auf.
Allerdings gehört sie auch wegen ihres Alters zu dem Personenkreis, der in den Tanzlokalen darauf achtet, diese zeitig zu verlassen, um spätestens gegen Mitternacht zu Hause zu sein. Dabei nutzt sie in der Regel den Zug ab dem Bahnhof Oslebshausen, wenn sie vom „Miramichi“ den Heimweg antritt.
Am Abend des 1. Mai, einem Samstag, besucht sie wieder mal die Diskothek in der Oslebshauser Heerstraße. Gegen 21.45 Uhr verlässt sie diese kurz, um in Begleitung von zwei jungen Männern einen kleinen Imbiss in der „Park-Gaststätte“ zu sich zu nehmen. Danach kehrt sie wieder zurück. Von mehreren Besuchern wird Veronika wegen ihrer auffälligen schwarzen Hot Pants im Tanzlokal bemerkt. Zudem ist sie mit einer hellen Bluse und einem kurzen Mantel bekleidet und trägt eine braune Umhängetasche aus Wildleder mit sich. Kurz nach 23.00 Uhr verlässt sie die Örtlichkeit, da sie den Zug 4498 um 23.26 Uhr in Oslebshausen erreichen möchte. Im Gegensatz zu einigen anderen Stationen ist dieser Bahnhof nachts nicht besetzt.
Auf dem Weg zum Bahnsteig begegnet sie offenbar einem Mann, der sie in der Nähe der Haltestelle in einen Kampf verwickelt. Ihr gelingt es trotz kräftemäßiger Unterlegenheit, sich akustisch bemerkbar zu machen. Dabei wird sie von mehreren Personen gehört. Unter anderem vernimmt ein Ehepaar, das in der Nähe des Bahndamms wohnt, Hilferufe und meldet diese umgehend der Polizei.
Der Zug, den Veronika nehmen wollte, trifft pünktlich ein. In ihm haben sich mehrere Passanten eingefunden. Ein Mann, der aus dem Fenster eines der Waggons schaut, bemerkt die Auseinandersetzung zwischen der jungen Frau und ihrem Peiniger. Der Augenzeuge wird später aussagen, dass der Mann einen dunklen Anzug und ein weißes Oberteil, vermutlich ein Rollkragenpullover, trug. Anstatt jedoch geistesgegenwärtig die Notbremse zu betätigen, um dem Mädchen zu Hilfe zu kommen, ruft der Insasse einen weiteren Fahrgast hinzu, mit dem er gemeinsam den Fortgang des Verbrechens verfolgt. Wertvolle Zeit verstreicht dadurch ungenutzt. Begünstigt wird von dieser Unentschlossenheit schließlich nur der Mörder.
Als der Zug wieder fährt, unterrichten beide den Schaffner über den Vorfall, um die Erlaubnis für das Ziehen der Notbremse zu erhalten. Der Bahnbedienstete rät ab. Er verweist darauf, dass der Zug nicht umgehend stoppen würde, sondern erst in einiger Entfernung zur Station Oslebshausen zum Stehen käme. Dann befände man sich nicht mehr in Zugriffsnähe zum Tatort. Er schlägt vor, vom nächsten Bahnhof in Bremen-Burg aus die Polizei zu informieren. Diese wird dann auch tatsächlich benachrichtigt, allerdings ist sie bereits von dem Ehepaar verständigt worden, das die Schreie vernommen hatte.
Als die Ordnungshüter am vermeintlichen Tatort eintreffen, hat sich die Lage in der Nähe der Gleise wieder beruhigt. Sie können keine Anzeichen eines Verbrechens entdecken und müssen trotz Suchmaßnahmen unverrichteter Dinge wieder abziehen – Veronika hat zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei wahrscheinlich schon nicht mehr gelebt.
In der Nähe des Bahnhofs macht jedoch in dieser Nacht – noch vor dem Eintreffen der Polizei - ein anderes Ehepaar eine interessante Beobachtung. Ihm kommt ein Mann aus einem Weg vom Bahndamm entgegen, der sich hastig wegdreht, als er die zwei Spaziergänger sieht. Die verdächtige Person ist vermutlich mit einem schwarzen Anzug und darunter mit einem weißen Rollkragenpullover bekleidet.
Am nächsten Tag erstatten die Eltern von Veronika eine Vermisstenmeldung, nachdem eigene Nachforschungen in der Umgebung der Diskothek ergebnislos blieben.
Zwei Tage nach der Tat entkommen zwei Häftlinge aus der Jugendvollzugsanstalt. Ihre Flucht führt sie durch unübersichtliches mooriges Gelände in der Umgebung des Oslebshauser Bahnhofs. Die Polizei hat ihre Verfolgung aufgenommen. Dabei entdecken Justiz- und Polizeibeamte eine weibliche Leiche, die halb entkleidet in einem Gebüsch liegt. Ihre Identität kann schnell festgestellt werden. Veronikas Vater hat in seiner Funktion als Bediensteter des zivilen Bevölkerungsschutzes den Polizeifunk abgehört, weshalb er von dem Auffinden einer bis dahin unbekannten Toten erfährt. Sofort eilt er zum Fundort, wo er die Leiche als seine Tochter identifiziert.
Offensichtlich wurde Veronika misshandelt und vergewaltigt. Danach ist sie mit vier Stichen, die von der Klinge eines Springmessers stammen dürften, getötet worden und in dem unwegsamen Gelände versteckt worden.
Wiederum einige Tage nach der Entdeckung der Leiche wundert sich eine Spaziergängerin in der unmittelbaren Nähe zum Fundort der Leiche über einen blauen VW-Bus mit Essener Kennzeichen, dessen Fahrer sich in auffälliger Weise für das Sumpfgelände um den Liegeplatz der Leiche zu interessieren scheint.
Die Ermittler vernehmen viele Gäste des „Miramichi“, die sich dort am 1. Mai aufgehalten haben. Auch die gastronomischen Betriebe in Oslebshausen werden hinsichtlich besonderer Vorkommnisse befragt. Drei Monate nach der Tat gelingt es dann den Beamten, die Betreiberin der Gaststätte „Am Bahnhof“, die zwischen der Diskothek und dem Bahnhof gelegen ist, als Zeugin ausfindig zu machen. Sie weiß über einen merkwürdigen Vorfall zu berichten. Am Abend des 1. Mai war ein Mann aus Essen in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 23.00 Uhr Gast in dem Lokal. Er prellte die Zeche, ließ aber einen Schlüssel als Pfand zurück. Diesen holte er allerdings nicht mehr ab.
Die Zeugin kann sich noch recht gut an den Mann erinnern, der einen weißen Rollkragenpullover und einen dunklen Anzug trug. Er war um die 30 Jahre alt, ca. 1,80 m groß und dunkelhaarig und gab vor, einen blauen VW-Bus zu fahren. Nach den Angaben der Wirtin wird eine Phantomzeichnung erstellt.
Ihre Beschreibung bezüglich des Aussehens des Täters stimmt mit den Aussagen eines der beiden Zuginsassen und dem Pärchen, das am Bahndamm auffällige Beobachtungen machte, überein. Andere Zeugen haben hingegen deutlich andere Personenbeschreibungen abgegeben.
Folglich bleiben Irritationen und Konfusionen nicht aus, die die Ermittlung eines Verdächtigen erheblich erschweren. So verfügt die Polizei über unterschiedliche Angaben zum Täter, Tatablauf und gar der Anzahl der Täter. Zum Beispiel wurde kurze Zeit nach dem Verbrechen eine andere Täterbeschreibung veröffentlicht, die den Beobachtungen des Pärchens und des Fahrgasts widerspricht. Es gibt aber auch Hinweise, dass Veronika eventuell von zwei Tätern vergewaltigt wurde. Besonders durch einen anonymen Anruf ergibt sich dieser Verdacht.
Die Sendung
Der Filmfall trägt nicht allen Ansätzen Rechnung. Man hat sich auf eine Personenbeschreibung festgelegt. Somit wird nach dem Mann gefahndet, der in der Gaststätte die Zeche prellte, jedoch nicht zwangsläufig der Täter sein muss, aber ein wichtiger Zeuge für den Mord sein kann. Von den möglichen Verdächtigen, die im Laufe der Zeit ermittelt wurden, wird dem Zuschauer nichts mitgeteilt.
Der Filmfall erzählt in klassischer Form die chronologische Entwicklung der Begebenheiten. Veronika wird als sehr solides Mädchen mit einer gewissenhaften Berufseinstellung dargestellt. Sie wird als zurückhaltend und zugeknöpft beschrieben. So soll sie in der Diskothek grundsätzlich im Kreis von Frauen getanzt haben, damit es gar nicht erst zu Annäherungsversuchen von Männern kommen konnte. Sprecher Grönebaum unterstreicht diese Haltung mit den Worten: „Sie will nur tanzen, sonst nichts.“ Dass sie am Tatabend in Begleitung von zwei Männern kurz eine andere Gaststätte aufsuchte, erwähnt er jedoch nicht. Lediglich der Discjockey genießt scheinbar ihr Vertrauen, wie es der Film vermittelt. Die integre Darstellung der jugendlichen Frau entspricht der damaligen Vorstellung der Gesellschaft. Ob sie mit der Realität übereinstimmte, sei dahin gestellt und muss etwas in Zweifel gezogen werden.
Unheimlich ist die Szene, als das Mädchen und ihr Mörder miteinander kämpfen und die Zuginsassen als Zuseher verharren. Beigetragen hat hierzu auch, dass der Film in schwarz-weiß gedreht wurde. Auch die Unentschlossenheit der Fahrgäste, die der Situation eine Wendung hätten verschaffen können, wurde gelungen umgesetzt.
Regisseur Grimm erzeugt Mitgefühl, als er den Vater in den Film zur handelnden Figur macht. Dessen Betroffenheit wird im „Miramichi“ eindrucksvoll nachgezeichnet, als er händeringend eine Dame vom Putzpersonal um Informationen bittet, die ihm natürlich nicht helfen kann. Und jeder Betrachter kann die seelischen Schmerzen des Vaters auf dem Weg zur Fundstelle nachvollziehen, nachdem er die Nachricht über den Polizeifunk erhalten hat. Grimm setzt hier wirkungsvoll das Schifferklavier zur schaurigen Untermalung der Szene ein.
Die Polizei geht bei dem Mord von einer Zufallstat aus. Es hätte auch jedes andere Mädchen treffen können. Dennoch will man auch dahingehend ermitteln, dass der Täter sich ganz bewusst Veronika ausgeguckt hatte. So werden in der Sendung alle Nutzer des Zugs von Oslebshausen nach Vegesack gebeten, sich bei der Polizei zu melden. Vielleicht ergäbe sich so eine Spur, dass Täter und Opfer einander entgegen der Vermutungen doch vorher kannten. Man schließt nicht aus, dass der Mörder die Umstände gegebenenfalls ausgekundschaftet haben könnte und wusste, dass Veronika stets diesen Zug für den Heimweg wählte.
Zudem wird nach der Umhängetasche sowie einer Kette gesucht, die Veronika nach dem Mord entwendet wurden.
Nach der Sendung
Trotz einiger Hinweise kommt die Polizei nach Ausstrahlung der Sendung nicht weiter. Der Fall nimmt aber noch einen turbulenten Verlauf. Im Mai 1973 erinnert sich ein Bremer Polizist bei der Durchsicht der Akten daran, dass er im Dezember 1970 (!) einen Fahrzeughalter aus Essen kontrollierte. Dieser kann schließlich ermittelt und vernommen werden.
Er gibt zu, im fraglichen Zeitraum im Mai durchaus in dem Restaurant „Am Bahnhof“ gewesen zu sein und dort den Schlüssel hinterlegt zu haben. Ferner hält er es für möglich, dass er am Abend des 1. Mai 1971 einen Anzug mit weißem Rollkragenpullover getragen haben könnte. Dadurch gerät er in den Verdacht, Veronika begegnet zu sein und sie umgebracht zu haben. Auch wenn er bestreitet, mit der Tat etwas zu tun zu haben, verstrickt er sich in den polizeilichen Befragungen in Widersprüche. Außerdem finden sich Zeugen, die ihn im „Miramichi“ am selben Abend gesehen haben. Schließlich kommt es zu einer Anklage. Der Verdächtige wird zu 12 Jahren Freiheitsentzug vom Schwurgericht Bremen verurteilt.
Sein Verteidiger geht jedoch in Revision. Da das Schöffengericht bei den Verhandlungen nicht korrekt besetzt war, muss der Fall schon auf Grund formaler Gründe neu aufgerollt werden. Zudem ist die Tatsache merkwürdig, dass der Verdächtigen homosexuell ist. Folglich ergibt sich die Schlussfolgerung, dass er an dem Mädchen kein Interesse gehabt haben dürfte. Schließlich wird er bei der Neuaufnahme des Verfahrens freigesprochen.
Dieser Fall hat in den 70er Jahren für Furore gesorgt, da sowohl die polizeilichen Vernehmungen als auch die erste Gerichtsverhandlung nicht frei von erheblichen Fehlern und Unzulänglichkeiten gewesen sind. So geriet z.B. ein anderer Mann ins Fadenkreuz der Fahndung, leugnete trotz erheblicher Verdachtsmomente jedoch hartnäckig jede Beteiligung an dem Mord. Dabei schrieb er anderthalb Jahre vor dem Verbrechen eine Art Krimi-Drehbuch nieder, die durchaus Parallelen zum tatsächlichen Tathergang aufweist. Außerdem wurde er in der Tatnacht im „Miramichi“ gesehen. Auch die Täterbeschreibung passt auf ihn.
Zudem ergeben sich weitere Ungereimtheiten, als er nach anfänglichem Leugnen gesteht, zwar ein Springmesser besessen aber vor dem 1. Mai schon veräußert zu haben. Weiterhin hat er drei schwarze Anzüge ein paar Tage nach der Tat reinigen lassen, den entsprechenden Auftrag als Eilsache deklariert, um die Kleidung jedoch erst einige Wochen später wieder abzuholen. Überdies flog er mit dem Versuch auf, sich für die Tatzeit nachträglich ein Alibi zu verschaffen. Eine Überführung war aber bisher nicht möglich. Weil die Beamten damals bei ihren Ermittlungen nicht weiterkamen, haben sie die Akten unverständlicherweise geschlossen. Der Umstand, dass Zechpreller und Mörder trotz ähnlicher Kleidung und ähnlicher Beschreibung vermutlich nicht identisch sind, hat wahrscheinlich auch die Polizei mehr als nur verwirrt.
Entsprechende Spuren, die in der heutigen Zeit auf Grund neuester Untersuchungsmethoden anders bewertet werden könnten, sind auf Anweisung der Behörden vernichtet worden. Es besteht zwar die Hoffnung, dass sich in Laboren eventuell z.B. noch verwertbare DNA-Spuren vom Täter befinden, aber wahrscheinlich wird dieser Fall ungesühnt bleiben. Der Verdächtige aus Essen ist mittlerweile verstorben. Nachzulesen ist dieser Fall auch im „Lexikon der Justizirrtümer“ von Hans-Dieter Otto.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 21:57 von derautoprinz
hallo zusammen!
ich bin zwar erst neu hier - habe aber schon seit einiger zeit immer wieder auf dieser seite hereingezeigt . jetzt will ich mich das erste mal auch was schreiben - den filmfall nr.31 - junge in dem spukhaus - finde ich sehr interessant, da ich selber seit anderthalb jahren im willicher stadtgebiet arbeite. von dem fall habe ich allerdings nie gehört, aber ich kenn die alten bahnanlagen und die ehemaligen britischen soldatenwohnungen. ich würde supergerne mal den film dazu sehen. hat jemand diesen fall auf video und könnte diesen einstellen. ich glaube dass auch andere ein interesse an diesem doch sehr mysteriösen fall hat. bittet meldet euch - vielen dank ....
derautoprinz
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Do 23. Aug 2007, 06:37 von Bimbam
Hallo derautoprinz
Hier ist er. http://www.xy-ungeloest.tk/ Es ist der Filmfall der Kripo Mönchengladbach. :geek:
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Do 23. Aug 2007, 07:39 von Heimo
Bimbam hat geschrieben:Hallo derautoprinz
Hier ist er. http://www.xy-ungeloest.tk/ Es ist der Filmfall der Kripo Mönchengladbach. :geek:
Der Mord wurde später Kurt Steinwegs alias dem "Monster vom Niederrhein" zugeschrieben.
Eine Anmerkung. Ich habe bewusst (wie auch das Buch es gemacht hat), die richtigen Namen des Täters bzw. der Opfer nicht genannt. Mir sind die Namen durchaus bekannt, aber ich habe sie aus unterschiedlichen Gründen entfremdet.
Es macht nicht viel Sinn, jetzt - nachdem ich hier die Fälle beschrieben habe - nachträglich die Namen in die Runde zu werfen.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Do 23. Aug 2007, 07:46 von Bimbam
Ich habe den Täternamen wegeditiert. Ansonsten würde das alle Filmfälle betreffen da dort die Opfernamen genannt werden. Das macht dann auch keinen Sinn.
Danke aber für die Fallaufstellungen. Ist sehr interessant.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Beitrag Verfasst am Do 23. Aug 2007, 08:10 von Heimo
Bimbam hat geschrieben:Ich habe den Täternamen wegeditiert. Ansonsten würde das alle Filmfälle betreffen da dort die Opfernamen genannt werden. Das macht dann auch keinen Sinn.
Danke aber für die Fallaufstellungen. Ist sehr interessant.
Danke!
Ich habe die Opfernamen alle mit Phantasienamen besetzt.
Das gilt auch für den fünften Fall dieser Reihe, den ich bearbeitet habe und dabei auch hartnäckig blieb, bis ich alle Angaben hatte, um mir ein komplettes Bild zu machen.
Es ist ein Fall, bei dem ich eigentlich sagen muss, dass ich nicht ganz verstehe, dass dieser weder in einer Rückbetrachtung bei XY noch im Buch ausführlich behandelt wurde, da die Klärung des Verbrechens nur durch die Ausstrahlung der Sendung möglich wurde.
Re: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 04.02.2008 17:11von Falko Krause • 11 Beiträge
Re: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 26.03.2010 15:38von xyzuschauerseit72 • 1.079 Beiträge
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 08:40 von Heimo
31. Tod eines Jungen im Spukhaus
Tatzeit: 26. Oktober 1978
Tatort: Bahnhofsbaracke in Willich
Zuständig: Kripo Mönchengladbach
XY-Ausstrahlung: 01. Juni 1979
Kommissar und Täter haben nach wie vor Kontakt. Hier ein Link zu einem größeren Bericht in DIE ZEIT von September 2009:
http://www.zeit.de/2009/40/DOS-Todfreunde?page=all
RE: Re: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 31.05.2013 23:00von Heimo • 1.535 Beiträge
Hallo,
diese Fälle 31-47 habe ich geschrieben. Ich hatte sie gedacht als Fortsetzung/Ergänzung zum Buch "Aktenzeichen XY... ungelöst: Kriminalität, Kontroverse, Kult ", welches von XY-Fans geschrieben wurde. Sie sind im vergleichbaren Stil und Struktur gehalten (Opfernamen sind verfremdet, es werden Fall und Verfilmung beschrieben. Außerdem wird der Fortgang des Falls als Bericht wiedergegeben. In dem Buch werden nach dem Muster 30 Fälle besprochen (z.B. YOGTZE, Bodensee-Rätsel, Akazienweg).
Fall 48ff gibt es (noch) nicht.
RE: Re: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 01.05.2018 18:12von Universe77 • 23 Beiträge
Hallo, ich hoffe dies ist die richtige Stelle für die Information.
Der besagte Artikel "Todfreunde" (siehe zwei Posts weiter oben) findet sich als Nachdruck im neuen Magazin "Die Zeit - Verbrechen" (Ausgabe 1, Mai 2018) auf den Seiten 72ff. Neben dem Bericht sind auch einige Fotos zu sehen, darunter solche aus dem Jahr 1984 sowie mehrere aus dem März 2018. Ein kleines Update findet sich im Anschluss an den urspünglichen Text. Der Fall Andrew R. steht nicht im Fokus, sondern das ungewöhnliche Verhältnis zwischen Täter und Ermittler.
RE: Re: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 22.05.2018 22:52von Universe77 • 23 Beiträge
In Ergänzung zu meinem Hinweis zum Artikel "Todfreunde" kann ich nunmehr mit einem weiteren Link aufwarten. Zu der vorgenannten Geschichte ist auch ein Podcast der "Zeit" veröffentlicht worden. Hier der Link dazu: https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-05...kriminalpodcast
Auch hier: Der Einstieg erfolgt über den Fall Andrew R., steht aber nicht im Mittelpunkt der Betrachtung. Dennoch sehr interessant!
RE: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 17.06.2018 10:06von Ede-Fan • 612 Beiträge
Zitat von XY-Webmaster im Beitrag #1
Beitrag Verfasst am Mi 22. Aug 2007, 08:40 von Heimo
31. Tod eines Jungen im Spukhaus
Tatzeit: 26. Oktober 1978
Tatort: Bahnhofsbaracke in Willich
Zuständig: Kripo Mönchengladbach
XY-Ausstrahlung: 01. Juni 1979
Der Fall:
Richard P. (13) ist britischer Staatsbürger und lebt zusammen mit seinen Eltern in Willich. Sein Vater ist Ende der 70er Jahre bei der britischen Rheinarmee stationiert. Die Familie hat sich in einer englischen Wohnsiedlung in dem Ort niedergelassen, unterhält aber auch Kontakte zu deutschen Staatsangehörigen. Der Junge, der über gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, gestaltet seine Freizeit mit britischen und deutschen Kindern. Außerdem fährt er gerne mit seinem Fahrrad oder fällt durch seine Fähigkeiten auf dem Skateboard auf.
Mit seinen Freunden erkundet Richard öfter die Umgebung, wie es in diesem Alter üblich ist. Bei den Kindern zählt ein unbewohntes Haus zu den gerne besuchten Spielplätzen. Das Gebäude gehörte der Deutschen Bundesbahn und wurde in der Vergangenheit von deren Angestellten bewohnt. 1978 jedoch wirkt es sehr herunter gekommen, wohl auch, weil es seit einiger Zeit unbewohnt ist. Es wird gelegentlich von Landstreichern als Nachtquartier zweckentfremdet.
Die Eltern von Richard und dessen Freunde wissen später zu berichten, dass der Schüler eine innerliche Abneigung gegenüber dem Haus verspürte. Es kam ihm unheimlich vor. Möglicherweise hat er bereits zu Lebzeiten eine Vorahnung, dass sich in diesem Haus, das von den Kameraden als Spukhaus bezeichnet wird, sein Schicksal entscheiden wird. Diese Örtlichkeit meidet er jedenfalls, wie die späteren Ermittlungen ergeben.
Am Abend des 26. Oktobers diskutiert der Junge mit seinen Eltern über die Zuteilung des Taschengeldes. Er möchte es einen Tag früher als üblich erhalten, da am selben Abend im Ort der englische Jugendclub neu eröffnet und eingeweiht werden soll, bei dessen Renovierung er mitgeholfen hat. Schließlich geben seine Eltern nach und händigen ihm fünf Mark aus, so dass er beim Verlassen der Wohnung gegen 19 Uhr 7,50 D-Mark bei sich hat. Den direkten Weg zum Klub jedoch wählt er nicht, sondern fährt mit dem Rad in eine andere Richtung, möglicherweise wollte er vorab noch mit jemandem zusammentreffen, bevor er der Feier beiwohnt.
Noch zweimal wird Richard am Abend gesehen. Eine Zeugin beobachtet, wie er sich an einer Straßenecke mit zwei jungen Männern unterhält. Dieser Treffpunkt liegt unweit des Spukhauses. Die Zeugin kann nichts über den Gesprächsinhalt sagen, sie sieht aber, wie er gemeinsam mit den unbekannten Männern in einen angrenzenden Weg verschwindet. Dann verliert sich zunächst seine Spur. Im Jugendklub wartet man vergeblich auf sein Eintreffen.
Gegen 21 Uhr wird der Junge von seinen Eltern zurückerwartet. Entgegen seiner Gewohnheiten erscheint er nicht pünktlich zu Hause. Noch am selben Abend wird die Polizei informiert, als seine Eltern feststellen, dass er im Klub nicht gewesen war. Auch im weiteren Verlauf des Abends bleibt seine Heimkehr aus. Noch in der Nacht startet eine Suchaktion, an der sich britische und deutsche Polizeikräfte beteiligen. Sie bleibt aber zunächst ergebnislos.
Am nächsten Morgen wird sein Fahrrad jedoch vor dem Spukhaus entdeckt. Ein britischer Militärpolizist betrifft daraufhin das Haus. Er findet den Jungen entkleidet in einem der Räume. Richard wurde mit mehreren Messerstichen in den Brustkorb grausam ermordet. Anschließend hat der oder haben die Täter den Jungen mittels eines Messers versucht, den Jungen zu zerstückeln. Die Tatwaffe steckt in der Wand.
Aus dem Besitz des Jungen fehlen das von den Eltern erhaltene Geld, eine Halskette sowie eine recht auffällige Uhr, die in England gekauft wurde. Da man annimmt, dass Richard das Haus alleine nicht betreten hätte, vermuten die Ermittler, dass Richard P. seinen Mörder wohl gekannt haben musste. Von daher konzentriert sich die Suche nach dem Täter auf den Bekanntenkreis des Ermordeten. Daher werden die Ermittlungen in diese Richtung gelenkt. Es wird nach Personen gesucht, die mit Richard verkehrten und der Polizei bisher nicht bekannt sind.
Die Sendung
Noch Jahre später bleibt dem Zuschauer dieser Fall aufgrund mehrerer Umstände in Erinnerung. Zunächst handelt es um ein Verbrechen an einem Jugendlichen, außerdem wird das Mitgefühl aufgrund der Umstände und nicht zuletzt aufgrund des Bezugs des Jungen zum ominösen Tatort verstärkt. Im Mittelpunkt der Verfilmung wird die Person des Opfers gestellt. Dieses war Ende der 70er und Anfang der 80er typisch für XY.
Es wird sich zu Beginn der Verfilmung mit dem Wesen des Jungen befasst. Dabei wird auf seine Interessen und freizeitlichen Betätigungen näher eingegangen. Der Junge wird als aufgeschlossen und neugierig beschrieben. Die Abneigung zum späteren Tat- und Fundort wird im Film erwähnt und exemplarisch dargestellt. Auch wird die Behauptung aufgestellt, dass der Junge mit einem Unbekannten die Ruine niemals betreten würde. Das im Film gezeigte Haus vermittelt dem Betrachter einen heruntergekommenen Eindruck ? die reale Behausung hingegen galt durchaus als unheimlich.
Der letzte Abend des Knaben wird dem Kenntnisstand der Ermittler entsprechend wiedergegeben. Besonders verweist der Film darauf, dass Richard nicht den direkten Weg zum Jugendklub nimmt. Besonders in Erinnerung bleiben schließlich die Worte von Sprecher Grönebaum, als die Leiche von Richard gefunden wird: ?Der Junge ist in einem Haus gestorben, dass er - noch zumal bei Nacht - wohl freiwillig nie betreten hätte.?
Der Kommissar aus Mönchengladbach verbindet mit der Ausstrahlung die Hoffnung, die beiden Männer zu identifizieren, mit denen sich Richard in der Nähe des Tatorts getroffen hatte. Ferner setzt die Polizei darauf, den Täter mittels der gestohlenen Halskette und der auffälligen Armbanduhr zu überführen. Außerdem möchte man den Eigentümer des Tatmessers ermitteln. Zudem möchte die Polizei weitere Informationen über den Freundes- und Bekanntenkreis des Jungen sammeln, in dem sie den Täter vermutet.
Zur Aufklärung des Falls wird auch der britischen Soldatensender BFBS eingeschaltet. Dadurch sollten britische Zeugen gefunden werden, die der deutschen Sprache nicht mächtig wären, aber dennoch wichtige Angaben zu dem Verbrechen machen könnten.
Nach der Sendung
Die Ausstrahlung dieses Falles kann nicht zur Aufklärung des Verbrechens beitragen. Erst 1984 nimmt die Polizei einen Mann (damals 24) nach Begehung eines anderen Mordes fest. In den Vernehmungen gesteht der Täter aus freien Stücken insgesamt die Begehung von sechs Tötungsdelikten, zu denen auch der Mord an Richard im Spukhaus zählt. Hätte der Mörder diese Tat nicht freiwillig zugegeben, wäre der Mord in Willich vermutlich nie korrekt aufgeklärt worden, da zum Zeitpunkt des Geständnisses bereits ein anderer Mann die Tat gestanden hatte, die er gar nicht begangen hatte. Der richtige Mörder wird später aufgrund seiner scheußlichen Taten später als ?Monster vom Niederrhein? bezeichnet.
Nach den Schilderungen des Tatablaufes musste die Polizei einige ihrer getroffenen Annahmen zum Hergang und zum Täterkreis revidieren. Dazu zählt, dass sich Opfer und Mörder sich unmittelbar vor der Tat offensichtlich erstmals begegneten. Sie trafen sich zufällig an einer Ampel, wo der Täter den Jungen ansprach und unter einem Vorwand überredete, ins Spukhaus mitzukommen. Die Polizei befindet sich während der Fahndung also konsequent auf einer falschen Fährte, da es sich bei dem Verbrechen nicht wie erwartet um eine Beziehungstat handelte. Dieser Umstand erschwerte die Arbeit der Ermittler immens und machte einen Erfolg unmöglich.
Im Nachhinein lässt sich das Bild des integeren Jungen nicht vollständig aufrechterhalten. Er hielt weder den Verlockungen seines Mörders stand noch mied er das Haus, das ihm ? wie im Filmfall suggeriert ? suspekt erschien. Daraufhin wurde er zur leichten Beute für den Täter, der den begeisterten Skateboardfahrer ohne große Anstrengungen in die Falle lockte. Dort überwältigte er den Jungen und richtete ihn grausam zu. Das Motiv des Verbrechens dürfte in der Befriedigung der abnormen Bedürfnisse des Täters zu suchen sein.
Der Mörder wird von der 1. Jugendstrafkammer ? bei der Tatausübung war er 19 Jahre alt ? des Landgerichts Mönchengladbach wegen vierfachen Mordes angeklagt. Er wurde zu zehn Jahren Jugendstrafe mit Sicherheitsverwahrung verurteilt. Bei der Begehung des ersten Mordes war der Täter übrigens 14 und konnte für diese Tat nicht verantwortlich gemacht werden. Bei einem weiteren Tötungsdelikt, das er mit einem Komplizen verübte, konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, dass er dem Opfer die entscheidenden tödlichen Verletzungen beibrachte. Aufgrund seiner ?seelischen Abartigkeit? wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
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Re: Einige XY-Fälle in komprimierter Form
Gestern war wieder Crime-Time auf ZDF-Info. In Reihe "Ermittler!" geht in der Folge "Im Dunkel der Nacht" der ehemalige Ermittler Hennes Jöries auf den Spukhausfall ein. Hier der Link zur Mediathek:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/ermittler-im-dunkel-der-nacht-102.html
RE: XY-Fälle in komprimierter Form 1 (Übernahme)
in Filmfälle 31.08.2018 00:32von vorsichtfalle • 699 Beiträge
Hallo zusammen,
Zu diesem Fall erschien nochmal ein Beitrag. Ich meine aber das er so ziemlich deckungsgleich zum von @Ede-Fan geposteten Beitrag ist
https://www.zdf.de/nachrichten/hallo-deu...oerder-100.html
Viele Grüße
01.06.1979 FF Mord an Andrew Robinson (Fall 7) "Monster vom Niederrhein"
in Filmfälle 07.11.2018 23:02von Punker • 605 Beiträge
Zu dem o.a. Filmfall und dem Täter ein aktueller Zeitungsartikel des rheinländischen "Express":
https://www.express.de/duesseldorf/er-en...rhein--31522000
« 01.06.1979 FF3 (Mönchengladbach) Mord an Andrew R. (Spukhaus) | 10.10.1986 FF3 (Nürnberg) Dampfnudelbäck » |
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