Zusammenfassung mehrerer Artikel aus der Nahe-Zeitung vom April 1994
Zwei Gangster rammten auf der Autobahn den Wagen eines Idar-Obersteiner Diamanthändlers (54) und eröffneten sofort das Feuer. Allerdings mußten sie ohne Beute flüchten: Der Händler konnte seine Steine aus dem Auto retten. Der Überfall ereignete sich am Autobahnkreuz Landstuhl, als der Mann mit einer Mitarbeiterin auf der Rückfahrt von der Uhren- und Schmuckmesse in Basel war. Das Duo hatte den Wagen des Händlers längere Zeit verfolgt. Auf dem Zubringer von der Autobahn Mannheim-Saarbrücken zur A62 in Fahrtrichtung Trier rammten sie mit ihrem in Belgien gestohlenen Auto das Idar-Obersteiner Fahrzeug, überholten es und stellten ihr Auto vor dem des Diamanthändlers quer. Ohne Vorwarnung eröffneten sie dann nach Darstellung der Kripo Kaiserslautern das Feuer. Der Mann wurde dabei an der Schulter getroffen, seine Begleiterin erlitt einen Unterarm-Durchschuß. Die Männer zerrten ihre Opfer aus dem Auto und wollten damit flüchten. Doch der Wagen sprang nicht sofort an. Dies nutzte der Idar-Obersteiner: Er öffnete den Kofferraum, griff zum Koffer, in dem er Edelsteine im Wert von rund 3 Millionen Mark transportierte. Geistesgegenwärtig warf er den Koffer dem Fahrer eines Lastwagens zu, der in diesem Moment den Tatort passierte! Die Gangster flüchteten ohne Beute mit dem Wagen ihres Opfers, einem silberfarbenen BMW mit dem Kennzeichen BIR – .... Kurz nach dem Überfall in der Nacht zum Freitag kam zufällig eine Polizeistreife am Tatort vorbei. Die Autobahn wurde zur Spuren-Sicherung gesperrt. Die Schußverletzungen sind nach Auskunft der Ärzte im Krankenhaus von Landstuhl nicht lebensgefährlich.
Einige Tage später berichtet die Nahe-Zeitung über eine Spur zu den Tätern: Das Fluchtfahrzeug, der silbernfarbene BMW des Edelsteinhändlers, wie das Polizeipräsidium Westpfalz in Kaiserslautern mitteilte, sei im nahegelegenen Forbach in Frankreich gefunden worden. Der Innenraum sei total ausgebrannt. Bei dem Überfall hatten die beiden Täter, von denen der eine „wie ein Seemann“ aussehen soll, das von ihnen benutzte Fahrzeug am Tatort zurückgelassen. Der silbernfarbene Lancia war in der Nacht zum 23. März 1994 im Stadtbereich der belgischen Hauptstadt Brüssel gestohlen und seitdem von den Tätern benutzt worden. Das Fahrzeug mit dem belgischen Kennzeichen KBZ ... und dem belgischen Nationalitäten-Kennzeichen „B“ ist am Donnerstag vergangener Woche in St. Ingbert gesehen worden. Der Polizei ist mittlerweile bekannt, daß die beiden Täter dort gegen 11.30 Uhr in einem Einkaufsmarkt Einkäufe getätigt haben. Nicht ganz ausschließen will die Polizei einen Zusammenhang zwischen dem Überfall am Freitag und dem Ende Februar auf einen Schmuckhändler in Idar-Oberstein. Damals hatte der Sohn des Schmuckhändlers die Räuber in seinem Privatwagen verfolgt, sie am Staatsbauamt im Stadtteil Algenrodt gestellt. Bei einem Schußwechsel wurde einer der Täter getötet und ein anderer lebensgefährlich verletzt. Auch im Februar waren die Täter mit einem belgischen Wagen unterwegs. Ebenfalls weder bestätigen noch dementieren wollte die Polizei die Vermutung, daß der Überfall auf der Autobahn die Tat einer organisierten Bande gewesen sein könnte.
Der Fall ist meines Wissens bis heute nicht geklärt. Aber der Überfall hat in der Branche damals die Sicherheits-Diskussion neu belebt. So meinte der damalige Börsenpräsident Dieter Hahn: „Es wird uns nie gelingen, das Risiko ganz auszuschließen.“ Aber die Möglichkeiten seien begrenzt, meinte Dieter Hahn. Er bezeichnete zwei Ziele als vorrangig: Zum einen sollte zukünftig verstärkt im Pulk zu Messen und zurück gefahren werden. Zum anderen wollten die Branchenvertreter bei den Innenministerien von Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erreichen, daß eine bestimmte An- und Abfahrtsroute durch diese drei Länder zu Anfang und am Ende der großen Messen in Basel und München verstärkt beobachtet und gesichert wird. Eine andere Lösung kommt nach Ansicht von Dieter Hahn für etliche Aussteller nicht in Frage: Professionelle Sicherheitstransporte seien oft zu zeitaufwendig und umständlich. Denn mancher Händler nutze Messetermine, um auf dem Hin- und Rückweg noch Kunden zu besuchen.
Was aus diesen Ansätzen für mehr Sicherheit bei Edelstein- und Schmucktransporten geworden ist, ist mir leider nicht bekannt.