Auch FF 3 vom 08.05.1998 passt hier gut: Es ging um Raub mit Geiselnahme, um an eine große Menge Briefmarken zu kommen. Später kam heraus, dass die angebliche Geisel mit den Tätern unter einer Decke steckte. Hierzu zwei Berichte von damals, einer vor der Klärung und einer danach:
19.11.1997
7 Stunden Todesangst
VON ZEBO
Schock im Traditionshaus Sellschopp. Unbekannte nahmen einen der Inhaber des Briefmarkenhauses und seine Frau als Geiseln, räumten Tresore aus. Beute: Eine knappe Million Mark. Ihre Opfer lebten sieben Stunden in Todesangst.
Ein Haus in Billstedt, 15.30 Uhr: Kaum tritt Diana B. aus dem Fahrstuhl, drängen sie zwei mit Pistole und Revolver bewaffnete Maskierte in die Wohnung. Und zwingen die 31jährige, ihren Mann anzurufen.
"Sie sagte, sie müsse etwas Wichtiges mit mir besprechen", erinnert sich Philatelist Klaus B. Nach Feierabend fuhr er nichtsahnend zu ihr. Schon an der Wohnungstür wird er niedergeschlagen. "Ich verlor die Brille, alle Räume waren stockdunkel - nur eine Kerze brannte", berichtet der 38jährige. Ein Täter verlangt Geld, droht "Ich erschieß' dich." Doch B. hat kein Bargeld. Immer wieder beteuert er, sein Besitz stecke in Briefmarken.
Während Klaus B. mit einem der Täter in der Wohnung zurückbleibt, fährt der Komplize mit Diana B. in das Briefmarkengeschäft an der Paulstraße. Klaus B. hatte ihm die Kombinationen und Schlüssel der Tresore geben müssen. Horror für Klaus B., der - gefesselt, ein Handtuch über dem Kopf - auf dem Bauch in der Wohnung liegt.
Verzweifelt versucht unterdessen seine Frau, Passanten auf sich aufmerksam zu machen. Doch der Räuber zerrt sie in seinen blauen Mercedes und fährt zurück nach Billstedt. "Ich hatte Todesangst", erinnert sich ihr Mann. Er dachte an seinen Sohn, der bei Bekannten war.
Acht Holzkästen mit Briefmarken erbeuten die Gangster, Wert: mehr als 800 000 Mark. Dann verschwinden sie spurlos.
Jetzt sucht die Kripo die beiden Täter: Der erste ist etwa 38 Jahre alt, knapp 1,85 Meter groß und kräftig. Er hat einen Schnauzbart, trug Jeans, einen dunklen Mantel und schwarze Turnschuhe. Sein Komplize ist knapp 1,70 Meter groß, kräftig und trug ein blau-schwarz-kariertes Hemd. Hinweise bitte an die Kripo, Tel. 283 8731.
Quelle: http://archiv.mopo.de/archiv/1997/19971119/9168014338455.html05.10.2000
Abgekartetes Spiel gegen den Ehemann
VON RENATE PINZKE
Die herausgewachsene Dauerwelle hat Diana B. (34) mit Haarspangen in Form zu bringen versucht. Müde, verlebt, schuldbewusst sitzt die ehemalige Prostituierte auf der Anklagebank des Landgerichts. Das Opfer ihrer Tat ist ihr Ehemann Klaus B. (40). Vorwurf: Geiselnahme und schwerer Raub.
Diana B. ist geständig. Ebenso wie die Mitangeklagten Andreas Sch. (33), Robert F. (40) - beide sind auch in das Verfahren gegen "Albaner-Willi" verstrickt - und Oliver K. (21). Ein Verbrechen, aus dem die Liebe bereits als Sieger hervorging. Doch die Justiz wird nicht so milde verfahren.
Es ist der 17. November 1997, als Diana B. ihren Mann in seinem Briefmarkenhaus "Sellschopp" anruft und ihm sagt, sie müsse etwas Wichtiges mit ihm besprechen. Kurz darauf lässt sich Diana B. von ihren Kumpanen mit Klebeband an Händen und Füßen fesseln. Als Klaus B. vor der Wohnungstür in Billstedt steht, wird er niedergeschlagen, ins Haus geschleppt und sieht, wie seine gefesselte Frau mit einem Schlagstock bedroht wird. Die drei maskierten Räuber hantieren mit Pistole und Messer, erpressen die Zahlenkombination der Geschäftstresore von Klaus B., fesseln auch ihn - mit einem Telefonkabel - an Händen und Füßen und legen ihm ein Handtuch übers Gesicht. Zwei Räuber fahren dann mit Ehefrau Diana ins "Sellschopp" an der Paulstraße, räumen drei Tresore leer: Sie nehmen Briefmarken im Wert von 1,2 Millionen Mark und knapp 6000 Mark in bar mit.
Ein Verbrechen, beinahe perfekt inszeniert - zunächst wird Ehefrau Diana B. ebenfalls für das Opfer dieser brutalen Räuberbande gehalten. Doch als die Kripo einen Hinweis aus Frankfurt erhält, wo die millionenschwere Beute in einem Auktionshaus auftaucht, platzt die Geschichte.
Vor Gericht lässt Diana B. über ihren Anwalt sagen: "Ich wollte als Prostituierte aussteigen. Robert F. verlangte von mir aber 10000 Mark ,Abstecke'. Ich hatte das Geld nicht, wollte meinen Mann auch nicht fragen. Ich stand sehr unter Druck." Sie habe sich nicht an der Planung der Tat beteiligt, aber darauf vertraut, dass ihrem Mann nichts passieren würde. "Ich glaube, er hat mir die Tat, die mir wie ein Albtraum aus ferner Zeit erscheint, verziehen. Wir leben nach wie vor in getrennten Wohnungen. Aber mein Mann und ich verbringen die Wochenenden zusammen und fahren auch gemeinsam in den Urlaub."
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.
Quelle: http://archiv.mopo.de/archiv/2000/20001005/200010051216.html