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10.09.76 FF1 (Kripo München) Mord an 3 Prostituierten

in Filmfälle 18.10.2008 14:32
von Goldberg • 14 Beiträge

Ich bin grade bei der Ansicht älterer Fälle über diese Geschichte gestolpert.
Dabei geht es um die in unserem wohlbekannten Videoportal unter der Rubrik Nachspiel verlinkten Artikel (der zweite der beiden von der tz).

Die ersten beiden Morde sind geklärt worden, der dritte ist noch ungeklärt. Im Anschluß an den Artikel der tz finden sich diverse Kommentare.

uU äußert sich (angeblich) der mittlerweile an HIV erkrankte Sohn des Opfers, der mehr oder weniger direkt den ehemaligen Freund seiner Mutter (wohl ein V-Mann der Polizei) beschuldigt.

Was haltet ihr denn von dieser Geschichte?

LG


zuletzt bearbeitet 07.12.2013 19:24 | nach oben springen

#2

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 18.10.2008 15:02
von bdvogel (gelöscht)
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Hier der TZ-Artikel zum Fall:
http://www.tz-online.de/de/aktuelles/muenchen/artikel_43292.html

Auf die Sache hatte hier im Forum auch schonmal uschi hingewiesen: http://azxy.communityhost.de/thread/?thread__mid=170496057.

Ein ausführliches Review zum Fall von Heimo gibts hier (unter "Fall 42", Posting vom 22.6.2008 ):
XY-Fälle in komprimierter Form 4

Bernhard.
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#3

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 12.12.2012 00:09
von bastian2410 • 1.663 Beiträge
10.09.1976 FF 1 (Kripo München) FF 1
Prostituiertenmorde in München
Der Würger von Regensburg Teil 1


1. Verbrechen (Waltraud F.)
Tattag: 22. August 1975 gegen 21.30 Uhr
Tatort: Winzererstraße in München-Schwabing
Todesursache: Erdrosseln

2. Verbrechen (Fatima G.)
Tattag: 24. August 1975 im Laufe des Tages
Tatort: Arcisstraße in München- Schwabing
Todesursache: Erdrosseln

3. Verbrechen (Hildegard „Gigi“ W.)- ungeklärt
Tattag: 28. April 1976 gegen 15 Uhr
Tatort: Volkartstraße in München- Neuhausen (heute Neuhausen-Nymphenburg)
Todesursache: Erdrosseln

weitere Verbrechen (Mord an 5 Rentnerinnen)
Tatzeitraum: 7. April 1981 bis zum 7. September 1993
Tatort: Regensburg
Todesursache: Erwürgen bzw. Erdrosseln



Mitte der 70er werden in der bayerischen Landeshauptstadt 3 Prostituierte ermordet- der Anfang einer unglaublichen Mordserie eines Serientäters. Die Morde in München lösen Unruhe im Milieu aus und beherrschen monatelang die Gazetten der Boulevardpresse. Ein Unschuldiger wird festgenommen und nur durch anwaltliches Geschick und zwei glaubhafte Zeugen freigesprochen. Der Fall schreibt Kriminalgeschichte- erst 19 Jahre nach den Morden kann der Täter durch ein in Deutschland neu in Betrieb genommenes Computerprogramm zum Abgleich von Fingerabdrücke gefasst werden. In den Vernehmungen gesteht er fünf weitere Morde, drei der Todesfälle wurden bis zum Geständnis nicht als Morde erkannt. Ein Fahndungserfolg, der einen Ausnahmetäter zur Strecke bringt, der aus Habgier 7 Menschen tötet und als der Würger von Regensburg in die deutsche Rechtsgeschichte eingeht.

(Anm: Die Opfer- und der Tätername wurden aufgrund der Bedeutung des Falles lediglich abgekürzt. Andere Namen- insbesondere von Zeugen und weiteren Verdächtigen- wurden selbstverständlich verfremdet. Der Name des Ehemanns eines Opfers, der festgenommen und später freigesprochen wurde, wurde ebenfalls verfremdet. Diese Person hat jedoch nach dem Verfahren seinen Namen geändert, der mir nicht bekannt ist. Rückschlüsse auf den wahren Namen durch die Verwendung des Alternativnamen wären rein zufällig. Zeit- und Ortsangaben entsprechen dem wirklichen Fall)

Der Fall


München- bayerische Landeshauptstadt und mit ca. 1, 4 Mio. Einwohnern drittgrößte Stadt der Bundesrepublik Deutschland. Eine Stadt der Gegensätze. Die Partyszene und die Münchner Schickeria sind legendär: Shoppen auf der Maximilianstraße, Feiern mit Champagner im P1. Die Stadt hat aber auch ihre dunklen Seiten. München ist immer wieder Schauplatz vieler spektakulärer Kriminalfälle, die sich in verschiedenen Milieus abgespielt haben.
Die Prostitution wird zu Recht als das älteste Gewerbe der Welt angesehen, bereits im Altertum existierte vor mehr als 3000 Jahren die so genannte Tempelprostitution. Mitte der 50er Jahre hat sich in den Großstädten- vor allem in Frankfurt und München- dann die Edelprostitution etabliert. Die Frauen stehen nicht auf der Straße, sondern inserieren ihre Dienste in Zeitungen; es wird nicht nur Sex verkauft, sondern die Kunden kaufen sich für ein paar Stunden eine „Freundin auf Zeit“. Zur Stammkundschaft gehören i.d.R. vermögende Männer, Promis und wahrscheinlich auch Politiker. Die gesellschaftliche Bewertung der Prostitution ist von kulturellen, ethischen und religiösen Werten abhängig und unterliegt einem starken Wandel- trotzdem genießt das Gewerbe auch heute noch trotz gesetzlicher Regulierungen eine begrenzte Akzeptanz.

Und gefährlich war dieses Milieu schon immer. Der bekannteste Fall dürfte auch heute noch der Mord an der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt sein, die 1957 in Frankfurt in ihrer Wohnung erwürgt wurde. 9 Jahre später wurde ebenfalls in Frankfurt die Prostituierte Helga Matura ermordet. Beide Frauen hatte durch ihre „Dienste“ ein Vermögen in sechsstelliger Höhe angehäuft, die Verbrechen wurden jedoch- aus welchen Gründen auch immer- nie aufgeklärt. Promis und sogar die Bonner Regierungsprominenz sollen zur Stammkundschaft gehört haben.

In den 70ern häufen sich auch die Mordfälle im Münchner Milieu. Ein halbes Dutzend von Morden an Prostituierten beschäftigt zu jener Zeit die Münchner Kripo. Die Tätersuche gestaltet sich für die Beamten bei Morden in diesem Milieu schwierig, da zwischen Opfer und Täter in den meisten Fällen keine weitere persönliche Beziehung besteht und Beteiligte in diesen Kreisen ungern mit der Polizei sprechen. Der Höhepunkt der Mordserie wird im August 1975 erreicht, als die Polizei binnen 48 Stunden im gleichen Stadtteil zwei Prostituierte ermordet entdeckt und die Taten die Handschrift eines Täters tragen.
In Schwabing, ein Nobelstadtteil in München und schon damals beim Szenepublikum aufgrund seiner Kneipenkultur sehr beliebt, bietet auch die 24jährige Waltraud F. in der Winzererstraße ihre Dienste an. Seit 5 Jahren arbeitet die junge Frau als Prostituierte in München und verlangt für den normalen Verkehr 100 DM die Stunde. Pro Tag verdient sie auf diese Weise 1000 DM, viel Geld für damalige Verhältnisse. Verlobt ist Traudl seit einiger Zeit mit dem 57jährigen Michael R., den sie regelmäßig über ihre Freier und deren Besuche zum Schutz informiert. So auch am 21. August, als sie in einen Telefonat mitteilt, dass sie morgen mit einem Kunden- einem Urlauber aus Mainz- einen Bummel durch Schwabing machen will. Das letzte Lebenszeichen erhält der Verlobte am 22. August um kurz vor 20 Uhr, als sie am Telefon erwähnt, dass der Mann jetzt da sei, aber doch lieber in der Wohnung bleiben wolle. Kurz nach dem Anruf wird Waltraud F. ermordet. Die Prostituierte wurde mit ihrem eigenen Hausanzug erdrosselt und nackt unter einem Badetuch versteckt.

Als der Verlobte am späten Abend seine Freundin immer noch nicht erreicht hat und am Telefon nur das Besetztzeichen ertönt, fährt er zu der Wohnung in die Winzererstraße. Als er die Wohnung gegen 23 Uhr betritt, denkt R. erst, Einbrecher hätten die Abwesenheit seiner Verlobten ausgenutzt, da die Schranktüren offenstanden und der Inhalt herausgerissen war. Dann findet er seine Verlobte jedoch nackt unter dem Badetuch- mit dem Drosselwerkzeug, ihrem Hausanzug, um den Hals verknotet. Michael R. verständigt sofort die Polizei.

Die Rechtsmediziner finden neben den Merkmalen eines Todes durch Erdrosseln auch zahlreiche Hämatome am Oberkörper und Schienbein. Der Todeszeitpunkt wird auf 21.30 bis 22 Uhr festgelegt. Die Polizei findet in der Wohnung kein Geld und geht von einem Raubmord aus. Nach Aussage des Verlobten hatte die junge Prostituierte immer viel Geld in der Wohnung, bis zu 30 000 Mark, die sie hinter einer Glastür in der Diele versteckt habe. Außerdem soll sie „einige Tausender“ in der Brieftasche gehabt haben.

Zwei Männer geraten zunächst im Fall Traudl in Verdacht. Der 57jährige Verlobte des Opfers kann ein Alibi vorweisen. Zudem wurde ein Schuldschein einer anderen Person über 50 000 Mark gefunden. Weitere Ermittlungen ergeben jedoch, dass der Schuldschein schon seit längere Zeit bezahlt wurde und der Schuldner für die Tatzeit ebenfalls ein Alibi vorweisen kann. Zudem kann die Polizei auf einem Whiskyglas zwei Abdrücke beider Zeigefinger sicherstellen, die vermutlich vom letzten Freier vom Waltraud F. hinterlassen wurden. Den beiden Männern können die Abdrücke jedoch nicht zugeordnet werden.

Die Ermittlungen im Mordfall F. laufen gerade an, als die Beamten nur 48 Stunden später erneut zu einem Mordfall nach Schwabing- nur 2 Kilometer vom ersten Tatort entfernt- gerufen werden. Das Opfer ist die 23jährige Fatima G., die von ihrem Ehemann in ihrer Wohnung in der Arcisstraße ermordet aufgefunden wird. Alex G. informiert sofort die Polizei. Auch diese Wohnung wurde durchwühlt, sämtliche Schränke stehen bei Eintreffen der Kripo offen. Eine Damenbrieftasche und eine Diplomatentasche liegen leer auf dem Boden, auch sonst findet die Kripo kein Geld in dem Appartement.

Fatima gilt zu dieser Zeit als das schönste und teuerste Callgirl in München, soll bis 1500 DM für ihre Dienste verlangt haben. Ihrem Ehemann lernt sie 1972 in einem Bordell in Spanien kennen und folgt ihm zunächst nach Hamburg. 1974 heiratet die aus Marokko stammende Fatima Alex G. im dänischen Tondem. Eine Scheinehe, wie ihr Ehemann später angibt, damit sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt. In München bietet die Marokkanerin ihre Dienste als „Soraja“ bzw. „Blume Arabiens“ per Zeitungsinserate an, die ihr Ehemann aufgibt. Der gelernte Rohrschlosser Alex G. legte zunächst eine 130000 DM- Pleite mit einer Boutique hin, ehe er mit einem Startkapital von 700000 DM eine Künstleragentur gründete. Das Geld hatte er von einem Stammkunden seiner Frau, der über beide Ohren in Fatima verliebt war und sie auch angeblich heiraten wollte. G. managte in der Vergegangenheit Tourneen von dem belgischen Sänger Adamo und Marcel Marceau, einen berühmten französischen Pantomime. Eigentlich wollte er auch die Tournee „Udo75“ von Udo Jürgens als Tourneebegleiter planen, die Verhandlungen hatten sich jedoch zerschlagen. Um vielleicht doch den einen oder anderen Kontakt zu knüpfen, begleitet Alex G. dennoch die Tour.

Auch Fatima G. wurde durch Erwürgen und Erdrosseln getötet. Der Täter hatte sein Opfer zunächst bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und danach mit einem Kleidungsstück aus dem Besitz von Fatima G. - einer Bluse- erdrosselt. Der Leichnam weist zahlreiche Hämatome am ganzen Körper auf und somit die ähnlichen Verletzungen wie im Fall Traudl F. Nach Erkenntnissen der Rechtsmedizin war Fatima G. in den frühen Morgenstunden des 24. August gestorben. Am Abend vor ihrem Tod war die Frau mit einem Bekannten ihres Mannes chinesisch Essen gegangen und in einer Disco gewesen. Für die Bestimmung des Todeseintritts wurde u.a. der Mageninhalt der Toten untersucht und so der Todeszeitpunkt auf 4 bis 6 Uhr bestimmt.

Bei der Tatortuntersuchung sichern die Beamten der Spurensicherung an der Bluse, die Fatima um den Hals geknotet wurde, zwei Haare. Neben der Leiche werden zwei Knöpfe gefunden, die vom Täter stammen müssen. Unter den Fingernägeln des Opfers und an einem Papiertaschentuch im Badezimmer findet die Kripo Blut. Eine Blutgruppenbestimmung kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl das Blut unter den Fingernägeln als auch das auf den Taschentuch der Gruppe A zu zuordnen ist. Das Opfer hatte die Blutgruppe O.

Obwohl die Polizei aufgrund der Vorgehensweise und dem ähnlichen Verletzungsbild der Opfer in beiden Mordfällen vom gleichen Täter ausgeht, gerät zunächst Alex G. in Tatverdacht. Er kann allerdings ein Alibi vorweisen und einen Zeugen benennen. Mit einer Musikergruppe hatte Alex G. die Tourneereise von Udo Jürgens nach Vaduz in Lichtenstein begleitet. Am Abend des 23. August 1975 stellte sich bei einem Zwischenstopp in Oberstaufen jedoch heraus, dass ein Musiker aus dieser Gruppe sein Pass in München vergessen hatte. Der Konzertmanager machte sich mit einem Freund, der ebenfalls seinen Pass vergessen hatte, auf den Weg nach München. Nach der Ankunft um 4 Uhr morgens in München holte G. zunächst den Pass seines Musikers aus dessen Wohnung, danach fuhr man in das Büro des Freundes und holte auch sein Dokument. Vor der Rückfahrt nach Oberstaufen wollte Alex G. noch mal nach seiner Frau schauen und fuhr zusammen mit seinen Freund in die Arcisstraße. Als jedoch in der Wohnung von Fatima kein Licht mehr an war, entschied man sich, auch kurz in dem Lieblingsrestaurant seiner Frau, den Traditionslokal Lamm's Heuriger am Sendlinger Torplatz, nachzuschauen. Als jedoch Fatima dort auch nicht zu finden war, fuhren beide zurück nach Oberstaufen. Der Freund bestätigt vor der Polizei die Angaben von Alex G. und sagt aus, dass er bis auf ein paar Minuten ständig mit Alex G. zusammen gewesen war. Der Ehemann von Fatima wird daher zunächst als Täter ausgeschlossen.

4 Tage nach dem Mord an Fatima G. wird in München eine Massagesalon- Besitzer festgenommen, der von den dort beschäftigten Mädchen Zahlungen zwischen 1000 und 1500 Mark monatlich verlangt hat. Ein Zusammenhang zu den Schwabinger Prostituiertenmorden kann die Polizei jedoch nicht herstellen. Auch ein Hinweis auf eine nach amerikanischem Muster organisierte Bande, die von den Prostituierten in München "Schutzgebühren" eintreibt, stellt sich als kalte Spur heraus.

Auch in den nächsten Monaten geht die Mordserie an Prostituierte weiter. Die Vorfälle sorgen für viel Unruhe im Milieu. Da die Serie das gesamte Rotlichtmilieu von München erfasst, verlassen viele Prostituierte die Straßen und bieten ihre Dienste in sogenannten Liebeshäusern an. Die Morde in Schwabing lassen auch der 26jährigen Hildegard „Gigi“ W. keine Ruhe. Auch sie zählt zum Gewerbe der Edelprostitution und bietet ihre Dienste in der Volkartstraße im Stadtteil Neuhausen (heute Neuhausen-Nymphenburg) an. Die Vorlieben ihrer Freier dokumentiert Gigi in ihrem Adressbuch, in dem sie auch Telefonnummern ihrer Kunden aufschreibt. 1970 kommt Gigi- nach der Geburt ihres Sohnes und der Trennung von ihrem damaligen Freund- nach München und arbeitet seit dieser Zeit als Prostituierte. Schnell findet sie einen neuen Freund, der auch ihren Sohn akzeptiert, und lebt mit ihm in Milbertshofen zusammen.

Kurz nach den Morden verlässt auch Hildegard W. aus Angst vor dem Mörder München und zieht zu ihren Eltern. Doch schon nach wenigen Wochen ist die Angst vergessen und im Milieu kehrt wieder Ruhe ein. „The show must go on“ heißt es auch bei Gigi. Ende des Jahres 1975 kehrt sie wieder nach Neuhausen zurück und empfängt ihre Freie wieder im Appartement 126. Zu dieser Zeit bekommt die 26jährige regelmäßig Besuch von einem merkwürdigen Kunden, der vorgibt, bei der Firma Siemens zu arbeiten und aus Stuttgart, Nürnberg oder Augsburg kommt. Im Laufe der nächsten Monate gehört dieser Mann zu den Stammfreiern von Hildegard. Die merkwürdigen Eigenschaften des unbekannten Mannes bleiben auch dem persönlichen Umfeld der jungen Prostituierten nicht verborgen und sind bei persönlichen Treffen öfter Gesprächthema. Zu sexuellen Handlungen kommt bei den Besuchen des Unbekannten nie. Zudem soll er wöchentlich einen Arzt aufsuchen und auf der Straße Steine aus dem Weg räumen, damit niemand darüber stolpert.

Am Tattag, den 28. April 1976, hat sich der merkwürdige Freier erneut für einen Besuch um 15 Uhr angekündigt. Gegen 14 Uhr telefoniert W. noch einmal mit einer Kollegin, danach war das Telefon ausgehängt. Was dann am 28. April 1976 zwischen 14.45 und 15.45 Uhr in Apartment 126 geschieht, kann nie geklärt worden. Nach 16 Uhr versucht die Kollegin mehrmals, Gigi telefonisch zu erreichen. Kurz nach 18 Uhr verständigt sie den Freund von Gigi, der sofort nach Neuhausen fährt und seine nackte Freundin ermordet auf dem Bett vorfindet.

Hildegard W. wurde zunächst mit einer Strumpfhose gewürgt, danach mit einem Messer ins Herz erstochen. Aus der Wohnung mitgenommen hat der Täter das Notizbuch der Toten, den Wohnungsschlüssel und den Personalausweis. Auch wurde kein Geld gefunden, wahrscheinlich hat der Täter auch die Ersparnisse der Frau mitgenommen. Auch Gigi hatte zwischen 100 und 200 DM die Stunde verlangt, über die Vermögensverhältnisse und Ersparnisse konnten der Freund bzw. weitere Bekannte jedoch keine Angaben machen.

Die Kripo schließt einen Zusammenhang zu den Morden in Schwabing nicht aus, ermittelt jedoch auch in andere Richtungen. Im Mordfall W. hatte der Täter zwar auch sein Opfer mit einem Kleidungsstück aus deren Besitz gewürgt, anschließend jedoch mit einem Messer erstochen. Auch hatte der Mörder längere Zeit Kontakt zu seinem Opfer gehabt und sogar ein persönliches Verhältnisse aufgebaut. Im Mordfall Traudl und Fatima geht die Polizei jedoch von einen, maximal zwei Treffen zwischen Täter und Opfer aus. Die Beamten schließen auch nicht aus, dass Hildegard W. die pikanten Informationen über die Gewohnheiten und Vorlieben ihrer Freier, die sie in ihr Notizbuch notierte, verwendete, um Kapital daraus zuschlagen. Auch hier könnte das Motiv für den Mord liegen.

Die Fahndung konzentriert sich in der Folgezeit auf die Identifizierung des letzten Freiers. Sollten die merkwürdigen Eigenschaften des Unbekannten nicht vorgetäuscht worden sein und er wirklich ein verklemmtes und distanziertes Verhältnis zu Frauen haben, sieht ihn die Polizei als große Gefahr an, der jederzeit wieder zuschlagen kann.

Davor warnt die Polizei auch in Aktenzeichen xy im September 1976. Der Fall führt in ein Milieu, das viele Menschen mit einer eigenartigen Mischung von gegensätzlichen Gefühlen betrachten, Ablehnung, gleichzeitig aber auch Interesse und Neugier: Das Milieu der Edelprostitution- Die Einleitung von Eduard Zimmermann zu diesem Filmfall. Im Mittelpunkt dieses FF steht der Mordfall Gigi W. Die Mordfälle Traudl F. und Fatima G. werden zwar ebenfalls rekonstruiert, jedoch nur am Rande erwähnt. Fahndungsfragen der Kripo München werden ausschließlich zum Fall Gigi gestellt. Die Fragen richten sich gerade an den Personenkreis, die Hinweise zur Identifizierung des letzten Freiers von Gigi geben können. Sollte der Unbekannte mit seinen merkwürdigen Eigenschaften anderen Leuten aufgefallen sein und er bereits wieder Kontakt zu anderen Frauen aufgenommen hat, könnten diese in Lebensgefahr schweben.

Trotzdem: Das Rotlichtmilieu kommt nicht zu Ruhe. Kurz vor der Ausstrahlung in Aktenzeichen xy wird eine weitere Prostituierte in München ermordet, Bis Anfang 1982 hat die Polizei insgesamt 11 Dirnenmorde auf den Tisch liegen, die seit 1970 in München verübt wurden und nicht aufgeklärt werden konnten. Im Fall Fatima zeichnet sich jedoch nach der TV- Ausstrahlung eine Wende ab. Die Beamten erhalten von einem Zeugen einen Hinweis, der den Freund, der Alex G. am 24. August mit nach München begleitet hat, eine Stunde ohne Begleitung des Ehemannes von Fatima im Lokal Lamm's Heuriger gesehen haben will. Sofort verhört die Polizei den Freund. Er räumt nach Angaben der Kripo sofort ein, G. etwa eine Stunde lang am Morgen des 24. August 1975 allein gelassen zu haben. Ein Mitglied der Musikergruppe, die Alex G. auf der Reise nach Lichtenstein betreut hatte, sagt aus, G. habe ihm gegenüber den Mord an seiner Frau gestanden.

Kurz vor Weihnachten 1976 wird Alex G. von der Münchner Kripo verhaftet. Nach Ansicht der Anklage wollte sich das Opfer von G. trennen, da sie einen neuen Mann kennengelernt hatte und diesen auch heiraten wollte. Da auch Alex G. von den Einnahmen seiner Frau gelebt haben soll, sieht die Staatsanwaltschaft in diesem Entschluss von Fatima G. das Tatmotiv. Schließlich habe auch dieser Mann dem Konzertmanager das Startkapital für seine Agentur überlassen und dieses Geld hätte G. nach einer Trennung wohl zurückzahlen müssen. 14 Monate nach der Festnahme erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes. Der 26 jährige hatte in Vernehmungen den Mord vehement abgeschritten. Zudem wird G. wegen Zuhälterei und Betrug angeklagt, weil er sich unter betrügerischen Absichten das Startkapital für seine Konzertfirma beschafft hatte.

G. streitet den Vorwurf des Mordes vor dem Münchner Schwurgericht vehement ab und bezichtigt die Staatsanwaltschaft, Beweise manipuliert und eine Anklage konstruiert zu haben. Zudem zweifelt er die Richtigkeit des Gutachtens der Rechtsmedizin an. Er habe am Mittag des 24. August mit seiner Frau noch telefoniert. Laut Rechtsmedizin war Fatima zu diesem Zeitpunkt bereits 6 bis 8 Stunden tot. Für dieses Telefonat könne er zwei Zeugen benennen. Und tatsächlich bestätigen mehrere Zeugen das Telefonat. Er führte nach Aussagen der Zeugen ein "Guten Tag - wie geht's - auf Wiedersehen"-Gespräch. Er telefonierte nicht lange, nicht mehr als 2 bis 3 Minuten.

Und in der Tat muß die Polizei nach diesen Aussagen eine schwere Ermittlungspanne eingestehen. Nach ersten Ermittlungen hatte der Angeklagte, wenn der Beschuldigte nach München telefoniert hat, höchstens zwei Gebühreneinheiten lang für das Telefonat verbraucht, also maximal 36 Sekunden. Nicht bedacht wurde jedoch, daß der 24. August ein Sonntag war, an dem man billiger telefonieren kann. Zwei Gebühreneinheiten hätten ein Gespräch von mehr als zwei Minuten ermöglicht.

Zwei weitere Zeuginnen berichten, Sonntagmittag noch Geräusche aus der Wohnung von Fatima gehört zu haben. Als dann weitere Kripobeamte die Vermutung äußern, bei der Bestimmung der Raumtemperatur könnten Fehler unterlaufen sein, wird Alex G. vom Gericht nach 14 Monaten U- Haft am 4 Verhandlungstag auf freien Fuß gesetzt. Das Schwurgericht begründet seine Entscheidung damit, dass Fatima G. am Mittag des 24. August noch am Leben war. Vieles spricht dafür, dass die Prostituierte gegen die Mittagszeit ermordet wurde, nämlich zur der Zeit, als Zeugen Geräusche in der Wohnung gehört haben. Für die Zeit hat der Angeklagte jedoch ein wasserdichtes Alibi. Zu dieser Zeit war er mit seiner Musikergruppe in Oberstaufen unterwegs. Erst als er seine Frau am Abend telefonisch nicht erreichen kann, und sich auch wegen der Vorfälle im Fall Traudl W. Sorgen macht, fährt er erneut in eine Nachtfahrt nach München. Auch entlastet Alex G. das in der Tatwohnung vorgefundene Blut unter den Fingernägeln und auf einen Taschentuch im Badezimmer. Der Angeklagte hat die Blutgruppe B, das Opfer die Blutgruppe 0, das untersuchte Blut die Gruppe A. Es kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß die Getötete im Todeskampf den Täter mit den Fingernägeln verletzt hat und sich der Täter das Blut mit dem gefundenen Tempo-Taschentuch abwischte. Die an der Bluse vorgefundenen Haare können zwar von Alex G. stammen, eine sichere Zuordnung sei jedoch nicht möglich.

Trotz der Freilassung beantragt die Anklage eine Verurteilung wegen Totschlags zu 13 Jahren, die Verteidigung fordert einen Freispruch. Im März 1978 wird Alex G. vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Der Betrugsvorwurf wurde bereits vor dem Plädoyer eingestellt. Die Verdachtsmomente für eine Verurteilung wegen Totschlags seien nicht ausreichend. Wegen Zuhälterei wird Alex G. jedoch zu 21 Monaten Haft verurteilt.

Teil 2 folgt morgen: Die Fahndung beginnt von vorne
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#4

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 12.12.2012 16:39
von bastian2410 • 1.663 Beiträge
Teil 2:
10.09.1976 FF 1 (Kripo München) FF 1
Prostituiertenmorde in München
Der Würger von Regensburg Teil 2


Im Januar 1981 wird die 41jährige Prostituierte Karin Lewandowsky in München auf bestialische Weise ermordet. Der Täter hat seine Opfer zunächst gefesselt, dann betäubt und dann die Kehle durchgeschnitten. Der Täter wird drei Wochen später gefasst, ein Fernmeldetechniker aus München. Er war im Milieu bekannt für seine sadistischen Sexvorlieben. Karin Lewandowsky hatte er zunächst gefesselt (BDSM- Sex), versagte jedoch beim sexuellen Akt. Die Prostituierte lachte ihren Kunden aus und verspottete ihn. Der Fernmeldetechniker schlug daraufhin sein Opfer und betäubte es mit Chloroform. Nach kurzer Zelt war die Frau jedoch wieder zu sich gekommen und hatte mit Anzeige gedroht. Das war ihr Todesurteil. Der unheimliche Besucher schnitt ihr mit einem Rasiermesser die Kehle durch.

Die Polizei hält den Festgenommenen zumindest im Fall Gigi W. für tatverdächtig. Weil die Ehefrau zu jener Zeit hochschwanger ist, verzichtet die Polizei zunächst auf eine Öffentlichkeitsfahndung- erst nach der Geburt des Kindes geht die Kripo an die Öffentlichkeit. Hinweise auf den Münchner in Zusammenhang mit dem Mord in Neuhausen gehen jedoch nicht ein, ein Tatverdacht läßt sich auch in den anderen ungeklärten Prostituiertenmorden nicht erhärten.

Am 26. Januar 1983 wird die 67jährige Rentnerin Martha L. in Regensburg von einem Nachbarn in ihrer Altwohnung tot aufgefunden. Zunächst deutet nichts auf ein Verbrechen hin, auf dem Totenschein wird eine natürliche Todesursache vermerkt. Trotzdem wird von der Staatsanwaltschaft auf Drängen der Kripobeamten eine Obduktion angeordnet. Den Beamten waren Druckstellen am Hals und eine Wunde am Hinterkopf des Opfers aufgefallen. Zudem wurde der Tatort manipuliert- der Täter hatte Blut von Küchenboden aufgewischt. Die Obduktion kommt zu dem Ergebnis, dass Martha L. durch ein Herz- und Kreislaufversagen infolge stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Hals gestorben ist. Weitere Ermittlungen führen die Beamten zu dem damals 44- jährigen Maler Horst D. Er war mit dem Opfer bekannt und hatte im Herbst 1982 deren Wohnung tapeziert. Horst D. hatte sich auf die Renovierung von Wohnungen älterer Damen spezialisiert. In seiner Vernehmung gibt D. an, am 26. Januar zwar in Regensburg gewesen zu sein, ein Bekannter habe ihn dann zum seinem Wohnort nach Hainsacker mitgenommen, wo er gegen 17 Uhr angekommen sei. Der Bekannte bestätigt der Kripo gegenüber diese Angaben- Horst D. wird als Täter ausgeschlossen.

Die Ermittlungen in den Prostituiertenmorden von München und im Fall Martha L. laufen ins Leere. 10 Jahre nach der Tötung von Martha L. gerät Horst D. erneut ins Visier der Ermittler. Am 7. September 1993 wird die fünfundachtzigjährige Rentnerin Mathilde S. in ihrer Wohnung in Regensburg durch ihren Sohn erwürgt aufgefunden. Es ist die Nachbarin von Horst D., die ein Stockwerk über ihm wohnt. Auch mit ihr war D. bekannt und nannte sie sogar liebevoll „Muttl“. D. hatte sich Sorgen gemacht, da er von Mathilde S. 2 Tage nichts gehört hatte und den Sohn gebeten, mal in der Wohnung nachzusehen. Die Beamten schließen zunächst ein Sexualverbrechen nicht aus, da dem Opfer die Strumpfhose heruntergezogen wurde- Anzeichen für eine Vergewaltigung finden die Rechtsmediziner jedoch nicht. Die Rentnerin hatte die Angewohnheit, stets einen hohen Geldbetrag in einem Kuvert in ihrer Schürzentasche mit sich zu tragen- auch dieser Kuvert fehlt bei Auffinden der Leiche.
Die Kripo findet die Fingerabdrücke von D. in der Wohnung der Rentnerin. In den Vernehmungen gibt Horst D. an, fast täglich in der Wohnung seiner Nachbarin gewesen zu sein. Auch bei Renovierungsarbeiten habe er öfters geholfen. Die Kripo nimmt D, trotzdem fest, läßt ihn jedoch wenige Tage später wieder frei. Erst als die Kriminaltechnik Faserspuren auf der Unterwäsche des Opfers findet, die mit der Kleidung von D. übereinstimmt, wird der nun 55-jährige im November 1993 wegen Mordverdacht erneut festgenommen. Nach Ansicht der Richter sind die Indizien gegen Horst D. im Mordfall S. jedoch für einen Schuldspruch nicht ausreichen- die Faserspuren auf der Kleidung des Opfers seien nicht unverwechselbar und D. habe sich zeitweise berechtigt in der Wohnung seiner Nachbarin aufgehalten. Im Februar 1994 wird Horst D. aus der Untersuchungshaft entlassen.

Im Dezember 1993 wird beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden das Automatisierte Fingerabdruckidentifizierungssystem- kurz AFIS genannt- in Betrieb genommen. Ein Computerprogramm, welches ermöglicht, Fingerabdrücke digital effektiver zu speichern und zu vergleichen. Die Dienststellen haben über die Landeskriminalämter der verschiedenen Bundesländer jederzeit die Möglichkeit, auf die Datenbank beim BKA zuzugreifen. Anfang 1994 werden routinemäßig auch die Fingerabdrücke von Horst D., der in zwei Mordfällen erkennungsdienstlich erfasst wurde, an das Bayerische Landeskriminalamt in München übersandt. Beim Abgleich der von der Kripo Regensburg genommenen Fingerabdrücke mit gespeicherten Daten ergibt sich eine Übereinstimmung: Im Mordfall Traudl F. im August 1975 hatten die Beamten an einem Whiskyglas zwei Fingerabdrücke sichergestellt. Diese Fingerabdrücke stimmen mit denen von der Kripo Regensburg im Mordfall Martha L. und Mathilde S. abgenommenen Abdrücke von Horst D. überein.

Einen Monat nach dem Treffer in der Datenbank wird Horst D. von der Kripo München am 7. Juni 1994 in seiner Wohnung in Regensburg verhaftet. Schon in seiner ersten Vernehmung gesteht er die Morde an Waltraud F., Fatima G. und Mathilde S. Als Motiv für die Prostituiertenmorde von München gibt D. an, dass er mit den beiden Frauen in Streit geriet, weil sie mehr Geld verlangten als vorher vereinbart war. Im Fall Waltraud F. kam es noch zum Geschlechtsverkehr, als F. plötzlich 300 statt der schon bezahlten 100 Mark verlangte. Als er sich weigerte, das zu bezahlen, habe sie ihm von hinten mit allen zehn Fingernägeln den Rücken zerkratzt, ihn geschlagen, bespuckt und wüst auf ihn eingeschimpft. Dann hatte D. sie gepackt, auf das Bett geworfen und mit einem Kleidungsstück erdrosselt.

Ähnlich war es im Fall Fatima. Noch ehe es zum Sex kommt, habe die Frau statt der vereinbarten 150 plötzlich 300 Mark verlangt. Nach Angaben von Horst D. hatte er den Preis abgelehnt und wollte die Wohnung verlassen. Fatima G. sei ihm aber nachgelaufen, habe auf ihn eingeschlagen und ihn auf Arabisch angeschrien. D. würgte daraufhin das Call- Girl mit den Händen, verknotete ein Kleidungsstück um ihren Hals und verließ die Wohnung, nachdem er sich noch die Hände gewaschen hatte. Einen Raub bestreitet D. jedoch, lediglich im Fall Traudl F. habe er die zuvor bezahlten 100 DM mitgenommen.

Mathilde S. musste sterben, weil sie nicht bereit war, ihrem Nachbarn 20 Mark zu leihen. Auch sie habe D. zunächst beschimpft und als Lügner bezeichnet. Als sein Opfer anfängt zu schreien, habe D. die Rentnerin auf die Couch geworfen und gewürgt. Schließlich wurde S. mit ihren eigenen Kleidungsstücken, die ihr D. ins Gesicht drückte, erstickt.

In der nächsten Vernehmung gesteht D. auch den Mord an Martha L. in Regensburg. Bereits nach Auffinden der Leiche geriet D. ins Visier der Ermittler, konnte jedoch ein Alibi für die Tatzeit vorweisen. Auch die 67jährige Frau musste sterben, weil sie ihm kein Geld leihen wollte. Auch weiteres Betteln half nichts. Aus Wut griff D. nach einer Suppenkelle, die auf dem Küchentisch lag, und schlug der Frau mit voller Wucht auf den Hinterkopf. Nachdem sein Opfer um Hilfe schrie, wurde sie von D. erwürgt. Nach der Tat zog er der Frau die Strumpfhose herunter, damit es nach einem Sexualdelikt aussah. Auch in diesem Fall bestreitet der Regensburger eine Raubabsicht. Nach Ermittlungen der Polizei fehlten aus dem Besitz der Rentnerin mindestens 1000 DM. Das Opfer hatte wenige Tage vor ihrem Tod bei der Sparkasse Regensburg 2000 DM für eine Spanienreise mit ihrem Lebensgefährten abgehoben, nachdem die Reise jedoch storniert wurde, 1000 DM wieder einbezahlt. Das Geld hatte das Opfer in einen Kuvert der Sparkasse Regensburg aufbewahrt- dieser Kuvert wurde in der Wohnung jedoch nach dem Mord nicht aufgefunden. Einen Diebstahl des Geldes streitet D. jedoch ab, ebenso Spuren nach der Tat verwischt zu haben.

Nach der Festnahme von D. richtet die Kripo eine 26köpfige Sonderkommission ein, die herausfinden soll, ob D. für weitere ungeklärte Dirnenmorde verantwortlich ist. Allein in den siebziger Jahren wurden in München 9 Prostituierte ermordet, die bis heute noch nicht aufgeklärt wurden. Auch untersucht die Kripo Verbindungen zum spektakulären Mordfall der Edelprostituierten Esmeralda aus München- Schwabing. Das Callgirl der Luxusklasse wurde am 29. März 1993 tot in ihrer Badewanne in ihrer Zweizimmerwohnung von einem Freund aufgefunden. Der Täter hatte sein Opfer nach einem Schlag auf den Kopf bewusstlos in die Badewanne gelegt und ertrinken lassen.

Auch die Presse berichtet ausführlich über die Taten von Horst D., der in der Boulevardpresse nur der „Würger von Regensburg“ genannt wird. Bereits die Prostituiertenmorde von Schwabing hatten monatelang die Gazetten der Medien beherrscht. Gerade über den Mord an Fatima G., dem teuersten und schönsten Call- Girl Münchens und eine Bekanntheit im Milieu, wird als der sogenannte „Kätzchenmord“ ausführlich berichtet.

In der Folgezeit wird Horst D. weiter verhört und gesteht für die Kripo völlig überraschend drei weitere Morde. Am 10. April 1981 soll Horst D. die 59-jährige Rentnerin Barbara E. in ihrer Regensburger Wohnung ermordet haben. Die Rentnerin war eine Zufallsbekanntschaft, die D. beim Malern kennengelernt hatte. Die Frau hatte D. gebeten, ihr diesmal das Schlafzimmer zu tapezieren. Als er morgens gegen 8 Uhr in seiner Malerkluft bei Barbara E. klingelt, habe man zunächst zusammen Kaffee getrunken. Nach dem Kaffeetrinken hat D. seinen Opfer unvermittelt am Hals gepackt, gewürgt und, als sie am Boden lag, mit einem Kissen erstickt. Dann drückt er ihr, um ein Herzversagen bei der Hausarbeit vorzutäuschen, einen Staublappen in die rechte Hand. Weil er von früheren Malerarbeiten in ihrer Wohnung weiß, daß sie Geld aufbewahrt, findet er noch 250 DM und eine Münzsammlung.

Die 70-jährige Maria B. ermordet der Würger von Regensburg am 26. Oktober 1984. Auch bei ihr sollte er die Wohnung renovieren- beide kannten sich ebenfalls von früheren Malerarbeiten. Im Oktober 1984 kommt er zu ihr in die Wohnung, um über die anfallenden Arbeiten zu sprechen. Wegen seiner ständigen Geldprobleme und weil am Abend Tanzen gehen will, fordert D. eine Vorauszahlung - eine Bedingung auf die die alte Dame nicht eingehen will. Aus Wut darüber, kein Geld zum Ausgehen bekommen zu haben, legt D. seine Hand auf den Mund der Rentnerin und drückt die Nase zwischen Daumen und Zeigefinger zusammen. Als Maria B. bewusstlos wird, drückt er ihr noch ein Kissen ins Gesicht. Vor dem Verlassen der Wohnung findet er noch eine Holzfigur, ein paar silberne Untersetzer und eine Kristallvase. Diese Sachen nimmt er mit und verkauft die Sachen später für 300 DM. Um die Tat zu vertuschen, legt er die Leiche im Schlafzimmer ins Bett und deckt die Tote zu. Angehörige der Rentnerin verständigten schließlich in den Abendstunden die Polizei, weil sie Maria B. nicht erreichen konnten.

8 Jahre später ermordet Horst D. die 84-jährige Regensburgerin Kunigunda T. in ihrer Wohnung. In deren Haus in der Drei- Kronen-Gasse in Regensburg hatte D. sieben Jahre gewohnt, bevor in das Haus zog, in dem er seine Nachbarin Mathilde S. ermordete. Aus dem Mietverhältnis hatte Horst D. bei T. noch Schulden in Höhe von über 20000 DM. Diese Schulden wollte die Rentnerin jetzt bei D. eintreiben. D. besucht die Frau im Januar 1992 in ihrer Wohnung, um mit ihr reden und eine Lösung finden. Nach dem Betreten der Wohnung an der Türschwelle zur Küche habe er jedoch von hinten seinen Arm um sein Opfer gelegt und zugedrückt, bis sie schließlich zusammensackte. Um den Mord zu vertuschen, lege D. seinem Opfer ein Werbeprospekt in die Hand. Nach der Tat habe er sofort die Wohnung verlassen, weil jederzeit der Sohn des Opfers kommen konnte.

Dass die drei Todesfälle Morde waren, erfährt die Staatsanwaltschaft erst durch das Geständnis von D. Er verstand es, die Tatorte so arrangiert, dass sie wie Haushaltsunfälle aussahen. Ein Richter am LG München ordnet in den Todesfällen Barbara E., Maria B. und Kunigunda T. die Exhumierung an. In allen drei Fällen attestierten die Rechtsmediziner bei Auffinden der Leichen eine natürliche Todesursache. Die Obduktion erfolgt in der Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität in München und ergibt im Mordfall Kunigunda T., dass Zungenbein und Kehlkopfskelett gebrochen waren - ein eindeutiges Indiz dafür, daß die Frau erwürgt wurde. In Fälle Barbara E. und Maria B. konnte die Todesursache nicht mehr nachgewiesen werden. Die Verwesung war schon zu weit fortgeschritten, um eine eindeutige Todesursache zu attestieren.

In derselben Zeit wird in Graz gegen den mutmaßlichen Prostituiertenmörder Jack Unterweger der Prozeß wegen 11fachen Mordes eröffnet. Ende 1990/ Anfang 1991 begann eine Serie von Morden an Prostituierten in Österreich, in der ehemaligen Tschechoslowakei und in den USA, die alle auf gleiche Weise- die Unterwäsche des Opfers wird zu einem Henkersknoten gebunden und diese dadurch stranguliert- ermordet wurden. Schnell fällt der Verdacht auf Unterweger, der Mitte der 70er bereits eine 18jährige Deutsche auf die gleiche Art und Weise ermordet hatte und dafür zu einer lebenslangen Haft verurteilt wurde. Im Februar 1992 wird Unterweger in Miami festgenommen und nach Österreich ausgeliefert. Aufgrund der gleichen Vorgehensweise des Würgers von Regensburg wurde über einen Zusammenhang zu den Unterweger angelasteten Morden spekuliert, vor allem über die Morde, die in Österreich verübt wurden. Die Ermittlungen wurden verstärkt, als der „Knastpoet“ Unterweger kurz nach der Festnahme von Horst D. im Juni 1994 von zwei Morden freigesprochen wurde und eine lebenslange Haft wegen neunfachen Mordes erhielt. Ein Bewegungsprofil konnte D. jedoch als Täter ausschließen.

(Anm: Wenige Stunden nach dem Urteil beging Unterweger in der Justizanstalt Graz Selbstmord. Das Verfahren wurde sofort eingestellt, das Urteil erlangte daher nie Rechtskraft. Es gilt daher in den 9 Morden als unschuldig)

Bei den Ermittlungen geht es auch um die Frage, wie ein Mann sieben Menschen umbringen kann. Wer ist dieser Mann eigentlich? Horst D. hat eine Lehre als Maler absolviert und 21 Jahre lang im selben Betrieb zur vollen Zufriedenheit seines Chefs gearbeitet. Er spielt Lotto, denn er träumt vom großen Geld. Er ist Mitglied im Fußballverein, im Schützenverein und im Kegelclub. Er sammelt Briefmarken. Er spielt Akkordeon und Heimorgel, bei Weihnachtsfeiern und ähnlichen Anlässen trägt er gern selbstverfasste Gedichte vor. Er tanzt gern, hört am liebsten Volksmusik und Schlager, liest Heimatromane, bewundert Musiker und Ärzte, sang sogar bei den Regensburger Domspatzen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder; weder Frau noch Kinder hat er jemals geschlagen. D. sieht sich selbst als ruhigen, zufriedenen Menschen, der Wert auf Ordnung und Sauberkeit legt.

Horst D. ist aber auch der Würger von Regensburg. Die Umstände, die D. zum Mörder werden lassen, nehmen ihrem Anfang wohl schon zum Ende des Zweiten Weltkriegs. An einem Frühsommertag des Jahres 1944 wird auf dem Bahnhofsgelände in Hof ein fünfeinhalbjähriger Bub aufgefunden, der ein Schild trägt, auf dem sein Name und sein Geburtsdatum stehen: Horst D., geboren 1938. Das Kind wird in ein Waisenhaus gebracht. Vier Jahre später, D. ist nun neun Jahre alt, ermittelt das Rote Kreuz den Namen und den Aufenthaltsort der Mutter. Als dem Jungen die Nachricht überbracht wird, ist die Freude natürlich riesengroß; er denkt, vielleicht holt sie ihn jetzt zu sich. Horst D. schreibt sofort einen Brief an seine Mutter, eine Antwort kommt erst nach einigen Wochen, von Zu-Sich- Holen steht nichts darin. Der Junge hofft immer- diese Hoffnung bleibt unerfüllt. Die Mutter schreibt etwa einmal im Monat, nie schickt sie ein Bild, nie lädt sie ihren Jungen zu sich ein, nie erklärt sie, wie es zu der Trennung kam.
Als Horst D. in Regensburg seine Malerlehre macht, kommt aus heiterem Himmel das Ansinnen von der Mutter, er möge sich doch eine Wohnung mieten, dann wolle sie zu ihm ziehen. D. kann sich aber von seinem Lehrlingsgehalt keine Wohnung leisten. Daraufhin kommt kein Brief mehr. Das nächste, was er von der Mutter erfährt, ist die Nachricht von ihrem Tod im Jahr 1990.

Auf einen Bauernhof in Hainsacker bei Regensburg lernt D. seine spätere Ehefrau kennen. Sie ist fünf Jahre jünger als er und heftig verliebt. 1963 heiraten die beiden und bekommen zwei Söhne. Nach der Geburt des zweiten Sohnes verschlechtert sich jeoch die Beziehung. Es liegt nach Ansicht des Würgers von Regenburg an seiner Frau: Sie sei zunehmend geizig, zänkisch und gehässig geworden, habe über jeden Pfennig Rechenschaft verlangt, ihn finanziell ganz kurzgehalten, habe sich über seine Hobbys lustig gemacht, seine geliebte Briefmarkensammlung einen Dreck genannt, ihn vor Freunden gedemütigt und beschimpft.
Es kommt oft vor, dass D. tagelang verschwindet, ohne dass seine Frau oder sein Arbeitgeber weiß, wo er sich rumtreibt. Horst D. reist im Sommer 1975 nach München und wird binnen 48 Sunden zum Doppelmörder. Nach diesen Morden unternimmt er noch mehrmals mehrtägige Ausflüge- nach München, nach Nürnberg, nach Hamburg. Er hat Kontakt mit Prostituierten, aber es kommt nicht zu Gewalttaten.

Trotz intensiver Ermittlungen können D. keine weiteren Morde nachgewiesen werden. Als Hauptmotiv sieht die Anklage Habgier, sexuelle Hintergründe sollen bei den Taten in München und Regensburg keine Rolle gespielt haben. Im August 1995 erhebt die Staatsanwaltschaft gegen Horst D. vor dem Schwurgericht in München Anklage wegen Mordes in sieben Fällen. Der Prozeß wird am 16.11.1995 eröffnet.

Teil 3 folgt morgen: Der Prozeß und die Aussage eines Unschuldigen vor Gericht
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#5

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 15.12.2012 01:50
von bastian2410 • 1.663 Beiträge
10.09.1976 FF 1 (Kripo München) FF 1
Prostituiertenmorde in München
Der Würger von Regensburg Teil 3


Die Anklage wirft Horst D. vor, im August 1975 in München zwei Prostituierte und vom 7. April 1981 bis zum 7. September 1993 in Regensburg fünf Rentnerinnen heimtückisch, aus Habgier und um eine andere Straftat zu ermöglichen getötet, zu haben. Am 22. August 1975 sucht der Angeklagte die Prostituierte Traudl F. (24) auf, verkehrt mit ihr für 100 Mark und fasst spätestens im Anschluss daran den Entschluss, sie zu töten, um die Wohnung nach Bargeld durchsuchen zu können. Er würgt die völlig Überraschte bis zur Bewusstlosigkeit, erdrosselt sie mit ihrem Hausanzug und erbeutet lediglich die selbst mitgebrachten 100 Mark. Bei Fatima G. (23), einer Kollegin des ersten Opfers, geht er zwei Tage später aus dem gleichen Motiv und auf die gleiche Weise vor, wobei er nur auf einen Verkehr verzichtet und eine Bluse als Werkzeug benutzt, ehe er mit einem der Höhe nach nicht näher bekannten Betrag die Wohnung verlässt.
Weil er von Malerarbeiten weiß, daß sein nächstes Opfer in der Wohnung Geld aufbewahrt, würgt D. am 7. April 1981 die 59jährige Barbara E., bis sie zusammensackt und erstickt sie mit einem Kissen. Dann drückt er ihr, um ein Herzversagen bei der Hausarbeit vorzutäuschen, einen Staublappen in die rechte Hand und verschwindet unter Mitnahme von 250 Mark. Die Rentnerin Martha L. (67), die ihn am 26. Januar 1983 zum Kaffeetrinken eingeladen hat, muss sterben, weil sie seinem Wunsch nicht nachkommt, ihm 200 Mark zu leihen. Er schlägt ihr eine Suppenkelle auf den Hinterkopf und erwürgt sie, als sie um Hilfe schreit. Der Angeklagte täuscht wieder einen natürlichen Tod vor und erbeutet 1000 Mark. Die 70jährige Maria B. erstickt D. am 26. Oktober 1984, weil er unbedingt zum Tanzen gehen will und kein Geld hat. Er kaschiert die Tat, indem er die Tote auszieht und ins Bett legt. Er findet nichts Bares, nimmt ein paar Gegenstände mit, die er für 300 Mark versilbert. Seine ehemalige Vermieterin Kunigunda T. (84) will von Angeklagten 23 000 Mark Schulden eintreiben. Er entledigt sich der Gläubigerin am 10. Januar 1992, indem er ihr von hinten mit dem rechten Arm solange den Hals zupresst, bis sie mit gebrochenem Kehlkopf zusammensackt. Dann täuscht er mit einer Zeitschrift, die er ihr in die Hand legt, ein natürliches Ableben vor.

Mathilde S. (85) stirbt am 7. September 1993 unter seinem Würgegriff, weil sie ihm, der schon Schulden bei ihr hat, nicht noch mal 20 Mark geben will.
Diesmal gerät D. in Verdacht, muss aber aus der U-Haft wieder entlassen werden, weil die Beweise nicht ausreichen. Doch wenig später holt ihn die Vergangenheit ein: Eine Fingerspur, die er in der Wohnung von Traudl F. hinterlassen hat, kann durch das neue Automatisierte Fingerabdrucks- Identifizierungssystem (AFIS) ihm zugeordnet werden. Da gibt er auf und gesteht auch die Tötungen, die wegen seiner Täuschungsmanöver gar nicht als solche erkannt worden waren.

Der Angeklagte will zu den Vorwürfen Stellung nehmen und gesteht alle sieben Taten auch vor Gericht, weicht jedoch in vielen Teilen von seinen Aussagen in den Vernehmungen ab. Insgesamt zweieinhalb Verhandlungstage dauert die Vernehmung des Würgers von Regensburg.

Eine wichtige Rolle spielten im Leben des Angeklagten - auch in Zusammenhang mit den Taten- zwei Frauen. Seine Mutter brachte ihn, der seinen Vater nie gesehen hat, in Breslau unehelich zur Welt und ließ ihn 1944 bei der Flucht in den Westen auf dem Bahnhof in Hof stehen. Ob sie ihn ausgesetzt hat oder nicht, sagt D., weiß er nicht. Er wächst in Waisenhäusern auf, erfährt 1948, daß sie in Cuxhaven lebt, schreibt ihr und nimmt voller Freude an, daß sie ihn bald holen werde. Die Hoffnung erfüllt sich nicht. Es bleibt bei einem von ihrer Seite immer dünner werdenden Briefkontakt, der nach seiner Heirat 1963 ganz aufhört, obgleich sie erst 1990 stirbt.

Seine Frau, betonte der Angeklagte vor Gericht, hat er lieb gehabt, aber es war doch eine Flucht in die Ehe, denn er wollte nicht mehr allein sein, eine Familie gründen und Kinder haben. Seine 1966 und 1969 geborenen Söhne waren denn auch Wunschkinder, aber schon nach der Geburt des ersten habe sich seine Frau verändert; war herrschsüchtig, hart, hatte für seine Hobbys kein Verständnis. Vor allem ging es um Geld. Er brachte als guter Maler 1200 Mark Lohn heim, bekam aber nur 20 Mark Taschengeld. Das besserte er dann allerdings auf, indem er von dem mit Schwarzarbeit Verdienten heimlich was für sich abzweigte, was jedoch neuen Ärger gab, wenn seine Frau davon erfuhr.

Wegen dieser Querelen sei er dann gelegentlich ausgebrochen, zum ersten Mal 1975. Er habe einen Kredit aufgenommen und sei nach München gefahren, da sei das dann mit den „zwei Mädels“ passiert. Schon 1964 war er schon einmal ein paar Nächte weggeblieben, die Sache war aber rein platonisch gewesen. Er räumt auch ein, einmal auf einem Scheck aus 400 Mark 14 000 gemacht und das Geld größtenteils mit einer Bardame in München durchgebracht zu haben. Ob ein Zusammenhang zwischen den Taten und dem schlechten Verhältnis zu seiner Frau bestehen könnte, sagt D., dass er diese Frage nicht bejahen kann, aber immer an seine Frau gedacht hat, als er zudrückte.


Und wenn man ihn, der 'ein schneller Stürmer' war, beim Fußballspielen gefoult habe, sei er zwar nicht tätlich, aber aggressiv geworden, was öfters zu einem Platzverweis geführt habe. Auf die Lottoleidenschaft angesprochen, bestätigt D., daß er anfangs für zehn und dann für 20 Mark in der Woche gespielt hat, weil er seine Frau mit einem großen Gewinn überraschen wollte, der sich freilich nicht einstellte. Und den Führerschein hat er nie gemacht aus „Angst vor dem Autofahren, vor einen Unfall und Verletzungen.“ Endgültig getrennt hat er sich von seiner Frau, nachdem er sie, früher von der Arbeit heimkommend, mit seinem besten Freund in flagranti ertappt hat. Er hatte sich durch ihre Behandlung schon lange wie ein geprügelter Hund gefühlt und als Versager, weil er sich gegen ihre Herrschsucht nicht durchsetzen konnte. Auch deshalb habe er ab dann immer einen distanzierten Umgang mit anderen Menschen gepflegt.

Seit der Trennung von seiner Frau hat er - nach 21 Jahren bei der gleichen Firma - keine feste Stellung mehr gehabt, nur schwarz gearbeitet und von Sozialhilfe gelebt. Seit 1985 war er mit Gerda K. zusammen, an der er schon deswegen hing, weil sie das Gegenteil seiner Frau war. Auch als sie 1987 an einem von Alkoholmissbrauch herrührenden Leiden erkrankte, änderte sich daran nichts - er versorgte sie bis zu seiner Festnahme und ihre gleichfalls hilflose Mutter bis zu deren Tod vor zwei Jahren.

Dann schildert Horst D., wie er seinem Aufenthalt in München 1975 verbracht hat. Er hatte mit 1200 bis 1400 Mark in der Tasche einen Ausflug an die Isar unternommen und sich in einem Hotel einquartiert. Am 22. August 1975 habe er sich telefonisch mit Waltraud F. verabredet, dabei sei ein Liebeslohn von 100 Mark vereinbart worden. In der Wohnung des Call- Girls kam es dann auch zum Geschlechtsverkehr. Als er seine Hose schon wieder angezogen hatte, habe das „Mädl“ dann plötzlich 300 statt der schon bezahlten 100 Mark verlangt. Als er sich weigerte, das zu bezahlen, habe sie ihm von hinten mit allen zehn Fingernägeln den Rücken zerkratzt, ihn geschlagen, bespuckt und wüst auf ihn eingeschimpft. Da sei er durchgedreht. Er habe sie gepackt und aufs Bett gedrückt. Als die Frau schon halb bewußtlos war, hat er ihr dann ein herumliegendes Kleidungsstück um den Hals geschlungen und verknotet. Dann habe er sich hastig fertig angezogen und sei aus der Wohnung gelaufen. Die Wohnung durchsucht habe er nicht.

Er habe in der Nacht darauf schlecht geschlafen und sei am nächsten Tag durch München gebummelt, um sich abzulenken. Abends ging er tanzen - zum Ball der einsamen Herzen. Aber schon am übernächsten Tag, einem Sonntag, verabredete er sich wieder mit einer Prostituierten, der gebürtigen Marokkanerin Fatima G. In der Wohnung von G. hat sich die Szene des ersten Mordes auf gleiche Weise wiederholt. Noch ehe es zum Sex kam, habe die Frau statt der vereinbarten 150 plötzlich 300 Mark verlangt. Daraufhin wollte er die Wohnung so schnell wie möglich verlassen. Fatima G. sei ihm aber nachgelaufen, habe auf ihn eingeschlagen und ihn auf Arabisch angeschrien. D. würgt das Call- Girl mit den Händen, verknotet ein Kleidungsstück um ihren Hals, wäscht sich dann die Hände und verläßt die Wohnung. Vom „Durchwühlen der Wohnung“ will er auch hier nichts wissen. Er geht ins Hotel, duscht und fährt danach mit dem Zug heim nach Regensburg.

Vehement bestreitet der 56jährige den Vorwurf der Anklage, er habe nur aus dem Grund gemordet, um in ihrer Wohnungen ungehindert nach Bargeld suchen zu können. „Ich töte doch nicht wegen Geld“, beteuert der Angeklagte. „Ich hab' überhaupt nicht töten wollen, Das waren unglückliche Umstände.“ Und auf die Frage des Staatsanwalts, was denn nun der eigentliche Anlaß war, die Frau zu erwürgen, beteuert Horst D. noch einmal: „Ich kann's nicht erklären. Aber bestimmt nicht wegen Geld.“

Am zweiten Verhandlungstag geht um die um die Fälle der Mordserie in Regensburg, der zwischen April 1981 und September 1993 fünf Frauen zum Opfer fielen. Im Fall Maria B. am 26. Oktober 1984 hatte er sein Opfer von früheren Malerarbeiten her gekannt und „schwarz“ das Bad und die Toilette der alten Dame renovieren sollen. Sie habe seine Bitte um 100 Mark quasi als Vorschuß fürs Material abgelehnt, da sie angeblich selbst kein Geld habe. Außerdem habe sie geäußert, er nehme das Material ja doch von seiner Firma, und mit einem Anruf bei seinem Chef gedroht. Er wollte daher den Auftrag ablehnen und die Wohnung verlassen. Da die Frau anfing zu schreien, habe er ihr Mund und Nase zugehalten. Nicht einmal habe er seinen Griff gelockert, es sei ein Zwang gewesen, die Finger seien steif geworden. Dann legte er sie auf die Couch und ihr ein dort liegendes Kissen so lange aufs Gesicht gedrückt, bis sie sich nicht mehr bewegt hat. Dann habe er sie ins Schlafzimmer gezogen, bis auf die Unterwäsche entkleidet, sie ins Bett gelegt, zugedeckt und ihr die Augen zugedrückt. Vor dem Verlassen der Wohnung nahm er noch eine Holzfigur, ein paar silberne Untersetzer und eine Kristallvase mit und verkaufte später die Sachen.

D. wird auf die Widersprüche zu seinen Aussagen bei der Kripo hingewiesen. Da heißt es nämlich, daß er schon in Tötungsabsicht zu Frau B. gegangen sei, sie vielleicht aber nicht umgebracht hätte, wenn sie ihm Geld gegeben hätte. Und er hat ihr vielmehr nach dem Aufstehen ohne Vorwarnung und Kommentar die Hand auf den Mund gelegt und die Nase zwischen Daumen und Zeigefinger zusammengedrückt. D. beharrt darauf, daß seine jetzige Darstellung richtig ist. Konfrontiert mit dem Motiv - er wollte an dem Abend unbedingt zum Tanzen gehen- räumt er ein, vom Tanzen gesprochen zu haben. Aber Geld dazu habe er gehabt, denn er sei ja auch vorher zum Essen gegangen. Auf die Frage, ob er am Genitalbereich der Toten - dort war Blut festgestellt worden - manipuliert habe, empört der Angeklagte sich, dass er kein Triebtäter sei.

Ein weiteres Opfer, seine ehemalige Vermieterin Kunigunda T., forderte von ihm 23 000 Mark an Miet- und sonstige Schulden - viel zu viel nach Ansicht des Angeklagten. Sie habe allenfalls Anspruch auf 4000 bis 4500 Mark gehabt. Er hatte ihr einen von ihm selbst ausgestellten Scheck der Mutter seiner Freundin über den verlangten Betrag gegeben, der aber mangels Deckung nicht eingelöst wurde, weshalb sie fast täglich anrief und ihr Geld forderte. An diesem Tag sei zu ihr hin, um nach einer Lösung zu suchen. Sie fing zu schreien an, Da habe er ihr von hinten den rechten Arm gegen den Hals gedrückt, bis sie zusammensackte. Er drückte ihr noch ein Werbeprospekt in die Hand, damit es aussah, als hätte sie der Schlag getroffen. Und dann sei er sofort gegangen, weil jederzeit ihr Sohn kommen konnte.

Auch hier weicht D. von früheren Aussagen ab. Danach sei er, weil sie bei einem Anruf mit der Polizei gedroht hatte, schon mit Tötungsabsicht zu ihr gegangen. Auch habe D. bei der Polizei nichts von einem Streit gesagt, sondern daß er ihr nach dem Betreten der Wohnung an der Türschwelle zur Küche sofort den Arm um den Hals gelegt und zugedrückt hat. Dies verneint D. jedoch, den Tötungsvorsatz habe er wieder verworfen- Grund war, dass sie nicht über die Schulden reden wollte. Er sei zornig und wütend gewesen, denn die Frau habe ihn nur ausgenutzt. D. wird vom Richter darauf hingewiesen, daß er die jetzt als bösartig geschilderte Frau früher in den höchsten Tönen gelobt hat, dass sie für ihn Mutter und Geliebte zugleich war. So steht es in einem vom Gericht zitierten Brief. Sie habe auch ihre guten Seiten gehabt, aber in Wahrheit sei sie nach Ansicht des Angeklagten eine Ausbeuterin gewesen.

Barbara E. wurde vom Angeklagten am 7. April 1981 in ihrer Wohnung ermordet. Die Frau habe ihn gebeten, ihr Schlafzimmer zu tapezieren. Als er morgens um acht in seiner Malerkluft an ihrer Tür klingelt, habe sie ihm im Morgenmantel geöffnet und sei ihm um den Hals gefallen. Sie habe sich dann zwar angezogen, ihm aber beim Frühstück, zu dem sie ihn einlud, eindeutige sexuelle Avancen gemacht. E. habe immer versucht, ihn zu küssen. Er habe diese Annäherungsversuche aber abgelehnt. Daraufhin habe Barbara E. gedroht, sie werde seinem Chef und seiner Frau etwas erzählen. Dann sei er wieder durchgedreht. Auch in diesen Fall streitet D. einen vorher gefassten Tötungsvorsatz ab. Er habe bei Verlassen der Wohnung ein Münzalbum und 120 Mark aus einer Geldbörse mitgenommen. Beides hatte offen auf einer Ablage gelegen, die Wohnung hat er nicht durchsucht. Keinesfalls aber sei Geld das Motiv für den Mord gewesen, sondern ein Kurzschluß.

Zweieinhalb Jahre nach diesem Vorfall, im Oktober 1983, wird die Rentnerin Marta L. ermordet. Die 67jährige Regensburgerin hatte Horst D. nach dessen Aussage zum Kaffeetrinken in ihre Wohnung eingeladen. Zunächst wurde zusammen eine Flasche Wein getrunken, dann kam es zum Geschlechtsverkehr. Nach dem Geschlechtsverkehr habe er Marta L. gebeten, ihm 200 oder 300 Mark zu leihen. Er habe gedacht, sie hätte Verständnis, weil er ihr die ganze Situation zu Hause geschildert hatte. L. habe aber dies strikt abgelehnt. Schließlich habe auch sie ihm gedroht, sie wolle seiner Frau Bescheid sagen. Da griff D. zu eine schwere Suppenkelle, die auf dem Küchenbuffet lag, und schlug sie sein Opfer mit voller Wucht auf den Hinterkopf. Auf einmal hätte sein Opfer angefangen zu schreien, da hätte er sie natürlich gewürgt. Sie sollte nicht mehr schreien. Mitgenommen habe er nichts, außer der Tatwaffe, die er in einen Müllcontainer entsorgte. Den Anklagevorwurf, er habe einen Umschlag mit etwa 1000 Mark aus der Wohnung mitgenommen, bestreitet der Angeklagte, ebenso leugnet er, das aus der Kopfwunde des Opfers geflossene Blut vom Boden aufgewischt zu haben.

Daß Horst D. von den Richtern und vom Staatsanwalt immer wieder mit dem Wortlaut seiner früheren Vernehmungen konfrontiert wird, führt zu einem Wutausbruch des Angeklagten vor Gericht. „Ich habe sieben Menschen getötet. Ich hab's gestanden, ich bin bereit, dafür zu büßen. Was wollen sie denn jetzt noch?“

Am dritten Verhandlungstag steht der Mord an der Rentnerin Mathilde S. im Mittelpunkt, die der Angeklagte am 7. September 1993 in ihrer über der seiner gelegenen Wohnung erwürgt und bei der er 200 Mark geraubt haben soll. D. habe an diesem Tag bis 23 Uhr Fernsehen geschaut und habe dann seiner Gewohnheit entsprechend die hintere Haustür abgeschlossen. Dabei habe er bemerkt, daß bei seiner Nachbarin noch Licht brennt. Er sei raufgegangen und habe sie gefragt, ob sie ihm 20 oder 25 DM leihen könnte. Sie habe in ihrem Geldbeutel nachgesehen und festgestellt, daß sie nicht soviel habe. Sie fing dann zu schreien an und bezichtigte den Angeklagten als Lügner. Sie schrie nach der Frau W., die gleich nebenan wohnte und beschimpfte den Angeklagten weiter. In diesem Augenblick packte der Angeklagte sein Opfer und hielt ihr den Mund zu, jedoch wehrte sich die Rentnerin und schrie weiter. Er habe sie dann auf die Couch gedrückt und gewürgt. Ein paar Wäschestücke, die in der Wohnung herumlagen, habe er der 85jährigen aufs Gesicht gedrückt. Als sie tot war, zog er seinem Opfer die Strumpfhose herunter, damit es nach einem Sexualdelikt aussah.

Erneut bestreitet der 56-jährige eine Raubabsicht. Daß im Protokoll seiner Vernehmungen steht „ich wollte, aber es war nichts da“ stimme nicht. Er wollte weder töten noch berauben. Auf seine finanzielle Lage angesprochen, räumt der Angeklagte jedoch ein, sei diese damals desolat gewesen. Er und seine Freundin lebten von der Sozialhilfe, und weil beide starke Raucher waren und mäßig, aber regelmäßig dem Alkohol zusprachen, reichte das meist nicht. So stand er in seinem Lebensmittelgeschäft mit rund 14 000 Mark in der Kreide und musste ständig Nachbarn und Bekannte anpumpen. Sogar vom Sohn von Frau S., seinem letzten Opfer, lieh er sich zwei Tage nach ihrem Tod 30 Mark. Daß sein letztes Opfer immer Geld in einem Kuvert in der Schürzentasche mit sich zu tragen pflegte, wußte er. Aber er hat, beteuert er, nichts damit zu tun, daß Kuvert und Geld beim Auffinden der Leiche fehlten. Auf die Frage des Richters, warum er nicht einfach gegangen sei, als sein Opfer anfing zu schreien, sagt der 56-jährige aus, dass es ihm peinlich war, daß er von ihr Geld wollte. Und als er seine Hände um ihren Hals legte, konnte er nicht mehr aufhören. Er habe nicht mehr gewusst, was er tat.

Am dritten Verhandlungstag tritt das Gericht in die Beweisaufnahme ein. Als erster Zeuge ist die Exfrau des Angeklagten vorgeladen. Sie macht jedoch von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Das Gericht nimmt zwei Briefe des Angeklagten in Augenschein, einen hatte er aus der U-Haft an ein befreundetes Ehepaar geschrieben.
Dort heißt es: „Ich bin zu der Meinung gekommen, daß ich meine Frau hätte töten sollen. Dann wäre das alles nicht passiert und ich wäre schon wieder frei. Ich hoffe, daß sie bei dem Prozeß nicht aussagen wird, sonst wird sie das achte Opfer, das schwöre ich. Über seine frühere Vermieterin Kunigunde T., das sechste Opfer, schreibt D.: „Die T. habe ich mit Genugtuung getötet. Sie war der Teufel in Person. Sie war die einzige, die ich mit voller Absicht eiskalt umbrachte.“
Gleich darauf wird ein weiterer Brief D. an eben jene Frau T. verlesen, der völlig anders klingt: „Liebste Frau T., ich mag Sie mehr, als Sie ahnen können. Sie sind für mich wie eine Mutter und heimliche Geliebte zugleich.“ Die üppige Schmeichelei erklärt der Angeklagte mit dem Zweck, dem dieser Brief dienen sollte: Er wollte, wieder einmal, Geld von der 84jährigen pumpen.

Am vierten Verhandlungstag werden die früheren Aussagen des Verlobten des ersten Opfers Waltraud F. vorgelesen. Der damals 57jährige Michael R. ist inzwischen verstorben. Laut R. ging seine Verlobte ihrem Gewerbe gewöhnlich nur untertags nach, verlangte für den normalen Verkehr 100 Mark und verdiente bis zu 1000 Mark am Tag. Am 21. August erzählte sie ihm, sie habe einen Kunden - angeblich Urlauber aus Mainz - gehabt, mit dem sie am nächsten Tag einen Schwabingbummel machen solle. Am 22. gegen 19.50 Uhr sagte sie ihm am Telefon, der Mann sei da, und „ich will schauen, daß wir hier bleiben.“ Da bei mehreren Anrufen bei ihr jeweils nur das Besetztzeichen kam, ließ er sich zu ihrer Wohnung fahren, wo die Schranktüren offenstanden und der Inhalt herausgerissen war. Er dachte erst an Einbrecher, die die Abwesenheit seiner Verlobten ausgenutzt hätten, fand diese dann aber nackt und mit dem Drosselwerkzeug - ihrem Hausanzug - um den Hals verknotet unter einem Badetuch. Zudem sagte R. damals vor der Polizei aus, daß seine Verlobte nie Schwierigkeiten mit Freiern gehabt habe. Sie habe immer Geld in der Wohnung gehortet, bis zu 30 000 Mark, die sie hinter einer Glastür in der Diele versteckt habe. Sie dürfte außerdem einige Tausender in der Brieftasche gehabt haben.

Diese Angaben bestätigt auch der damals ermittelnde Beamter. Von der Kripo wurde in der Wohnung kein Geld gefunden. Es sei aber bekannt gewesen, daß F. Geld sammelte und es dann zur Bank brachte. Auch hätten ihre Eltern drei Jahre nach ihrem Tod in einem Kopfkissen 5000 Mark entdeckt. Daß Traudl F. den Angeklagten durch ihr Verhalten zur Tat provoziert habe, glaubt der Zeuge nicht. Die Mädchen hatten jedes Interesse, sich ruhig zu verhalten. Sie wollten einen guten Ruf haben, um im Geschäft zu bleiben. Solch ein Vorfall hätte für Unruhe im Milieu gesorgt. Nach Ansicht des Kripobeamten könnte das Durchsuchen der Wohnung auch gestellt gewesen sein.

Der Richter fragt den Angeklagten, ob er nicht auch schon am 21. August bei F. war. Dies verneint D. Von einem Bummel durch Schwabing habe er nur am Telefon vor dem Besuch am Freitag- also am 22. August- gesprochen.

Am fünften Verhandlungstag herrscht großer Medienandrang im Gericht. Vorgeladen ist Alex G., der Ehemann des zweiten Opfers Fatima. Alex G. wurde für diesen Mord festgenommen und vor Gericht gestellt. Nur durch Glück wurde er- trotz Antrag der Anklage auf eine Verurteilung- freigesprochen, weil seine Verteidigung durch Zeugen nachweisen konnte, daß Fatima noch am späteren Vormittag des 24. August noch telefoniert hatte. Für diese Zeit konnte G. ein Alibi vorweisen. Das Verfahren und seine Auswirkungen aber, stellt G. fest, haben ihn aus der Bahn geworfen. Er sei zwar freigesprochen worden, wurde danach aber über 15 Jahre als freigesprochener Mörder angesehen. G. sitzt zum Zeitpunkt seiner Vorladung vor Gericht eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren wegen Betruges ab. Zur Sache bekundet der Zeuge, daß Fatimas Preis nicht unter 150 Mark lag und daß er sich nicht vorstellen kann, daß sie was nachgefordert hat, außer der Freier hatte zusätzliche Wünsche. Zu den zwei benutzten Teetassen am Tatort stellt Alex G. fest, das Teetrinken nur in Frage kam, wenn der Kunde bezahlt hatte. G. ist der Meinung, dass seine Ehefrau mindestens Bargeld in Höhe von 300- 500 DM in der Wohnung aufbewahrt hat, nach oben kann er jedoch keine Grenze angeben. Sie habe auch Kunden gehabt, die 300, 500 oder 1000 Mark bezahlt hätten. Sie sei an sich ängstlich gewesen, habe aber bei Meinungsverschiedenheiten mit ihm auch schon gelegentlich zum Messer gegriffen oder ihm üble Schimpfworte an den Kopf geworfen. Und nach der Entdeckung der Leiche habe er kein Geld mitgenommen –er sei ja der Erbe gewesen.

Der Kriminalbeamte, der im Fall Fatima ermittelt hatte, berichtet, dass die Leiche bäuchlings auf einem französischen Bett lag, die Wäsche war teilweise aus dem Schrank gerissen, eine Damenbrieftasche und eine Diplomatentasche lagen auf dem Boden. Geld war weder in diesen Behältnissen noch an anderen Stellen in der Wohnung zu finden, obgleich Fatima nach Ansicht des Zeugen gut im Geschäft war. Am Abend vor ihrem Tod sei sie noch mit einem Bekannten ihres Mannes chinesisch Essen gegangen und in einer Disco gewesen und allein mit dem Taxi heimgefahren. Zu der Frage, wie man damals bei der Feststellung des wahrscheinlichen Todeszeitpunkts zu einem falschen Ergebnis gekommen sei, sagt der Zeuge aus, man habe aus dem Zustand der im Mageninhalt gefundenen Mandelkerne, die wohl von dem chinesischen Essen - Frühlingsrolle und Pekingente - herrührten, keine Schlüsse ziehen können, weil damals nicht bekannt war, wie lange Mandelkerne verdaut werden. Dies habe aber Anlass zu Untersuchungen gegeben, aus denen ein Lehrbuch entstanden sei, das heute als Standardwerk gilt.

Am nächsten Verhandlungstag sagt der Beamte aus, der D. nach seiner Festnahme zunächst in Regensburg und dann in München vernommen hatte. Die harte Tour hätte beim Angeklagten nichts gebracht. Er sei nur zu knacken gewesen, wenn man menschlich mit ihm umging. Am schwersten sei ihm das Geständnis im Fall der 85jährigen Mathilde S., seines letzten Opfers, gefallen. Da habe er geweint, sei fertig und kaputt gewesen. Die Vernehmung musste daraufhin unterbrochen werden. Auch wurde in weiteren ungeklärten Mordfällen nach einer Verbindung zu Horst D. ermittelt. Im Raum München hatte es 43 solcher Fälle gegeben, in Augsburg, Hamburg und Nürnberg je drei und an seinem Wohnort Regensburg elf. Man habe einen Psychologen aus Österreich, der Spezialist für Serientäter ist, beigezogen. Der Fachmann sei der Meinung gewesen, daß Traudl F. und Fatima G. nicht D`s erste Opfer waren. Die Ermittlungen in den anderen Fällen hätten jedoch keine Hinweise auf weitere Taten erbracht.
D. habe in den Vernehmungen zudem öfter geäußert, daß er beim Zudrücken, Würgen und Drosseln seine Frau gesehen habe und wenn das Opfer tot war, irgendwie erleichtert gefühlt habe, denn symbolisch hatte er nach seiner Ansicht seine Frau umgebracht; oder aber auch, daß er, wenn er seine Frau umgebracht hätte, jetzt nicht hier wäre. Die Frage, warum er den Frauen immer an den Hals gegangen sei, habe er begründet, damit sie aufhörten zu schreien.

Die Aussagen des Angeklagten im Fall Barbara E., die den 56jährigen am 10. April 1981 im Morgenmantel empfangen, geküßt und beim Kaffee eindeutige Anträge gemacht haben soll, hält eine Freundin der Getöteten für ganz unmöglich. Für Barbara gab es nur ihren Ehemann, an dem sie nach seinem Tod noch mehr hing. Auch nach der Aussage einer Nachbarin hatte die Witwe nie Herrenbekanntschaften.

Am siebten Verhandlungstag berichtet der leitende Kommissar im Fall Martha L., dass der Angeklagte damals von der Polizei in den Kreis der Verdächtigen einbezogen wurde. Auf D. sei man seinerzeit bei den Ermittlungen gestoßen, weil er im Herbst 1982 die Wohnung von Frau L. tapeziert hatte. Damals rettete ihn jedoch ein aus heutiger Sicht zwar falsches, aber damals nicht zu widerlegendes Alibi. In den Vernehmungen hatte er angegeben, er sei zwar am 26. Januar in Regensburg gewesen. Ein zufällig vorbeikommender Bekannter habe ihn jedoch von dort in seinen Wohnort Hainsacker mitgenommen, wo er gegen 17 Uhr angekommen sei. Der Bekannte habe dies bestätigt und deshalb wurde der 56jährige Regensburger aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen.
Im Fall Martha L. hatte der Angeklagte nach Ansicht der Anklage 1000 DM aus der Wohnung des Opfers geraubt- diesen Vorwurf bestreitet der Würger von Regensburg jedoch. Nach Ermittlungen der Polizei musste Frau L. aber einen solchen Betrag in der Wohnung gehabt haben. Sie wollte nämlich einige Tage vor ihrem Tod ihrem in Nürnberg lebenden Freund mehr als 2000 Mark in einem Kuvert der Stadtsparkasse Regensburg zurückgeben, die sie von ihm für eine geplante, aber dann stornierte Reise nach Gran Canaria erhalten hatte. Der inzwischen gestorbene Freund hatte kurz nach ihrem Tod bei der Polizei angegeben, er habe ihr gesagt, sie solle das Geld auf ihr Konto einzahlen und für die nächste Reise aufheben. Sie hatte aber nur 1000 Mark eingezahlt, und nach ihrem Tod hatte ihre Schwester das Sparkassenkuvert nur leer gefunden. Zudem zieht der Kripobeamte die Aussagen von D. vor Gericht in Zweifel. Gegen das gemeinsame Kaffeetrinken vor der Tat spricht, daß am Küchentisch nur ein Stuhl stand und auf ihm nur eine Tasse. Auch ein Duschen nach der Tat sei eigentlich unmöglich, weil sich in der Badewanne neben anderen Gegenständen auch ein Wäscheständer befand. Geschlechtsverkehr hatte zwar, wie durch die bei der Obduktion gefundenen intakten Samenfäden bewiesen wurde, tatsächlich stattgefunden, aber es gab den Verdacht, daß der Sex nicht ganz freiwillig erfolgte. Einwandfreie Hinweise auf diesen Verdacht hätten sich aber nicht ergeben.
Die Polizei wurde am Mittag des 28. Januar zum Tatort gerufen worden, nachdem die Tote vom einem Wohnungsnachbarn und dem Hausverwalter entdeckt worden war. Die dort bereits anwesende Ärztin neigte zu einem natürlichen Tod, an dem er und seine Kollegen allerdings zweifelten - wegen sichtbarer Druckmarken am Hals. Die Obduktion ergab dann auch ein Herz- und Kreislaufversagen infolge stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Hals. Zudem wurde eine Platzwunde am Hinterkopf von den Ärzten diagnostiziert. Weitere Tatortuntersuchungen hätten ergeben, dass der Fundort manipuliert wurde- ua hatte der Täter das Blut vom Küchenboden aufgewischt.

Am achten Verhandlungstag stehen die Zeugenaussagen im Fall Maria B. im Mittelpunkt. Nach der Darstellung des Angeklagten war es mit der 70jährigen am Abend des 26. Oktober 1984 zum Streit gekommen, weil sie sauer reagierte, als der Angeklagte sie um Geld bat. Er täuschte einen natürlichen Tod vor, in dem sein Opfer bis auf die Unterwäsche entkleidete und dann in ihr Bett legte. Als der Bruder des Opfers seine Schwester über einen längeren Zeitraum nicht erreichte, informierte er die Polizei. Als die Mordkommission eintraf und Maria B. im Bett vorfand, war am Leichnam äußerlich keine Gewalteinwirkung erkennbar. Auch in der Wohnung waren keine Spuren von einem Verbrechen zu finden. Auch der ebenfalls anwesende Bruder der Toten war der Meinung, daß sie eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Notarzt stellte jedoch im Vaginalbereich eine Blutung fest und kreuzte im Totenschein „nicht aufgeklärter Tod“ fest. Bei einer Obduktion fand man jedoch keine Anzeichen für ein Tötungsdelikt, auch keine Einblutungen in den Augenbindehäuten, wie sie nach Würge- oder Drosselakten auftreten. Als Todesursache wurde ein Lungenödem attestiert und die Leiche zur Bestattung freigegeben. Als die Leiche fast zehn Jahre später nach der Festnahme des Angeklagten exhumiert wurde, ließ ihr Zustand keine verwertbaren Erkenntnisse mehr zu. Der Hausarzt des Opfers, der Frau B. wegen Herzrhythmusstörungen behandelt hatte, schloss bereits damals einen Tod infolge eines Lungenödems als ganz unmöglich aus.

Einen natürlichen Tod stellten die Ärzte auch im Fall der 84jährigen Kunigunda T. fest. Die Tötung der Rentnerin hatte Horst D. jedoch in den Vernehmungen nach seiner Festnahme gestanden. Erst nach der Exhumierung der Leiche rund zweieinhalb Jahre nach der Tat hatte die Gutachter Anzeichen für eine massive Gewalteinwirkung gegen den Hals entdeckt. Der Angeklagte hatte vor Gericht gestanden, der 84jährigen von hinten den Arm um den Hals gelegt und mit aller Kraft zugedrückt zu haben. Der Toten drückte er nach der Tat einen Werbeprospekt in die Hand, um einen natürlichen Tod vorzutäuschen. Das Opfer war die Besitzerin des Hauses in Regensburg, in dem der Angeklagte nach der Trennung von seiner Ehefrau gewohnt hatte. Von den Zeugen, die ebenfalls in diesem Haus gewohnt haben, wurde die Rentnerin überwiegend als freundliche, gutmütige Frau geschildert, die sich aber andererseits auch oft ungebeten in die Angelegenheiten ihrer Mieter einmischte.

Eine Nachbarin berichtet vor Gericht, D. habe Kunigunda T. mehrmals in peinlich unterwürfiger Form um Geld für Zigaretten angebettelt. Einmal habe sie aus der Wohnung von D. einen lautstarken Streit mitgehört, in dessen Verlauf die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten diesen als Mörder beschimpft habe.

Der Sohn der Ermordeten, der seine Mutter zwei Tage später fand, konnte keine Anzeichen für einen gewaltsamen Tod finden. Auch die Kripo und der Notarzt gingen zunächst von einem natürlichen Tod aus. Der Sohn bestätigt in seiner Aussage, er habe davon gewusst, daß seine Mutter Horst D. wiederholt Geld geliehen hatte und daß dieser sich auch immer wieder mit der Miete im Rückstand befand. In dieser Zeit war D. in chronischen Geldschwierigkeiten, weil ein Teil seines Gehalts für den Unterhalt der Ehefrau und der beiden Kinder gepfändet wurde. Wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verbüßte D. im Jahr 1990 auch eine achtmonatige Freiheitsstrafe. Zu Jahresbeginn 1992 habe seine Mutter von Angeklagten nachdrücklich die Begleichung seiner Schulden gefordert. Zunächst gab D. seiner Mutter einen Scheck über 23000 DM, der allerdings nicht gedeckt war. Beim Versuch, den Scheck am nächsten Tag einzulösen, flog der Schwindel auf.

Zeugen, die den Angeklagten im Alltag kennengelernt haben, können von Horst D. nur das Beste sagen. Eine Hausfrau, die im Haus des letzten Opfers von Horst D. wohnte, berichtet, der Angeklagte habe ihren Enkelkindern täglich Guatln (Bonbons) geschenkt. Geld hat sie ihm allerdings nie geliehen und kann sich auch nicht erinnern, daß er darauf sauer reagiert hätte. Am Tag des Mordes an Mathilde S. war sie im Urlaub, ihre Mutter hatte allerdings an diesem Tag um 20 Uhr bei der Rentnerin geklingelt- allerdings war in der Wohnung nichts zu hören. Wichtig für die Tatzeit: Die Anklage geht von einem Todeseintritt zwischen 17 und 20 Uhr aus, während der Angeklagte erst nach 23 Uhr zu Frau S. gekommen sein will.


Eine Inhaberin eines Tabak- und Zeitschriftenladens, in dem D. Kunde war, verliert vor Gericht auch kein schlechtes Wort über ihn. Er hat Zigaretten gekauft und vielleicht alle zwei Tage ein paar kleine Fläschchen Schnaps und öfters Schulden gemacht. Aber nie mehr als 130 DM und immer alles wieder zurückbezahlt.

In einem Tante Emma- Laden hatte D. Schulden in Höhe von 1945 DM. Er kaufte hauptsächlich Lebensmittel, Zigaretten und billigen Weinbrand, wobei letzterer nach dem Eindruck der Inhaberin mehr für D`s Lebensgefährtin bestimmt war, denn ihn selbst habe sie nie betrunken erlebt.

Ein alter Bekannter aus dem ersten Prozeß gegen Alex G. wird an diesem Verhandlungstag ebenfalls vorgeladen. Er hatte damals Alex G. nach München begleitet und mit ihm zusammen Fatima G. tot in ihrer Wohnung in der Arcisstraße aufgefunden. Er hatte G. damals ein Alibi gegeben, wurde jedoch von der Polizei damals in die Mangel genommen und widerrief seine Aussage. Jetzt erwiesen sich seine zunächst gemachten Angaben als richtig und der Zeuge wurde damals zu Unrecht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Vor Gericht kann er sich nur an wenige Einzelheiten erinnern. Der Zeuge bestätigt jedoch, daß im Vorflur in der Wohnung von Fatima Unordnung herrschte und daß weder er noch Alex G. in dem Appartement etwas gesucht, verändert oder verwüstet haben.

Zum Abschluss der Beweisaufnahme wird das psychiatrische Gutachten vorgetragen. Der 57jährigeAngeklagte ist nach Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen für seine Taten strafrechtlich voll verantwortlich. Bei seiner Untersuchung habe er weder eine krankhafte seelische Störung, noch eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine andere schwere seelische Abartigkeit feststellen können. Insgesamt habe der Angeklagte sich bei der Untersuchung sehr ruhig, sachlich und beherrscht gezeigt. Ein sehr tiefer Anteil an seiner Persönlichkeit sei jedoch die Neigung, Konflikte zu verstecken. Das Aufwachsen in Waisenhäusern und Lehrlingsheimen habe für Horst D. sicher Nachteile bei der Einübung tragfähiger sozialer Beziehungen mit sich gebracht. D. selbst hatte seine Kindheit zwar als gut beschrieben; bei näherer Betrachtung habe er aber Enttäuschung und eine erhebliche Verbitterung gegenüber seiner Mutter eingeräumt, die ihn im Alter von fünf Jahren auf einem Bahnhof ausgesetzt hatte. Diese gestörte Mutterbeziehung sei zwar durchaus das ganze Leben lang als psychologischer Hintergrund vorhanden, von einer krankhaften Störung in Sinne des Strafgesetzbuches, die sein Verhalten beeinflusse, könne aber nicht die Rede sein.
Andererseits sei D. aber auch unsicher und leicht kränkbar. Zu seiner eigenen Gefühlswelt finde er nur schwer offenen Zugang; auch seine Fähigkeit, sich in die Situation eines anderen Menschen einzufühlen, sei spürbar vermindert. Auf andere Menschen wirke er deshalb kühl, verschlossen und eigenbrötlerisch.

Es liegen jedoch nach der Untersuchung keine Anhaltspunkte vor, daß D. seine Taten aus einem plötzlichen, unkontrollierbaren Affekt heraus begangen habe. Dagegen spreche sein Verhalten nach den Taten. Er habe durch teilweise sehr komplexe Handlungen versucht, den Verdacht von sich abzulenken. D. sei auch durchaus in der Lage gewesen, über seine Taten nachzudenken: An seiner Einsichtsfähigkeit bestehen keine Zweifel. Bei einem Fall wie diesem ist die Psychiatrie nicht in der Lage, eine Gesamterklärung für diese schrecklichen Taten zu liefern.

Ein weiterer Psychologe wurde vom Gericht bestellt, der das Persönlichkeitsbild des Angeklagten untersuchen sollte. Daß D. über das „Ausgesetzt werden“ in seiner Kindheit nicht klagt, ist ein relativ hilfloser, nachträglicher Versuch, mit dieser traumatisierenden Situation irgendwie umzugehen. Manches vergisst man, um weiterleben zu können. Äußerlich unauffällig, bescheiden und höflich wirkend, hat er nichts Bedrohliches oder Gewalttätiges an sich. Trotzdem hat der Angeklagte grausam getötet. Man weiß, daß manche in der Kindheit beschädigte Menschen nur für sich selbst zum Unglück werden, andere jedoch auch- wie in diesem Fall- für ihre Mitmenschen. Gemeinsam ist den Tötungen, daß die Opfer erwürgt oder erstickt wurden. Würgen und Ersticken sind keine schnellen Tötungsarten auf Distanz wie Erschießen. Fünf bis sieben Minuten braucht man, um sein Opfer zu töten. Er konnte nicht loslassen. Wenn er dann in die gebrochenen Augen des Opfers sah, habe das, was wie ein Zwang war, erst nachgelassen. In Fall der Rentnermorde steht jedoch das Motiv Habgier im Vordergrund. Es kann vermutet werden, daß die Opferprovokationen gar nicht dramatisch waren. Bei einem entsprechend disponierten Menschen können bereits relativ normale äußere Gegebenheiten den Umschlag bringen. Vielleicht wären einige Opfer am Leben geblieben, hätten sie ihm 20 Mark in die Hand gedrückt. Vielleicht hätte der Angeklagte sich dann nicht zurückgewiesen und enttäuscht gefühlt.

Teil 4 folgt: Die Plädoyers und das Urteil gegen den Würger von Regensburg
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#6

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 18.12.2012 00:42
von bastian2410 • 1.663 Beiträge
10.09.1976 FF 1 (Kripo München) FF 1
Prostituiertenmorde in München
Der Würger von Regensburg von Regensburg
Teil 4


Am 11.12.1995 werden vor dem Schwurgericht die Plädoyers vorgetragen. Die Anklage fordert wegen siebenfachen Mordes eine lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Der Angeklagte hatte sowohl bei der Tötung der zwei Münchner Prostituierten im August 1975 als auch der fünf Regensburger Rentnerinnen zwischen 1981 und 1993 heimtückisch, aus Habgier und zur Ermöglichung eines Raubes gehandelt und damit den Tatbestand des Mordes erfüllt. Die Staatsanwaltschaft bezeichnet D. als kühlen und verschlossenen Menschen, der Schwierigkeiten hat, sich in die Gefühlslage anderer einzufühlen, an Normen orientiert ist und anerkannt werden will. Er wollte in den Status eines Lebemannes schlüpfen, sei es auch nur eines Lebemannes auf Zeit. Auch im Prozeß habe er sich bemüht, seine Taten in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen, habe die Opfer schlechter gemacht, um gut aus der Sache herauszukommen. Sein maßgebliches Motiv sei das Geld gewesen, das von Anfang an knapp war und immer knapper wurde. Und so wird er kriminell, um an Geld zu kommen, fälscht Schecks, stiehlt, unterschlägt und tötet schließlich. Bei seinem ersten Mord in München ist er zu Traudl F. gefahren, um sie zu töten und auszurauben. Die Wohnung wurde durchsucht, und es kommt nur D. dafür in Frage. Frau F. hatte immer Geld - bis zu 30 000 Mark - zu Hause, aber es wurde nichts gefunden. Er aber brauchte Geld, denn er hatte viel ausgegeben, diverse Barbesuche gemacht und sich neu eingekleidet. Auch ein Angriff seitens der Frau habe nicht stattgefunden, denn sie war ruhig, freundlich, nicht hysterisch und sie hatte- wie üblich im Milieu- kein Interesse aufzufallen. Das gleiche Prozedere wiederholte sich 48 Stunden später im Fall Fatima. Er ist ihr Mörder und raubte ihr Geld.

Daß bei den fünf Rentnerinnen jeweils ein Streit und ein dadurch ausgelöstes Ausrasten der Tötung vorausgingen, hält die Staatsanwaltschaft gleichfalls für widerlegt. Bei der am 26. Januar 1983 erst gewürgten und dann mit einem Kissen erstickten Barbara E. habe D. bei der Polizei selbst angegeben, daß er sie aufgesucht hat, um sie zu töten, daß er sie überraschend angegriffen und die Wohnung nachher durchsucht hat. Bei Martha L., der er am 26. Januar 1983 eine Suppenkelle auf den Kopf geschlagen und die er dann erwürgt habe, sei der von ihm geschilderter Auslöser ebenfalls nicht nachzuvollziehen. Er hat Geld gebraucht - darin ist das Motiv auch in diesem Mord zu sehen, und er hat 1000 Mark vom Tatort mitgenommen. Ebensowenig sei ihm der im Prozeß vorgetragene Grund für die Tötung von Maria B. am 26. Oktober 1984 abzunehmen, zumal der im Anklagesatz geschilderte Ablauf auf seinen eigenen Angaben im Ermittlungsverfahren beruhe.

Kunigunda T. habe der Angeklagte am 10. Januar 1992 nicht deshalb mit dem Arm von hinten den Hals solange zugedrückt, bis sie tot war, weil sie ihn beschimpft habe. Er war ihr mindestens 4000 bis 5000 Mark schuldig - für ihn viel Geld. Und so sei er - wie bei der Polizei aus freien Stücken zugegeben - in Tötungsabsicht zu ihr gegangen, um ein für allemal Ruhe zu haben vor ihren Forderungen. Auch im Mordfall Mathilde S. habe der Angeklagte vor Gericht gelogen. Er habe sein Opfer am frühen Abend ermordet und nicht um 23 Uhr- das ergibt sich aus dem Ermittlungen und den Umständen. Er hat am Abend dieses Tages zwei Darlehen zurückgezahlt, und es fehlte bei Frau S. das Kuvert in der Schürzentasche, in dem sich mindestens 200 Mark befanden. Er hatte erhebliche Schulden, die Darlehensgeber drängten auf Rückzahlung.

Der Angeklagte ist nach Bericht der Gutachter voll schuldfähig und das Gesetz sieht bei Mord nur eine Strafe vor: lebenslange Haft. Es liegen auch keine Anzeichen vor, die einen milderen Strafrahmen rechtfertigten. Für den Angeklagten spräche zwar, daß drei Fälle ohne sein Geständnis nie mehr aufgeklärt worden wären. Aber bei sieben Morden mit jeweils drei Mordmerkmalen und angesichts des Umstandes, daß er bei den letzten fünf Taten das Vertrauen der alten Frauen ausgenutzt habe, sei die besondere Schwere der Schuld zu bejahen.

Dann plädiert die Verteidigung. Dieses Plädoyer wird noch für eine Überraschung sorgen. Der Verteidigung gehe in diesem Prozeß um die Objektivität. Seine Aufgabe sei es deshalb, nicht nur den Fakten, sondern auch den Einlassungen seines eigenen Mandanten kritisch gegenüberzustehen. Das Auffällige an diesem Verfahren sei ja gerade, daß alle an einem Strick ziehen, um den Menschen Horst D. kennenzulernen. Dazu aber hat jedoch die Beweisaufnahme einschließlich des Gutachtens des Psychologen noch keine ausreichende Grundlage erbracht. Bei allen sieben Morden sei ein sexuelles Motiv nicht auszuschließen, auch wenn dies dem Angeklagten selbst möglicherweise nicht bewusst sei. Die Tatsache, daß D. alles, was in Richtung einer Triebtat deute, von sich weise, heißt ja nicht, daß es nicht doch so war. Man ist bemüht, sich in seine Situation hineinzuversetzen, aber das ist ein unmögliches Unterfangen. Die Verteidiger beantragen deshalb ein weiteres Gutachten eines Psychoanalytikers, welches den Beweis erbringen soll, daß D. die Tötungen an sieben Frauen aufgrund einer akuten Primitivreaktion und damit im Zustand einer zumindest verminderten Schuldfähigkeit begangen habe. Alle Zeugen, die den Angeklagten im Alltag erlebt haben, beschreiben ihn als hilfsbereit, teilweise überfreundlich und devot und das er sämtlichen Konflikten aus dem Weg gegangen sei. Damit stünden seine Taten deutlich in Widerspruch zu seinem Persönlichkeitsbild. Die Tötungshandlungen seien deshalb nur unter Zuhilfenahme von psychoanalytischen Feststellungen zu erklären und aufzuklären. Diese Untersuchung müsse von einer Frau durchgeführt werden, denn nur dies könne den Angeklagten veranlassen, sich im notwendigen Maß zu öffnen.

Bevor das Gericht über diesen Antrag entscheidet, laden die Richter den Psychiater vor, der den Angeklagten bzgl. seiner Schuldfähigkeit für das Gericht untersucht hatte. Der Gutachter betont, daß die Unterscheidung zwischen psychiatrischen und psychoanalytischen Gutachten nach seiner Meinung nicht richtig ist. Eine Untersuchung durch eine Psychoanalytikerin erbringe keine weiteren Erkenntnisse. Gewisse Mängel der Psychiatrie können durch die Psychoanalyse zwar ausgeglichen werden und daß es einer strengen Zusatzausbildung von vier bis sechs Jahren bedarf, ehe man sich als Facharzt für Psychoanalyse bezeichnen darf. Allerdings verfüge diese Sachverständige über keine überlegenen Forschungsmittel, weitere Erkenntnisse seien nicht zu erwarten.

Das Gericht lehnt den Antrag der Verteidigung nach der Befragung des Gutachters ab. Die Staatsanwaltschaft wiederholt ihren Vortrag vom Vortag und fordert wegen Mordes in sieben Fällen eine lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

Danach führt auch die Verteidigung ihr Plädoyer zu Ende. Auch die Verteidigung ist unzufrieden mit den verschiedenen Versionen des Angeklagten zu seinen Taten. Als Verteidiger müsse er sich aber an die Tatsachen halten, die im Prozeß vorgetragen wurden. Er beantragt eine Verurteilung wegen Totschlags in sieben Fällen. Eine Raubabsicht habe sein Mandant glaubhaft bestritten. Sollte das Gericht in einem oder mehreren Fällen zu einer Verurteilung wegen Mordes kommen, so solle es doch von der Feststellung einer besonders schweren Schuld absehen. Es könnte damit honorieren, daß der Angeklagte drei Taten aus freien Stücken zugegeben habe, die anders nie mehr aufgeklärt worden wären.

In seinem letzten Wort schließt sich der Angeklagte den Ausführungen seines Anwaltes an. Er entschuldigt sich für seine Taten. Er habe nicht gedacht, daß er dazu fähig wäre. Er bedauert auch die Opfer, aber was der Staatsanwalt gesagt hat, stimmt nicht. Er habe nicht geraubt.

Am 14. Dezember wird vor dem Schwurgericht des LG München I das Urteil gesprochen. Erneut ist das Medieninteresse enorm. Viele Medienvertreter wollen das Urteil in einen der spektakulärsten Mordprozesse live im Gerichtssaal miterleben. Und doch kann es nur ein Urteilsspruch geben- und so kommt es auch. Das Schwurgericht verurteilt Horst D. wegen Mordes in sieben Fällen zu einer lebenslangen Haft. Zudem stellen die Richter die besondere Schwere der Schuld fest. Die Kammer kommt zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte 1975 zwei Prostituierte in München und bis 1993 fünf Rentnerinnen in Regensburg aus Habgier und zumeist heimtückisch getötet hat, um Bargeld oder Wertgegenstände an sich nehmen zu können.

Das Gericht lobte zunächst die nüchterne Art und Weise, wie der Angeklagte über diese Kindheit und Jugend sprach. Daß er nicht auf die Tränendrüse drückte, daß er es im Waisenhaus schön fand, daß er sich nicht ausgesetzt fühlte. Als Richter höre man stets, daß die Angeklagten ihre Kindheit als besonders unglücklich schildern und ihre Taten zu rechtfertigen.

Erschreckend bei D. sei aber die Kluft zwischen seinem angenehmen Wesen und den abgrundtiefen Taten, die er begangen hat. Im Prozeß hätten alle Beteiligten intensiv mitgewirkt, um die Persönlichkeit des Angeklagten aufzuklären und die Wahrheit zu finden, soweit dies überhaupt möglich sei. Daß der Angeklagte mit fünf Jahren von seiner Mutter ausgesetzt wurde und dann in Heimen aufwuchs, sei ein Schicksal, das er mit vielen Kindern damals teilte. Wir haben in der Nachkriegszeit viele solcher Kinder mit einem ähnlichen Schicksal, die gleichwohl nicht auffällig geworden sind. Die Enttäuschung darüber, daß ihn die Mutter, als er ihre Adresse bekam, nicht zu sich nahm, wäre ihm allerdings besser erspart geblieben. Im Beruf anerkannt, habe er, der etwas sein wollte, sich in der Ehe mit seiner dominanten Frau als Niemand gefühlt. Nachdem sie sich seinem besten Freund zugewandt hatte, habe er die Trennung als Versager erlebt und die Lust an der Arbeit verloren, wodurch seine finanziellen Verhältnisse immer schlechter geworden seien.

Die ihm zur Last gelegten Tötungen habe D. im Ermittlungsverfahren alle eingeräumt, von den dabei gemachten Angaben aber im Prozeß abweichend und die Taten als Totschlag dargestellt. Diesen Darstellungen kann das Gericht jedoch nicht folgen. Der Angeklagte hat sowohl am 22. August die Prostituierte Traudl F. als auch zwei Tage später ihre Kollegin Fatima G. in Tötungsabsicht aufgesucht, die erste nach und die zweite vor dem Verkehr gewürgt und erdrosselt, beide Wohnungen durchsucht und das Geld mitgenommen. Heimtücke war in diesen Fällen nicht nachzuweisen, doch habe er aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat gehandelt.

Die Rentnerin Barbara E. hat er am 10. April 1981 ohne Vorwarnung bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, mit einem Kissen erstickt und ihr Bargeld sowie die Münzsammlung an sich genommen. So habe er es ursprünglich geschildert, doch habe ihn der Druck der Öffentlichkeit dazu gebracht zurückzurudern, denn die Etiketten Lust-, Sexual- oder Raubmord angehängt zu bekommen, fürchtet er mehr als alles andere. In diesem und in den weiteren Mordfällen von Regensburg habe er heimtückisch, aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat getötet und mit Erfolg einen natürlichen Tod vorgetäuscht.

Mit Martha L. hat der Angeklagte am 26. Januar 1983 auf ihren Wunsch geschlafen, ihr, als sie danach verständlicherweise seiner Bitte um ein Darlehen von 200 oder 300 Mark nicht nachkam, eine Suppenkelle auf den Hinterkopf geschlagen, sie erwürgt und die Wohnung mit der Beute von etwa 1000 Mark verlassen. Am 26. Oktober 1984 benötigte er erneut Geld, um zum Tanzen zu gehen. Weil ihm Maria B. die 100 Mark, um die er sie bat, nicht gab, drückte er ihr Mund und Nase zu und erstickte sie mit einem Kissen. Auch in diesem Fall täuschte er einen natürlichen Tod vor, indem er die Leiche bis auf die Unterwäsche entkleidete und ins Bett legte.

Bei Kunigunda T. hatte D. mehrere tausend Mark Schulden, die sie zurückforderte. Um sich ihrer zu entledigen, sucht er sie am 10. Januar 1992 auf, legt nach dem Betreten der Wohnung sofort den Arm von hinten um ihren Hals und drückt zu, bis sie tot ist. Auch hier folgt das Schwurgericht seiner ersten Darstellung, nicht zuletzt, weil sie eingebettet ist in die Reihe der vorausgegangenen Taten. Mathilde S., zu der er ein gutes Verhältnis hat, pumpt er am 7. September 1993 vergeblich um 20 bis 25 Mark an. Darauf erwürgt er sie, nimmt aus ihrer Schürzentasche ein Kuvert mit Geld und täuscht ein Sexualdelikt vor. Heimtücke sieht die Kammer hier nicht als erwiesen an, wohl aber Habgier und die Ermöglichung einer Straftat.

Die Kammer sieht Habgier als Hauptmotiv für die Taten des Würgers von Regensburg an. Das Geldmotiv zieht sich durch alle Taten des Angeklagten, auch bei seinen Vorstrafen. Weshalb sollte es da so abwegig sein, daß es auch bei den Tötungsdelikten die entscheidende Rolle gespielt hat? Es sei nicht Aufgabe des Strafprozesses, eine Gesamterklärung des Menschen Horst D., seines Lebens und seiner Taten zu liefern. Das Schwurgericht hatte nur zu klären, ob die Voraussetzungen des Mordes erfüllt sind und ob der Angeklagte schuldfähig war oder nicht. Man müsse sich vor dem Fehlschluss hüten, daß ein Mensch, der siebenmal tötet, nicht normal sein kann. Daher sei nach Ansicht des Gerichts naheliegend, daß Geld, das in seiner Wertordnung ganz oben stand, das Hauptmotiv war. Frauen und zuletzt nur noch alte Frauen habe er getötet, weil Männer kräftiger sind.

Da der Angeklagte nach den überzeugenden Ausführungen des Psychiaters voll schuldfähig war, musste in allen Fällen auf Lebenslang erkannt werden. Auch die besondere Schwere der Schuld müsse klar angenommen werden, wenn es der Angeklagte mit seiner schwierigen Persönlichkeit auch schwer gehabt habe, im Leben zurechtzukommen, und es ihm hoch anzurechnen sei, daß drei Taten nur durch sein Geständnis aufgeklärt werden konnten.

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Über dieses Urteil muss man dieses Mal nicht viel diskutieren- auch wenn man bzgl. der Prostituiertenmorde von München auf Totschlag hätte entscheiden können. Das ist jedoch eine subjektive Einschätzung meinerseits im Hinblick auf dem Ergebnis der Hauptverhandlung. Auch juristische Feinheiten müssen diesmal nicht erklärt werden. Bei den weiteren Morden an Renterinnen in Regensburg war Hauptmotiv Habgier, auch wenn D. seine Aussagen im Prozeß abgeändert hatte. Bis heute ist ja nicht ganz klar, ob der Würger von Regensburg auch weitere Morde verübt hat. Serienmörder haben jedoch das Bedürfnis, nach ihrer Festnahme ihre Taten auch zu gestehen. Die Gründe können hierfür unterschiedlich sein: Geltungssucht oder einfach nur Erleichterung über die Festnahme. Gelegentlich gestehen diese Täter sogar mehr Taten, als sie in Wirklichkeit verübt haben. Daher sollte man immer vorsichtig sein, Serienmörder weitere ungeklärte Fälle anzulasten.

Das Phänomen Serienmörder ist nicht Deutschland nicht so weit verbreitet wie in anderen Ländern, zB. USA oder Südamerika. Gleichwohl gab es in der Historie auch in Deutschland Serienmörder. Aus den Zeiten vor den zweiten Weltkrieg bekannt waren Karl Großmann, Karl Denke und Friedrich Haarmann. Alle Taten wurden fast zur gleichen Zeit Mitte der 20er aufgedeckt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden ua Rudolf Pleil (Der Totmacher), Heinrich Pommerenke (Ungeheuer vom Schwarzwald), Jürgen Bartsch, Arwed Imiela (Blaubart von Fehmarn), Joachim Kroll (Menschenfresser von Duisburg), Wolfgang Schmidt (Die Bestie von Beelitz), der Heidemörder und Thomas Rung als Serienmörder überführt. Bis zur Festnahme von Horst D. verübten Serienmörder nach dem zweiten Weltkrieg fast 500 Tötungsdelikte und insgesamt 54 Männer und 7 Frauen wurden in Deutschland als Serienmörder verurteilt. Ungeklärt blieben 79 Morde, die 21 Mordserien zugeordnet wurden.

Die Definition des Serienmörders ist schwierig. Keine Serienmörder sind Doppelmörder oder Amokläufer, die in kurzer Zeit an einem oder wenigen zusammenhängenden Orten eine Vielzahl von Menschen töten. Auch Terroristen, die aus politischen Gründen Attentate verübten - in Deutschland die RAF- gehören nicht in die Kategorie „Serienmörder“. Ein Serienmörder ist somit eine Person, der seine Taten aufgrund der gleichen Motivlage in einem zeitlichen Abstand voneinander verübt. Charakterisierend für Serienmörder ist, dass ihr bisheriges Leben eher von Misserfolgen bestimmt war und sie von ihrem Umfeld als Versager wahrgenommen werden. Trotzdem gelingt es ihnen, ihre abnormen Veranlagungen zu verbergen und ein Art Doppelleben zu führen, teils sogar mit Ehefrau und Kindern. Meistens ist ein Schlüsselerlebnis ausschlaggebend, das bestimmte Bedürfnisse bei diesen Tätern auslöst. Das ausschließlich Habgier das Hauptmotiv eines Serienmörders ist, ist jedoch ungewöhnlich.

Sexuell motivierte Mehrfachtötung- der sogenannte Lustmord- weisen oft eine sadistische Komponente und eine spezifische Signatur (z.B. eine spezielle Tötungsart) des Täters auf. Bei dieser Art der Tötung spielt die Fantasie als Tatmotiv und für die konkrete und detaillierte Tatgestaltung eine Rolle. Der Täter folgt während der Tat dem Handlungsfaden, der in der Fantasie entwickelt wurde. Der Mord kann im Nachhinein mehrfach durchlebt werden, was vorübergehend eine Befriedigung verschafft. Mit der Zeit kommt es dann zu einer emotionalen Abkühlung und einer neuen Tat. Bereits im Teenageralter entwickeln diese Täter eine Neugier für Tiere. Finden sie zunächst ihre Befriedigung in der Folterung Bzw. Tötung von Tieren, folgen später Menschen, um ihre Fantasien zu befriedigen. Dies ist jedoch ein langer Prozeß, auch ein Serienmörder entwickelt sich. Kommt es zur Tat, merken idR die Täter, dass sie durch diese Tötung ihre Bedürfnisse befriedigen können. Spätestens beim dritten Mord fällt die Hemmungsschwelle weg und das Gewissen wird ausgestaltet. Serienmörder selbst personalisieren ihre Opfer nicht und ein vielleicht vorher vorhandenes Mitgefühl existiert nicht mehr.

Auch Triebtäter werden in der Regel zu Serienmörder, die entweder triebhaft-psychopatisch oder als überhöht biologisch triebhaftig charakterisiert werden. Unter anderem werden neurologische Hirnschädigungen, frühkindliche psychische Verletzungen sowie familiäre Kälte, Gewalt und Alkoholismus als mögliche Faktoren für diese Taten gesehen. Das Motiv Rache ist bei dieser Art von Serienmördern nicht selten. Das Opfer nimmt eine Art Stellvertreterfunktion ein, dh sie büßen für andere, die der Täter für seine Leiden in der Vergangenheit verantwortlich macht.

Ein neues Phänomen, welches sich in den letzten Jahren herauskristallisiert hat, sind die Morde an besonders hilfsbedürftigen oder wehrlosen Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen. Sogenannte Todesengel stammen idR aus medizinischen Berufen und töten aus Mitleid, Überforderung oder dem Wunsch nach Machtausübung.

Verschiedene Taten einen Serienmörder zuzuordnen, bereitet heute aufgrund anerkannter Fallanalysen keine Schwierigkeiten mehr. Jedoch ist die Suche nach dem Täter schwieriger, da meistens keine Beziehung zwischen Täter und Opfer besteht. Insgesamt muss man jedoch sagen, dass die Häufigkeit dieses weltweiten Phänomens im Verhältnis zu Einzelmorden sehr gering ist. Und mit Hilfe der KTU hat die Kripo eine weitere Fahndungshilfe gewonnen, um dieses Phänomen effektiver zu bekämpfen.

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Horst D. sitzt seine Haftstrafe in der JVA Straubing ab. Die Mindestverbüßungsdauer wurde auf 29 Jahre festgelegt. Frühestens im Jahr 2023 kann er auf Bewährung entlassen werden. Dann ist der Mann, der als der Würger von Regensburg in die Kriminalgeschichte einging, 85 Jahre alt.

Das nächste Mal: Er spaltet die öffentliche Meinung: Für die einen ist er ein Selfmade- Milliardär, der es vom Metzger zum Großunternehmer geschafft hat; für die anderen ein Profitgeier, für den der Erfolg der Firma an erster Stelle steht- sehr zum Leidwesen seiner Angestellten. Er ist aber auch das Opfer eines der spektakulärsten Kriminalfälle der deutschen Nachkriegszeit. Die Täter: Berufsverbrecher. Bei ihren Taten ist alles bis ins letzte Detail geplant und perfekt organisiert. 23 Jahre dauert ihre Verbrecherkarriere- nie fehlt ein Schuss und es fließt (fast) kein Blut. Die Polizei tappt jahrelang im Dunkeln. Eine kleine Unachtsamkeit des Duo und der Fortschritt der Technik führen schließlich zur Ergreifung der Täter. Nach ihrer Festnahme werden sie in der Boulevardpresse wie Rockstars gefeiert und auch in der Bevölkerung genießen sie hohes Ansehen für ihre kriminelle Laufbahn.

Die Gentleman- Gangster bitten zur Kasse- Die Schlecker- Entführung
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#7

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 18.12.2012 09:17
von Oma Thürmann • 766 Beiträge
Bezüglich der Besetzung dieses Filmfalls liegt leider einiges im Dunklen; beginnen wir chronologisch und mit dem Gesicherten: Den "Freund und Beschützer einiger Münchener Callgirls" gibt Karl-Heinz Otto, der in einer anderen spektakulären Mordserie (Münsterland, 11.04.1975, FF 1) einen Aufritt als Kripo-Beamter hatte (an der Seite von Wolfgang Grönebaum und Helmut Everke). Darüber hinaus spielte er im selben Jahr den Drahtzieher eines betrügerischen Teppichhandels mit anschließenden Einbrüchen (04.07.1975, FF 2):



In seiner Karriere abseits von XY war er für Dialoge wie diesen zuständig: Patientin: "Au, Herr Doktor, das ist doch gar nicht mein Popo!" - Doktor: "Glauben Sie, das ist mein Finger?" (Liebesgrüße aus der Lederhose, 1973, Regie Franz Marischka), konnte der schwedischen Ikone Christina Lindberg beim Bewerbungsgespräch versichern, dass ihre Sprachkenntnisse nicht so wichtig seien: "Hauptsache, Sie haben nichts gegen Französisch" (Mädchen, die nach München kommen) oder ließ sich von der unbekleideten Elisabeth Volkmann belästigen (Krankenschwestern-Report, beide 1972, Regie Walter Boos), durfte aber auch im Tatort als Schurke "Doppel-Otto" ran (Kressin stoppt den Nordexpress, 1971, mit Sieghardt Rupp und Gitte Haenning):




Ähnlich einseitig ist die Filmographie von Michael Conti, Darsteller des Ehemannes des zweiten Opfers. Neben einem weiteren Aktenzeichen-Auftritt (Zuhälter Graf aus Kiel, 07.05.1976, FF 2) finden sich Juwelen wie "Das Glöcklein unterm Himmelbett", "Erotik im Beruf - Was jeder Personalchef gern verschweigt" oder "Die jungen Ausreißerinnen - Sex-Abenteuer deutscher Mädchen in aller Welt". Die hier präsentierten Standbilder stammen aus "Hausfrauen-Report 4" (1973, Regie Eberhard Schröder und Quirin Steinar) sowie aus "Hurra... die deutsche Sex-Partei" (1974, Regie Hans D. Bornhauser):




Wenig war herauszufinden über Peter Hanzel, Darsteller des platonischen Freundes des dritten Opfers: Ein 1971er "Aufklärungs"-Filmchen, das leider in Opa Thürmanns Sammlung fehlt: "Paragraph 218 - Wir haben abgetrieben, Herr Staatsanwalt" (hier ergibt sich übrigens eine Schnittmenge mit Karl-Heinz Otto), ein bisschen TV-, ein bisschen Synchron-Arbeit und Anfang der achtziger Jahre ein Theater-Engagement mit Harald Schmidt in Augsburg, über das die Augsburger Allgemeine berichtet (zweites Foto in der dortigen Bildergalerie):



Aus der munteren Milieu-Runde, in der die Eigenheiten des Stammkunden des dritten Opfers diskutiert werden, konnte ich nur Wolfgang Hellmund identifizieren, der selbstverständlich die Eintrittskarte mitbringt, die für ein Mitwirken in diesem Filmfall offenbar unabdingbar war (Zufall?): Beteiligung an Sex-Trash. Das Standbild zeigt seinen väterlichen Auftritt im dritten Teil des Schulmädchen-Reports (1972). Hellmund brachte es später noch auf über zehn Aktenzeichen-Rollen seriöser Prägung (Taschentuch-Produzent, Numismatiker, Bankangestellter, Arzt, Juwelier). Beispielhaft hier im Fall des unbekannten Toten bei Waltrop (11.12.1981, FF 3) Hellmund als Juwelier mit der legendären Mutmaßung "Aber vielleicht war der Herr auch etwas feminin…":



Die übrigen Akteure bleiben vorerst unbekannt, insbesondere die Darstellerin des dritten Opfers. Vermutlich handelt es sich um eine gewisse Ina Schneider, da dieser Name im Abspann aufgeführt wird, nicht anderweitig zuzuordnen ist und es in der gesamten Folge nur eine weibliche Hauptrolle gibt. Vielleicht kann jemand diese Vermutung bestätigen oder korrigieren oder zu den übrigen Unidentifizierten etwas Klärendes beisteuern:

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#8

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 19.12.2012 13:15
von Jiri Brei • 605 Beiträge
Großes Kompliment für diese umfassende Darstellung von Bastian und auch für die thürmannsche Bebilderung!

Frage an Bastian:
Hat der Prozess irgendwelche Erklärungen für die Pause in der Mordserie erbracht?
Ich habe verstanden, dass die infrage kommenden Fälle überprüft wurden.
Oft wird aber bei solchen Pausen von einer "Veränderung des Umfelds" ausgegangen.
War es hier die Ehe von D.?

Auf die Darstellung von J. und H. bei der Entführung von S. (eigentlich albern, da alle Namen bekannt und leicht auffindbar sind) bin ich sehr gespannt. Die beiden hatten es ja vor Schlecker...ähm... S. bereits in verschiedene FF bei XY geschafft, ohne dass die Polizei eine Verbindung zwischen den Taten hergestellt hat.
Es gibt über die beiden übrigens eine Fernsehdoku aus der Reihe "Die großen Kriminalfälle".

JB
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#9

Re: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 19.12.2012 16:11
von schorsch • 162 Beiträge
Hallo an alle,
zunächst mal ein grosses Dankeschön an Bastian, den unermüdlichen . . . Auch die Fotos von der Oma sind immer wieder interessant.
Zum Würger von Regensburg gibt es ein Buch von Rudolf Schröck mit dem Titel "Der Biedermann", erschienen 2004 als Knaur-Taschenbuch. Es liest sich gut und es werden viele Hintergründe beleuchtet wie Kindheit, Ehe usw. und enthält viele Fotos und Zeitungsartikel.
Gruss vom Schorsch
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#10

Re[2]: 10.09.76 FF1 (Mord an 3 Prostituierten)

in Filmfälle 20.12.2012 13:13
von bastian2410 • 1.663 Beiträge
Danke Jiri und schorsch für die netten Worte.

JB>Großes Kompliment für diese umfassende Darstellung von Bastian und auch für die thürmannsche Bebilderung!

JB>Frage an Bastian:
JB>Hat der Prozess irgendwelche Erklärungen für die Pause in der Mordserie erbracht?
JB>Ich habe verstanden, dass die infrage kommenden Fälle überprüft wurden.
JB>Oft wird aber bei solchen Pausen von einer "Veränderung des Umfelds" ausgegangen.
JB>War es hier die Ehe von D.?



@Jiri

In diesem Fall die Scheidung von der ersten Frau und das Eingehen einer neuen Beziehung mit einer Jugendliebe. Diese Erlebnisse fallen genau in diese Pause. Es ist ja bekannt, dass das persönliche Umfeld des Täters das Täterverhalten beeinflussen kann. Durch positive Erlebnisse im Privatleben können diese Täter dann ihre kriminelles Verhalten- wenigstens für eine kurze Zeit- kontrollieren und gar unterdrücken.

Allerdings war D. ein Mörder aus Habgier, kein „kranker“ Serienmörder, der durch seine Taten Fantasien befriedigt. Daher ist eine so lange Pause einfacher erklärbar.

@Oma

Danke für die perfekte Abrundung. Wir haben das zwar abgesprochen, aber Deine Ergänzungen sind jedes Mal super, wenn man die Bildchen vor Augen hat. Vielen Dank dafür. Auch an Opa Thürmann. Ich bin mir fast sicher, dass auch das dritte Opfer in einschlägigen Filmen in den 70ern zu sehen war.
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#11

RE: 10.09.76 FF1 (Kripo München) Mord an 3 Prostituierten

in Filmfälle 29.12.2020 22:28
von bastian2410 • 1.663 Beiträge

der Würger von Regensburg ist im November in der JVA Straubing gestorben. Wegen Mordes in 7 Fällen saß er über 26 Jahre im Gefängnis- wahrscheinlich hat er deutlich mehr Morde begangen. Damit ist einer der schlimmsten Serienmörder Deutschlands tot- im Jahre 2023 hätte er die Möglichkeit gehabt, nach einer Mindestverbüßungsdauer von 29 Jahren auf Bewährung entlassen zu werden.


Zwei Fälle, die wieder einmal nachdenklich machen, gerade im Hinblick auf das Anhalterunwesen." (Zitat Zimmermann FF 3 17.01.1986)
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